burn marks
thirty-five.
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ICH KANN NICHT sagen, und ich werde nicht sagen, dass er tot ist. Er ist nur fort.
Mit einem kirschroten Lächeln und einer winkenden Hand ist er gewandert in ein unbekanntes Land. Und ließ uns träumend zurück. Wie wunderschön es dort sein muss. Die mutigsten Seelen sehnen sich nach alten Zeiten und die Glücklichen kehren wieder.
Ich denke an ihn. Jeden Tag und jede Nacht. Er ist nicht tot. Er ist nur fort.
Leise seufzend schloss ich meinen Koffer und ließ mich erschöpft auf mein Bett fallen. Meine Augen brannten.
Die letzte Aufgabe des Trimagischen Turniers lag nun bereits einige Tage zurück und damit auch Cedrics Tod. Doch darüber hinweg war niemand von uns. Der Schock saß tief und in jedem Sonnenaufgang suchte ich nach einer Präsenz, nach einem Zeichen, dass er noch irgendwo da draußen war. Dass er nicht ganz verschwunden war.
Plötzlich ertönte ein Klopfen und die Tür zum Schlafsaal der Hufflepuffs schwang mit einem leisen Quietschen auf. Rasch hob ich den Kopf und wischte mir eine einsame Träne aus dem Gesicht.
George stand, nervös von einem Fuß auf den anderen tretend, auf der Schwelle. In seinem Blick lag ein zerknirschter Ausdruck. „Hey", sagte er mit kratziger Stimme. „Darf ich reinkommen?"
Hastig nickte und ich rutschte auf meinem Bett zur Seite, um ihm Platz zu machen. „Ja, klar."
Langsam durchquerte er den kreisrunden Raum und ließ sich neben mir nieder. Auf seiner ungewöhnlich blassen Haut stachen seine Sommersprossen noch mehr hervor als sonst. „Wie geht's dir?", unterbrach er nach einer Weile vorsichtig die ungewöhnlich angenehme Stille zwischen uns.
„Es geht schon", sagte ich mit einem Räuspern und schlang fröstelnd die Arme um meinen Oberkörper.
Wir schwiegen wieder.
„Es tut mir leid", hauchte ich dann und blinzelte hastig die Tränen in meinen Augen weg. „Ich bin nicht gut in sowas—"
„Nein, nein", fiel George mir daraufhin jedoch ins Wort und griff nach meinen Händen. „Du musst dich für nichts entschuldigen."
Ich wimmerte. „Glaubst du, dass sie uns hören können? Dass sie wissen, wie sehr es schmerzt und wie gern wir alles wieder rückgängig machen würden?", fragte ich leise und sah vorsichtig zu ihm empor. „Glaubst du, dass sie uns verstehen?"
George strich mir eine braune Haarsträhne aus dem Gesicht. Seine Fingerspitzen fuhren sanft über meine Haut und es fühlte sich so an, als würde jeder Zentimeter davon unter seiner Berührung verbrennen. „Ich weiß es nicht", murmelte er. Dunkle Ringe lagen unter seinen Augen. „Cedric ist tot und wir können die Zeit nicht zurückdrehen..dazu ist niemand im Stande. Das Leben geht weiter, es wird nie wieder so sein wie vorher, aber irgendwie geht es weiter."
Ich sah ihn an, ein trauriges Lächeln umspielte seine Lippen.
„Hey, übrigens", fuhr er dann fort und hastig blinzelte ich. „Wir haben mittlerweile herausgefunden, was mit Bagman los war."
Meine Augen weiteten sich überrascht. „Wirklich?", fragte ich und George nickte eifrig.
„Lee's Vater hatte offenbar auch einige Schwierigkeiten, sein Geld von Bagman zu kriegen. Wie sich herausgestellt hat, hat er großen Ärger mit den Kobolden. Hat sich Unmengen an Gold von ihnen geliehen." Er zuckte mit den Schultern. „Eine Bande von denen ist ihm nach der Weltmeisterschaft im Wald auf die Pelle gerückt und hat ihm alles Gold abgenommen, das er bei sich hatte, und es war wohl immer noch nicht genug, um all seine Schulden zu begleichen. Dann sind sie ihm bis nach Hogwarts gefolgt, um ihn im Auge zu behalten. Er hat alles beim Glücksspiel verloren. Kann keine zwei Galleonen mehr zusammenkratzen. Und weißt du, wie der Idiot die Kobolde bezahlen wollte?"
„Wie?", fragte ich und George lächelte säuerlich.
„Er hat auf Harry gewettet", sagte er. „Hat 'nen großen Betrag darauf gesetzt, dass er das Turnier gewinnt. Und die Kobolde haben dagegen gehalten."
„Aber Harry hat doch gewonnen. Also kann er euch das Gold zurückzahlen, oder?"
„Von wegen", schnaubte George. „Die Kobolde spielen genauso 'n dreckiges Spiel wie er. Die sagen jetzt, er hätte sich den ersten Platz mit Diggory geteilt, und Bagman hat ja gewettet, dass er allein gewinnt. Also ist er gleich nach der dritten Runde abgehauen."
Mitleidig sah ich George an, nahm dann seine Hand und drückte sie. „Das tut mir leid."
Er lächelte mich an. „Das muss es nicht", sagte er, „ehrlich."
Mein flatternder Herzschlag beruhigte sich plötzlich und ich fühlte so etwas wie Frieden.
Ich hatte immer geglaubt, die Liebe sei rot und aufregend, wie loderndes Feuer. Doch sie war golden. Wie Sonnenlicht am Morgen.
