in which everything goes wonderfully right (or horribly wrong)









twenty-seven.
in which everything goes wonderfully right
(or horribly wrong)

━━━━━━ ❃ ❀ ✾ ✿ ✽ ━━━━━━






„WAS TUN WIR jetzt, Fred?", fragte ich mit erstaunlich hoher Stimme und duckte mich wieder unter das Waschbecken.

Freds Augen weiteten sich. „Ich hab keine Ahnung, man", erwiderte er und warf seinem Bruder einen hilflosen Blick zu.

„Aber du bist doch der ältere Zwilling!", hisste ich vorwurfsvoll und er schnitt daraufhin eine entgeisterte Grimasse.

„MENTAL ABER NICHT!", spie er aus und ich zuckte zusammen.

George sah genauso verzweifelt aus wie ich mich fühlte. Ein Toilettendeckel segelte über unsere Köpfe hinweg und schreiend warfen wir uns auf den Boden.

An diesem Punkt sollte ich wahrscheinlich erklären, wie zum Teufel wir überhaupt in diese Situation geraten waren. Das Problem war jedoch, ich hatte keine Ahnung, wie zum Teufel wir in diese Situation geraten waren.

Der Morgen hatte eigentlich ziemlich normal begonnen.

Jo, Mel und ich saßen am Tisch der Hufflepuffs. Ich tat mir gerade eine Portion gebackene Bohnen auf, als Lucas plötzlich mit einem verschwörerischen Grinsen auf den Lippen zu uns auf die Bank glitt.

„Habt ihr's schon gehört?", fragte er und ratlos sahen wir ihn an. „Fred und George haben da was organisiert. Sie wollen die alten Rüstungen unten in den Kerkern verhexen und gegeneinander kämpfen lassen. Die beiden sind schon seit gestern damit beschäftigt, auszuprobieren, welcher Zauber sich am besten dafür eignet."

Mir entfuhr ein entgeistertes Seufzen.

„Klingt irgendwie witzig, meint ihr nicht auch?", raunte Jo und wackelte mit den Augenbrauen.

Ich warf ihr einen ungläubigen Blick zu. „Wohl eher nach 'ner ziemlich bescheuerten Idee, wenn du mich fragst", kommentierte ich dumpf und spießte lustlos eine Bohne auf meine Gabel.

Ich ging den Zwillingen seit zwei Wochen erfolgreich aus dem Weg.

Jo verdrehte die Augen. „Du bist echt sowas von langweilig", grummelte sie und während Mel nur belustigt lächelte, betrachtete Lucas mich mit einem vielsagenden Blick.

Ich erwiderte ihn jedoch nicht. Er wusste, was ich für George empfand, und das gefiel mir ganz und gar nicht. „Es ist wirklich schade, dass niemand nach deiner Meinung gefragt hat", gab ich nur patzig zurück und Jo stieß daraufhin ein gekränktes Schnauben aus.

„Da ist ja jemand richtig gut gelaunt, was?", kommentierte Lucas und das breite Grinsen in seinem Gesicht erstreckte sich von einem Ohr zum anderen.

Ich neigte den Kopf zur Seite und funkelte ihn genervt an. „Hey, Lucas, hast du dich je gefragt, wie dein Leben gelaufen wäre, wenn du bei der Geburt genug Sauerstoff bekommen hättest?"

Überrascht blinzelte Lucas, dann schmunzelte er leicht und nickte anerkennend mit dem Kopf. „Nicht schlecht, Finnley", gab er zu und ich schenkte ihm ein falsches Lächeln.

„Geht's dir—", fing Mel dann vorsichtig an und warf den anderen beiden einen flüchtigen Blick zu. „Geht's dir denn gut, Kit?"

„Blendend", murmelte ich und stocherte in meinen Bohnen herum. Dann seufzte ich theatralisch und brach in Tränen aus. „T-Tut mir leid, Leute", schluchzte ich und vergrub hastig das Gesicht in den Händen. „Ich weiß auch nicht, was mit mir los ist."

Flink legte Jo einen Arm um meine Schulter, während sie Lucas und Mel hilflos ansah. „Ist schon okay", sagte sie dann und strich mir beruhigend über den Rücken. „Du bist zwar heute echt ein ziemlich großes Arschloch und ich hab keine Ahnung, wieso, aber wir verzeihen dir." Dramatisch wedelte sie mit der Hand durch die Luft und ich lachte schniefend.

