it got worse
twenty-five.
it got worse
━━━━━━ ❃ ❀ ✾ ✿ ✽ ━━━━━━
„DRACO MALFOY? IST das dein Ernst?" Jo sah so entgeistert aus, dass ich mich fragte, wie sie es überhaupt noch schaffte, auf zwei Beinen zu stehen.
Mel schnitt eine verdrießliche Grimasse. „Woher weißt du davon?", fragte sie.
Jo verdrehte die Augen. „Frag doch mal deinen süßen, kleinen Loverboy", spöttelte sie. „Er hat lauthals in der Eingangshalle damit rumgeprahlt. Konnte seine große Klappe wohl nicht halten."
Mel ballte die Hände zu Fäusten. „Dieser verdammte Scheißkerl", murmelte sie und Jo verschränkte die Arme vor der Brust.
„Ach, was du nicht sagst", sagte sie verächtlich grinsend.
Auf einmal verwandelte sich Mels Unbehagen in Verärgerung. „Was interessiert es dich überhaupt, was ich mit wem mache?", fragte sie dann und starrte Jo aus funkelnden blauen Augen an.
„Was meinst du? Wir sind beste Freunde!"
Mel verschränkte die Arme vor der Brust. „Das wird jetzt vielleicht ein Schock für dich sein, aber es geht zur Abwechslung mal nicht nur um dich", sagte sie.
Jos Augen verzogen sich zu Schlitzen. „Nein, es geht um deine offenbar nicht vorhandene Selbstachtung, die dich dazu bringt, dich jemandem an den Hals zu werfen, der nicht nur Kit sondern auch alle anderen Muggelgeborenen seit Jahren wie Scheiße behandelt", hisste sie und Mel verdrehte die Augen.
„Hör bitte auf, mich zu therapieren, Josslyn."
Bei der Erwähnung ihres vollen Namens schnitt Jo eine Grimasse. „Das tu ich doch überhaupt nicht", widersprach sie. „Ich versteh es nur einfach nicht. Warum ausgerechnet Malfoy? Du könntest jeden haben, wenn du wolltest."
„Wir sind nicht nicht mal richtig zusammen. Frag Kit", sagte Mel zu ihrer Verteidigung und deutete mit dem Finger auf mich.
Jos Augen weiteten sich. Ungläubig sah sie mich an. „Du hast es gewusst?"
Ich warf Mel einen entgeisterten Blick zu und hob dann die Schultern. „Ich weiß nur, dass ich nichts weiß", sagte ich ziemlich dämlich und hätte mir im nächsten Atemzug am liebsten mit der flachen Hand gegen die Stirn geschlagen.
Jo schien aus allen Wolken zu fallen. „Wieso hast du nichts gesagt?", fragte sie vorwurfsvoll.
Unschuldig hob ich die Hände. „Hey, sei froh, dass ich die beiden überhaupt miteinander erwischt habe. Wer weiß, was sonst noch passiert wäre."
Jo schenkte mir einen gehässigen Blick. „Oh, du bist wirklich eine wahre Freundin."
Ich verdrehte jedoch nur die Augen.
„Ich fass' es nicht", fuhr sie fort und rann sich mit den Fingern durch die Haare. Dann wandte sie sich wieder an Mel. „Was hast du dir eigentlich dabei gedacht?"
Die Blondine wimmerte leise. „Überhaupt nichts. Ich denke nie."
„Jo...", murmelte ich, in dem erfolglosen Versuch, sie zu beruhigen, doch prompt fiel sie mir ins Wort.
„Auf dich bin ich auch sauer", sagte sie und deutete mit dem Finger auf mich.
Ich unterdrückte ein Seufzen. „Jetzt warte doch mal", sagte ich, als sie mit großen Schritten den Schlafsaal durchquerte.
Mel folgte ihr. „Komm schon, Jo."
„Nein", sagte diese jedoch mit gehobener Hand und blieb auf der Schwelle stehen. „Ich möchte jetzt diese Tür zu knallen!" Dann drehte sie sich um, trat hinaus und schlug die Tür mit einer solchen Wucht hinter sich zu, dass die Fensterscheiben wackelten.
Mel zuckte zusammen.
