the second big bang









seventeen.
the second big bang

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IN DER NÄCHSTEN Woche war wieder Unterricht. Und der ganze Trubel begann von neuem.

Andrew und ich waren seit Silvester ein Paar. Jedenfalls taten wir so, weil er jemanden eifersüchtig machen und ich mich ablenken wollte.

„Also du und Andrew Grady? Ist das jetzt ein Ding, oder was?" Freds belustigte Stimme ließ mich zusammenzucken.

Ich war gerade auf dem Weg zu meiner ersten Unterrichtsstunde an diesem Montagmorgen. Ich drehte mich auf dem Absatz um und umklammerte mit kalten Fingern die Riemen meines Rucksacks. „Ja, und?", erwiderte ich und er zog spöttisch die Augenbrauen hoch.

„Du glaubst doch nicht im ernst, dass euch irgendjemand diese süße kleine Show abkaufen wird, oder?", fragte er und ich runzelte die Stirn.

„Das ist keine Show", widersprach ich mit fester Stimme.

Skeptisch hob er eine Braue. „Ihr seid also wirklich zusammen?", fragte er und fuhr sich reflexartig durch die karottenroten Haare.

Ich zuckte mit den Schultern und wandte mich von ihm ab. Mit großen Schritten folgte er mir den belebten Korridor hinunter. „Irgendwie schon, ja", sagte ich und als er nicht antwortete, fuhr ich hastig fort: „Hör zu, das alles ist noch ziemlich frisch und wir wissen selbst noch nicht genau, ob das zwischen uns wirklich funktioniert, deshalb wollten wir es auch nicht unnötig an die große Glocke hängen, verstehst du?" Ich war überrascht, wie leicht mir diese Lüge über die Lippen gekommen war.

Nachdenklich rieb sich Fred den Nacken. „Klar", sagte er. „Ich dachte nur—" Er unterbrach sich selbst und schenkte mir ein keckes kleines Grinsen. „Es ist nicht zu übersehen, dass George dich offensichtlich gern hat. Er hat nicht gerade ein Geheimnis daraus gemacht, außerdem kenn' ich ihn viel zu gut, als dass es mir nicht aufgefallen wäre. Deswegen check ich auch nicht, warum er plötzlich was mit Alicia anfängt."

Ich verzog mein Gesicht zu einer genervten Grimasse. „Er kann machen, was er will", sagte ich halbherzig und ohne ihn anzusehen.

Fred schnaubte leise. „Sicher", sagte er achselzuckend. „Aber glaub' mir, er tut das alles nur, um sich von dir abzulenken."

Ich verdrehte die Augen. „Idiotensprechstunde ist erst später, außerdem hab ich dich nicht nach deiner Meinung gefragt", sagte ich gereizt und beschleunigte meine Schritte.

Ich konnte hören, wie Fred lachte. „Sag bloß, du bist eifersüchtig?" Mit wackelnden Augenbrauen kreuzte er die Arme vor der Brust.

„Ich bin nicht eifersüchtig", widersprach ich, doch der Rotschopf schien mir nicht zu glauben.

„Klar", sagte er spitzzüngig. „Und George ist mit Alicia zusammen, weil sie ihn zu einem besseren Menschen macht." Dem unterschwelligen Spott in seiner Stimme nach zu schließen, schien er nicht besonders viel von dieser Beziehung zu halten.

Ich zuckte jedoch nur mit den Achseln. „Ist doch toll", sagte ich bemüht lässig. „Sie kann die Heilige spielen und ein bisschen für ihn beten."

„Da ist ja jemand richtig gut gelaunt, was?", sagte Fred amüsiert.

„Ich wüsste nicht, was dich das angeht", erwiderte ich und blieb schließlich so abrupt vor unserem Klassenzimmer für Zaubertränke stehen, dass er prompt in mich hineinlief.

„Komisch, das gleiche sagt Angie auch immer", sagte er und kratzte sich nachdenklich am Kopf.

Ich warf ihm einen entnervten Blick zu. „Wundert mich, dass die Info dann offenbar noch nicht bei dir angekommen ist", sagte ich schnippisch und seine Lippen verzogen sich zu einem breiten Grinsen.