„Dass Kit ein Arschloch ist, ist doch aber nichts neues", neckte Lucas mich und stieß mir mit dem Ellenbogen in die Seite.

Ich grinste ihn schwach an.

„Da hat Lucas ausnahmsweise mal Recht", stimmte Mel ihm belustigt zu und der dunkelhaarige Franzose öffnete daraufhin empört den Mund.

Und während Jo mir die Tränen aus dem Gesicht wischte, versuchte ich meine Gedanken ein wenig zu sortieren. Ich hörte kaum hin, als meine Freunde über das Trimagische Turnier philosophierten und plötzlich eine hitzige Diskussion über Draco Malfoy entbrannte, die darin endete, dass Jo Mel mit Weintrauben bewarf.

Schließlich stemmte ich mich vom Tisch hoch und verabschiedete mich mit den Worten: „Hey, ich muss noch diesen Aufsatz für Zaubertränke schreiben. Wir sehen uns dann später."

Jo wollte noch etwas sagen, doch ich wandte mich bereits ab und floh regelrecht aus der Großen Halle.

Auf dem Weg in den Gemeinschaftsraum der Hufflepuffs stieg ich hinab in die Kerker. Automatisch schweiften meine Gedanken zu George. Vor wenigen Wochen hatte ich ihm noch sagen wollen, was ich für ihn empfand, doch das schien nun unmöglich zu sein.

Ich wollte gerade in einen düsteren, von Spinnweben verhangenen Korridor, der zum Hufflepuff-Gemeinschaftsraum führte, einbiegen, als plötzlich Scheppern und laute Rufe aus der entgegengesetzten Richtung ertönten.

Meine Augen weiteten sich.

Die Zwillinge sprinteten durch den Korridor auf mich zu. Fred hatte Ruß im Gesicht und George ein blaues Auge, das ihn ungewohnt draufgängermäßig aussehen ließ.

„Wir haben ein Problem", teilte er mir keuchend mit und hinter ihm ging ein Wandteppich in Flammen auf.

Mit hochgezogenen Augenbrauen und vor der Brust verschränkten Armen sah ich ihn an. „Lasst mich raten, ihr seid Schuld daran?", fragte ich und dasselbe schiefe Grinsen tauchte auf den Lippen der Brüder auf.

„Hast du etwa was anderes von uns erwartet?", fragte Fred schelmisch.

„Es ist schon viel zu lange her, seit wir das letzte Mal so richtig auf den Putz gehauen haben", sagte George und zwinkerte mir zu.

„Was habt ihr jetzt schon wieder angestellt?" Meine Frage beantwortete sich jedoch im nächsten Augenblick auch schon von selbst.

Soeben tauchte eine Horde sehr lebendig aussehender, kreischender Rüstungen am Ende des Korridors auf.

Meine Augen weiteten sich. „Gehört das auch zu eurem Plan?", rief ich und deutete über ihre Schultern.

Die Zwillinge wirbelten herum und George fluchte laut. Dann packten sie mich unter den Achseln und zerrten mich den Gang entlang.

Atemlos stolperten wir durch die nächstbeste Tür. Die pissgelben Wände des Schulklos waren geschmückt mit vereinzelten Kritzeleien und Schimpfwörtern und ein unangenehmer Geruch stieg mir in die Nase.

Fred sprang als letzter über die Schwelle und schlug erleichtert die Tür hinter sich zu.

„Was zum Teufel war da gerade eben los?", fragte ich und stützte keuchend die Hände auf die Knie.

„Wir hatten eigentlich vor, die Rüstungen zu verzaubern und gegeneinander kämpfen zu lassen", erklärte Fred und fuhr sich durch die roten Haare.

„Wir wollten Turniere unter den Schülern anzetteln. Seit der Sache mit Bagman—", fuhr George fort und sah mich zerknirscht an. „Der Typ hat uns von vorne bis hinten verarscht. Und du weißt, dass wir die Kohle echt gut gebrauchen könnten."

Ich schnitt eine Grimasse und wollte gerade etwas erwidern, als die Tür aufflog und die erste Rüstung im Rahmen stand. Staub rieselte aus ihren Scharnieren und das Kettenhemd unter ihrem Brustpanzer rasselte bei der kleinsten Bewegung. Sie hob den Arm, deutete mit einem blanken stumpfen Schwert auf uns und fast schien es, als würde sie grinsen.