Ich schloss die Augen und verzog das Gesicht zu einer Grimasse.
„Ey, sorry, Kit, ich wollte nicht-", sagte Mel verzweifelt.
„Schon okay", unterbrach ich sie jedoch recht lahm und ließ mich rücklings auf mein Bett fallen.
Mel betrachtete mich mit gerunzelter Stirn und setzte sich dann zu mir auf die Matratze. Die Federn gaben unter ihr nach. „Ist alles okay bei dir?", fragte sie.
Nein, wollte ich schreien, nichts ist okay, doch die Worte blieben mir im Hals stecken. Ich dachte an meine Eltern und mir wurde schlecht. Seit ich die Adoptionspapiere unter meinem Kopfkissen gefunden hatte, waren zwei Wochen vergangen. Und ich hatte bisher noch niemandem davon erzählt, mich nur jeden Abend wortlos in den Schlaf geweint. Ich schluckte schwer und zuckte mit den Schultern. Dann ließ ich mich auf die Bettdecke fallen. Ich wusste nicht, ob ich schon darüber reden wollte. Ich wusste nicht, ob ich das schon konnte. „Nein", murmelte ich nach mehreren atemlosen Sekunden schließlich und versuchte die Tränen zu unterdrücken, die prompt in meine Augen schossen, „aber frag mich morgen nochmal."
Mel lächelte schwach. „Ich bin immer für dich da, das weißt du doch, oder?", sagte sie und vorsichtig lugte ich zu ihr hinauf.
„Ja", sagte ich matt und bemühte mich, ihr Lächeln zu erwidern. Doch die Gedanken in meinem Kopf drehten sich nach wie vor im Kreis.
━━━━━━ ❃ ❀ ✾ ✿ ✽ ━━━━━━
„Hey, Ced", murmelte ich und rutschte eine Reihe hinter Cedric auf meinen Platz im Klassenzimmer für Verteidigung gegen die Dunklen Künste.
Grinsend drehte er sich zu mir um. „Kit, hey, wie geht's dir?", fragte er und ignorierte Fred und George geflissentlich, die gerade johlend an uns vorbei durch den Gang zwischen den Schulbänken liefen.
Als ich Georges flüchtigen Blick auffing, wurden meine Wangen ganz warm.
Ich räusperte mich und zwang mir ein Lächeln auf die Lippen. „Ganz gut", sagte ich dann und das Grinsen in Cedrics Gesicht wurde noch eine Spur breiter.
„Nur noch ein paar Monate, dann steht die dritte Aufgabe an", raunte er mir zu und rieb voller Vorfreude die Hände aneinander.
Meine Augen weiteten sich. „Wisst ihr schon, was euch erwartet?", fragte ich.
Cedric schüttelte den Kopf. „Nein", seufzte er. „Dumbledore und die anderen machen ein ganz schön großes Geheimnis daraus."
Ich zuckte mit den Schultern und erwiderte: „Soll ja schließlich spannend werden."
Cedric rollte mit den Augen. „Ja, schon, aber—"
Doch er wurde unterbrochen von einer ziemlich miesepetrig drein schauenden Jo, die sich schnaufend auf den Stuhl neben mich fallen ließ. Ihr dicht auf dem Fuße folgte Mel mit nicht minder verdrießlicher Miene.
Cedric runzelte die Stirn.
„Ich kann's immer noch nicht glauben", schimpfte Jo, während sie ihre Bücher auspackte und sie auf den Tisch vor sich pfefferte. „Wie konntest du nur? Malfoy? Ich bin ihm heute in der Großen Halle über den Weg gelaufen und...ganz ehrlich, Mel, der Kerl ist ein mieses kleines Stück Scheiße."
Mel schnitt eine Grimasse.
„Lass sie doch", murmelte ich nur von der Seite und prompt fuhr Jo zu mir herum.
Ihre großen, braunen Augen glänzten mich sprachlos an. „Was?"
„Lass sie endlich in Ruhe", wiederholte ich. „Sie wird schon wissen, was sie tut." Ich warf Mel einen aufmunternden Blick zu, doch sie machte nicht gerade den Anschein, als wüsste sie wirklich, was sie da eigentlich tat.
