Die Nacht, in der wir uns getroffen haben

[ I'm still standing - Elton John ]
[The night we met - Lord Huron]

Harry grinst als sie dem roten Wagen hinterher schauen. Louis sagt überhaupt nichts, er beginnt wieder zu laufen. Seine Entscheidung war nicht eindeutig und auch jetzt fragt er sich, weswegen er nicht einfach mitgefahren ist. Ihm schmerzen die Füße, sein Kopf tut weh und einen Sonnenbrand hat er auch noch. Trotzdem hat er sich gegen die Mitfahrmöglichkeit entschieden, weil Harry ihm davon abgeraten hat. Warum hat er das gemacht, fragt Louis sich selbst. Normalerweise baut er nicht auf Harrys Meinung.

"Du hast das richtige getan", sagt Harry nach einer Weile. Nun grinst er nicht mehr. Er schaut zu Louis, der nur nickt und weiterhin schweigt. Dies ist kein Verhalten, welches Louis auch nur irgendwie ähnlich sieht. Harry mustert seinen Freund, der in diesem Moment überhaupt nicht aussieht wie Louis Normalerweise aussieht.

Louis Stirn ist rot, was von einem Sonnenbrand kommt. Die Klamotten sind auch keine Sachen, die er normalerweise trägt und generell benimmt er sich nicht so, wie Harry ihn kennt. Louis lässt den Kopf hängen, was er sonst nie tut. Er hätte Harry niemals Recht gegeben, aber weswegen tat er es nun, fragt sich Harry. Er will es sogar aussprechen, aber er findet nicht die passenden Worte - die findet er nie.

Louis zieht die Packung Zigaretten aus seiner Hosentasche und verschwendet eine seiner Zigaretten an dieses Gefühl, welches er nicht benennen kann. Es liegt zwischen Heimweh, Entäuschung und Traurigkeit. Louis will einfach nur nach Hause, aber der weg scheint so unendlich weit, dass er am liebsten aufgeben würde. Er schlingt seinen Arm um sich selbst und versucht all diese Gefühle aus sich heraus zu rauchen, aber wie Harry vorher schon gesagt hat, dies funktioniert nicht. Gefühle bleiben auch nach zwanzig Zigaretten noch, was Louis wirklich braucht ist Alkohol.

Harry beobachtet Louis weiter und das Bedürfnis ihn zu umarmen steigt wieder an. Er sieht so unglaublich klein in diesem Moment aus.

So haben sich die beiden noch nie verhalten. Sie haben schon immer ihre hochs und tiefs - ihre guten und schlechten Zeiten, aber dies fühlt sich für beide anders an. Es war kein normales tief, dieses Mal hat es sie nicht herunter sondern auseinander gebracht. Denn obwohl sie nebeneinander her gehen, fühlt es sich an als würden sie voneinader davon rennen.

Harry will etwas sagen, er hört die Worte in ihm schreien, aber er kann nicht. Er kann nicht gut über Dinge sprechen, die ihn oder andere belasten.

"Du solltest nicht so viel rauchen", sagt Harry dann und natürlich sind das genau die Wörter, die er besser herunter geschluckt hätte. "Nur weil ich jetzt einmal auf dich gehört habe, brauchst du dir noch lange nichts darauf einbilden!", erwidert Louis aufgebracht. Louis ist nicht in der Lage, um jetzt groß mit Harry zu diskutieren oder über Gefühle zu reden. Er will nur noch schlafen oder sich betrinken, um die Welt für ein Paar stunden zu vergessen. "Louis, es wäre zu gefährlich gewesen mit ihm zu fahren", meint Harry daraufhin.

"Dann wäre ich wenigstens weg von hier - weg von dir!", ruft Louis.

Harry schweigt und Louis geht ein bisschem schneller. Natürlich ist Harry auch verletzt durch Louis Worte, aber er sagt nichts. Vielleicht ist es wirklich besser, wenn sich ihre Wege nach diesem Ausflug trennen, denkt sich Harry. Weder er noch Louis können auf diese Weise glücklich werden.

Trotzdem will Harry niemand anderen. Er möchte mit Louis streiten, sich wieder vertragen und mit ihm leben. Er möchte keine harmonische Beziehung mit irgendeiner Person, die er überhaupt nicht liebt. Louis ist genau die Person, die er sich für sein Leben wünscht. Harry will Nachts mit ihm Streiten, während alle schlafen und erneut eine Anzeige kassieren. Er will seine Sachen in Koffer stopfen, um zu drohen zu gehen, aber am Ende dann doch zu bleiben. Er will, dass Louis ihm nachgeht, um nach ihm zu schauen, wenn er im Garten sitzt und frische Luft braucht. Und er will Louis im ströhmenden Regen Küssen, weil es so dramatisch und schön ist, dass es die Welt für einen Moment verstummen lässt. Außerdem will er mit Louis langweilige Filme schauen, die ihn eigentlich gar nicht interessieren. Er will mit Louis Schallplatten sortieren, weil es eine seiner Lieblingsbeschäftigungen ist und er möchte mit Louis Tee trinken bevor die Sonne aufgeht. All diese Dinge sind ohne Louis nichts wert und vollkommen langweilig.