„Was zum—", murmelte ich dumpf und meine Augen wurden groß und rund wie Galleonen.

Fred und George schoben sich schützend vor mich und hoben ihre Zauberstäbe.

„Worauf wartest du noch?", fragte Fred herausfordernd und es war, als habe die Rüstung nur auf eine Frage wie diese gehofft, denn im nächsten Augenblick stürzte sie auch schon auf uns zu.

Und so war ich überhaupt erst in diese Klemme geraten, in der wir nun steckten.

Ein Waschbecken zerschellte und Keramikscherben rieselten wie Schrapnelle auf uns hinab und verfingen sich in meinen langen Haaren. Ich zog den Kopf ein.

Fred feuerte einen Schockzauber auf eine der Rüstungen ab und stöhnend brach sie in sich zusammen.

Ich blinzelte und hustete Staub aus. Ein weiterer bleierner Brustpanzer auf zwei Beinen stürmte auf mich zu. Ich packte den erstbesten Gegenstand, den ich finden konnte — einen Klodeckel — und schleuderte ihn der Rüstung ins Gesicht. Sie taumelte nach hinten und stürzte scheppernd zu Boden.

„Gut gemacht, Finnley!", rief George mir zu und hechtete aus einer Ecke.

Ich beobachtete, wie er seine Fäuste spielen ließ und einer Rüstung einen gut gezielten Kinnhaken verpasste.

Im nächsten Moment ertönte eine gebieterische Stimme, die an den Fliesen widerhallte: „Finite Incantatem!"

Die übrigen Klappergestelle fielen in sich zusammen und landeten scheppernd auf dem Boden.

Hustend rappelte ich mich auf.

„Ich hoffe doch, Sie haben eine gute Erklärung für all das hier", sagte Professor McGonagall und schob sich pikiert die Brille mit den quadratischen Gläsern auf der Nase zurecht.

Fred klopfte sich den Staub vom Pullover. „Wir hätten sogar drei im Angebot", sagte er und George nickte zustimmend.

„Suchen Sie sich eine aus", sagte er und Professor McGonagalls Blick verfinsterte sich zunehmend.

„Finden Sie das etwa witzig?", fragte sie schnippisch. Ihre Lippen waren zu einer schmalen Linie zusammengepresst. „Ich muss Ihnen ja wohl nicht erklären, was Ihr kleines Experiment angerichtet hat. Der halbe Korridor liegt in Schutt und Asche. Schüler hätten verletzt werden können—"

„Es ist doch aber nichts passiert", fiel Fred ihr hastig ins Wort.

„Genau", pflichtete George ihm bei. „Das alles hier war nichts weiter als ein blöder Streich, Professor."

Professor McGonagall zog die Augenbrauen so weit hoch, dass sie beinahe unter der Krempe ihres spitzen schwarzen Hutes verschwanden. „Dieser Streich, wie Sie so schön sagen, ging dieses Mal eindeutig zu weit. Oder wie würden Sie Sabotage und Vandalismus sonst beschreiben?", fragte sie spitz und die Zwillinge tauschten Blicke.

Fred hob die Schultern. „Als ein...Hobby?"

Professor McGonagalls Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen.

„...das wir selbstverständlich nicht unterstützen", schloss George hastig und konnte sich das unschuldige kleine Grinsen, das sich dabei auf seine Lippen schlich, aber offenbar nicht ganz verkneifen.

Die strenge Professorin sah ihn böse an. „Nachsitzen", sagte sie dann und ihre Stimme hallte bedrohlich an den Kerkerwänden wider. „Sie alle drei."

Entsetzt starrte ich sie an. „Aber Professor—"

„Keine Wiederrede, Finnley", unterbrach sie mich jedoch prompt und richtete vornehm ihren Hut. „Sie erwarten meine Eule. Und jetzt beseitigen Sie endlich dieses heillose Chaos." Sie fasste uns ein letztes Mal scharf ins Auge, bevor sie auf dem Absatz kehrt machte und im Korridor verschwand.

