how i died on a public bus
two.
how i died on a public bus
1. September 1994
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„ALSO DIESE LEUTE bei der Weltmeisterschaft, die, die alles in die Luft gejagt haben, das waren—?"
„—Todesser", beendete ich Thomas' Satz und blickte nachdenklich an die Zimmerdecke, die mit unzähligen leuchtenden sternförmigen Aufklebern gespickt war. „Die Anhänger von Du weißt schon wem."
„Aber warum haben sie es auf uns abgesehen?"
Ich zuckte mit den Schultern. „Die Hälfte der Morde an Nichtmagiern in der Zeit, als er an der Macht war, wurde aus reinem Vergnügen begangen. Ich nehme an, sie hatten an dem Abend einiges getrunken und konnten der Versuchung dann einfach nicht widerstehen, uns alle daran zu erinnern, dass viele von ihnen immer noch auf freiem Fuß sind. Außerdem hassen sie Muggel und Muggelgeborene. Sie denken, dass wir ihr reines Zaubererblut verunreinigen." Ich verdrehte kopfschüttelnd die Augen.
Thomas seufzte leise und setzte sich dann auf. Bedrückt starrte er zu meinem Koffer hinunter, der geöffnet auf dem Fußboden lag.
Ich folgte seinem Blick und legte dann tröstend meine Hand auf seinen Arm.
Überrascht sah er mich an, dann lächelte er.
Wir schwiegen eine Weile.
Ich nahm die Zeitung, die auf meiner Bettdecke lag und fuhr mit den Fingern über dir schwarze Tinte, die sich über die Seiten ringelte.
MINISTERIUM VERSAGT
DUNKLES MAL KILOMETER WEIT ZU SEHEN
TÄTER NOCH IMMER NICHT GEFASST
UNKONTROLLIERTES TREIBEN SCHWARZER MAGIE
SCHANDE FÜR DAS LAND
Ich schüttelte schnaubend den Kopf und knüllte die Zeitung zusammen.
Thomas betrachtete mich nachdenklich. „Wir sollten langsam gehen. Der Bus kommt in—" Er schaute prüfend auf seine Armbanduhr. „—zwanzig Minuten."
Ich schnitt eine Grimasse. „Ich hasse öffentliche Verkehrsmittel", murrte ich und und stand schließlich stöhnend auf. Ich stopfte ein paar letzte Pullover in meinen Koffer und zog schließlich den Reißverschluss zu.
Thomas lachte nur.
Als wir die Treppe ins Erdgeschoss hinunter polterten, warteten unsere Eltern bereits an der Tür.
Meine Mum lächelte mich breit an. „Kitra, Liebes, bist du soweit?"
Ich wollte die Augen verdrehen, verkniff mir diese Geste jedoch und erwiderte stattdessen ihr Lächeln. „Ja", sagte ich und gab ihr einen flüchtigen Kuss auf die Wange.
„Es tut mir so leid, dass wir euch nicht zum Bahnhof begleiten können, aber—"
„Aber Grandma wird heute aus dem Krankenhaus entlassen und ihr müsst sie abholen, schon klar", unterbrach ich sie ungeduldig und tauschte einen belustigten Blick mit meinem Vater, der hinter Mums Rücken mit den Augen rollte.
„Die Probleme mit ihrer Bandscheibe werden immer schlimmer", murrte sie und fuhr sich durch die wirren braunen Haare. „Und ihr seniler, alter Verstand auch."
Ich presste die Lippen aufeinander, um das Lachen zu unterdrücken, das in meiner Kehle steckte.
Meine Mutter zog mich noch einmal in ihre Arme und drückte mir dabei regelrecht die Luft ab.
„Mum, wir müssen jetzt wirklich los", murmelte ich erstickt und endlich ließ sie mich los.
Sie wischte sich ein paar Tränen aus dem Gesicht und schnäuzte sich laut die Nase, während mein Dad mir nur recht unspektakulär die Hand hinhielt und ich grinsend mit ihm einschlug.
Dann packte ich meinen Koffer, atmete noch einmal tief durch und öffnete die Tür.
Draußen regnete es in Strömen und ich verzog das Gesicht.
Thomas stolperte hinter mir auf die Straße.