„Eiskalt, Finnley, wirklich", witzelte er und bedeutete mir dann, vor ihm den Klassenraum für Zaubertränke zu betreten.

Ich rollte nur mit den Augen und setzte einen Fuß über die Schwelle. Ziemlich weit vorn saßen George und Alicia bereits auf ihren Plätzen. Gerade flüsterte er ihr etwas offenbar unfassbar Witziges ins Ohr, doch ich wandte mich hastig ab, um ihre Reaktion nicht sehen zu müssen.

Fred warf mir einen vielsagenden Blick zu. „Schön, dass du überhaupt nicht eifersüchtig bist", säuselte er mit einem breiten Grinsen im Gesicht und seine Stimme triefte nur so vor unterdrücktem Sarkasmus.

Ich zeigte ihm jedoch nur den Mittelfinger und trottete dann zu meinem Platz hinüber. Mir eine Strähne meines dunklen Haares aus der Stirn pustend, ließ ich mich neben Jo auf die Bank fallend. „Hey", sagte ich atemlos und zog rasch meine Lehrbücher aus der Tasche.

Lucas, der auf Jos anderer Seite saß, hob den Kopf und grinste breit. „Hey, Kit, was geht?" Er hielt mir zur Begrüßung seine Faust hin und ich schlug mit ihm ein.

Jo verengte stattdessen die Augen zu Schlitzen. Sie sah zu George hinüber und schüttelte langsam den Kopf. „Ich halte das alles immer noch für eine schlechte Idee", raunte sie mir zu und ich runzelte fragend die Stirn.

„Wovon sprichst du?"

Jo verdrehte die Augen. „Diese Sache zwischen dir und Andrew", murmelte sie. „Was auch immer da läuft, ich finde, du solltest es beenden."

Perplex hob ich die Brauen. „Wir versuchen gerade so etwas wie eine Beziehung zu führen", sagte ich und als Jo ungläubig den Kopf zur Seite neigte, fuhr ich hastig fort: „Ich versteh' nicht, wo das Problem liegt."

„Das Problem ist, dass Beziehungen zwischen zwei so guten Freunden, wie ihr es seid, einfach nicht funktionieren können. Am Ende gibt es immer jemanden, der verletzt wird, und dann ist das Theater wieder groß."

Obwohl die Beziehung zwischen Andrew und mir auf einer glatten Lüge basierte, ärgerten mich ihre Worte. „Und was ist mit Lucas und dir? Ihr ward auch ziemlich lange nur befreundet, bevor ihr zusammen gekommen seid."

Jo seufzte leise. „Schon, aber—"

„Kannst du dich nicht einfach für uns freuen?", unterbrach ich sie jedoch und verschränkte die Arme vor der Brust.

„Was hast du denn erwartet?", erwiderte sie. „Ich will einfach nicht, dass einer von euch beiden verletzt wird. Solche Sachen passieren doch ständig."

Ich presste die Zähne aufeinander und verkniff mir den abfälligen Kommentar, der mir auf der Zunge brannte.

Und gerade als Jo den Mund öffnete, um noch etwas zu sagen, krachte die Tür auf und Professor Snape trat unheilvoll über die Schwelle. Wie eine übergroße Fledermaus glitt er durch die Reihen und brachte uns mit einem einzigen bösen Blick zum Schweigen.

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Am Nachmittag trafen Jo und ich im Schlafsaal auf eine völlig aufgelöste Mel. Sie saß auf ihrem Bett, wie ein Häufchen Elend.

„Diese Beziehung wird sowas von nach hinten losgehen, wenn du—", sagte Jo gerade, unterbrach sich jedoch selbst, als sie mitten in Mels tränenverschmiertes Gesicht blickte.

Jo und ich tauschten verwunderte Blicke. „Mel?", fragte ich und ging langsam zu ihr hinüber. „Was ist passiert?" Vorsichtig setzte ich mich neben sie. Die weiche Matratze gab unter mir nach.

Sie antwortete nicht, sondern drückte mir nur leise schluchzend ein zerknittertes Blatt Pergament in die Hände.

Verwirrt las ich die unordentlich aneinandergereihten Buchstaben.

Liebe Nora,

wie geht's dir? Wie waren deine Feiertage? Kitra hat mir von dem Weihnachtsball erzählt, der wegen des Turniers veranstaltet wurde. Ihr hattet sicher eine tolle Zeit.