Ich blickte ihr frustriert nach und unterdrückte den wutentbrannten Aufschrei, der unablässig in meiner Kehle kratzte. Ich ballte die Hände zu Fäusten und biss die Zähne aufeinander. „Ihr seid wirklich die zwei größten Vollidioten, die ich je in meinem ganzen Leben kennengelernt habe", murmelte ich. „Ich könnte euch gerade den Hals umdrehen."

„Ach, komm schon, Finnley, das war doch eigentlich ganz lustig", sagte Fred gelassen und schwang seinen Zauberstab durch die Luft. Die Scherben, die überall auf dem spiegelglatten Boden um uns herum verteilt waren, flogen elegant in die Höhe und setzten sich auf magische Weise wieder zusammen.

Ungläubig sah ich ihn an. Ich wollte mich schon zu einer schnippischen Antwort herablassen, doch ich besann mich eines besseren und schüttelte nur schnaubend den Kopf. „Wisst ihr was?" Ich klopfte mir den Staub von den Hosen. „Es ist bestimmt auch wahnsinnig lustig, wenn ihr den ganzen Mist hier später alleine aufräumt, oder? Ich verzieh' mich", brummte ich, wandte mich dann von ihnen ab und stolzierte durch den demolierten Korridor.

„Jetzt hab dich doch nicht so, Finnley!", rief George mir versöhnlich hinterher, doch ich hob nur meinen Mittelfinger, ohne mich noch einmal zu ihnen umzudrehen.

━━━━━━ ❃ ❀ ✾ ✿ ✽ ━━━━━━

„Was ist denn mit dir passiert?" Jos Augen weiteten sich, als ich schmutzig und rußbedeckt in den Gemeinschaftsraum trottete.

Meine Jeans war löchrig und an den Knien zerrissen und meine Lippe aufgeplatzt. Seufzend ließ ich mich zu ihr aufs Sofa fallen.

Während sie hastig ihre Bücher zuklappte und sich zu mir umdrehte, lehnte ich mich mit geschlossenen Augen in den Kissen zurück.

„Fred und George", sagte ich bloß und als ihr ein belustigtes Schnauben entfuhr, schlug ich prompt die Augen wieder auf. „Das ist überhaupt nicht witzig. Wegen den beiden hat McGonagall mir Nachsitzen aufgebrummt."

„Oh—", sagte sie bloß und versuchte vergeblich, das Lachen zu unterdrücken, das offenbar in ihrer Kehle steckte. „Aber sieh es doch mal so, jetzt kannst du extra Zeit mit George verbringen." Sie wackelte mit den Augenbrauen und am liebsten hätte ich ihr einen Schlag verpasst.

Ich antwortete nicht.

„Wolltest du ihm nicht eigentlich sagen, was du für ihn empfindest?", fragte sie dann und rasch legte ich ihr die Hand auf den Mund.

„Pschhh—", machte ich und sah sie vorwurfsvoll an. „Oder willst etwa, dass jeder hier davon erfährt?"

Jo schob meine Finger von ihren Lippen und grinste schwach. „Also eigentlich—" Sie duckte sich, als ich eines der Sofakissen nach ihr warf. „Ist ja gut, ich werd's niemandem sagen. Außer vielleicht Lucas."

Ich schnitt eine Grimasse. „Lucas weiß es doch schon längst", sagte ich.

Jos Augenbrauen wanderten in die Höhe.

„Wusstest du, dass er ziemlich gut in solchen Dingen ist?", fuhr ich fort und ließ mich dann seufzend nach hinten sinken.

„Schon witzig, oder?", fragte Jo und als ich sie ratlos ansah, erklärte sie: „Wie jeder von uns mitkriegt, was da zwischen dir und George läuft, außer du selbst."

Verzweifelt zog ich die Stirn in Falten. „Ich wollte es ihm ja sagen, aber—" Hilflos zuckte ich mit den Schultern. „Seitdem ich weiß, dass ich adoptiert bin, ist irgendwie alles anders. Und ich will ihn nicht in mein Drama mit reinziehen."

Nachdenklich legte Jo den Kopf schief. „Glaubst du nicht, dass es genau das ist, was er will?", fragte sie. „Ich hab gesehen, wie besorgt er war, als du von deinen Eltern wieder gekommen bist, und wie sehr er dir einfach nur helfen wollte."

Frustriert erwiderte ich ihren Blick.

