Chapter by RememberForYourDream

Nico sah sich prüfend um. Nach wie vor waren er, die Greifin und der tote Will an der Grenze des Camps.

Der tote Will.

Der tote...

Halt. Stop!

Nico verbot sich jeglichen Gedanken an Will, auch wenn es sehr schwer war, sein fröhlich grinsendes Gesicht aus seinem Gedächtnis zu verbannen. Die Greifin trat vor, zwischen ihn und Annabeth und hob die Phiole mit ihrem Schnabel auf. Zu seiner Überraschung zerbrach die Phiole nicht. Doch Annabeth starrte ihn weiterhin unverfroren an. Sah sie die Greifin etwa nicht?

Annabeth fragte ihn schließlich, was zum Hades - Ich lasse ihr das mal durchgehen - hier eigentlich los war.

"Die Hermeskinder haben sich mit den Hekatekindern verbündet und sich einen Scherz erlaubt", log ich. Einen Moment musterte sie mich noch prüfend, dann wollte sie die Phiole aufheben. Da die Greifin diesen Job bereits übernommen hatte, sah sie kurz verwundert in die Ecke, wurde dann allerdings durch ein lautes Rufen unterbrochen.

"Annabeth!" Percys Stimme erklang von irgendwo über mir. "Kommst du?" Ich sah hoch und bemerkte, dass er auf Blackjacks Rücken saß, was ich mir ja eigentlich auch hätte denken können. Er ging in den Sturzflug und zog Annabeth, ohne das Blackjack zwischendurch landen musste, mit einer Hand aufs Pferd - also... eh... auf den Pegasus - und die beiden stiegen in die Luft. Annabeth hatte einen Arm um Percys Bauch geschlungen, die andere Hand hatte sie ausgetreckt und fuhr durch die Wolken, als wäre sie ein kleines Kind.

Naja, manchmal brauchen eben auch die... Helden... ihre freie Zeit...
Nico betrachtete sie und die Andeutung eines wehmütigen Lächelns erschien auf seinem Gesicht.

Die Greifin sah ihn aufmerksam an. Sie wirkte irgendwie so unberechenbar. In einer Sekunde frech und übermütig, in der nächsten direkt kampfbereit... Temperamentvoll eben. Aber auch frei. Eindeutig frei. Und dafür beneidete Nico sie. Denn Freiheit war etwas, dass ihm nicht vergönnt war.

Ein Name schosss ihm durch den Kopf. Ein Name für die Greifin. Er wollte sie so nennen, wollte ihr einen Namen geben, aber ob er das konnte, ob er das durfte? Sicherlich trug sie schon einen oder würde jetzt, wo ihr... Job erledigt war, einfach verschwinden...

"Gib mir ruhig einen Namen", meinte sie, für ihr Temperament ziemlich ruhig.
Kannst du Gedanken lesen?
"Ja."
Das ist creepy
"Ist es nicht", meinte sie belustigt.
Wieso kannst du Gedanken lesen?
"Nur deine."
Und wieso das?
"Weil du durch meine Tränen wieder ins Leben kamst, schätze ich, Hadessohn."
Hör auf!
"Kann ich nicht."

Nico gab es auf, geistigen Kontakt mit der Greifin zu haben. Er sah lieber zu Will. Er lag dort friedlich auf dem Gras, ein Lächeln umspielte seine Lippen, wenn auch ein sehr schwaches Lächeln. Sein Camp Half Blood T-Shirt war verwaschen und seine Jeans am linken Knie mit Erde beschmiert. Irgendwie ja schon süß...
In diesem Moment fiel Nico wieder ein, dass die Greifin seine Gedanken lesen konnte.

"Gibt es nicht irgendeine Möglichkeit, ihn wieder zurückzubringen?", meinte er wehmütig. Da kam ihm eine Idee. Hazel hatte er doch auch zurückbringen können! Es würde also möglich sein... Irgendwie. Es würde ihn massig Kraft kosten, das auch nur zu versuchen, aber er war bereit.

Bereit für Will.

"Ähem...", unterbrach die Greifin seine Gedankengänge. "Ich würde vorschlagen, du gibst mir einen Rufnamen. Sonst kann es zu Missverständnissen kommen, wenn wir ihn suchen."

"Wir?", fragte Nico verwirrt.

"Wir", bekräftigte sie und dieses eine Mal, hatte Nico nichts dagegen einzuwenden, dass er Hilfe bekam.

"Halia", flüsterte er und legte eine Hand auf den Schnabel des Tieres. Kein anderes Tier war ihm je so nahe gewesen. Alle waren vor ihm weggelaufen. Deshalb war er für Halia umso dankbarer.

"So sei es", flüsterte die Greifin.

Nico trat einen Schritt zu Will und machte ihm vorsichtig seine Camp Half Blood Kette ab. Er legte sie der Greifin um. "Damit die anderen Camper dich als Wohlgesinnte erkennen. Also nicht als Furie, ich meine als... Freundin."
Später würde er sie Will zurückgeben. Ganz sicher würde er das.