Die Bushaltestelle war zu Fuß nur wenige Minuten von unserem Elternhaus entfernt.
Schon von Weitem sah ich den großen roten Doppeldecker. „Thomas!", rief ich und deutete auf den Bus.
Wir begannen zu sprinten, auch wenn es wie aus Kübeln goss und meine Arme schmerzten, weil ich meinen Koffer hinter mir her zerren musste, wie eine Verrückte.
Gerade noch rechtzeitig und topfnass erreichten wir die Haltestelle und stiegen keuchend in den Bus. Thomas half mir, den schweren Koffer die Stufen hochzuhieven, und erschöpft setzten wir uns auf ein paar freie Plätze im hinteren Teil des Wagens.
Die Fahrt nach Kings Cross dauerte geschlagene dreißig Minuten. Regen peitschte gegen die Scheibe und ich zitterte vor Kälte.
Am Picadilly Circus stiegen eine Menge Leute ein und ein besonders unangenehm riechender Mann mit Bart hockte sich auf den Sitzplatz neben mich. Ich rümpfte die Nase und rutschte leise räuspernd von ihm weg.
Thomas grinste nur dämlich und ich verdrehte die Augen.
Als wir den Bahnhof schließlich erreichten, erhob ich mich erleichtert und stürmte zur nächstgelegenen Bustür, Thomas dicht auf den Fersen. Sie hatte sich kaum geöffnete, da sprang ich auch schon hinaus.
Auf dem glitschigen Bürgersteig stieß ich prompt mit jemandem zusammen. Ich taumelte nach hinten und stürzte beinahe zu Boden. „Verdammter-" Ich unterbrach mich jedoch, als ich den Jungen erkannte, gegen den ich geprallt war.
„Wie war das noch gleich? Pass gefälligst auf, wo du hinläufst?", fragte George Weasley gehässig und spielte damit auf meine Worte vom Abend der Weltmeisterschaft an, als er es gewesen war, der mich umgerannt hatte. Er und seine Geschwister waren offenbar nicht weit entfernt aus drei Taxis gestiegen. Unter den Rotschöpfen entdeckte ich auch ein Mädchen mit buschigem braunen Haar und einen schwarzhaarigen Jungen mit Brille. Das war natürlich Harry Potter.
Spöttisch äffte ich George nach. „Geh mir aus dem Weg, Weasley", sagte ich dann gereizt, stieß ihn unsanft zur Seite und stapfte an ihm vorbei durch den Regen. Auf halbem Weg die Straße hinauf zum Bahnhofsgebäude drehte mich nach meinem Bruder um.
Dieser begrüßte George gerade gut gelaunt und schlug sogar mit ihm ein.
Ich riss die Augen auf. „Thomas!", rief ich und er zuckte zusammen.
George klopfte ihm nur freundschaftlich auf die Schulter und schloss dann hastig zu seinen eigenen Geschwistern auf.
„Was ist das zwischen euch?", fragte mein Bruder verwundert, als er mich schließlich erreicht hatte. Er zog zitternd den Kopf ein und aus seinen dunklen Haaren tropfte Wasser.
Ich hob die Brauen. „Was meinst du?"
Er verdrehte die Augen und erklärte: „Warum kannst du ihn nicht leiden?"
„Er ist ein Vollidiot", sagte ich, als wäre es das Selbstverständlichste auf der Welt.
„Er ist cool", entgegnete Thomas verständnislos und ich sah ihn daraufhin entsetzt an.
„Er ist ein Trottel, der glaubt, er kann sich alles erlauben." Meine Stimmung war im Keller.
George Weasley war mein persönlicher wahr gewordener Albtraum. Seit wir vor sechs Jahren im selben Jahrgang nach Hogwarts gekommen waren, gingen wir uns regelmäßig gegenseitig an die Gurgel. Und dass wir beide Treiber unserer jeweiligen Hausmannschaft waren, verschärfte die Rivalität zwischen uns nur noch mehr.
„Ich versteh' echt nicht, was du für ein Problem mit ihm hast", lachte Thomas nur.
Ich ignorierte ihn jedoch und gemeinsam machten wir uns schließlich auf den Weg durch die riesige Bahnhofshalle und zu den Plattformen neun und zehn.