"Louis... ich- es-", stottert Harry und geht ihm nach. "Ich bin wütend, Harry!", teilt Louis ihm mit. "Ich weiß, aber-", Harry stockt, ihm fehlen die Worte," das warst du auch als wir uns das erste Mal gesehen haben."

Louis schaut Harry an, der an genau diesen Moment denkt.

"Du erinnerst dich daran?", fragt Louis leise. "Bist du bescheuert? Natürlich tue ich das. Ich werde nie vergessen wie einsam und verloren du dort standest und ich direkt am Anfang alles vermasselt habe", antwortet Harry und muss leise lachen.

Louis lächelt, aber trotzdem fühlt er Traurigkeit in sich aufkommen. Er kann sich gut an den Tag erinnern. Er hatte einen Streit mit seiner Familir gehabt und wenige Stunden später stolpert Harry in sein Leben und dies meint er wortwörtlich.

"Ich habs viel eher vermasselt", gesteht Louis ruhig und zieht den letzten Zug seiner Zigarette," ich hab dich angeschrien, obwohl du dich entschuldigt hast." "Wir waren eben schon immer so", flüstert Harry und schaut in den Himmel, der bereits dunkel geworden ist. Der Mond scheint hell, weswegen sie den Weg noch gut sehen können. "Ja, wir sind eben so", erwidert Louis nickend.

Daraufhin kehrt Stille ein und beide denken auf ihre eigene Art an ihre erste Begegnung.

An die Nacht, in der es höllisch warm war und beide sicherlich nicht gedacht haben, dass sie sich verlieben würden. Doch Harry musste stolpern und Louis ein alkoholfreies, klebriges Getränk über das T-Shirt kippen. Louis hat ihn angeschrien, ihn beleidigt und ist wütend abgehauen. Louis findet heute, dass es albern war und keinen guten Eindruch gemacht hat. Doch Harry grinst bei dem Gedanken an Louis' Reaktion, die so temperamentvoll und einzigartig in seinem Verstand geblieben ist.

Harry ist ihm hinterher, denn wie sollte er Louis gehen lassen? Sie stritten auf der Straße vor dem Casino und schrien sich an, sodass alle möglichen Menschen sie schräg angesehen haben, aber am Ende ging Harry Nachhause und hatte Louis' Nummer bekommen. Louis saß Abends auf seiner Fensterbank, dachte über den wunderschönen Lockenkopf nach, der seine Gedanken überhaupt nicht mehr verließ.

Irgendwie ist es liebe auf den ersten Blick gewesen, nur eben auf ihre Art und Weise. Es war kein, ich muss ihn wiedersehen, weil er ist der eine. Es war viel eher, ich hasse ihn, aber er ist irgendwie anders.

"Weißt du, ich würde noch ein Getränk über dich schütten, wenn es nötig wäre. Ich würde mir einen weiteren Abend die Musik der vergangenen Jahre anhören und genau bis zu dem Moment warten bis sie eines von Elton Johns Liedern spielen, um zu dir zu gehen", sagt Harry und dies ist wahrscheinlich das romantischte, was er jemals zu ihm gesagt hat. "Du hasst Elton John", murmelt Louis. "Nein, seine Lieder erinnern mich immer an dich", erklärt Harry.

Louis schaut ihn an.

"Mich erinnern sie nur an den schäbigen Geruch deines abartigen Getränks", sagt Louis, denn er will keinen Frieden mit Harry schließen - zumindest jetzt noch nicht. Er ist noch immer sauer auf Harry, aber dies scheint Harry nicht einmal richtig zu merken. Denn obwohl Harry weiß, dass Louis sauer ist, hat er noch lange nicht die Ernsthaftigkeit ihres Streits verstanden.

Harry seufzt, weil er darauf nichts zu sagen hat.

Louis schlingt auch seinen anderen Arm um seinen Körper und schaut wieder zu Boden. Er ist enttäuscht von Harry und kann gerade nicht darüber nachdenken ihm zu verzeihen. Er fühlt sich hintergangen und dieses Gefühl nagt an ihm. Eigentlich will er überhaupt nicht, dass er all diesen Schwachsinn fühlt, weil es bringt ihn auch nicht weiter, aber er kann es nicht abstellen. Er kann seine Erfahrungen und seine Vergangenheit nicht vergessen, nur weil es dieses Mal Harry war.