„Und das sagst ausgerechnet du?", fragte Jo ungläubig. „Du hättest doch allen Grund, Malfoy zu hassen."
Ich verdrehte die Augen. „Das tu ich aber nicht."
Fassungslos starrte Jo mich an.
„Malfoy interessiert mich nicht", fuhr ich eindringlich fort. „Er ist nur ein dummer, kleiner Junge, der Aufmerksamkeit erregen will. Außerdem habe ich gerade echt andere Probleme."
Sie öffnete den Mund, um etwas zu erwidern, als plötzlich die Tür mit einem lauten Knall aufflog und Professor Moody über die Schwelle hinkte. Sein Holzbein kratzte über den Steinboden.
Der Unterricht tröpfelte an mir vorbei und ich konnte mich kaum auf etwas anderes konzentrieren, als die Tatsache, dass meine Eltern mich adoptiert hatten. Und dass Professor Moody irgendetwas darüber wusste.
Als es zur Pause läutete, erhob ich mich langsam von meinem Platz und drehte mich zu Jo und Mel um, die sich die ganze Stunde über erfolgreich ignoriert hatten. „Ich muss noch was erledigen, wir sehen uns dann später in Zauberkunst", sagte ich, den Blick nach vorn auf den Lehrertisch gerichtet.
Ohne erst auf eine Antwort zu warten, packte ich meine Schultasche und ging auf Professor Moody zu.
„Professor?", sagte ich atemlos, als ich an seinem Tisch angekommen war. „Kann ich kurz mit Ihnen reden?"
Professor Moody hob den Kopf und musterte mich nachdenklich. „Miss Finnley...", murrte er nicht gerade begeistert, doch hastig fiel ich ihm ins Wort.
„Es ist wirklich wichtig", sagte ich mit Nachdruck und der grauhaarige Professor brummte ergiebig.
George starrte neugierig zu uns hinüber. Fred folgte dem Blick seines Zwillingsbruders und schlug ihm dann mit dem Handrücken gegen die Brust. An der Tür blieb die beiden stehen.
„Verziehen Sie sich endlich, Weasley", bellte Professor Moody jedoch und die Rotschöpfe zuckten zusammen. „Oder haben Sie keinen Unterricht?"
Die Stirn in Falten gezogen und mit einem letzten besorgten Blick in meine Richtung verließen Fred und George schließlich den Raum.
„Also, Miss Finnley, worüber wollen Sie so dringend mit mir sprechen?", fragte Professor Moody dann ungeduldig und sein magisches blaues Auge wirbelte in seiner Höhle umher.
Mit nervös klopfendem Herzen vergrub ich die Hände in den Taschen meines Umhangs. „Ich weiß es", sagte ich und Moody sah mich verwirrt an. „Ich weiß, dass meine Eltern..." Ich schluckte schwer und straffte dann die Schultern. „Dass meine Eltern nicht meine Eltern sind." Diese Tatsache zum ersten Mal laut auszusprechen, ließ mich erkennen, dass mein ganzes Leben nur eine einzige große Lüge war.
Professor Moody schwieg.
„Haben Sie mir diese Hinweise geschickt?", fragte ich ihn und meine Stimme bebte. „Sie wissen etwas darüber, nicht wahr?"
„Miss Finnley, ich—"
„Ich habe Sie reden gehört", unterbrach ich ihn jedoch verzweifelt. „Über Diana und ihr Baby. Als Sie mich gefragt haben, ob Finnley mein richtiger Name ist—" Tränen brannten in meinen Augen. „Sie dachten, dass ich dieses Kind bin, oder etwa nicht?"
Moody starrte mich einen Augenblick lang sprachlos an. Dann seufzte er. „Ich wusste, dass Sie es sind, seit ich Sie zum ersten Mal in meinem Unterricht gesehen habe", grunzte er dann und sein Tonfall jagte einen Schauer über meinen Rücken.
Mein Herz blieb stehen. „Waren Sie das? Haben Sie mir diese Briefe geschickt?"
Langsam schüttelte er den Kopf. „Ich weiß nichts von irgendwelchen Briefen", sagte er und enttäuscht ließ ich die Schultern hängen.
