every heart has a story to tell









fifteen.
every heart has a story to tell

24. Dezember 1994

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„BRAUCHST DU NOCH lange?" Ungeduldig klopfte ich gegen die Badezimmertür. „Komm' endlich da raus, wir sind schon spät dran."

Sogleich ging die Tür auf und meine Lippen verzogen sich zu einem breiten Grinsen. Jo sah mich unsicher an. Sie trug ein pinkfarbenes Kleid, das wundervoll mit ihrer dunklen Haut harmonierte, und ihre langen, schwarzen Haare waren mit unzähligen Nadeln hochgesteckt. „Und? Was sagst du?"

Ich stieß ein überdrehtes Quietschen aus. „Du bist einfach perfekt, Reyes", sagte ich und sie lachte daraufhin leise.

„Du siehst aber auch nicht schlecht aus, Finnley", erwiderte sie zwinkernd.

Mein Kleid war von einem tiefen Marineblau, passend zu meinen Augen, hatte Jo gesagt, und schmiegte sich eng an meinen Körper.

„Wow", rief Mel, die gerade durch die Tür herein kam. „Heiß." Sie wackelte anzüglich mit den Augenbrauen und raffte den fließenden Stoff ihres schimmernden Kleides. Klobige Ringe baumelten an ihren Ohren. „Die Jungs warten im Gemeinschaftsraum auf uns."

Ich sah meine Freundinnen an und lächelte glücklich. „Seid ihr soweit?", fragte ich dann leicht atemlos und die beiden nickten. Ich warf einen letzten Blick in den mannshohen Spiegel, der in einer Ecke unseres Schlafsaals stand, und strich mir meine dunklen Haare, die sich in sanften Locken kringelten, über die Schulter.

Als wir den Gemeinschaftsraum betraten, entdeckte ich Cedric auf der gegenüberliegenden Seite zwischen einer Reihe Sesseln stehen. Er hatte die Hände tief in den Taschen seiner schwarzen Anzugshose vergraben und unterhielt sich angeregt mit Lucas und Gabriel, einem Siebtklässler, der Mel auf den Ball eingeladen hatte. Cedric drehte den Kopf, als Lucas ihn auf uns aufmerksam machte, und seine Augen fingen an zu leuchten.

Langsam gingen wir zu ihnen hinüber.

„Du siehst toll aus", sagte Cedric mit einem Lächeln auf den Lippen. Seine Krawatte hatte dieselbe Farbe, wie mein Kleid.

Ich errötete im Schein des Kaminfeuers und wickelte mir nervös eine braune Locke um den Finger. „Also...sollen wir dann runter in die die Große Halle gehen?", fragte ich verlegen und er nickte rasch.

Wir machten uns auf in die Eingangshalle und begegneten auf dem Weg einigen unserer Mitschüler, die ebenso aufgeregt waren, wie wir selbst. Auf einem Treppenabsatz wurden wir dann beinahe von Cynthia umgerannt, die unter den Rüschen ihres fliederfarbenen Kleides kaum noch zu erkennen war.

In der Eingangshalle wimmelte es von Leuten, die sich gegenseitig auf die Füße traten und warteten, dass es endlich acht Uhr wurde und die Flügeltüren zur Großen Halle aufgingen. Wer mit jemandem aus einem anderen Haus verabredet war, drängte sich mit verzweifelt suchendem Blick durch die Menge.

Fleur Delacour schwebte an uns vorbei, begleitet vom Quidditchkapitän der Ravenclaws, Roger Davies. In ihrem silbergrauen Satinumhang sah sie einfach umwerfend aus.

Eine Gruppe Slytherins kam die Treppe von ihrem Gemeinschaftsraum unten in den Kerkern herauf. Draco Malfoy führte sie an; er trug einen Festumhang aus schwarzem Satin mit einem Stehkragen. Er sah darin aus, wie ein Priester. An seinen Arm klammerte sich Pansy Parkinson in einem stark berüschten blassrosa Umhang.

„Seht sie euch nur an", raunte ich meinen Freundinnen zu und Mel schnitt eine Grimasse.

„Malfoy, der Armleuchter", murmelte sie und schüttelte den Kopf. Ihre Wangen färbten sich hauchzart rosa. „Ich dachte, ich spinne, als er mich auf den Ball eingeladen hat", erwähnte sie dann beiläufig und Jo und ich starrten sie sprachlos an.

„Er hat — was?", riefen wir gleichzeitig und Mel zuckte mit den Schultern.

„Ich habe ihm einen Korb gegeben", sagte sie gleichmütig. „Der Kerl ist ein Vollidiot, was habt ihr denn erwartet?"

„Warum hast du nichts erzählt?", fragte ich.

„Ich wollte es nicht an die große Glocke hängen", sagte Mel hastig. Sie warf Gabriel einen vorsichtigen Blick zu.

Das Eichenportal öffnete sich plötzlich und wir wandten uns um. Die Schüler aus Durmstrang betraten die Halle, angeführt wurden sie von Professor Karkaroff.

Mein Herz schlug mir auf einmal bis zum Hals.

Ich spähte über ihre Köpfe hinweg und sah, dass sie draußen direkt vor dem Schloss ein Stück Rasen in eine Art Grotte voller Lichterfeen verwandelt hatten.

Am Eingang der Großen Halle stand Cho Chang, eine Ravenclaw aus dem Jahrgang unter uns. Sie trug ein goldenes Kleid und als ich ihren Blick auffing, wandte sie sich hastig ab. Nachdenklich runzelte ich die Stirn.

„Die Champions hierher, bitte!" Professor McGonagalls Stimme ließ mich zusammenzucken.

Cedric sah mich nervös an und richtete seine Krawatte. „Also...bis gleich", sagte er dann zu den anderen und ich schnitt eine Grimasse.

Die schwatzende Menge teilte sich vor uns und wir gingen nach vorn. Professor McGonagall, die ein rotes Schottentuch trug und einen ziemlich hässlichen Distelkranz auf die Krempe ihres Huts gelegt hatte, wies uns an, rechts von der Tür zu warten, während die übrigen Schüler hineingingen und sich auf ihre Plätze setzten.