„Du bist so dermaßen stur, das macht mich noch wahnsinnig", sagte Jo kopfschüttelnd und ich wollte gerade etwas darauf erwidern, als plötzlich eine winzige Zweitklässlerin neben uns auftauchte.

„Bist du Kitra Finnley?", fragte sie mich und als ich nickte, drückte sie mir eine kleine Rolle Pergament in die Hand. „Die soll ich dir von Professor McGonagall geben."

Griesgrämig sah ich sie an. „Danke", grummelte ich und zerbrach das rote Wachssiegel. Meine Augen wanderten über Professor McGonagalls verschlungene Schrift. „Ich muss heute Abend runter zum Quidditch-Feld", teilte ich Jo mit gerunzelter Stirn mit.

„Warum?", fragte sie verständnislos und ich zuckte mit den Schultern.

„Keine Ahnung", murmelte ich und ließ meine Augen zum wiederholten Male über das Blatt Pergament schweifen. „Es hat wohl irgendetwas mit der Vorbereitung auf die dritte Aufgabe des Trimagischen Turniers zu tun."

Jo beugte sich zu mir nach vorn. „Du musst mir später auf jeden Fall alles davon erzählen", raunte sie und zwinkerte mir keck zu.

Am liebsten hätte ich ihr das bescheuerte Grinsen aus dem Gesicht geschlagen.

━━━━━━ ❃ ❀ ✾ ✿ ✽ ━━━━━━

Ich traf Fred und George in der Eingangshalle und gemeinsam machten wir uns auf den Weg den Abhang hinunter zum Quidditch-Stadion.

Schon von weitem stellte ich fest, dass die hohen Torringe verschwunden waren. „Was zum Teufel—", murmelte ich und meine Augen weiteten sich entsetzt.

Eine dichte Hecke rankte sich auf dem Spielfeld bis in den Himmel hinauf. Noch nicht besonders hoch, ließ sie darauf schließen, dass hier gerade ein riesiger Irrgarten entstand.

„Was beim heiligen Merlin haben die mit unserem Quidditch-Feld gemacht?", spie Fred aus und George pflichtete ihm fassungslos bei.

„Machen Sie sich nicht gleich ins Hemd, Mr und Mr Weasley", ertönte Professor McGonagalls forsche Stimme hinter uns und auf dem Absatz wirbelten wir zu ihr herum. „Im nächsten Jahr wird das Spielfeld wieder wie gewöhnlich in seinem alten Glanz erstrahlen."

„Und was sollen wir dann hier?", fragte George mit vor der Brust verschränkten Armen und misstrauisch zu Schlitzen verengten Augen.

„Nun, zunächst verbitte ich mir diesen Ton, Mr Weasley", sagte Professor McGonagall und sah den jüngeren Zwilling höchst pikiert an. Dann wandte sie sich wieder Fred und mir zu. „Sie werden dafür sorgen, dass die Tribünen sauber sind. Während des letzten Nachsitzens, haben Sie bewiesen, wie gut Sie alle mit Putzlappen und Eimer umgehen können." Sie schwang ihren langen schlanken Zauberstab durch die Luft und wie aus dem Nichts tauchten Wassereimer, Besen und Lappen auf.

Mit den gleichen miesepetrigen Gesichtsausdrücken sahen wir die hochgewachsene Professorin an.

Ihre Mundwinkel zuckten kaum merklich. „Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Abend", sagte sie, bevor sie sich von uns abwandte und zurück ins Schloss hoch schwebte.

Einen kurzen Augenblick lang starrten wir ihr fassungslos nach, dann packte ich zutiefst genervt einen der Eimer und Besen und stapfte zu den Tribünen hinüber.

„Hey, Finnley, warte mal!" George eilte mir nach. Wasser spritzte aus seinem eigenen Kessel.

„Was?", fragte ich und sah ihm bewusst nicht nicht in die Augen. Mein Herz schlug mir auf einmal bis zum Hals. Ich warf einen Blick über die Schulter und stellte frustriert fest, dass Fred sich pfeifend auf die andere Seite der Zuschauertreppen verzog.

„Wie geht's dir?", fragte George dann betont beiläufig und schlenderte neben mir her.

Verwundert hob ich den Kopf und sah ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an. „Gut?", sagte ich, wobei es eher nach einer Frage als nach einer Antwort klang.