„Irgendjemand in diesem Schloss wollte, dass ich die Wahrheit erfahre", sagte ich und Moody runzelte die Stirn. „Sie haben nicht zufällig eine Idee, wer das sein könnte."
Sein Gesicht verfinsterte sich jäh und grummelnd kratzte er sich am Hinterkopf. „Ich bin mir nicht sicher", murmelte er. „Es gibt da vielleicht jemanden, aber—" Er schüttelte den Kopf.
„Aber was?", fragte ich, doch Moody lächelte nur schief.
„Sie sollten sich vorsehen, Miss Finnley", raunte er mir zu. „Wenn Sie zu tief graben, könnten Sie etwas finden, das Ihnen vielleicht nicht gefällt."
Ich verengte die Augen zu Schlitzen. „Was wollen Sie damit sagen?"
Moody seufzte leise. „Vergessen Sie nicht, woher Sie kommen", sagte er nur kryptisch.
Frustriert sah ich ihn an. „Professor, bitte—"
„Sie sollten jetzt gehen", unterbrach er mich jedoch und wandte sich dann von mir ab.
Ich wollte widersprechen, doch mit einem einzigen bösen Blick in meine Richtung brachte er mich zum Schweigen. Deprimiert und nicht wirklich schlauer als zuvor schlang ich mir meine Schultasche über die Schulter und verließ schließlich den Klassenraum.
Vor der Tür stieß ich prompt mit jemandem zusammen.
„Oh, fuck—", fluchte ich, während ich versuchte, nicht das Gleichgewicht zu verlieren.
George trug allerdings ebenfalls seinen Teil dazu bei, indem er mich, die Arme fest um meine Hüfte geschlungen, davor bewahrte, eine recht unangenehme Bekanntschaft mit dem Boden zu machen.
Mit weit aufgerissenen Augen blickte ich zu ihm empor. „George, hey", sagte ich außer Atem und befreite mich hastig aus seinem Griff.
Belustigt schmunzelte er zu mir hinunter. „Was? Keine Beleidigung, weil ich dich umgerannt habe?"
Meine Lippen verzogen sich ganz automatisch zu einem schwachen Lächeln. „Wenn überhaupt, dann bin ich eher froh darüber, dass du es getan hast", sagte ich und überrascht sah er mich an.
„Wirklich?", fragte er und als ich nickte, machte er den Eindruck, als wäre er nun derjenige, der gleich umfallen würde.
Ich grinste. „Hast du etwa hier draußen auf mich gewartet?", fragte ich dann und Georges Wangen färbten sich hauchzart rosa.
George Weasley wurde tatsächlich rot. Wunder geschahen wohl doch immer wieder.
„Ich habe mir Sorgen um dich gemacht", gab er dann zu. „Diese ganze Sache mit Moody...ich trau dem Kerl irgendwie nicht."
Ich hob die Schultern. „Ich auch nicht, aber er weiß etwas über Diana und ich—" Ich seufzte leise. „Ich will doch einfach nur die Wahrheit wissen."
George lächelte schwach. „Das verstehe ich doch", sagte er. „Aber du verrennst dich da in etwas. Das wird dich nicht glücklich machen."
Mit hochgezogenen Augenbrauen sah ich ihn an. „Und du weißt, was mich glücklich macht, ja?", murmelte ich und machte einen mutigen Schritt auf ihn zu.
George leckte sich über die Lippen.
Auf einmal war mein Kopf wie leer gefegt.
„Hast du deswegen mit Andrew Schluss gemacht?", fragte er mit kratziger Stimme. „Weil er dich nicht glücklich gemacht hat?"
Ich schluckte schwer. „Das hat er nicht", flüsterte ich und beobachtete, wie Georges Adamsapfel nervös auf und ab hüpfte. „Nicht wirklich jedenfalls."
„Also...", fing er gedehnt an und trat noch näher auf mich zu. Er öffnete den Mund, um etwas zu sagen, doch die Worte schienen zu schwer, zu kompliziert zu sein, um sie laut auszusprechen.
„Ja?", fragte ich hoffnungsvoll.
„Glaubst du—", er schluckte schwer, „Glaubst du, dass es jemand anderes kann? Dich glücklich machen, meine ich."
