Sixth part

Jon's Sicht

Sie trug eine große Sonnenbrille, eine Jogginghose und einen alte Jacke von... mir.
Langsam ging ich auf sie zu und strich Vorsichtig über ihren Arm. Sie zuckte zusammen, als ich sie berührte, das sonst so toughte Mädchen das ich kannte stand, so zerbrechlich wie noch nie, vor mir. Nicht einmal damals sah sie so schlecht aus wie jetzt... Ich zog sie in meine Arme und hielt sie ganz fest bei mir. "Alles wird gut. Wir haben das schon mal durchgestanden. Das schaffen wir auch noch ein zweites Mal. Zusammen. Ok?", versuchte ich das weinende Mädchen in meinen Armen zu beruhigen. Doch sie weinte nur noch lauter. Scheinbar hatte Joe das jetzt gehört, denn er kam die Treppe hoch gesprinted und als er uns dann sah, erkannte ich die Trauer in seinen Augen. Er trauerte, wie wir alle um unseren ehemaligen Bruder, unseren verlorenen Freund und um seine Schwester, die einfach nicht aufhörte zu weinen. 'Das ist das erste mal, das sie seid seinem Tod weint.', gab er mir leise zu verstehen. Ich nickte und gab ihm ein Zeichen uns allein zu lassen. Ich war froh, das er mir seine Schwester anvertraute, denn irgendwie war sie auch meine Schwester. Nein sie ist mehr als nur eine Schwester für mich. Sie ist einfach genial, besser kann ich es nicht beschreiben. Es gibt einfach kein Wort das sie auch nur im entferntesten beschreiben könnte. Sie ist einfach nur Enya. Meine Enni...