„Du warst bei deinen Eltern, vor zwei Wochen, oder?", fragte er. „Lucas hat da was erwähnt."

Mein Magen machte einen Satz. „Ja, ich—" Ich unterbrach mich selbst und drückte meine Lippen noch etwas fester gegen den Kragen meiner Jacke. „An dem Wochenende lief alles ziemlich drunter und drüber. Mir ging's danach auch nicht besonders gut...wie du vielleicht gemerkt hast." Ich stieß ein unbeholfenes kleines Lachen aus und George betrachtete mich daraufhin mit gerunzelter Stirn.

„Ich hab echt eintausend Fragen", sagte er dann schnaubend und hob hilflos die Schultern. „Was ist denn passiert?"

Recht lustlos wischte ich mit dem Besen über den von Blättern übersäten Boden. „Ich bin adoptiert", sagte ich dann und George ließ vor Überraschung seinen Eimer fallen.

Wasser stob zu allen Seiten und benetzte die Sitzplätze und den Boden um uns herum.

„Du—" Er starrte mich unverwandt an. „Was?"

Das süße Entsetzen, das ihm ins Gesicht geschrieben stand, ließ mich beinahe lächeln. „Ja", sagte ich gedehnt.

Offenbar völlig überfordert mit der Situation kratzte er sich am Hinterkopf. „Und was ist mit Diana? Ist sie—?"

Ich zuckte mit den Schultern. „Kein Ahnung", sagte ich. „Meine Eltern wissen nicht, wer meine leibliche Mutter ist, geschweige denn kennen sie meinen Vater."

Auf einmal schien der Wind, der über unsere Köpfe hinweg wirbelte, um einiges kälter zu sein.

„Ich hatte ja keine Ahnung, Kit—", murmelte er, doch hastig schüttelte ich den Kopf.

„Woher auch", sagte ich und grinste schwach. „Ich hab dir ja auch nichts davon erzählt."

George sah betreten drein. „Ich wünschte, du hättest es getan", sagte er und mein Herz machte einen Satz.

Kopfschüttelnd wandte ich mich von ihm ab. „Du bist wie ein scheiß Golden Retriever, weißt du das?Gibst du eigentlich nie auf?"

George grinste schwach. „Nein", sagte er und folgte mir durch die Sitzreihen.

Ich verdrehte seufzend die Augen und murmelte: „Wenn du kein Idiot bist, lässt du mich in Ruhe."

„Ich kann nicht anders", sagte er. „Ich kann's nicht ändern, dass ich dich gern hab."

Meine Wangen färbten sich prompt scharlachrot. „Tu dir das nicht an", sagte ich und fegte halbherzig über den Boden.

„Du stellst meinen Geschmack in Frage", stellte er fest und klang beinahe vorwurfsvoll. „Und die Sache ist, mein Geschmack ist ausgezeichnet."

Ungläubig sah ich ihn an. „Du kapierst es einfach nicht, oder?", fragte ich. „Ich hab gerade echt andere Dinge im Kopf. Du dagegen hast diese König-der-Welt-Sportler-Art, also werd ich dir nie verklickern können, warum wir nicht zusammen sein sollten. Du wirst es einfach akzeptieren müssen."

Auf Georges Gesicht breitete sich ein Grinsen aus. „So schnell werd ich nicht aufgeben", sagte er und ich wollte schon widersprechen, als plötzlich eine raue Stimme unter den Tribünen ertönte.

„Ich bin mir sicher, dass sie es war, die ihr die Hinweise geschickt hat", sagte Professor Moody.

Ich warf George einen fragenden Blick zu, dieser legte einen Zeigefinger an die Lippen.

„Diana Wayland? Ich dachte, sie ist verschwunden?" Karkaroffs seidige Stimme zerschnitt die kühle Luft und eine Gänsehaut überzog meine Arme und Beine.

George lehnte sich zu mir hinüber und flüsterte: „Scheiße, man, die ganze Sache wird echt immer abgefuckter."

Unsicher sah ich ihn an.

„Das ist sie auch", raunte Moody. „Aber sie hat den Krieg überlebt, da bin ich mir sicher. Und ihre Tochter auch."

Ich taumelte erschrocken nach hinten und der Besenstiel glitt mir aus den tauben Fingern. Scheppernd landete er auf dem nassen Holz.