Hör zu, ich weiß, es war nicht immer einfach zwischen uns, und ich wollte eigentlich auch nicht, dass du es auf diese Weise erfährst, aber ich möchte ehrlich zu dir sein.

Ich habe eine Freundin. Wir sind schon seit ein paar Monaten zusammen und es läuft wirklich gut. Ich dachte, du solltest das wissen, nach allem, was zwischen uns passiert ist. Du bist mir immer noch wichtig, Nora, aber ich wollte nie etwas mit deinem ganzen Drama zu tun haben und die Tatsache, dass du nicht weißt, was du willst, hat mich fertig gemacht.

Es tut mir wirklich leid. Ich hoffe, du kannst das verstehen.

Thomas

„Was zum—?", murmelte ich und hob ungläubig den Kopf.

„Wusstest du davon?", fragte Mel.

Langsam schüttelte ich den Kopf. „Ich—", stammelte ich, wusste jedoch nicht, was ich sagen sollte. Ich hatte keine Ahnung gehabt, was zwischen ihr und Thomas passiert war. Ich warf Jo einen hilflosen Blick zu.

Sie zögerte einen kurzen Augenblick und durchquerte dann schließlich ebenfalls den Raum. Ihre großen dunklen Augen flogen rasch über das Briefpapier. „Nichts für Ungut, Kit, aber dein Bruder ist echt ein verdammtes Arschloch", sagte sie und ließ die Hände, in denen sie das Pergament hielt, wieder sinken.

Nachdenklich presste ich die Lippen aufeinander.

„Nein, so ist das nicht", sagte Mel mit brüchiger Stimme und wischte sich hastig die Tränen aus dem Gesicht. „Er kann nichts dafür, ich bin selbst Schuld daran."

Betroffen sah ich sie an. „Aber was genau ist denn zwischen euch passiert?", fragte ich und Mel schlug peinlich berührt die Hände vor die Augen.

„Erinnerst du dich noch an den Sommer nach unserem vierten Jahr?", fragte sie und als ich langsam nickte, fuhr sie rasch fort: „Wir haben ziemlich viel Zeit in den Ferien miteinander verbracht. Und es lief auch alles gut, aber dann hatten wir diesen riesigen Streit, weil meine Eltern scheiße konservativ sind und es niemals erlauben würden, dass ich mit einem Muggel zusammen bin."

Bestürzt zog ich die Augenbrauen zusammen. „Mel...", murmelte ich entgeistert und erneut brach sie in Tränen aus.

„Ich bin ein schrecklicher Mensch, ich weiß. Aber ich hab doch nichts gegen Muggel. Es war mir immer egal, dass deine Familie nicht zaubern kann", heulte sie. „Thomas hatte logischer Weise keine Lust auf das ganze Drama und hat es beendet."

„Ich wusste nichts davon, Mel, das musst du mir glauben", sagte ich leise.

Ihre Lippen verzogen sich zu einem traurigen Lächeln. „Weiß ich doch", erwiderte sie und legte ihre Hand auf meinen Arm. „Es tut mir leid, ich wollte dich nicht damit belasten."

Hastig schüttelte ich den Kopf. „Das tust du nicht", sagte ich und drückte ihre Hand.

Jo und ich redeten noch eine Weile tröstend auf Mel ein, bevor ich mich schließlich in die Eulerei davon stahl.

Das Wetter in den schottischen Highlands war kälter und rauer als im Süden Englands.

Fröstelnd zog ich meine Mütze noch etwas tiefer in mein Gesicht. Ein letztes Mal überflog ich den Brief in meinen Händen. Meine Handschrift war sauber und ordentlich und die Tinte auf dem Pergament verschlang sich in eleganten Buchstaben.

Ich hatte es endlich geschafft, meinen Eltern einen Brief zu schreiben. In diesem berichtete ich ihnen ausführlich von dem Turnier, den vier Champions und dem Weihnachtsball. In einer zweiten Nachricht sprach ich Thomas auf Mel an und auf seine Freundin und was er sich bei dieser ganzen Sache eigentlich gedacht hatte.