Vorsichtig hob ich sie hoch und setzte mich auf einen Stuhl und sie auf meinen Schoß. Sie weinte jedoch immer weiter, weshalb wir eine ganze Zeit so verweilten. Keiner sagte was. Sie weinte in meine Schulter und ich hielt sie einfach nur im Arm und dachte über die ganze Situation nach. Es war bereits Abends, als sie sich wieder komplett beruhigt hatte. Sie hat ganze dreieinhalb Stunden durchgeweint. Das Mädchen hat vielleicht Energie. Jedenfalls saßen wir immer noch so da wie vorhin. Ich auf ihrem Drehstuhl und sie auf meinem Schoß. Sie hatte sich an mich gekuschelt und fuhr mit ihrer linken Hand mein Shirt rauf und runter. Das hat sie früher schon immer gemacht, wenn ich sie Babysitten durfte, wenn ihre Eltern und Joe nicht da waren. "Wieso trägst du meine alte Jacke?", fragte ich nach einiger Zeit. "Keine Ahnung, ich hab mich so einsam gefühlt, weil du nicht da warst und ich wollte meinem Bruder so nicht unter die Augen treten. Er macht sich sonst so große Sorgen weißt du?", erzählte sie mir und malte weiter auf meiner Brust rum. Ich nickte nur abwesend. Ich hab sie allein gelassen und das ganze zwei Wochen lang. Zwei Wochen, in denen sie mich so sehr gebraucht hat wie noch nie zuvor und ich war nicht für sie da. "Sag sowas nicht. Du bist immer für mich da. Sonst wärst du ja jetzt nicht hier oder?", riss mich Enyas Stimme aus meinen Gedanken. "ähh... was hast du gesagt?", fragte ich völlig verwirrt. "Du tust das eigentlich nur, wenn dich etwas wirklich beschäftigt. Das ist mir früher schon immer aufgefallen. Ich hab nur immer nichts gesagt, weil ich darauf gewartet habe, das du es selbst merkst. Hast du aber nie.", kicherte sie. "Was tu ich denn?"-"Du kommentierst deine Gedanken. Du hast dich gerade selbst fertig gemacht und wolltet dir einreden, das du nie für mich da wärst. Aber das stimmt nicht. Du bist immer für mich da. Egal ob körperlich anwesend oder nicht. Allein deine alte Jacke hat mich durch die letzten zwei Wochen gebracht. Du gibst mir so viel und ich... ich kann dir nur eins geben.", sagte sie und... küsste mich. Zuerst wusste ich nicht was ich tun sollte, doch dann fühlte es sich so gut an und ich erwiderte den Kuss. Auf einmal war mein Kopf leer. Ich sah nur noch ein Bild vor mir. Ein Gedanke, der sich nich dort befand und dieser nannte sich Enya. Als wir uns lösten, musste ich einfach grinsen. "Das ist als Gegenleistung völlig ausreichend", sagte ich lachend und zog sie ein weiteres mal in meine Arme. Sie hat gelächelt. Das erste mal nach seinem Tod und ich war der Grund dafür. " Du gefällst mir viel besser wenn du lachst.", flüsterte ich in ihre langen, braunen, samoanischen Haare. Ich liebe ihre Haare, sie sind so weich und riechen immer nach Kirschen. Das liegt an dem Shampoo, welches ich ihr zu ihrem 16. Geburtstag geschenkt habe. Das fand sie so toll, dass sieben seitdem immer benutzt. Und ihre Augen. Ihre Augen sehen meinen eigentlich sehr ähnlich. Aber ihre sind einfach so... WOW. In ihnen steckt soviel Freude, aber auch Trauer. Man muss ihr eigentlich nur in die Augen sehen um zu wissen wie es ihr geht, denn sie sind das Fenster zu ihrer Seele und... "Hey Jon bist du noch da?", schnippte Enya vor meinem Gesicht herum. "Ähh, was hast du gesagt? ", fragte ich, da sie mich aus meinen Gedanken gerissen hatte. "Ich habe gesagt das ich müde bin, da ich die letzten zwei Wochen immer nur schlecht, oder gar nicht geschlafen habe.", kicherte sie und gähnte anschließend. Ich nickte und sagte ihr das ich gleich wiederkommen würde. Dann verließ ich ihr Zimmer und machte mich auf den Weg zu Joe. "Hey, da bist du ja. ich hab lang nichts gehört. Wie geht es ihr?", fragte er besorgt, versuchte aber zu lächeln. "Es geht ihr soweit gut. Sie hat sich jedenfalls beruhigt und ist jetzt sehr müde. Ich denke mal sie hat die letzten Wochen nicht nur wenig geschlafen, sondern auch kaum gegessen. Stimmt's?", fragte ich meinen besten Freund, worauf dieser nur bedrückt nickte. "Hmm... ok dann pass mal auf. Ihr beide schlaft euch morgen erstmal schön aus und ich mache Frühstück. Sehr viel Frühstück und dann essen wir uns mal so richtig satt und machen uns 'nen schönen Tag zu dritt, oder laden noch ein paar Freunde ein, deine Cousins und ein paar der Mädels zum Beispiel. Was hältst du davon?", versuchte ich ihn mit einem breiten Grinsen im Gesicht aufzumuntern, was mir zum Glück auch gelang. "Ok, das hört sich doch gut an und du kümmerst dich auch wirklich um alles?", fragte er nochmal skeptisch nach. "Ich kümmere mich um alles, entspann dich Bro, ich kann auch ernst sein.", sagte ich lachend. "Hmm, ich merk's schon. Und du schläfst im Gästezimmer, oder fährst du noch nach Hause?", hakte er nach. Mist. Ich wollte doch bei Enya schlafen. Wie sag ich ihm das jetzt am besten? "Ähh, also eigentlich wollte ich bei Enya bleiben. Ich wollte noch ein bisschen mit ihr reden und halt sichergehen das sie gut schläft und naja...". Verlegen kratzte ich mich am Hinterkopf und fuhr mir durch die Haare. "Jon?! Wo bleibst du denn? Ich will endlich ins Bett.", rief es von oben und ich musste mir ein grinsen verkneifen. "Ach so ist das also.", sagte Joe und sah mich verschwörerisch an. "Eins sag ich dir mein Freund, tu ihr nicht weh, sonst müssen wir getrennte Wege gehen.", mahnte er mich mit ernstem Blick. "Du weißt das ich das niemals könnte.", zwinkerte ich ihm zu und wünschte ihm dann eine Gute Nacht. Doch der Abend war für mich noch lange nicht vorbei.

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