Hand in Hand rannten wir auf die massive Backsteinmauer zwischen den beiden Bahnsteigen zu und tauchten unversehrt auf der anderen Seite wieder auf.
Die scharlachrote Dampflock glänzte im Licht, das durch das gläserne Dach fiel.
Eulen kreischten.
Ich stellte mich auf die Zehenspitzen, um über den Köpfen der schnatternden Menge nach meinen Freunden zu suchen. Im Nebel der Dampfschwaden, die aus dem Schornstein der schimmernden Lock zischten, wirkten die vielen Schülerinnen und Schüler und deren Eltern auf dem Bahnsteig wie dahin wabernde Schatten.
„Kit, hey! Hier drüben!", rief plötzlich eine Stimme und in der Ferne entdeckte ich ein Mädchen mit langen hellen Locken.
„Mel!" Ich ging zu ihr hinüber und umarmte sie.
Honora Melody war klein und blond und trug stets ein Lächeln im Gesicht. „Ugh, Kit, du bist klitschnass", murmelte sie und hob widerstrebend die Hände.
Ich brach in Gelächter aus und strich mir ein paar feuchte Haarsträhnen aus dem Gesicht.
„Thomas?", fragte die Blondine dann und warf meinem Bruder über meine Schulter hinweg einen überraschten Blick zu.
Thomas rieb sich nervös den Nacken. „Nora", sagte er und ein kleines süßes Lächeln umspielte seine Lippen.
Mels Wangen färbten sich rosarot. „Wie geht's dir?", fragte sie unsicher und verschränkte die Finger ineinander.
Er zuckte mit den Schultern. „G-Gut, und dir?"
Sie lächelte schwach. „Mir auch, danke", erwiderte sie und starrte ihn unverwandt an.
Meine Augen schweiften ungläubig zwischen den beiden hin und her. Die angespannte Stimmung war beinahe greifbar. „OKAY", rief ich dann und klatschte in die Hände.
Thomas zuckte zusammen und Mel blinzelte verwirrt.
„Wir sollten dann mal nach einem Abteil suchen, findest du nicht, Mel?", sagte ich und warf ihr einen bedeutsamen Blick zu.
„K-Klar", stammelte sie und versuchte sich an einem gequälten Lächeln. Vorsichtig sah sie Thomas an. Sie schien etwas sagen zu wollen, doch zögerte und hob schließlich nur zum Abschied die Hand. „Bis dann, Thomas."
Diesem klappte sprachlos der Mund auf.
Mel stieg als erstes die Stufen hinauf und verschwand im Zug.
Ich klopfte meinem Bruder auf die Schulter. „Hör auf zu sabbern", sagte ich belustigt.
Beleidigt sah er mich an, doch ich lachte nur.
„Wir sehen uns an Weihnachten", sagte ich und schloss ihn in eine feste Umarmung.
Er tätschelte lediglich meinen Rücken.
Dann ließ ich ihn wieder los und folgte Mel ins Innere der Dampflock.
Gemeinsam machten wir uns auf die Suche nach Sitzplätzen und konnten unser Gepäck schließlich in einem leeren Abteil ungefähr in der Mitte des Zuges verstauen.
Seufzend ließ ich mich ihr gegenüber auf die Sitzbank am Fenster fallen. „Wenn du meinen Bruder gut findest, kannst du das ruhig sagen", teilte ich ihr beiläufig mit und ihre Augen weiteten sich. Ich hob die Brauen. „Ach komm schon, ich hab eure Blicke gesehen."
Mel stieß ein gekünsteltes Lachen aus und fuhr sich nervös durch die hellen Haare. „Da ist gar nichts zwischen mir und Thomas."
Allerdings wusste ich, dass sie sich im letzten Sommer noch regelmäßig Briefe geschrieben hatten. Irgendwann hatte Mel den Kontakt jedoch abgebrochen und weder Thomas noch ich kannten den Grund dafür.
Ich schnaubte ungläubig und zog die Augenbrauen hoch. „Na klar", murmelte ich, doch Mel schaffte es erfolgreich, mich zu ignorieren.
„Wie waren deine Ferien?", fragte sie stattdessen und ich unterdrückte das belustigte Grinsen, das sich auf meine Lippen stahl.