Ich seufzte leise, faltete die beiden Briefe und steckte sie mit zitternden Fingern in zwei bereits beschriftete Umschläge aus Pergament.

Dann pfiff ich nach einer Eule in den Dachbalken und ein grauer Waldkauz schwebte zu mir hinunter. Er blickte mich aus neugierigen gelben Augen an und ich streichelte ihm über das weiche Gefieder, bevor ich die Umschläge an seinem Bein befestigte.

Ich trat einen Schritt zur Seite und sah, wie sich der Vogel in die Lüfte erhob und durch eines der steinernen Fenster der Eulerei davon flog. Ich vergrub die Hände tief in den Taschen meiner Winterjacke und beobachtete, wie der schwarze Punkt am strahlend weißen Himmel immer kleiner wurde und schließlich gänzlich verschwand.

In meiner rechten Jackentasche fand ich auf einmal das goldene Medaillon wieder. Ich zog es hervor und betrachtete ich es gedankenverloren. Meine Hände zitterten. Ich öffnete das zierliche Türchen und fuhr nachdenklich mit dem Daumen über die schwarz-weiß Fotografie, die im Inneren steckte. Die Frau auf dem Foto lachte glücklich in die Kamera.

Dann ertönten plötzlich Schritte auf der Wendeltreppe. Ich konnte zwei streitende Stimmen hören, die immer näher kamen.

Hastig ließ ich die goldene Kette wieder in der Seitentasche meines Mantels verschwinden.

„Das ist Erpressung, wir könnten uns echt 'ne Menge Ärger einhandeln", sagte George und neugierig spitzte ich meine Ohren.

„Wir haben es lange genug auf die nette Tour versucht", entgegnete Fred. „Wird langsam Zeit, dass wir aufs Ganze gehen, tut er ja auch. Es wird ihm sicher peinlich sein, wenn seine Kollegen aus dem Ministerium erfahren, was er getan hat-"

„Ich sag' ja bloß, wenn du das schreibst, ist es Erpressung", unterbrach George ihn hitzig.

„Ja und ausgerechnet du wirst dich beklagen, wenn 'ne hohe Summe dabei rausspringt?", erwiderte sein Bruder gehässig.

Im nächsten Augenblick traten Fred und George über die Schwelle. Als sie mich jedoch entdeckten, verstummten sie augenblicklich und blieben wie angewurzelt am Eingang zur Eulerei stehen.

„Was machst du denn hier?", fragte Fred.

Mit einem spöttischen Grinsen auf den Lippen verschränkte ich die Arme vor der Brust. „Dasselbe wie ihr, nehme ich an", sagte ich und zog die Augenbrauen hoch. „Post versenden."

Fred grinste. Er hielt einen versiegelten Umschlag in der Hand.

Ich versuchte einen Blick auf den darauf stehenden Namenszug zu erhaschen, doch hastig schob er die Hände hinter den Rücken. „Lass dich von uns nicht aufhalten", sagte er und deutete mit einer übertriebenen Verbeugung zur Tür.

Ich rührte mich jedoch nicht vom Fleck. „Wen wollt ihr erpressen?", fragte ich.

Sogleich erstarb das Grinsen auf Freds Gesicht. George warf seinem Bruder einen kurzen Blick zu, dann lächelte er mich an.

Mein Herz machte einen Satz.

„Mach dich nicht lächerlich, wir haben nur einen Witz gemacht", sagte er betont lässig und kreuzte die Arme vor der Brust.

Ich sah ungläubig drein. „Klang aber gar nicht danach", sagte ich.

Fred und George tauschten Blicke.

Dann sagte Fred barsch: „Steck deine hübsche Nase nicht in Angelegenheiten, die dich nichts angehen, Finnley—"

„Es geht um Bagman, hab ich Recht?", unterbrach ich ihn jedoch.

Fred sah seinen Zwilling ungläubig an. „Du hast es ihr erzählt?", fragte er fassungslos und George schnitt eine Grimasse.

„Ja", sagte er zerknirscht und rieb sich nervös den Nacken.

Fred sah ziemlich entgeistert aus. „Heiliger Merlin, ich weiß, du stehst auf die Kleine, aber das heißt doch noch lange nicht, dass du ihr auch all unsere Probleme auf die Nase binden musst."