Mein Atem stockte.
Dann ertönte plötzlich eine Stimme im Korridor und wir schreckten auseinander.
„Was macht ihr da?", fragte Jo und ihre Augen waren groß und rund wie Galleonen.
„N-Nichts", stammelte ich und umklammerte den Riemen meiner Tasche noch ein wenig fester.
Jo wackelte mit den Augenbrauen. Sie musterte George mit einem breiten Grinsen auf den Lippen. „Kit, ich hab dich gesucht", sagte sie dann und hakte sich bei mir unter. „Komm schon, wir haben gleich Zauberkunst."
Widerwillig ließ ich mich von ihr mit sich ziehen. Ich warf einen letzten Blick über die Schulter und erwiderte Georges Blick, der mich schief hinterher lächelte.
Als wir am Nachmittag in den Schlafsaal zurückkehrten, ließ ich mich rücklings auf mein Bett fallen.
„Was ist los mit dir?", fragte Jo und verschränkte mit gerunzelter Stirn die Arme vor der Brust. Den ganzen restlichen Tag hatte sie versucht, mich über George auszufragen.
„Ich weiß es nicht", murmelte ich frustriert.
„Und das sagst du, weil...?" Sie ließ die Frage unbeantwortet und sah mich mit hochgezogenen Augenbrauen an.
Ich seufzte leise.
„Weil du doch auf George stehst", fuhr sie dann fort und ein vielsagender Ausdruck trat in ihr Gesicht.
Ich zuckte mit den Schultern und ließ mich verdrießlich in die Sofakissen zurückfallen. „Wär' möglich", sagte ich schließlich und als Jo triumphierend in die Hände klatschte, zuckte ich verstört zusammen.
„Verdammt nochmal, was stimmt mit euch nicht?", rief sie und überrascht sah ich sie an. „Ich kapier's nicht. Schließlich mag er dich und du magst ihn, wieso könnt ihr dann nicht einfach zueinander finden? Glücklich zu sein ist doch nicht so schwer."
Hastig hob ich die Hände. „Okay, hör zu. Kann ja sein, dass da irgendwas zwischen uns ist, aber-" Ich unterbrach mich selbst und zog unsicher die Achseln hoch. „Ich weiß nicht, was ich fühle, okay?"
„Oh, das weißt du sehr gut. Ich hab gesehen, wie's dir ging, als er mit Alicia zusammen war. Ich meine, das zeigt doch, was du fühlst. Ja, das ist ganz genau das, was du fühlst."
Ich starrte sie mit großen Augen an. Meine Gedanken drehten sich im Kreis. Dann stieß ich ein entnervtes Seufzen aus und vergrub das Gesicht in den Händen. „Okay, ich mag George", gab ich schließlich zu und spähte durch meine Finger hindurch zu ihr hinüber. „Zufrieden?"
Sie grinste. „Schon irgendwie", erwiderte sie mit einem belustigten Schmunzeln im Mundwinkel.
Ich ließ die Hände wieder fallen und legte nachdenklich den Kopf schief. „Aber das ändert rein gar nichts, verstehst du?", entgegnete ich. „Ich bin immer noch ich und er ist...er ist einfach nur George."
Jo schüttelte lächelnd den Kopf. „Doch, natürlich, das ändert einfach alles", sagte sie. „Sieh doch mal, er hat wegen dir mit Alicia Schluss gemacht. Und du bist auch nicht mehr mit Andrew zusammen. Ich hab gesehen, wie ihr euch in den Drei Besen angeschaut habt."
Ich schnitt eine Grimasse. „Ja, also was das angeht...", sagte ich gedehnt und schlang nervös die Finger ineinander. „Da gibt's vielleicht noch was, das du wissen solltest."
Fragend sah Jo mich an.
„Andrew und ich...wir waren nie so richtig zusammen." Ich wagte es kaum, ihr in die Augen zu schauen. „Wir haben uns zwar geküsst und all das, aber...wir haben nur so getan, als ob."
Jos Augen weiteten sich. Dann stieß sie die Faust in die Luft und rief: „Ich wusste es!"
Überrascht blinzelte ich.