„Gut", erwiderte ich.
„Was ist da bei der Weltmeisterschaft passiert? Ich habe gehört, dass jemand das Dunkle Mal in den Himmel geschossen hat. Du musst mir alles erzählen."
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Dichter Regen klatschte gegen die Fensterscheibe und er wurde stärker, je weiter der Zug nach Norden fuhr. Der Himmel war dunkel und die Fenster beschlagen und deshalb gingen bereits gegen Mittag die Lampen an.
Irgendwann tauchte Jo in unserem Abteil auf, Andrew im Schlepptau.
„Habt ihr es schon gehört?", fragte sie aufgedreht und setzte sich neben mich.
Ich nahm einen Schluck aus meinem Kaffeebecher und schüttelte den Kopf. „Nein, was?"
„Cynthia hat erzählt, dass dieses Jahr Austauschschüler aus einer anderen europäischen Zaubererschule nach Hogwarts kommen. Und dass sie bis zum nächsten Sommer bleiben werden", sagte sie und grinste uns breit an.
Mel zog die Augenbrauen hoch. „Woher will Cynthia das denn wissen?", fragte sie und verschränkte die Arme vor der Brust.
„Ihre Mum arbeitet doch im Ministerium", raunte Jo besserwisserisch. „Hey, vielleicht lernen wir ja ein paar süße Jungs kennen. Ich steh' auf Ausländer." Sie zwinkerte und ich verdrehte die Augen.
„Und was ist mit Lucas?", fragte Mel und Andrew verschluckte sich daraufhin glatt an seinem Kürbissaft.
Er hustete und schien daran beinahe zu ersticken. „Du und—" Ich klopfte ihm auf den Rücken. „—und Marchant?" Er blinzelte die Tränen in seinen Augen weg.
Jo wedelte mit der Hand durch die Luft und ich fing an zu lachen.
„Du bist wirklich die einzige Person, die nicht mitbekommen hat, dass zwischen den beiden was läuft", sagte ich amüsiert und Andrew verdrehte die Augen.
„Aber Lucas ist Franzose", sagte Mel mit gerunzelter Stirn.
„Nur zur Hälfte", rief Jo und hob mahnend den Finger in die Höhe. „Außerdem sind die Franzosen viel zu arrogant für meinen Geschmack, zum Glück ist er englischer."
Mel und ich tauschten belustigte Blicke und Andrew sah unfassbar verdattert aus.
Er schüttelte den Kopf und murmelte: „Mädchen."
Eine halbe Stunde später tauchten Lee Jordan und Angelina Johnson in der Tür auf.
Lee war ein Gryffindor-Junge aus meinem Jahrgang. Er hatte Rastalocken und war zu meinem Leidwesen der beste Freund von Fred und George, dabei konnte ich ihn eigentlich ganz gut leiden.
Angelina war ein großes dunkles Mädchen, das als Jägerin in der Quidditch-Mannschaft von Gryffindor spielte. Ihre langen Beine steckten in hautengen Hosen und ihre schwarzen Haare waren zu unzähligen dünnen Zöpfen geflochten. „Hallo, Leute", rief sie gut gelaunt und vergrub die Hände tief in den hinteren Taschen ihrer Jeans.
„Hey, Angelina, Lee." Ich grinste sie an und hinter ihr machte Lee ein Peace-Zeichen. „Wisst ihr schon, wer dieses Jahr der neue Quidditch-Kapitän von Gryffindor ist?"
Angelina schnitt eine Grimasse. „Ich hatte gehofft, dass Dumbledore mich für den Posten auswählt", sagte sie. „Aber ich habe keinen Brief bekommen."
„Oh, das tut mir leid, Angelina", sagte ich, doch sie winkte halbherzig ab.
„Schon okay, Kit", erwiderte sie und zwang sich ein Lächeln auf die Lippen. „Ich frag mich nur, wer besser geeignet für die Stelle ist, als ich."
Lee grinste breit. „Sei bloß nicht so arrogant, Angie", sagte er belustigt und Angelina verdrehte die Augen. Dann wandte er sich an mich. „Und jetzt zu dir, Finnley, was zum Teufel hast du mit George angestellt?", fragte er und verwirrt zog ich die Augenbrauen hoch.