Prompt schoss Hitze in meine Wangen.

„Alter—", murmelte George peinlich berührt, doch rasch fiel ich ihm ins Wort.

„Ich werd's schon niemandem erzählen."

Skeptisch hob Fred die Augenbrauen. „Nimm's nicht persönlich, Finnley, aber ich vertrau' dir nicht", sagte er und wackelte perfide mit den Augenbrauen.

Gehässig sah ich ihn an. „Das hat genau da weh getan, wo es mich nicht juckt", erwiderte ich und George schmunzelte daraufhin leicht.

Fred sah fassungslos zwischen uns hin und her und verdrehte dann theatralisch die Augen.

„Also?", fragte ich ungeduldig und trat von einem Fuß auf den anderen. „Was ist jetzt mit Bagman?"

Die Zwillinge schwiegen einen Augenblick lang, bevor Fred erneut das Wort ergriff: „Wir haben's dir doch schon gesagt, wir erpressen ihn nicht."

Ich zog ungläubig die Augenbrauen hoch. „Und was habt ihr dann vor?", fragte ich und deutete auf den Brief, den er nach wie vor hinter seinem Rücken versteckt hielt.

„Das geht dich nun wirklich nichts an", sagte er und zwinkerte mir vielsagend zu. Dann tänzelte er an mir vorbei, pfiff nach einer Eule und band ihr kurzerhand den Brief ans Bein.

Unterdessen beobachtete George mich von der gegenüberliegenden Seite der Eulerei aus. „Wie geht's Andrew?", fragte er dann plötzlich und perplex blinzelte ich.

„Was?"

George hob eine Braue. „Ihr seid doch zusammen, oder nicht?", fragte er gelassen.

„Ja", sagte ich recht lahm und vergrub die Hände noch ein wenig tiefer in den Taschen meines Mantels. Ich hatte nicht das geringste Bedürfnis mit ihm über Andrew zu reden. „Wie läuft's mit Alicia?", fragte ich stattdessen.

Georges Augen weiteten sich daraufhin kaum merklich. „Ziemlich gut", sagte er dann und mein Magen machte einen Satz.

Ich schluckte meinen Stolz hinunter und zwang mir hastig ein Lächeln auf die Lippen. „C-Cool", stammelte ich und verschränkte die Arme vor der Brust.

„Wow", sagte Fred dann plötzlich und zog spöttisch die Augenbrauen hoch. „Ich lass euch zwei Turteltauben dann mal allein." Er machte eine dramatische Geste mit der Hand und durchquerte mit federnden Schritten den mit Vogelkot bedeckten Raum, klopfte seinem Zwillingsbruder kumpelmäßig auf die Schulter und stieg dann die glitschigen Stufen der Wendeltreppe wieder hinab ins Schloss.

„Also...", sagte George gedehnt und trat unruhig von einem Fuß auf den anderen.

„Hör zu, George", murmelte ich leise und überrascht hob den er den Kopf. „Wegen dieser Sache mit Bagman, ich weiß, es geht mich nichts an, aber was auch immer ihr da vorhabt, passt bitte auf."

Verblüfft hob er die Brauen. „Machst du dir etwa Sorgen um uns?", fragte er schalkhaft und ich verdrehte genervt die Augen.

„Nein?", erwiderte ich schlicht, konnte mir das Grinsen, das sich dabei auf meine Lippen schlich, jedoch nicht ganz verkneifen.

„Du bist wirklich sowas von durchschaubar", sagte George belustigt.

Ich schwieg. Mein Herz schlug so laut, dass ich Angst hatte, er könnte es hören.

„Gibt's sonst noch was, das du mir sagen willst?" Er sah mich beinahe hoffnungsvoll an.

Meine Finger verkrampfte sich in meinen Manteltaschen. Das goldenen Medaillon lag kalt und schwer in meiner rechten Hand. Ich öffnete den Mund, doch kein Wort kam heraus.

Ein enttäuschter Ausdruck huschte über Georges Gesicht, doch er war genauso schnell wieder verschwunden, wie er gekommen war, und er wollte sich gerade abwenden, als ich einen Schritt nach vorn trat.

„George, warte mal", sagte ich hastig und überrascht drehte er sich wieder zu mir um.