Moody und Karkaroff schreckten hoch. „Stupor!" Ein roter Lichtblitz schoss durch einen Spalt zwischen den Sitzreihen.

Schreiend stolperte ich zur Seite und George fing mich geschickt auf, bevor wir gemeinsam von der Tribüne flohen.

„Impedimenta!"

„Karkaroff!", krächzte Moody, doch George und ich rannten unbeirrt weiter.

Ich warf einen flüchtigen Blick über die Schulter und erkannte, dass Freds Augen uns gefolgt waren und er nun ebenfalls fluchtartig das Stadion verließ.

Ein gleißend heller Lichtblitz schoss nur haarscharf an meinem rechten Ohr vorbei. Ich stolperte über meine eigenen Füße und stürzte beinahe zu Boden.

George packte mich an der Hand und zog mich weiter.

Prompt riss ich mich von ihm los. „Ich weiß, wie man rennt, dafür musst du nicht meine Hand halten!", rief ich, doch er ließ sich davon nicht beirren und griff erneut nach meinem Handgelenk.

„Ich will dich doch nicht heiraten, ich versuch uns gerade das Leben zu retten!", erwiderte er und zusammen taumelten wir keuchend auf die große Wiese vor dem Spielfeld.

Fred kam von der anderen Seite auf uns zu gesprintet. Schlitternd kam er vor uns zum Stehen. „Was ist passiert?", rief er und stützte atemlos die Hände auf die Knie.

„Moody und Karkaroff", sagte ich schnaufend. „Sie haben uns angegriffen."

Fred blickte verständnislos drein. „Warum?"

George und ich tauschten Blicke.

„Die beiden haben über irgendwas geredet, wovon wir wohl nichts erfahren sollten", sagte er dann hastig.

Fred sah nicht gerade überzeugt aus, hakte jedoch nicht weiter nach und pfiff gut gelaunt durch die Zähne. „Immerhin kein Nachsitzen", sagte er. „Wir können die beiden bei McGonagall verpfeifen, das wird sicher witzig." Und ohne ein weiteres Wort schritt er vor uns den Hügel zum Schloss hinauf.

„Was war das gerade eben?", fragte ich George leise und er zuckte ratlos mit den Schultern.

„Keine Ahnung, aber der Typ hat echt mies einen an der Waffel", raunte er mit gerunzelter Stirn.

Ich brummte zustimmend.

Die Sonne ging gerade hinter den Baumwipfeln des Verbotenen Waldes unter, als wir über den steilen Abhang zum Schloss zurück stapften. Eine Eule kreischte und die Wärme des Tages begann langsam am scheinbar unendlich weiten Horizont zu verschwinden. Schwer in ihren Farben sank die Sonne tiefer, ertrank in den Wolken und sandte Fackeln aus Rot, Orange und Rosa aus, die über den Himmel schossen, Löcher in die Atmosphäre brannten und die Sterne für einen kurzen Moment atmen ließen.

Wir schwiegen, während Orion durch das erstickende Blau des Firmaments leuchtete und der Nebel, der über dem Waldrand schwebte, in das zurückweichende Magma eintauchte.

Alles, was wir hatten, war der Himmel und alles, was der Himmel hatte, war sich selbst und das Leben war gut.

„Wir geben echt ein ziemlich gutes Paar ab, oder?", fragte George plötzlich an meiner rechten Seite. Ein freches Grinsen umspielte dabei seine Lippen.

Ich verdrehte die Augen und verschränkte genervt die Arme vor der Brust. „Wir sind kein Paar", sagte ich. „Fang nicht wieder damit an. Abgesehen davon war dein Rumgeflirte überhaupt erst der Grund dafür, dass wir abgelenkt waren und dann diesen ganzen Ärger am Hals hatten."

Der Rotschopf verdrehte die Augen. „Du lenkst mich ziemlich oft von irgendwelchen Dingen ab", sagte er und ich unterdrückte das dringende Bedürfnis ihm einen Schlag zu verpassen.

„Du kannst es einfach nicht lassen, oder?", fragte ich und er lachte leise.

„Willst du denn, dass ich es lasse?", erwiderte er und wackelte herausfordernd mit den Augenbrauen.

Ich seufzte leise, antwortete ihm jedoch nicht.

„Also...", fuhr er dann fort und drehte sich zu mir um. „Wie sieht unser Plan für heute Abend aus?"