Auch Harry und seine Partnerin, ein indisches Mädchen, die einen knallrosa Umhang trug und deren langer schwarzer Zopf mit goldenen Fäden durchflochten war, stießen zu uns. Harry sah ebenso wenig begeistert aus, wie ich mich fühlte.

Dann fiel mein Blick auf das Mädchen neben Viktor Krum. Es war Harrys Mitschülerin mit den buschigen Haaren. Doch sie sah überhaupt nicht aus wie sie selbst. Ihre sonst so wirren Locken waren geschmeidig und glänzend und verschlangen sich in ihrem Nacken zu einem eleganten Knoten. Sie trug ein Kleid aus fließenden, immergrünen Stoffen und ein nervöses Lächeln lag auf ihren Lippen.

Als sich die Türen der Großen Halle öffneten, stakste Krums Fanclub vorbei und warf seiner Begleitung abgrundtief verachtende Blicke zu. Mel und Jo grinsten mich an und hoben die Daumen, während Lucas Cedric zuzwinkerte. Fred und George liefen ebenfalls an uns vorbei, Angelina und Alicia hatten sich jeweils bei ihnen untergehakt. Fred grinste breit, George jedoch würdigte mich keines einzigen Blickes.

Sobald drinnen alle ihre Plätze gefunden hatten, wies Professor McGonagall die Champions an, sich zu zweit mit ihren Partnern zusammenzutun und ihr der Reihe nach zu folgen. Unter allgemeinem Beifall betraten wir die Große Halle und machten uns hinauf zu einem großen runden Tisch auf dem Podium, wo die Richter saßen.

Die Wände waren mit funkelnden Eiskristallen geschmückt und Hunderte von Girlanden aus Mistelzweigen und Efeu überwucherten die schwarze Decke. Die Haustische waren verschwunden und an ihrer Stelle fanden sich gut hundert kleine Tische mit Lampen, an denen jeweils ein Dutzend Schüler saßen.

Als wir uns dem runden Tisch näherten, erhaschte ich einen kurzen Blick auf George und Alicia. Georges Augen verengten sich zu Schlitzen, als wir an ihnen vorbei gingen.

Vom Podiumstisch aus lächelte Professor Dumbledore den Champions glücklich entgegen. Karkaroffs Miene hingegen ähnelte der von George, als er Krum und seine Partnerin näher kommen sah. Ludo Bagman, heute Abend in hellpurpurnem Umhang mit großen gelben Sternen, klatschte nicht weniger begeistert als die Schüler. Auch die Schulleiterin der Beauxbatons applaudierte den Champions höflich zu. Mir fiel auf, dass Mr Crouch nicht anwesend war. Auf dem fünften Platz saß stattdessen Percy Weasley. Er war Fred und Georges älterer Bruder. Offenbar arbeitete er mittlerweile im Zaubereiministerium.

Als wir den Tisch schließlich erreicht hatten, zog Cedric meinen Stuhl zurück und ich setzte mich. Es war mir ziemlich peinlich, weil ich es auch selbst geschafft hätte, meinen Stuhl zurückzuschieben, verkniff mir jedoch den spöttischen Kommentar, der auf meiner Zunge brannte.

„Die Halle sieht echt super aus, was?", fragte ich noch immer beeindruckt von all den glitzernden schwebenden Lichtern.

Cedric lächelte. „Die Lehrer haben wirklich alle Arbeit geleistet", stimmte er mir zu.

Noch waren die schimmernden Goldteller vor uns leer. Cedric nahm eine kleine Speisekarte in die Hand und sah sich um.

Auch Professor Dumbledore studierte aufmerksam seine Karte, dann sagte er klar und deutlich zu seinem Teller: „Schweinekoteletts!" Und wie aus dem Nichts erschienen Schweinekoteletts.

Cedric und ich tauschten beeindruckte Blicke und bestellten dann ebenfalls.

Während des Essens bemerkte ich, dass er seine Augen die ganze Zeit suchend durch die Große Halle schweifen ließ.

Aus dem Augenwinkel sah ich, dass Karkaroff mich musterte. Seine Stirn war nachdenklich gerunzelt. Als ich seinem Blick begegnete, lächelte er mich jedoch nur schmierig an und wandte sich dann hastig ab.

Als wir aufgegessen hatten, erhob sich Dumbledore und bat die übrigen Schüler ebenfalls aufzustehen. Dann, mit einem Schlenker seines Zauberstabs, bewegten sich die Tische fort und reihten sich zu beiden Seiten der Halle auf, so dass in der Mitte nun Platz für eine große Tanzfläche war. Dann beschwor er an der rechten Wand eine Bühne herauf, die, unter wild begeistertem Klatschen, einen Augenblick später auch schon von den Schwestern des Schicksals gestürmt wurde. Sie alle hatten besonders zerzauste Mähnen und waren in schwarze Lederumhänge gekleidet.

„Wenn du soweit bist", murmelte Cedric dann an meinem Ohr und ein nervöses Grinsen umspielte seine Lippen. „Die Champions und ihre Partner eröffnen den Ball mit einem Tanz."

Entsetzt sah ich ihn an. „Was?", rief ich aus. Mein Besteck glitt mir aus den tauben Fingern und fiel klirrend auf den Teller. „Cedric, ich bin die schlechteste Tänzerin auf der ganzen Welt."

Er verkniff sich das Lachen, das offenbar in seiner Kehle steckte, und schüttelte dann den Kopf. „Das ist doch nicht wahr", sagte er beschwichtigend und ich schnitt eine Grimasse.

„Warum hast du nichts gesagt?", zischte ich dann und er grinste zerknirscht.

„Hab's vergessen, tut mir leid", erwiderte er entschuldigend. „Außerdem wollte ich nicht, dass du es dir doch noch anders überlegst, mich hierher zu begleiten."

Ich rollte mit den Augen. „Das hätte ich schon nicht getan", entgegnete ich.

Die Lampen auf den Tischen ringsum waren inzwischen ausgegangen.

Cedric erhob sich und bot mir seine Hand an. Mit geröteten Wangen nahm ich sie und ließ mich von ihm auf die Beine ziehen.

Harry verhedderte sich beim Aufstehen in seinem Festumhang.

Die Schwestern des Schicksals stimmten eine langsame, traurige Melodie an, während wir auf die hell erleuchtete Tanzfläche schritten.