„Du hast meinen Namen heute sehr gern, was?", neckte er mich und ich rollte daraufhin nur mit den Augen.

Ich zögerte einen kurzen Augenblick, dann zog ich das Medaillon aus meiner Tasche hervor. „Am Tag nach dem Weihnachtsball habe ich einen Brief bekommen."

Georges Augen weiteten sich, als ich ihm die Kette in die Hand drückte. Neugierig betrachtete er sie, fuhr mit dem Daumen nachdenklich über das eingravierte W. „Wenn das W für Weasley steht, fress' ich 'nen Besen", scherzte er, wahrscheinlich um die Stimmung aufzulockern, und klappte dann die winzigen Türchen des Medaillons auf. Mit gerunzelter Stirn betrachtete er das Foto im Inneren. Dann hob er den Kopf und sah mich mit diesem piercenden Blick an, der stets einen wohligen Schauer über meinen Rücken jagte. „Hast du eine Ahnung, wer die Frau ist?"

„Sie sieht aus wie Diana, findest du nicht?"

Er hielt den Anhänger noch ein wenig näher vors Gesicht und zog die Stirn in Falten. „Das würde auch das W erklären", überlegte er. „Ihr Nachname war doch Wayland, oder nicht?"

Langsam nickte ich. „Da war noch eine Nachricht in diesem Brief. Das schwarze Schaf ist manchmal das einzige, das die Wahrheit sagt", zitierte ich die Botschaft, die auf dem zerknitterten Zettel gestanden hatte.

George sah mich verwirrt an. „Was hat das alles zu bedeuten?", fragte er und kratzte sich nachdenklich am Hinterkopf.

Ich zuckte mit den Schultern. „Ich bin nicht sicher", murmelte ich.

George musterte mich einen Augenblick lang schweigend, dann fiel sein Blick erneut auf das Foto. „Du glaubst, dass du dieses Kind bist, oder?", fragte er plötzlich leise und erschrocken hob ich den Kopf. Er zuckte mit den Schultern und fuhr hastig fort: „Ich meine, warum sonst solltest du diese Nachricht erhalten, wenn es nicht so ist."

Ich zögerte. „Das alles ergibt so viel Sinn, nicht wahr?", hauchte ich schließlich. Die Gedanken, die mich bereits seit Wochen quälten, zum ersten Mal laut auszusprechen, ließ einen großen Stein von meinem Herzen fallen. „Es ist nicht so, als hätte ich es schon immer irgendwie gespürt, und dieser Gedanke, dass mein ganzes Leben auf einer Lüge aufgebaut sein soll, macht mich fertig, aber ich kann mir das alles nicht anders erklären. Warum will Moody nicht, dass ich weiter nach Diana suche? Und warum schickt mir jemand dieses Medaillon? Was hat das alles zu bedeuten?"

George schwieg verunsichert. „Ich weiß es nicht, Kit", sagte er nach einer Weile mit Nachdruck und wäre ich nicht so verzweifelt gewesen, wäre mir vermutlich aufgefallen, dass er mich das erste Mal bei meinem Vornamen nannte. „Ich hab keine Ahnung, warum das alles passiert, aber du musst das nicht alleine durchstehen."

Überrascht hob den ich den Kopf.

„Wenn du weiter nachforschen willst, dann werde ich dir dabei helfen", fuhr er fort und ich konnte nicht anders, als ihm zu glauben. Dann machte er plötzlich einen großen Schritt auf mich zu.

Mit klopfendem Herzen blickte ich in sein Gesicht, in dem unzählige Sommersprossen tanzten, immer dann, wenn er lachte.

Mit flinken Fingern steckte er das Medaillon zurück in meine Manteltasche, dann hob er die Hand und strich mir geschickt eine lose Haarsträhne hinters Ohr.

Ungläubig sah ich ihn an.

„Tu nicht so überrascht", murmelte er dann mit einem kleinen frechen Grinsen im Gesicht. „Du kannst ruhig zugeben, dass du mich doch um einiges netter findest, als du es dir immer einzureden versuchst."

Ich schnitt eine gehässige Grimasse. „Wieso sollte ich? Man kann Blumen auch nicht ins Arschloch eines Idioten stecken und es Vase nennen", erwiderte ich mit vor der Brust verschränkten Armen.