Verstört sah ich ihn an. „Wir haben keinen Plan—"

„Dann lass uns einen machen", unterbrach er mich und ich verschränkte genervt die Arme vor der Brust.

„Ich habe meine eigenen Pläne, die dich nicht mit einschließen", sagte ich und entrüstet sah er mich an.

„Ich dachte, wir wären Freunde?"

Ich unterdrückte das Seufzen, das in meinem Hals saß, wie eine närrische kleine Stimme, die mich zur Vorsicht ermahnte. „Das sind wir", stimmte ich ihm widerwillig zu. „Und genau deshalb brauch ich auch 'ne Pause."

George zog ungläubig die Augenbrauen hoch. „Du brauchst 'ne Pause? Von mir?", fragte er.

Ich grinste zerknirscht. „Ja...", sagte ich gedehnt und George schnitt eine gequälte Grimasse.

„Wow", sagte er und klang dabei fast schon enttäuscht. „Du musst mich wirklich ziemlich hassen, huh?" Er zwang sich ein angespanntes Lächeln auf und am liebsten hätte ich es ihm von den Lippen geküsst.

Ich wollte ihm widersprechen, wollte ihm sagen, wie sehr es weh tat, nicht ehrlich zu ihm sein zu können.

Doch irgendetwas hielt mich zurück. Die Worte lagen schwer wie Blei auf meiner Zunge.

Ich dachte an meine Eltern und prompt wurde mir speiübel.

In der menschenleeren Eingangshalle angekommen, sah Fred uns bereits mit einem wissenden Blick näher kommen. Das amüsierte Zwinkern konnte er sich offenbar nicht ganz verkneifen. „Da seid ihr ja endlich", rief er uns zu und stieß sich ungeduldig von der Wand ab, an der er gelehnt hatte. „Ich dachte schon, Finnley hätte dich auf dem Weg ins Schloss zur Strecke gebracht, ihrem Blick nach zu schließen." Er fasste mich scharf ins Auge und schien ganz genau zu wissen, was gerade in mir vorging.

George schnitt eine Grimasse. „Schön wär's, dann müsste ich mich wenigsten nicht mehr ständig zum Volldeppen machen, nur um ihre Aufmerksamkeit zu erregen", erwidert er und Hitze schoss in meine Wangen.

Fred grinste breit und klopfte seinem Bruder auf die Schulter. „Ist doch klar, warum sie nichts von dir will", sagte er selbstgefällig und als ich fragend die Augenbrauen hochzog, fuhr er eilig fort: „Ich bin schließlich der besser aussehende Zwilling."

„Wenigstens ist mein Gehirn größer als das einer Walnuss", spottete George und verschränkte die Arme vor der Brust.

Ich rollte mit den Augen. „Wie auch immer", sagte ich und trat ungeduldig von einem Fuß auf den anderen. „Ich hau ab. Mir egal, was McGonagall sagt, aber ich setz keinen Fuß mehr ins Stadion, solange Moody und Karkaroff noch irgendwo dort unten rumschleichen."

Die Zwillinge nickten unisono.

Ich fing Georges Blick auf und mein Magen machte einen Satz. „Also dann...", sagte ich langsam und wich vor ihnen zurück.

„Also dann...", wiederholte George und Fred verdrehte theatralisch die Augen.

„Gute Nacht, Kitty Cat", sagte er grinsend, packte seinen Bruder dann grob am Arm und zog ihn mit sich.

Ich ertappte mich dabei, wie ich ihnen nachblickte, bis sie in der Dunkelheit verschwunden waren, dann machte auch ich auf dem Absatz kehrt.

━━━━━━ ❃ ❀ ✾ ✿ ✽ ━━━━━━

author's note.

hallo, ihr lieben und willkommen zu einem neuen kapitel. ich hoffe, ihr hattet ganz viel spaß beim lesen und seid nicht all zu frustriert, dass es WIEDER zu keinem kuss gekommen ist. But we'll get there, I PROMISE. ❤️❤️

Was, glaubt ihr, hatte es mit Moodys und Karkaroffs Gespräch auf sich?

Ich wünsche euch ein wundervolles wochenende und freu mich schon so so so auf nächsten freitag. kleiner tipp: LIEBLINGSKAPITEL INCOMING.

xoxo alina

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top