Darauf bedacht, niemanden anzusehen, ließ ich es zu, dass Cedric eine Hand an meine Hüfte legte. Ich blickte zu ihm empor. „Ich glaub', ich kann das nicht", flüsterte ich leicht hysterisch und er umschlang daraufhin meine Finger mit seiner warmen Hand.

„Hey, hey", sagte er beruhigend und sah mir dabei tief in die blauen Augen. „Keine Panik, ich führe, okay? Du musst nur meinen Schritten folgen."

Dann setzte er sich auch schon in Bewegung.

Wir tanzten ein paar Minuten in der Mitte der Halle und erleichtert stellte ich fest, dass es nicht halb so schlimm war, wie ich es mir ausgemalt hatte. Cedric wirbelte mich grinsend durch die Luft und ich lachte ausgelassen.

Schon bald waren auch viele unserer Mitschüler auf die Tanzfläche gekommen und ich war froh, dass wir nun nicht mehr im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit standen.

Dumbledore legte mit der Schulleiterin der Beauxbatons einen flotten Walzer hin, während Mad-Eye Moody mit Professor Sinistra tanzte, die immer wieder nervös seinem Holzbein auswich.

George und Alicia wirbelten an uns vorbei und der Rotschopf warf mir einen gehässigen Blick zu, den ich jedoch gekonnt ignorierte.

„Was läuft da zwischen dir und George?", fragte Cedric, der meinem Blick gefolgt war.

Überrascht sah ich ihn an. „Nichts", sagte ich hastig. „Er ist ein Idiot und ich kann ihn nicht leiden."

Mein Tanzpartner zog die Augenbrauen hoch. „Sieht aber ganz danach aus, als könnte er dich ganz gut leiden", behauptete er. „Er mag dich offensichtlich. Ich meine, wenn Blicke töten könnten..." Er grinste mich schief an und ich schnitt eine Grimasse.

„Das glaubst du doch nicht im Ernst, oder?", erwiderte ich.

Cedric zuckte mit den Schultern. „Er wirkt ziemlich genervt. Außerdem hat er Alicia sicher nur auf den Ball eingeladen, um dich eifersüchtig zu machen. Jedenfalls denke ich das, weil er ständig zu uns rüber sieht."

Ich wollte meinen Kopf drehen, doch Cedric hielt mich davon ab.

„Gib' ihm nicht das, was er erwartet. Genau das will er doch. Oder—" Er unterbrach sich selbst und musterte mich neugierig, „findest du ihn etwa doch gut?"

Ich stieß ein verächtliches Schnauben aus. „George? Der Typ hat den emotionalen Tiefgang von 'ner Pfütze. Ich könnte nie—", erwiderte ich kopfschüttelnd und Cedric lachte daraufhin leise.

Dann schien er plötzlich jemanden über meinen Kopf hinweg zu entdecken und seine Augen fingen an zu leuchten. Als er mich einmal im Kreis drehte, erkannte ich Cho Chang auf der anderen Seite der Halle, die mit ihrer Begleitung recht ungelenk über die Tanzfläche stolperte. Ihre Wangen glühten.

Einige Drehungen später stimmten die Schicksalsschwestern eine schnellere Nummer an und wir begannen ausgelassener und weniger versteift zu tanzen. Schließlich stießen auch Jo, Mel, Lucas und Gabriel sowie Andrew und seine Partnerin, deren Namen ich nicht kannte, zu uns und wir bildeten einen großen Kreis, während wir bei jedem neuen Lied lauter mit grölten, als beim vorangegangenen.

Nach einer Weile verließen wir die Tanzfläche und setzten uns an einen Tisch in der Nähe. Atemlos wischte ich mir einige verschwitzte Haarsträhnen aus der Stirn und öffnete eine Flasche Butterbier.

„Euer Eröffnungstanz war echt toll", raunte Jo mir zu und ich lächelte sie peinlich berührt an. „Da schlägt das Herz doch gleich ein wenig höher, was?"

Ich versetzte ihr einen Stoß und sie taumelte lachend zur Seite.

„Hey, ich dachte du stehst auf Cedric, was ist schon dabei?", erwiderte sie amüsiert und ich verdrehte die Augen.

„Warum denken das immer alle?", murrte ich und kreuzte die Arme vor der Brust. „Wir sind nur Freunde", betonte ich dann. „Wieso kann man nicht mit einem Jungen befreundet sein, ohne dass alle immer gleich denken, da würde irgendwas laufen?"

Jo zuckte lässig mit den Schultern. „Weil einer von beiden früher oder später Gefühle für den anderen entwickelt", sagte sie.

Ich öffnete den Mund, um ihr zu widersprechen, doch sie kam mir zuvor.

„Ich sag' ja nicht, dass es immer so ist", lenkte sie rasch ein. „Ich find's super, dass du dich offenbar so gut mit Cedric verstehst. Und wenn ihr nur Freunde seid, ist das auch okay." Sie klopfte mir auf die Schulter und ich lächelte sie dankbar an.

„Seht euch nur Malfoy und seine Sippe an", sagte Mel dann plötzlich und nickte in Richtung einer Gruppe Slytherins, die am Rande der Tanzfläche stand und die übrigen Schülerinnen und Schüler verspottete.

Befriedigt stellte ich fest, dass weder Crabbe noch Goyle eine Partnerin für den Ball gefunden hatten.

„Was ist das auf einmal mit dir und Malfoy?", fragte ich mit gerunzelter Stirn und Mel errötete im glitzernden Schein der Kerzen.

„Der Kerl ist ein überhebliches Arschloch, das ist alles", erwiderte sie und verschränkte die Arme vor der Brust. „Wenn ich seine blöde Visage auch nur sehe, würde ich ihr am liebsten einen Schlag verpassen."

Ich zog die Augenbrauen hoch und Jo hielt ihr die Hand für ein High Five hin, in die Mel grinsend einschlug.

Die Jungs tauschten verwirrte Blicke und Lucas murmelte nur kopfschüttelnd: „Mädchen."

Ich ließ meine Augen über die Tanzfläche schweifen und beobachtete belustigt, wie Fred und Angelina so ausgelassen tanzten, dass die Leute um sie herum ängstlich zurückwichen, um sich nicht zu verletzten, und Cynthia und ihr Partner abgehackte, roboterähnliche Bewegungen machten, die ganz und gar nicht zum Rhythmus des Liedes passten.