Meine Freunde warfen mir neugierige Blicke zu.
„Was meinst du?"
„Er redet schon den ganzen Tag von niemand anderem als dir, ist langsam etwas lästig", sagte Lee und verzog das Gesicht.
„Hoffentlich nur Schlechtes", scherzte ich.
„Darauf kannst du dich verlassen", murmelte er.
Angelina grinste. „Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich denken, er steht auf dich", sagte sie und warf mir einen beiläufigen Blick zu.
Meine Augen weiteten sich entsetzt. „Nein, das tut er nicht."
Angelina zog nicht gerade überzeugt die Brauen in die Höhe, ging jedoch nicht weiter darauf ein und ich war froh darüber.
„Er ist ein Trottel", sagte Lee und lächelte liebenswert.
Ich verkniff mir das belustigte Grinsen, das sich auf meine Lippen stahl.
„Wie dem auch sei", fuhr der Dunkelhaarige dann fort, „ich hoffe, ihr kriegt das wieder hin. Du bist schon kaum auszuhalten, wenn du gut drauf bist."
Empört klappte ich den Mund auf, um etwas zu erwidern, doch Lee grinste nur schelmisch und verschwand dann genauso schell wieder wie er gekommen war.
Angelina blies nur die Backen auf und hob die Hände, ehe auch sie sich von uns verabschiedete und auf dem Absatz kehrt machte.
„Was hatte das jetzt wieder zu bedeuten?", fragte Jo, die nachdenklich die Stirn in Falten gezogen hatte.
Ich zuckte mit den Schultern.
„Sieht ganz danach aus, als hätte George Weasley Gefallen an dir gefunden, Kit", stellte Mel schadenfroh fest und ich verdrehte daraufhin die Augen.
„Ach, halt die Klappe."
Meine Freunde lachten nur.
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„Zieh endlich deinen Umhang an!"
Ich verdrehte grinsend die Augen und zog mir meinen Pullover über den Kopf.
„Oh, là, là, Kit, wem willst du denn damit gefallen?", fragte Jo und wackelte anzüglich mit den Augenbrauen.
Ich blickte auf den weißen Spitzen-BH hinunter, den ich trug. „Niemanden", erwiderte ich mit geröteten Wangen und schlüpfte hastig in die helle weiche Bluse meiner Hogwarts-Uniform. Ich wollte sie gerade zuknöpfen, als die Tür zu unserem Abteil aufgeschoben wurde. „Was zum—"
George Weasleys braune Augen weiteten sich überrascht. „Oh", sagte er und öffnete sprachlos den Mund. „Sorry, falsches Abteil."
„Das will ich hoffen", hisste ich und bedeckte mit der einen Hand meinen teils entblößten Oberkörper, mit der anderen stieß ich ihm so fest ich konnte gegen die Brust. „Und jetzt verzieh' dich."
Er stolperte nach hinten und blinzelte perplex.
Mit hochroten Wangen knallte ich die Schiebetür des Abteils so fest zu, dass die Scheibe erzitterte. „Was fällt ihm eigentlich ein?", fragte ich und schloss mit bebenden Händen die Knöpfe meiner Bluse.
Jo und Mel lachten laut.
Ich warf ihnen einen genervten Blick zu.
„Ach, komm schon, Kit", sagte Jo versöhnlich und half mir dabei, meine schwarz-gelb gestreifte Krawatte zu binden.
„Was?", rief ich gereizt und warf die Arme in die Luft.
„Das war doch keine Absicht", sagte Jo. „Außerdem hat er sich entschuldigt."
Ich seufzte leise. „Wenn du meinst", murmelte ich und zog schließlich meinen Umhang über.
Ich blickte immer noch finster, als der Hogwarts-Express endlich bremste und in der pechschwarzen Dunkelheit am Bahnhof von Hogsmead Halt machte.
Kaum waren die Waggontüren aufgegangen, ertönte über uns ein Donnergrollen. Mit eingezogenen Köpfen kämpften wir uns durch den Regen.