„Ich wusste, dass da irgendwas faul an dieser ganzen Sache war", fuhr sie dann fort und starrte mich eindringlich an. „Es sah nie so aus, als hättest du dich hundertprozentig wohl mit ihm gefühlt."
Ich schwieg betreten.
Neugierig versuchte Jo meinem Blick zu begegnen. „Aber mit George ist es anders, hab ich Recht?", fragte sie vorsichtig.
„Mit ihm ist alles anders", sagte ich verzweifelt. „Ich versteh das nicht, wir konnten uns doch nie wirklich leiden, aber jetzt...wenn er bei mir ist, macht auf einmal alles einen Sinn. Und ich weiß nicht, wieso. Ich weiß überhaupt nichts, nur, dass es mich glücklich macht, wenn wir zusammen sind. Dass dann alles irgendwie einfacher ist."
„Dann sag ihm das", erwiderte Jo eindringlich, „Sag ihm das genauso."
„Und was, wenn es nicht funktioniert?", fragte ich und ein schiefes Lächeln breitete sich auf Jos Lippen aus.
„Du kannst nicht wissen, ob es funktioniert, wenn du es nicht wenigstens versuchst."
Ich starrte sie einen Augenblick lang einfach nur an. Dann— „Du hast Recht", murmelte ich und sprang wie von der Tarantel gestochen von meinem Bett auf. Ich stolperte über die Türschwelle und raste die Treppe hinunter.
„Wo willst du hin?", lachte Jo und folgte mir mit großen Schritten durch den überfüllten Gemeinschaftsraum.
„Zu George!", rief ich über die Schulter.
Vor dem Eingang zum Gemeinschaftsraum blieb Jo stehen und stützte atemlos die Hände auf die Knie. Überrascht starrte sie mir nach. „Warum?"
„Ich weiß jetzt, was ich zu tun habe!" Meine Stimme hallte an den Steinwänden wider, doch ich blieb nicht stehen.
Ich sprintete durch die Gänge, wich einer schnatternden Gruppe Drittklässler aus und ein Lächeln stahl sich auf meine Lippen. Wenigstens diese eine Sache wollte ich richtig machen.
Dann entdeckte ich ihn. Ich beschleunigte meine Schritte. Er bog gerade am anderen Ende des Korridors um eine Ecke und ich wollte schon seinen Namen rufen, als sich mir plötzlich Professor Sprout in den Weg stellte. Schlitternd kam ich vor ihr zum Stehen und strich mir keuchend die dunklen Haare aus dem Gesicht.
„Ahh, Miss Finnley, da sind Sie ja. Ich habe gerade nach Ihnen gesucht", sagte die Hauslehrerin von Hufflepuff und rieb die Hände aneinander. „Ich muss Sie bitten, mich in mein Büro zu begleiten. Ich habe einen eiligen Brief erhalten."
Ungeduldig trat ich von einem Fuß auf den anderen. „Professor Sprout, ich—"
Doch die kleine kugelrunde Hexe unterbrach mich prompt. „Sie haben gehört, was ich gesagt habe, Finnley", sagte sie ungewöhnlich streng. „In mein Büro. Sofort."
Ich unterdrückte ein frustriertes Seufzen und trottete ihr nach, den fackelbesetzten Korridor entlang. „Worum geht es denn?", fragte ich und warf dabei immer wieder prüfende Blicke über die Schulter. George war längst verschwunden.
„Ihr Eltern wünschen, dass Sie noch heute nach London flohen", sagte Professor Sprout und mein Atem stockte augenblicklich.
„Was?", hauchte ich und die sonst so sanfte Lehrerin lächelte schwach.
„Sie möchten Sie über das Wochenende gerne zu Hause wissen. Es ist wohl sehr dringend", erklärte Professor Sprout.
Mir wurde schlecht. Das konnte nur bedeuten, dass-
Professor Sprouts ohnehin schon schmalen Lippen pressten sich zu einem noch dünneren Strich zusammen, als sie die Tür zu ihrem Büro öffnete und über die Schwelle trat. „Komm Sie doch herein", sagte sie und offenbarte einen hohen Marmorkamin, in dem helle Flammen züngelten.