In der nächsten Musikpause gab es wieder allseits stürmischen Beifall, und ich sah, wie Ludo Bagman Professor McGonagalls Hand küsste und sich durch die Menge zu seinem Platz zurück schlängelte. Auf halbem Weg sprachen ihn Fred und George an. Bagman wimmelte die Zwillinge jedoch ziemlich schnell wieder ab, entdeckte Harry, winkte und ging stattdessen zu ihm hinüber.

Ich runzelte die Stirn und fragte mich, was die beiden wohl mit Ludo Bagman zu schaffen hatten.

„Lasst uns mal kurz frische Luft schnappen", murmelte Mel dann Jo und mir zu, den Blick auf Gabriel gerichtet.

Unter dem Vorwand, Getränke holen zu gehen, standen wir auf und drängelten uns an der Tanzfläche entlang hinaus in die Eingangshalle. Das Portal stand offen, und die flatternden Lichterfeen glitzernden und funkelten, als wir die Vordertreppe hinuntergingen. Draußen schlängelten sich von Büschen eingefassten Pfade an großen steinernen Statuen entlang durch die Dunkelheit. Ich konnte das Wasser eines Brunnen in der Nähe plätschern hören.

„Was ist los?", fragte ich, während wir einem der gewundenen, von Rosenbüschen bestandenen Wege folgten.

Mel strich sich die langen blonden Haare, in die unzählige glitzernde Perlen eingeflochten waren, aus dem Gesicht, und zuckte mit den Schultern.

„Ist es wegen Gabriel?", fragte Jo, die nachdenklich die Stirn in Falten gezogen hatte.

Mel schnitt eine Grimasse. „Er ist wirklich nett, aber—" Sie unterbrach sich selbst und sah recht hilflos drein. „Er redet die ganze Zeit von seiner Großmutter und dass er sich schon darauf freut, wenn ich sie endlich kennenlerne. Das macht mich noch wahnsinnig."

„Sieht ganz danach aus, als hätte er ziemlich großen Gefallen an dir gefunden", stellte ich fest und wackelte anzüglich mit den Augenbrauen.

Mel rollte mit den Augen. „Er tut ja gerade so, als wären wir bereits ein Paar", sagte sie. „Dabei gehen wir heute zum ersten Mal miteinander aus."

„Entspann' dich", sagte Jo gelassen und schlang fröstelnd die Arme um ihren Oberkörper. „Nach dem Ball kannst du ihn abschießen und alles ist wieder beim Alten."

Mel und ich tauschten Blicke.

„Das hört sich noch viel mieser an, als es vermutlich ist", murmelte sie frustriert. „Außerdem will ich ihn nicht verletzen."

Ungläubig sah ich sie an. „Du kannst aber auch nicht mit jemandem zusammen sein, nur weil er nett ist und du Angst hast, ihn vielleicht vor den Kopf zu stoßen", erwiderte ich und kreuzte zweifelnd die Arme vor der Brust.

„Kit hat Recht", pflichtete Jo mir bei. Ihr Atem schlug kleine weiße Wolken in die kalte Dezemberluft. „Vielleicht ist Gabriel ja ein netter Kerl, aber du schuldest ihm rein gar nichts, okay?" Sie sah Mel eindringlich an, die unter ihrem Blick schließlich einknickte und nickte. „Und jetzt lasst uns endlich wieder reingehen. Es ist arschkalt hier draußen."

Im selben Moment, als wir die Große Halle wieder betraten, packte mich jemand am Arm und zog mich recht grob zur Seite.

Ich stieß einen undefinierbaren Laut aus und stolperte beinahe über den Saum meines Kleides. „Was zum—?" Ich starrte geradewegs in Georges haselnussbraune Augen.

„Finnley, hey", sagte er gedehnt und rieb sich mit einem nervösen Grinsen auf den Lippen den Nacken.

Mel und Jo drehten sich auf halbem Weg zu uns um, beäugten uns neugierig. Ich zuckte mit dem Kopf, um ihnen zu bedeuteten, dass uns allein lassen konnten, was sie zu meiner großen Erleichterung letztendlich auch taten. Jo konnte es jedoch nicht lassen, mir noch ein letztes Mal vielsagend zuzuzwinkern.

Ich wandte mich wieder George zu und sah ihn abwartend an. „Was gibt's?", fragte ich und versuchte dabei möglichst gleichmütig zu klingen.

George musterte mich eingehend von oben bis unten und sein intensiver Blick jagte mir einen Schauer über den Rücken. „Du siehst wirklich sehr hübsch aus", sagte er dann und sprachlos öffnete ich den Mund. „Also, wie läuft dein Abend bisher?", fragte er jedoch, bevor ich etwas erwidern konnte.

„Gut", sagte ich und hoffte, dass ihm nicht auffiel, dass meine Stimme zitterte. „Alicia und du — ihr gebt echt ein tolles Paar ab." Ich wusste nicht, warum ich diese Worte laut aussprach, und hätte mir am liebsten selbst eine Ohrfeige verpasst.

George blinzelte überrascht. „Oh, findest du?"

Ich räusperte mich hastig und nickte. „K-Klar", stammelte ich und zwang mir ein Lächeln auf die Lippen.

Entgeistert sah er mich an, dann seufzte er leise und vergrub die Hände tief in den Taschen seiner schwarzen Anzughose. „Hör zu, ich wollte dich eigentlich fragen, ob du—", fing er an, doch ich unterbrach ihn hastig.

„Tut mir leid, aber ich sollte jetzt wieder zurück zu meinen Freunden", sagte ich, meine Hände waren eiskalt. „Wir können später weiterreden." Ich wandte mich von ihm ab und ließ ihn stehen, floh regelrecht aus seiner Nähe.

Mit fliehenden Schritten durchquerte ich die Große Halle und schloss rasch zu Jo und Mel auf. Die beiden sahen mich neugierig an.

„Was wollte er von dir?", fragte Jo, doch ich zuckte nur mit den Schultern.

„Ich bin mir nicht sicher", erwiderte ich nachdenklich und raffte im Gehen den Saum meines Kleides.