Inmitten der Menge an Schülerinnen und Schülern gelangten wir nur mühsam über den Bahnsteig und nach draußen vor den Bahnhof, wo bereits hunderte pferdelose Kutschen auf uns warteten. Jo, Mel und ich stiegen erleichtert in einen der Wagen, die Tür schlug zu und wenige Augenblicke später setzte sich die Kutsche mit einem kräftigen Ruck in Bewegung. Ratternd fuhren wir den Weg zum Schloss empor.
Die Kutschen rollten durch das Schlosstor und kamen gefährlich ins Schlingern, aus dem Wind war ein Sturm geworden. Ich hatte den Kopf ans Fenster gelehnt. Mit leuchtenden Augen beobachtete ich, wie wir dem Schloss mit all seinen vielen schimmernden Fenstern immer näher kamen. Ich konnte mich noch sehr gut an den Tag erinnern, an dem ich Hogwarts zum ersten Mal gesehen hatte. Ich hatte nicht die geringste Ahnung gehabt, was mich erwarten würde, geschuldet der Tatsache, dass meine ganze Familie aus Muggeln bestand.
Blitze jagten sich am Himmel, als die Kutsche schließlich an der steinernen Treppe anhielt, die zu einem großen Eichenportal hinaufführte.
„Verflucht", keuchte Jo, als wir schlitternd und rutschend durch die Eingangshalle liefen.
Wasser tropfte aus meinen Haaren und mein schwarzer Umhang glänzte vor Nässe.
Die Große Halle war festlich geschmückt. Im Licht der unzähligen Kerzen, die über den Tischen schwebten, schimmerten goldene Teller und Kelche. An den vier langen Haustischen saßen dicht an dicht eifrig schwatzende Schüler.
Am Tisch der Gryffindors entdeckte ich die Weasley Zwillinge, George fing meinen Blick auf und grinste zerknirscht.
Hitze schoss in meine Wangen und hastig wandte ich mich wieder ab und folgte meinen Freundinnen zum Hufflepuff-Tisch hinüber.
„Wo ist der neue Lehrer für Verteidigung gegen die dunklen Künste?", fragte Mel, die zum Lehrertisch hochsah.
Es hatte noch nie einen Lehrer in diesem Fach gegeben, der länger als ein Schuljahr geblieben war.
Ich zuckte mit den Schultern und folgte ihrem Blick.
Professor Flitwick, der winzige Lehrer für Zauberkunst, hockte auf einem großen Stapel Kissen neben der Professorin für Kräuterkunde und meiner Hauslehrerin, Professor Sprout, deren Hut schräg auf ihrem grauen Haar saß. Auf der linken Seite saß Snape, der noch fahlgesichtiger aussah als im letzten Jahr. Professor McGonagall war nicht anwesend, vermutlich empfing sie gerade die neuen Erstklässler. In der Mitte des Tisches saß Professor Dumbledore. Sein wehendes silbernes Haar und der üppige Bart schimmernden im Kerzenlicht und sein dunkelgrüner Umhang war mit etlichen Sternen und Monden bestickt.
Die Decke war verzaubert und sah aus wie der Himmel draußen. Schwarze Wolken wirbelten über uns hinweg.
„Leute!", rief plötzlich eine Stimme und ein Mädchen mit langen braunen Locken stolperte durch die Sitzreihen zu uns hinüber.
„Cynthia, hey", sagte ich und grinste sie breit an.
Die Viertklässlerin hüpfte aufgeregt vor uns auf und ab. „Habt ihr es schon gehört?"
Ich tauschte einen Blick mit Mel und Jo und unisono schüttelten wir die Köpfe. „Nein, was-"
Doch ich wurde unterbrochen, als sich plötzlich die Flügeltüren der Großen Halle öffneten und eine Schar Erstklässler eintrat. Sie waren völlig durchnässt und zitterten vor Kälte und Aufregung.
Die Auswahl zog sich in die Länge wie zäher Kaugummi und mein Magen knurrte bereits vor Hunger, als sich die vier Haustische endlich auf magische Weise deckten.
Nach dem Abendessen erhob sich Professor Dumbledore und breitete wohlwollend die Arme aus. Die Stimmen, die die Große Halle erfüllten, verstummten jäh und nur noch das Heulen des Windes und das Trommeln des Regens waren zu hören.