Daraufhin stieß George ein theatralisches Seufzen aus und verdrehte die Augen. „Nicht schlecht, Finnley", sagte er anerkennend und erst als er einen Schritt vor mir zurückwich, stellte ich fest, wie nah wir uns die ganze Zeit über gewesen waren.

„Ich bin eben ein wahrhafter Poet", sagte ich salbungsvoll und warf mir die Haare über die Schultern.

George lachte leise und auch ich konnte mir das Lächeln, das sich auf meine Lippen stahl, nicht ganz verkneifen. Dann verstummte er wieder und sah mich mit einem ungewohnt ernsten Blick an. „Aber ich mein's ernst", sagte er mit gedämpfter Stimme. „Falls du meine Hilfe brauchst—"

„Ich weiß", unterbrach ich ihn hastig und wippte nervös auf den Zehenspitzen auf und ab. „Und ich bin wirklich froh darüber."

Ungläubig hob er die Brauen. „Bist du?", fragte er und ich nickte.

„Ja", sagte ich leise und schaffte es kaum, ihm in die braunen Augen zu sehen. „Mir ist klar, dass wir nicht gerade den besten Start miteinander hatten, und die meiste Zeit gehst du mir auch ziemlich auf die Nerven, aber—" Ich unterbrach mich und grinste schwach, als er sein Gesicht zu einer Grimasse verzog. „Danke", sagte ich und meinte es auch so. „Danke, dass du mir bei der Suche nach Diana hilfst. Und für alles andere auch."

Sprachlos öffnete George den Mund. „Du musst dich nicht bedanken", brachte er dann schließlich heraus und vergrub die Hände tief in den Taschen seiner ausgewaschenen Jeans.

„Doch", sagte ich und mein Mund war auf einmal ganz trocken. Sanft lächelte ich ihn an. „Ich freu' mich übrigens wirklich für dich und Alicia." Am liebsten hätte ich mir mit der flachen Hand gegen die Stirn geschlagen.

Der Rotschopf blinzelte überrascht, zwang sich dann aber ein verschmitztes Grinsen auf die Lippen. „Andrew und du gebt aber auch ein schönes Paar ab", erwiderte er und ich war mir nicht ganz sicher, ob ich mir den spöttischen Unterton in seiner Stimme nur einbildete. Dennoch versetzten mir seine Worte einen unangenehmen Stich in der Magengegend.

Peinliches Schweigen breitete sich zwischen uns aus.

„Also...", sagte ich irgendwann unsicher und ging langsam zu ihm hinüber.

„Also...", sagte er gedehnt und unter seinem taxierenden Blick lief ich prompt scharlachrot an.

„Ich sollte dann mal gehen", murmelte ich und schob mich mit rasendem Herzen an ihm vorbei. Am obersten Treppenabsatz drehte ich mich ein letztes Mal zu ihm um. „Wir sehen uns später?"

Er nickte rasch, ein schwaches Grinsen umspielte dabei seine Lippen.

Dann drehte ich mich endgültig um und stieg die gewundene Treppe hinunter zurück ins Schloss. Und mit der Zeit beruhigte sich mein Herzschlag, doch die Aufregung blieb.

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author's note.

hey frieeeends! Wie geht's, wie steht's?

Wie fandet ihr das Kapitel? Ich liebe die Zwillinge und ich liebe es einfach so arg über sie zu schreiben! Und Kits Comebacks mag ich am meisten, HAHA!

Was haltet ihr von Kits Vermutung, dass sie doch was mit Diana zu tun hat?

Übrigens hat die liebe cxrls_ vor einiger Zeit festgestellt, dass ich offenbar das absolute GEORGE GIRL bin und wisst ihr was? Sie hat SOWAS VON RECHT! Außerdem wollte ich so gleich noch die Gelegenheit nutzen und mich bei ihr für all die wundervollen Kommentare bedanken, die sie immer da lässt, IT MEANS THE WORLD. Dieses Kapitel ist für dich. ❤️ (Schaut gern auch mal bei ihrer Story THE OUTCOME vorbei, ihr werdet es nicht bereuen, das garantiere ich euch!)

Ich wünsche euch ein wunderschönes Wochenende!

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