„Er sieht arg mitgenommen aus", murmelte sie dann an meinem Ohr und nickte in Richtung des Rotschopfes. „Was hast du jetzt schon wieder angestellt?"

Ich warf ihr einen genervten Blick zu. „Nichts?", sagte ich leicht beleidigt, dass sie mir so etwas zutraute. „Hör' auf, mich so anzuschauen. Es ist nichts passiert." Ich warf ihr noch einen letzten bösen Blick zu, dann stolzierte ich zu Cedric hinüber.

Er bemerkte mich nicht, als ich mich ihm näherte. Seine Augen waren auf jemanden in der Menge gerichtet.

Ich folgte seinem Blick und meine Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. „Du magst sie, hab ich Recht?", fragte ich leise und erschrocken drehte Cedric sich zu mir um.

Cho Chang stand auf der gegenüberliegenden Seite der Halle und trat unruhig von einem Fuß auf den anderen.

„Woher weißt du—?", fing er an, doch ich winkte lächelnd ab.

„Ach, komm schon, so wie du sie schon den ganzen Abend lang anschaust?", erwiderte ich und konnte den spöttischen Unterton in meiner Stimme nicht ganz unterdrücken. „Jeder Blinde hätte den Wink mit dem Zaunpfahl schon längst verstanden, ganz ehrlich."

Cedric sah mich zerknirscht an.

„Worauf wartest du noch? Geh' endlich zu ihr hinüber und frag sie, ob sie mit dir tanzen will", sagte ich lachend und sprachlos öffnete er den Mund.

„Nein, das kann ich nicht machen", entgegnete er schließlich kopfschüttelnd und straffte die Schultern. „Ich bin doch mit dir auf den Ball gegangen. Ich kann dich doch jetzt nicht einfach so hier stehen lassen."

„Natürlich kannst du", sagte ich mit Nachdruck. „Stell' dich nicht so an."

Unsicher biss er die Zähne aufeinander.

„Verzieh' dich endlich", rief ich lachend und stieß ihm aufmunternd gegen die Schulter.

Ein sanftes Lächeln breitete sich auf seinen Lippen aus, bevor er mich umarmte und mir einen flüchtigen Kuss auf die Wange drückte. Er sah mich ein letztes Mal dankbar an, dann drehte er sich um und ging zu Cho hinüber.

Als er sie ansprach, schenkte sie ihm ein engelsgleiches Lächeln.

Ich wandte mich wieder meinen Freunden zu. „Also...Cedric und Cho?", fragte Jo und grinste mich mitleidig an. Lucas hatte einen Arm von hinten um ihre Taille geschlungen.

Ich zuckte mit den Schultern und ließ meinen Blick durch die Halle schweifen. Andrew und seine Partnerin waren verschwunden. „Er mag sie ganz offensichtlich. Dem will ich nicht im Weg stehen", sagte ich dann und Jo lächelte.

Sie wandte sich aus Lucas' Griff und legte ihren Arm stattdessen auf meine Schulter. „Oh, seht nur, unsere Kitty Cat ist erwachsen geworden", säuselte sie in mein Ohr und ich brach daraufhin in Gelächter aus.

Als die Schicksalsschwestern schließlich ein langsameres Lied anstimmten, verschwand Jo gemeinsam mit Lucas und Mel mit Gabriel auf der Tanzfläche.

Ich beobachtete sie eine Weile lächelnd, bis sich plötzlich jemand neben mich stellte. Ich drehte den Kopf und mein Herz machte einen Satz.

„Wieso bist du vorhin vor mir weggerannt?", fragte George und grinste schief. Die schwarze Krawatte um seinen Hals war locker gebunden und der oberste Knopf seines weißen Hemdes war geöffnet.

Ich verschränkte die Arme vor der Brust. „Hey, ich bin nicht wegge—", widersprach ich, hielt allerdings inne, als er skeptisch eine Augenbrauen hob. „Na schön, ich bin weggerannt, aber auch nur, weil—"

George sah mich fragend an. „Ja?"

Ich unterdrückte ein genervtes Seufzen und wich seinem Blick aus. „Was wolltest du mich fragen?", wechselte ich dann rasch das Thema.

Nervös fuhr er sich durch die feuerroten Haare. „Willst du mit mir tanzen?"

„Was?", fragte ich ungläubig und meine Augen wurden groß und rund wie Galleonen. „Das meinst du doch nicht im Ernst, oder?"

Er grinste schwach. „Ach, komm schon, Finnley, tanz mit mir, nur dieses eine Mal", murmelte er mit kratziger Stimme. „Und ich verspreche dir, danach lass ich dich in Ruhe und alles wird wieder so sein, wie es vorher war."

Ich sah zu ihm hoch, in sein sommersprossiges Gesicht, und mein Herzschlag verdoppelte sich.

Er betrachtete mich mit einem Blick, den ich nicht ganz definieren konnte. Dann bot er mir seine Hand an.

Nach kurzem Zögern ergriff ich sie mit klopfendem Herzen. Seine langen Finger umschlangen die meinen. Mein Magen machte einen Satz und die Schmetterlinge in meinem Inneren stoben auseinander.

Er legte eine Hand an meine Hüfte, mit der anderen hielt er meine eigene fest umklammert.

Langsam bewegten wir uns zur Musik, die viel zu romantisch für meinen Geschmack war.

„Ich wusste nicht, dass du tanzen kannst", sagte ich dann und Georges Lippen verzogen sich zu einem breiten Grinsen.

„Du weißt vieles nicht über mich", erwiderte er selbstgefällig.

Ich zog spöttisch die Augenbrauen hoch. „Das ist ein Wunder, wenn man bedenkt, wie oft du über dich selbst redest", sagte ich schnippisch und er lachte leise.

„Hey, dieser Karkaroff ist ziemlich gruselig, findest du nicht auch?", fragte er dann und ich schnitt eine Grimasse.

„Und ob", stimmte ich ihm zu. „Er starrt mich schon den ganzen Abend so komisch an."

George zog daraufhin die Augenbrauen hoch. „Glaubst du, er weiß es?", fragte er, „Dass wir ihn und Moody belauscht haben, meine ich."

Ich zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung", sagte ich nachdenklich. „Jedenfalls hat Moody mich bisher noch nicht auf Diana angesprochen."