Louis ist kein herzloser Mensch, auch wenn andere dies gerne von ihm behaupten. Er ist sogar sehr emotional, aber er zeigt es eben nicht, weil kein Mensch damals damit umgehen konnte. Aus diesem Grund hat Louis sich geändert, weil andere es einfach von ihm erwartet haben. Bei Harry fühlte es sich anders an. Als könnte er da er selbst sein, aber vielleicht hat er sich geirrt.

Harry schaut wieder zu seinem Freund. Er ist schon dabei sich Gedanken darüber zu machen, was geschehen wird, wenn Louis Schluss macht. Harry ist nicht der Typ, der auf die Knie fällt und darum betelt, dass er bleibt. Trotzdem will er nicht, dass Louis aus seinem Leben verschwindet.

Was soll er bloß ohne den chaotischen Idioten machen? Wem soll er hinterher räumen? Für wenn soll er kochen? Wer würde ihm den Tee machen? Wer würde mit ihm über Musik diskutieren?

Fünf Jahre ihres Lebens haben sie schon zusammen verbracht. Seit fünf Jahren leben sie in der selben Wohnung, wachen jeden Morgen - zumindest fast jeden - nebeneinander auf und führen ihr unbedeutenes, halbwegs normales Leben. Es hat immer funktioniert, was hat sich verändert, will Harry wissen.

Plötzlich hat Harry Angst vor einem weiteren Streit. Plötzlich will er Louis sagen, was er fühlt, weil die Gefahr besteht, dass Louis gehen will. Harry war nie so. Doch nun ist er es.

Harry war es schon immer egal, was andere Leute dachten. Das wichtigste in seinem Leben war immer er gewesen, aber irgendwie hat sich das geändert. Schon lange haben sich seine Prioritäten verschoben.

Er lässt das Radio im Auto laufen, obwohl er Störungen hasst, weil er sich nicht konzentrieren kann - aber Louis hasst die Stille. Er räumt Louis' Wäscheberge weg, weil Louis zu unordentlich ist, um dies regelmäßig zu tun. Er schaut sich langweilige Filme mit ihm an und hört ihm zu, wenn er wilde Theorien darüber aufstellt. Harry nimmt Rücksicht auf Louis und dies ist ihm bis heute noch nie aufgefallen. Er stellt seine eigenen Ansprüche zurück, damit Louis glücklich ist.

Louis macht jedoch dasselbe. Er räumt die Spühlmaschine ein und aus, weil Harry es hasst das zu tun. Er legt seine Füße nicht auf dem Armaturenbrett ab, weil Harry viel zu pingelig dafür ist. Er lässt Harry Donnerstags Abends immer seine Krimi-Doku schauen, völlig egal was auf anderen Sendern kommt. Auch Louis nimmt Rücksicht.

Und dies macht doch eine gute Beziehung aus oder nicht? Sich selbst zurück zumehmen für den anderen. Sie sind kein normales Paar, aber trotzdem haben sie ihre Art dem anderen zu vermitteln, dass er ihnen wichtig ist.

"Louis, dahint ist ein Gebäude!", sagt Harry begeistert.

Der kleinere schaut direkt auf und Harry hat Recht. In der Ferne steht ein Gebäude mit einer Straßenlaterne davor.

"Na endlich!", ruft Louis erleichtert und geht einen Schritt schneller," endlich kommen wir aus dieser Wüste heraus!"

Obwohl Harry nichts lieber will als das, interpretiert er in Louis' Worte mehr herein als dort ist. In seinen Augen sieht es so aus als würde Louis von ihm weg wollen, dies würde immerhin mit dem Statement zusammen passen, welches er vorhin geäußert hat.

Plötzlich spürt Harry eine innere Traurigkeit, die er noch nie empfunden hat. Dieser Anblick von Louis, wie er immer schneller geht, ließ Harrys Gedanken vollkommen verrückt spielen. Für Harry fühlt es sich so an als würde Louis aus seinem Leben laufen oder vor ihm davon rennen. Tut er das?

Ist er so ein schrecklicher Freund, fragt er sich selber. Vielleicht ist er wirklich nicht immer der netteste zu ihm gewesen. Vielleicht war er manchmal zu hart zu ihm gesesen, aber Louis war genauso. Beide verhalten sich nicht wie normale Erwachsene Menschen. Sie sind beide ein bisschen überdramatisch und schwierig.

Aber Louis kann doch nicht einfach Schluss machen, oder? Diese Frage stellt sich Harry während er ihm zügig nach geht und die Panik mit jedem Schritt etwas größer wird. Er muss diese Autopanne verlängern, dies macht sich Harry in diesem Moment zur Mission!

A/N: Will Louis sich wohl von Harry trennen? :)

Ich hoffe ihr hattet einen guten start in die Woche und euch hat das Kapitel gefallen! :)

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