Leicht verunsichert trat ich näher, als sie mir eine Dose Flohpulver entgegenstreckte. Ich nahm eine großzügige Hand voll und stellte mich mitten in das warme Feuer.
„Ich sehe Sie am Sonntag wieder", sagte Professor Sprout und bewundernd stellte ich fest, dass sie besorgt klang. „Und Miss Finnley, passen Sie bitte auf sich auf."
Ich rang mir ein Lächeln ab und nickte. „Auf Wiedersehen, Professor."
Dann warf ich das Pulver in die Flammen, die grün aufloderten, und sagte laut und deutlich die Adresse unseres Hauses in London. Und dann verschwand auch schon Professor Sprouts Gesicht aus meinem Blickfeld und ich wurde wie durch einen engen Schlauch gesogen. Eine Vielzahl an fremden Kaminen raste vorbei und schließlich hörte das Rotieren auf und ich stolperte in dem hellen Wohnzimmer meiner Eltern schmutzig und von oben bis unten mit Ruß bedeckt aus dem Feuer.
Thomas und meine Eltern warteten bereits auf mich. Mein Bruder lächelte gequält.
„Thomas...", murmelte ich und fiel ihm um den Hals.
Er schlang die Arme um mich. „Du weißt es also", flüsterte er an meinem Ohr und Tränen kitzelten in meinen Augen. Es war keine Frage, sondern eine Feststellung.
„Kitra, Liebes." Die Stimme meiner Mutter zitterte.
Langsam löste ich mich aus Thomas' Umarmung.
Sie stand neben meinem Vater. Er hielt ihre Hand. Ihre Augen waren gerötet und blutunterlaufen. Es war, als würde ich in das Gesicht einer Fremden schauen.
„Seit wann-" Sie schluckte schwer. „Seit wann weißt du es?"
Ich zuckte mit den Schultern. „Seit ein paar Wochen", sagte ich. Meine Stimme klang dumpf in meinen Ohren.
„Wir haben einen Brief erhalten", fuhr meine Mutter fort. „Wir wissen nicht, wer der Absender ist, aber er schreibt, dass du die Wahrheit kennst. Wieso bist du damit nicht eher zu uns gekommen?"
Ich holte tief Luft. „Ich wusste nicht, ob ich all dem wirklich Glauben schenken konnte. Ich wollte nicht, dass es wahr ist."
Meine Eltern tauschten Blicke.
„Warum habt ihr nichts gesagt?", wisperte ich. „Warum habt ihr mich mein ganzes Leben lang im Dunkeln gelassen?"
Meine Mutter trat einen Schritt auf mich zu, doch als ich vor ihr zurückwich, blieb sie mit einem traurigen Ausdruck im Gesicht stehen. „Hätte es denn wirklich irgendeinen Unterschied gemacht?", fragte sie. „Wir sind deine Familie und wir lieben dich über alles."
„Ihr hättet es mir sagen müssen", entgegnete ich und schlang schützend die Arme um meinen Oberkörper. „Ich hätte es verdient, die Wahrheit zu erfahren. Aber nicht auf diese Weise."
Meine Mutter schüttelte vehement den Kopf. „Das spielt für uns keine Rolle. Wir sind noch immer deine Eltern."
„Aber für mich spielt es eine Rolle!", erwiderte ich. Tränen fielen auf meine Kleidung, doch hastig wischte ich sie weg. „Für mich spielt es sehr wohl eine Rolle!"
„Warum?", rief meine Mutter und Funken purer Verzweiflung sprühten nun aus ihrer Stimme. „Warum ist dir das so wichtig?"
Ich raufte mir die Haare. „Weil es bedeutet, dass ich nicht die Person bin, die ich mein ganzes Leben lang geglaubt habe, zu sein", sagte ich und fühlte mich auf einmal so allein, wie noch nie zuvor.
Zum ersten Mal ergriff mein Vater das Wort. „Das ist doch nicht wahr", murmelte er entgeistert.
Ich schüttelte den Kopf. Mit fahrigen Fingern zog ich das Foto aus meiner Jackentasche. Ich hatte beinahe vergessen, dass es noch immer in meiner Tasche steckte. Diana, Ben und Mia. Meine Hände zitterten. „Ich weiß nichts von diesem Foto! Ich weiß nicht, wer ich bin! Ich weiß gar nichts!"