Stirnrunzelnd sah George mich von oben herab an.

„Was habt ihr mit Ludo Bagman zu schaffen?", wechselte ich dann rasch das Thema und seine braunen Augen weiteten sich. „Ich hab euch mit ihm gesehen."

„Ach, das", sagte er finster und fragend ob ich die Brauen.

„Was ist mit ihm?"

Er zögerte, dann sagte er: „Wir hatten bei ihm eine Wette platziert, bei der Quidditch-Weltmeisterschaft. Dass Irland gewinnt, aber Krum den Schnatz fängt."

Ungläubig erwiderte ich seinen zerknirschten Blick. „Darauf habt ihr gesetzt?"

Lässig zuckte er mit den Schultern. „Jedenfalls hat uns der Mistkerl mit dem Leprechan-Gold bezahlt, das diese irischen Maskottchen vor dem Spiel runter regnen ließen."

„Und?"

„Und?", sagte George ungeduldig. „Es hat sich natürlich aufgelöst. Am nächsten Morgen war es weg."

„Das muss doch ein Versehen gewesen sein", sagte ich und er lachte daraufhin bitter.

„Ja, das haben wir zuerst auch gedacht. Wir dachten, wenn wir ihm einfach schreiben, dass er einen Fehler gemacht hat, würde er die Kohle rausrücken. Aber er hat unseren Brief ignoriert. In Hogwarts haben wir dann andauernd versucht mit ihm zu reden, aber er hat immer irgendeine Ausrede gefunden, um uns zu entwischen." Er schüttelte frustriert den Kopf. „Schließlich ist er ziemlich fies geworden. Meinte, wir wären zu jung zum Spielen und er würde uns überhaupt nichts geben. Also haben wir unser Geld eben zurückverlangt."

„Hat er etwa abgelehnt?", fragte ich fassungslos und er nickte mit den Kopf.

„Ja", sagte er, „und wir haben keine Ahnung, warum."

„Sag Bescheid, falls du Hilfe brauchst, herauszufinden, welches schmutzige kleine Geheimnis Bagman zu verbergen versucht", sagte ich und als er mich daraufhin erstaunt ansah, wandte ich mein Gesicht mit hochroten Wangen ab.

Wir schwiegen eine Weile, bevor ich erneut das Wort ergriff.

„Also...du und Alicia", fing ich beiläufig an, „Seid ihr jetzt zusammen?"

Mit gerunzelter Stirn sah George mich an. „Wie kommst du darauf?", fragte er und ich zuckte mit den Schultern, während ich es zuließ, dass er mich einmal im Kreis drehte.

„Ihr verbringt ziemlich viel Zeit miteinander, oder nicht?", erwiderte ich möglichst beiläufig und zog es vor, ihm dabei nicht in die Augen zu schauen. Eine unangenehme Hitze brannte in meinen Wangen. „Ich dachte nur—"

„Wir sind nicht zusammen", unterbrach er mich jedoch und überrascht sah ich zu ihm empor. „Ich meine, wir sind Freunde und spielen in derselben Quidditch-Mannschaft, aber—" Er schüttelte den Kopf und eine charmante Röte stieg in sein Gesicht.

„Ich denke, du solltest einen Versuch bei ihr wagen", sagte ich und Georges Augen weiteten sich kaum merklich. „Ich weiß, dass sie dich mag. Du solltest sie fragen, ob sie mit dir ausgeht."

Vielleicht irrte ich mich, doch ein Ausdruck der Enttäuschung huschte über Georges Gesicht. Allerdings war dieser genauso schnell wieder verschwunden, wie er gekommen war. Er stieß ein vermessenes Schnauben aus und seine Lippen verzogen sich zu einem breiten Grinsen. „Du hast vermutlich Recht", sagte er und wackelte frech mit den Augenbrauen. „Ich meine, wer könnte zu diesem Gesicht schon nein sagen?"

Daraufhin lachte ich nur leise.

„Außerdem hast du mich abgewiesen, ich kann dir schließlich nicht ewig hinterherrennen", fuhr er gelassen fort.

Mit gehobenen Brauen sah ich ihn an. „Ich hab nicht verlangt, dass du—"

„Schon klar", unterbrach er mich und grinste zerknirscht. „Ich hatte nur gehofft, dass du irgendwann selbst darauf kommst, dass du mich doch mehr magst, als du es dir die ganze Zeit einzureden versuchst."

Aus irgendeinem Grund wurde ich plötzlich ziemlich wütend. Ich ließ von ihm ab und stieß ihn von mir. „Für wen hältst du dich eigentlich?", fragte ich und verschränkte die Arme vor der Brust.

Verschmitzt hob George eine Augenbraue. „Für ziemlich gutaussehend?", erwiderte er und ich unterdrückte das Bedürfnis, ihm mit meiner Faust ins Gesicht zu schlagen.

Ich ignorierte die verwirrten Blicke, die uns ringsum zugeworfen wurden.

„Ein Tanz", sagte George plötzlich, „und dann lass' ich dich in Ruhe, schon vergessen?"

Ich verdrehte die Augen und ergriff erneut seine Hand. „Wie lang ist dieses bescheuerte Lied?", grummelte ich, doch er lachte nur.

Ich mochte es, wenn er lachte. Es erinnerte mich an einen feinen Sonnenstrahl an einem kalten Winternachmittag. Es ließ mich eine Spur breiter grinsen, Hitze stieg in meine Wangen. Meine langen Locken streichelten meine freien Schultern und meinen Rücken, während er mich sanft im Takt der Musik wiegte.

Seine braunen Augen betrachteten mich, so als hätte er noch nie etwas schöneres gesehen, und mein Herz schlug mir auf einmal bis zum Hals. Noch nie hatte ich mich auf diese Weise zu jemandem hingezogen gefühlt. Ich wusste nicht, was das nun für uns bedeutete. Es veränderte alles. Und ich war nicht sicher, ob ich dafür schon bereit war.

Als wir uns voneinander trennten, hatte ich das Gefühl, endlich wieder richtig atmen zu können. George machte eine dämliche kleine Verbeugung in meine Richtung, zwinkerte mir ein letztes Mal zu und verschwand dann in der Menge.