„Wenn ich um eure Aufmerksamkeit bitten darf", sagte er. „Unser Hausmeister Mr Filch hat mich gebeten, euch zu sagen, dass die Liste der verbotenen Gegenstände in den Mauern des Schlosses für dieses Jahr erweitert wurde und nun auch Jaulende Jo-Jos, Fangzähnige Frisbees und Bissige Bumerangs enthält. Die vollständige Liste zählt, soviel ich weiß, etwa vierhundertsiebenunddreißig Gegenstände auf und kann in Mr Filchs Büro eingesehen werden."
Dumbledores Mundwinkel zuckten.
„Wie immer", fuhr er fort und seine Stimme schwoll laut über uns heran, „möchte ich euch daran erinnern, dass der Wald auf dem Schlossgelände für Schülerinnen und Schüler verboten ist, wie auch das Dorf Hogsmead für alle Schüler der ersten und zweiten Klasse. Ich habe zudem die schmerzliche Pflicht, euch mitzuteilen, dass der Quidditch-Wettbewerb zwischen den Häusern in diesem Jahr nicht stattfinden wird."
Ungläubig riss ich die Augen auf.
„Was?", keuchte Jo und suchte meinen Blick.
Ich starrte nicht minder entsetzt zurück.
„Das können Sie nicht machen!", rief Fred Weasley vom Tisch der Gryffindors.
Dumbledore hob beschwichtigend die Hände. „Der Grund dafür ist eine Veranstaltung, die im Oktober beginnt", sagte er, „und den Lehrern das ganze restliche Schuljahr viel Zeit und Kraft abverlangen wird. Doch ich bin sicher, ihr werdet alle viel Spaß dabei haben. Mit größtem Vergnügen möchte ich euch ankündigen, dass dieses Jahr in Hogwarts-"
Doch er wurde unterbrochen von einem ohrenbetäubenden Donnergrollen. Die Flügeltüren der Großen Halle schlugen auf.
Ein Mann, der in einen langen schwarzen Reiseumhang gekleidet war, stand im Eingang. Er stützte sich auf einen krummen Holzstock. Jeder Kopf in der Halle wirbelte zu dem Fremden herum.
Ein heller verzweigter Blitz tauchte ihn jäh in grelles Licht. Jeder Zentimeter seiner Haut schient vernarbt zu sein und ein großes Stück seiner Nase fehlte. Doch es waren die Augen des Mannes, bei denen ein eiskalter Schauer meinen Rücken hinunter jagte.
Das eine war klein und dunkel, das andere groß, rund wie eine Galleone und leuchtend blau. Es bewegte sich unablässig, ohne zu blinzeln, rollte nach oben und unten und dann drehte es sich ganz nach hinten und blickte in den Kopf des Mannes hinein.
„Heiliger—", murmelte ich und erschauderte.
Der Fremde trat nun vor Dumbledore und schüttelte dessen Hand. Er sagte ein paar Worte, die zu leise waren, um sie verstehen zu können. Dann bot Dumbledore ihm den leeren Platz neben sich an. Der Fremde setzte sich und warf die grauen Haare aus seinem Gesicht.
„Ich möchte euch euren neuen Lehrer für Verteidigung gegen die dunklen Künste vorstellen", sagte Dumbledore mit einem strahlenden Lächeln in die Stille hinein. „Professor Moody."
Dumbledore und Hagrid klatschten, doch niemand stimmte mit ein und in der Stille klang es kläglich.
„Wer ist der Typ?", flüsterte Mel mit zitternder Stimme.
Ich zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung", erwiderte ich und konnte meinen Blick nicht vom Lehrertisch abwenden.
Dumbledore räusperte sich vernehmlich. „Wie ich eben erwähnte", sagte er und lächelte dabei dem Meer von Schülern zu. Die meisten von ihnen starrten jedoch nach wie vor zu Professor Moody empor. „werden wir in den kommenden Monaten die Ehre haben, Gastgeber einer sehr spannenden Veranstaltung zu sein. Dem Trimagischen Turnier!"
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author's note.
hallo und willkommen zurück, sweeties! ich hoffe, euch geht's allen gut. wie hat euch das kapitel gefallen?
mein plan ist, diese story jeden Freitag upzudaten! (wird auf dauer wahrscheinlich eh nichts, lol, but i'll try, i promise)
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