„Du bist unsere Tochter! Du bist noch immer du selbst! Nichts hat sich geändert!" Die laute Stimme meiner Mutter ließ mich zusammenzucken.
Thomas trat unruhig von einem Fuß auf den anderen und machte ein Gesicht, als wäre er gerade überall lieber, nur nicht hier.
Sprachlos starrte ich meine Eltern an. „Und was ist mit meiner Mutter? Mit meiner richtigen Mutter? Was ist mit ihr passiert?"
Meine Eltern sahen einander an. Dann sagte mein Vater: „Wir wissen nicht, wer sie ist. Das wusste niemand in dem Waisenhaus, vor dessen Tür sie dich gelegt hat."
Völlig überfordert mit der ganzen Situation fuhr ich mir durch die dunklen Haare. „Ihr hattet nicht das Recht...nicht das Recht, mir all das einfach so zu verschweigen", sagte ich mit zitternder Stimme, doch meine Mum schüttelte den Kopf.
„Deine leibliche Mutter wollte dich nicht! Sie wollte dich nicht! Deshalb hat sie dich in dieses Waisenhaus gegeben! Aber wir—" Sie stockte. „Sie war nicht hier! Sie ist nie hier gewesen! Das waren immer nur wir! Immer!"
„Um sie geht es doch jetzt gar nicht!", schleuderte ich ihr entgegen. „Sondern um euch! Ihr habt mir die Wahrheit vorenthalten! Sie ist mir völlig egal!"
„Aber sie war es, die dich im Stich gelassen hat!", sagte meine Mutter mit bebender Stimme. Ihre Augen schwammen in Tränen. „Warum bist du nicht wütend auf sie?"
Ich biss die Zähne aufeinander und schüttelte den Kopf. „Weil ich überhaupt keine Ahnung habe, wer diese Person eigentlich ist! Aber euch hab ich zu kennen geglaubt!"
„Das tust du doch immer noch! Nichts hat sich verändert!"
Ich sah sie traurig an. „Alles hat sich verändert", sagte ich und brach auf der Stelle zusammen.
Thomas schaffte es gerade noch so, mich aufzufangen, bevor ich auf dem Boden aufschlug.
Mit gebrochenem Herzen einzuschlafen, war vermutlich das schlimmste Gefühl der Welt. Ich saß alleine in meinem Bett, dachte an all die Dinge, die ich anders hätte machen können. Und ich konnte nichts dagegen tun, außer zu weinen.
Die Wahrheit jedoch ist, egal wie stark man auch versucht zu sein, irgendwann wird man den Tiefpunkt erreichen und es wird sich anfühlen, als würde die ganze Welt unter einem zusammenbrechen. Und dann wird einem klar, dass die einzige Person, die dich wieder an die Oberfläche zurückbringen kann, man selbst ist.
━━━━━━ ❃ ❀ ✾ ✿ ✽ ━━━━━━
author's note.
Entschuldigt bitte, dass ich erst jetzt update. Die letzte Woche war super stressig auf der Arbeit und ich war einfach noch nicht hundertprozentig zufrieden mit den Kapitel, deshalb here is it.
Das hier ist wahrscheinlich eines der wichtigsten Kapitel überhaupt und es ist vollgepackt mit meinen liebsten Szenen, dazu gehört unter anderem die Stelle, an der Kit ✨ ENDLICH ✨ realisiert, dass sie Gefühle für George hat, oder auch das Gespräch mit ihren Eltern. Ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich es liebe liebe liebe solche deepen, traurigen Dialoge zu schreiben. Und auch wenn es immer noch keinen Kuss gab, wir kommen der ganzen Sache immer näher, I PROMISE. Ich freu mich auf jeden Fall schon derb drauf.
Ich hoffe, es hat euch gefallen und ihr habt ein schönes restliches Wochenende!
Ich wollte mich noch einmal bei euch allen für die ganzen Votes und Kommentare bedanken! Ihr bereichert echt jedes Mal aufs neue meinen Tag und ich bin so unendlich dankbar dafür! ❤️
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top