Ich blickte ihm lange nach und ein mulmiges Gefühl machte sich in meiner Magengegend breit. Leise seufzend wandte ich mich schließlich ab.

Ein zweites Mal schlenderte ich hinaus aus der Großen Halle und durch das Eingangsportal, das noch immer offen stand. Meine Wangen brannten und die kühle Nachtluft verschaffte mir ein wenig Linderung. Eine Gruppe Lichterfeen jagte sich giggelnd in den Rosenbüschen. Hinter einer marmornen Statue vernahm ich plötzlich eine unangenehm vertraute Stimme und das Blut in meinen Adern gefror.

„Ich verstehe nicht, was es da noch zu reden gibt, Igor."

„Severus, du kannst nicht so tun, als würde das nicht passieren!" Karkaroffs Stimme klang besorgt und gedämpft, als wollte er auf keinen Fall belauscht werden. „Das wird doch schon seit Monaten immer deutlicher, ich mach mir allmählich ernsthafte Sorgen, das muss ich zugeben—"

„Dann flieh", entgegnete Snape barsch. „Flieh, ich werde eine Ausrede für dich finden. Aber ich bleibe in Hogwarts."

Snape und Karkaroff bogen um eine Hecke. Snape hatte seinen Zauberstab gezückt und zerfledderte mit äußerst miesepetriger Miene die Rosenbüsche am Wegesrand in winzige Stücke. Aus den Büschen drangen Schreie und dunkle Gestalten stürzten hervor.

„Zehn Punkte für Abzug für Hufflepuff, Fawcett", fuhr Snape ein Mädchen an, das an ihm vorbeirannte. „Und auch zehn Punkte Abzug für Ravenclaw, Stebbins!" Ein Junge stürmte ihr nach. „Und was tut ihr zwei hier?", fügte er hinzu, als er plötzlich Harry und Ron ein Stück vor sich auf dem Pfad erkannte.

Rasch ging ich hinter der Statue eines buckligen Zauberers in Deckung.

„Wir gehen spazieren", antwortete Ron knapp. „Nicht verboten, oder?"

„Verzieht euch gefälligst!", blaffte Snape und rauschte mit gebauschtem schwarzem Umhang an ihnen vorbei, Karkaroff dicht auf den Fersen.

Unauffällig folgte ich ihnen.

Neben dem plätschernden Brunnen wartete Mad-Eye Moody, grunzend auf seinen geschnitzten Stock gestützt. Sein magisches blaues Auge wirbelte unruhig in seiner Höhle umher.

Snape warf seinem Kollegen lediglich einen verächtlichen Blick zu, dann sah er Karkaroff ein letztes Mal eindringlich an und verschwand mit den Worten: „Wir sprechen später weiter", wieder in der Eingangshalle.

Karkaroff schien bei Moodys Anblick beinahe die Fassung zu verlieren. Seine Hand fuhr nervös zu seinem Spitzbart und er zwirbelte ihn um den Finger.

„Wir müssen reden", raunte Professor Moody mit tiefer Stimme und Karkaroff hob die Brauen.

Er erweckte den Anschein, überall lieber sein zu wollen, als hier. Unruhig trat er von einem Fuß auf den anderen. Seine leblosen Augen wanderten immer wieder zwischen seinem Gegenüber und den flackernden Lichtern und dem herüberwehenden Gelächter der Halle hin und her. „Kann das nicht warten? Ich—"

„Nein, das muss jetzt sein. Du bist mir schon in den vergangenen Wochen ständig aus dem Weg gegangen", grunzte Professor Moody schlecht gelaunt.

Seine Worte jagten mir einen eiskalten Schauer den Rücken hinunter. Zitternd presste ich die Lippen aufeinander und duckte mich hinter eine der Hecken. Möglichst unauffällig spähte ich durch das Geäst.

Karkaroff schien ein Seufzen zu unterdrücken.

„Sie kommt uns langsam auf die Schliche", raunte Professor Moody dann und Karkaroff hob überrascht den Kopf. „Sie stellt zu viele Fragen."

„Glaubst du, sie weiß es?", fragte Karkaroff mit gerunzelter Stirn.

Professor Moody zuckte mit den Schultern. „Ich habe Diana ihr gegenüber nie erwähnt. Ich habe ihr versichert, dass sie sich keine Sorgen machen soll. Dass sie weiter rumschnüffelt, können wir nicht gebrauchen."

Ich wusste, dass er von mir sprach, und plötzlich wurde mir eiskalt.

Einen Augenblick lang war das Plätschern des Wassers das einzige Geräusch, das weit und breit zu hören war.

Dann ergriff Karkaroff erneut das Wort: „Wir sollten sie im Auge behalten."

„Das werde ich", knurrte Professor Moody und sah Karkaroff durchdringend an, sein magisches Auge bewegte sich nicht. „Sie darf niemals die Wahrheit über Diana erfahren, hast du das verstanden?"

Seine Worte ließen mich aufkeuchen und benommen stolperte ich einige Schritte zurück. Laub und Schnee knirschte unter meinen Füßen und die beiden Männer hoben alarmiert die Köpfe. Die Hand fest auf den Mund gepresst, wirbelte ich auf dem Absatz herum und floh in die Dunkelheit hinein.

Als ich in die Eingangshalle taumelte, war das erste, was ich tun wollte, mit George darüber zu sprechen, was ich gerade erfahren hatte. Ich entdeckte ihn an der riesigen Flügeltür zur Großen Halle und wollte gerade zu ihm hinübergehen, doch dann tauchte Alicia an seiner Seite auf und...verschränkte ihre Finger mit den seinen.

Hastig wandte ich mich ab. Meine Augen brannten und rasch blinzelte ich. Ich war froh, dass sie mich nicht entdeckten, als sie lachend an mir vorbei die Stufen zum Gemeinschaftsraum der Gryffindors hinaufstiegen.

Erleichtert atmete ich aus und setzte mich dann langsam wieder in Bewegung.

Die Große Halle war fast leer, als ich mich zu Andrew an einen verlassenen Tisch fallen ließ. Die Band spielte gerade ein langsames Lied. „Hey", sagte ich leise und er lächelte mich von der Seite her an.

„Hey", erwiderte er und unterdrückte ein Gähnen.

„Wo ist dein Date?", fragte ich und Andrew grinste schief.

„Sie ist mit einem Typen aus Durmstrang verschwunden", sagte er.

„Mach dir nichts draus, Cedric hat sich auch aus dem Staub gemacht", sagte ich gelassen und seine Augen weiteten sich ungläubig.

„Was?"

Ich lachte leise. „Ich habe ihn dazu überredet", erklärte ich rasch. „Ich konnte es irgendwann nicht mehr mit ansehen, wie er und Cho sich von Weitem anschmachten."

Erkenntnis zeichnete sich in Andrews Gesicht ab. „Wow", sagte er und grinste schwach.

Wir schwiegen eine Weile.

„Ich hab dich mit George gesehen", merkte er dann plötzlich an und ich hob den Kopf.

„Wir haben nur miteinander getanzt", sagte ich hastig.

Andrew wirkte nicht gerade überzeugt, ließ das Thema jedoch fallen und ich war froh darüber. „Apropos tanzen", sagte er dann und stand von seinem Platz auf. „Ich schätze, das ist unsere letzte Chance, bevor sie uns rausschmeißen." Die Fliege um seinen Hals hatte er bereits gelöst und seine schwarze Weste war aufgeknöpft.

Ich grinste breit, ergriff seine Hand, die er mir anbot, und ließ mich von ihm auf die Beine ziehen. Wir traten auf die Tanzfläche und ich schlang meine Arme um seinen Nacken, während er seine Hände an meine Hüfte legte.

Langsam bewegten wir uns zur Musik.

„Das war ein guter Abend, oder nicht?", fragte ich und unterdrückte ein Gähnen.

Andrew grinste. „Klar", erwiderte er. „So ein Ball findet schließlich nicht alle Tage statt. Außerdem war die Musik echt super."

Ich neigte den Kopf zur Seite. „Ab und zu zwar etwas langatmig, aber im Grunde hast du Recht", sagte ich und als Andrew die Augen verdrehte, konnte ich mir das belustigte Grinsen nicht länger verkneifen, das sich auf meine Lippen schlich.

„Wir würden ein ziemlich gutes Paar abgeben, was?", murmelte er nach einer Weile an meinem Ohr und überrascht sah ich ihn an.

„Findest du?", fragte ich und er zuckte mit den Schultern.

„Du etwa nicht?", erwiderte er, sein Blick galt dabei allerdings nicht mir, sondern etwas oder jemandem hinter meinem Rücken.

„Wir sind beste Freunde", sagte ich mit gerunzelter Stirn und Andrew grinste schwach.

„Vielleicht würde es deshalb auch so gut funktionieren", überlegte er. „Du kennst mich besser, als jeder andere. Und du weißt, dass ich früher hoffnungslos in dich verknallt war."

Ich lachte leise. „Wie konntest du auch nicht? Ich bin schließlich echt toll", sagte ich selbstgefällig und warf mir die Haare aus dem Gesicht.

Andrew rollte grinsend mit den Augen.

„Glaubst du, es wäre komisch? Wenn was zwischen uns laufen würde?", fragte ich nachdenklich und Andrew zuckte mit den Schultern.

„Schon irgendwie", sagte er langsam und sah mich vorsichtig an. „Hey, kannst du dich noch an unser drittes Jahr erinnern?", fragte er dann und lächelte schwach. „Wir waren eine Woche lang ein Paar."

Ich schnaubte belustigt. „Und dann bist du mit Lorna Darryl durchgebrannt. Das hat mir das Herz gebrochen", sagte ich theatralisch und er brach in Gelächter aus.

„Ich bereue bis heute, dass ich das getan habe", erwiderte er ironisch und schenkte mir ein spielerisches Zwinkern.

Grinsend verdrehte ich die Augen. Ich dachte an George und meine Eingeweide schienen sich ineinander zu verdrehen. Alles in mir sträubte sich. „Lang ist der Weg und kurz ist das Leben, nicht wahr?", murmelte ich dann und Andrews Lippen verzogen sich zu einem Lächeln.

„Lang ist der Weg und kurz ist das Leben", wiederholte er meine Worte.

Wir sahen einander einen Moment lang schweigend an, dann stellte ich mich kurzerhand auf die Zehenspitzen und drückte meine Lippen auf seine.

Andrew zu küssen, fühlte sich nicht unbedingt schlecht an. Zugegeben, ich hatte keine Schmetterlinge im Bauch, aber ich verspürte auch nicht den Drang, mich zu übergeben, und das sollte schon was heißen.

Ich schob all meine Gedanken an George beiseite und kniff hastig die Augen zusammen.

Als wir uns wieder voneinander lösten, waren wir beide außer Atem. Dann brachen wir gleichzeitig in Gelächter aus.

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author's note.

Wow. Das Kapitel ist so derb lang geworden, das wollte ich eigentlich gar nicht, aber es hätte auch keinen Sinn gemacht, es zu teilen, sonst wäre die ganze Spannung dahin gewesen.

Also...was sagt ihr?

Es hat mich beinahe verrückt gemacht, diese Zeilen zu schreiben, weil es einfach so unglaublich frustrierend ist, wie Kit und George umeinander herumschleichen und sich nichts daraus ergibt. Und irgendwie war ja auch klar, dass George nicht ewig wartet und sich letztendlich dann doch anderen Mädchen, aka Alicia, zuwendet.

Habt ihr das mit Andrew erwartet? Ich hab tatsächlich schon von Anfang an geplant, dass sich zwischen den beiden was anbahnt, und bin wirklich gespannt, was ihr davon haltet und was ihr denkt, wie es jetzt weitergeht.

Dass Cedric und Kit nicht zusammen kommen, war mir ebenfalls relativ schnell klar. Ich wollte möglichst nah an der originalen Story bleiben, deshalb wurde Cho jetzt auch hier ins Spiel gebracht. Außerdem wollte ich nicht, dass Kit später noch in ein all zu tiefes Loch fällt, wenn Cedric...you guys know, what is about to happen. Die beiden sind also nur sehr, sehr gute Freunde.

In welchem Haus seid ihr eigentlich?

Ich hoffe hoffe hoffe, ihr hattet ganz viel Spaß beim Lesen. Habt ein wunderschönes Wochenende! Liebe geht raus!

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