„Ich liebe dich." Die Worte stolperten so schnell aus meinem Mund, dass ich sie nicht mehr aufhalten konnte.
Prompt ließ George meine Hand wieder los. Ungläubig starrte er mich an. „Ich—"
Hastig schüttelte ich den Kopf und schoss von meinem Bett hoch. „Das war—es t—tut mir leid."
„Nein, ich—", fing George an und erhob sich ebenfalls, doch ich fuchtelte abwehrend mit den Händen durch die Luft und wich gleichzeitig vor ihm zurück. „I—Ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll."
Mein Herz sank in meiner Brust und plötzlich wurde mir ganz kalt. Unbewusst ballt ich meine Hände zu Fäusten. „Du musst nichts sagen", brachte ich dann mit belegter Stimme heraus.
Hilflos sah er mich an. „Kit, ich—"
Ich machte einen weiteren Schritt zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. „Ich glaube, es wäre besser, wenn du jetzt gehst."
Er seufzte leise und ließ dann seine Hände sinken. Er warf mir noch einen letzten unbeholfenen Blick zu, bevor er auf dem Absatz kert machte und den Schlafsaal wieder verließ.
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Im Rückblick stellte ich fest, dass ich mich einen Monat später kaum an den Tag erinnern konnte, als das alles passiert war.
Mir graute vor dem Abschiedsessen, das sonst immer ein richtiges Fest war und bei dem der Sieger des Hauswettbewerbs ausgerufen wurde. Als Jo, Mel, Lucas und ich die Große Halle betraten, fiel uns als erstes auf, dass sie nicht wie sonst feierlich geschmückt war. Normalerweise prangte sie beim Abendessen in den Farben des siegreichen Hauses. Heute Abend hingen jedoch schwarze Tücher an der Wand hinter dem Lehrertisch.
Mein Magen zog sich zusammen und ich ließ meinen Blick durch die Halle schweifen. Weiter hinten am Tisch der Gryffindors entdeckte ich Fred und Georges rothaarige Schöpfe. Ich hatte seit dem peinlichen Überfall, bei dem ich George meine Liebe gestanden hatte, kein Wort mehr mit ihm geredet.
Mad-Eye Moody saß hoch oben am Lehrertisch und zuckte jedes Mal äußerst schreckhaft zusammen, wenn jemand ihn ansprach. Einige Tage nach der dritten Aufgabe hatte sich herumgesprochen, dass es nicht wirklich er gewesen war, der uns die letzten zehn Monate in Verteidigung gegen die Dunklen Künste unterrichtet hatte, sondern ein Todesser namens Barty Crouch Jr., der Vielsafttrank eingenommen und sich als Professor Moody ausgegeben hatte.
Ich hatte es nicht glauben können, als Jo eines Morgens auf mich zu gerannt war und mir die Neuigkeiten überbracht hatte. Jetzt machten auch Moodys Verhalten und all seine merkwürdigen Anspielungen auf meine Mutter einen Sinn. Bedeutete das allerdings auch, dass sie ebenso ein Todesser war wie Barty Crouch Jr. oder woher sonst sollte er sie kennen?
Ich ließ mich zwischen Jo und Mel am Hufflepufftisch nieder. Die Stimmung war bedrückt, niemand schnatterte und lachte wie gewöhnlich.
Professor Karkaroffs Stuhl war leer. Ich fragte mich, wo er wohl jetzt steckte. Madame Maxine war noch da. Sie saß neben Hagrid und unterhielt sich leise mit ihm. Ein paar Plätze weiter, neben Professor McGonagall, saß Snape. Kurz trafen sich unsere Blicke. Seine Miene war schwer zu entziffern, doch er wirkte so verbittert und abweisend wie eh und je.
Am Lehrertisch erhob sich nun Professor Dumbledore und in der Großen Halle, wo es ohnehin schon viel leiser war als sonst beim Abschiedsessen, wurde es sehr still.
„Wieder einmal", sagte Dumbledore und breitete die Arme aus, „wieder einmal geht ein Jahr zu Ende."
Er hielt inne und sein Blick fiel auf den Tisch der Hufflepuffs. „Es gibt etwas, was ich euch heute Abend sagen möchte", fuhr er fort, „doch will ich zuerst daran erinnern, dass wir einen großartigen Menschen verloren haben, der hier unter uns sitzen und das Essen mit uns genießen sollte. Ich möchte euch bitten, aufzustehen und die Gläser zu Ehren Cedric Diggorys zu erheben."
Wir taten es, ohne Ausnahme. Stuhlbeine kratzten über den Boden, als alle aufstanden und ihre Kelche erhoben, und eine Stimme, laut und tief wie fernes Donnerrollen, erklang in der Halle: „Cedric Diggory."
Durch eine Lücke in der Menge erhaschte ich einen Blick auf Cho. Stumme Tränen rollten ihr über die Wangen. Wir setzten uns wieder, ich sah in die blassen Gesichter meiner Freunde.
„Cedric war ein Mensch, der viele Tugenden, welche das Haus Hufflepuff auszeichnen, in sich vereint", fuhr Dumbledore fort. „Er war ein guter und treuer Freund, ein fleißiger Schüler, ein Mensch, der das Fairplay schätzte. Sein Tod hat euch alle berührt, ob ihr ihn gut kanntet oder nicht. Deshalb glaube ich, dass ihr das Recht habt, genau zu erfahren, wie es dazu kam."
Ich hob den Kopf und starrte Dumbledore an.
„Cedric Diggory wurde ermordet — von Lord Voldemort."
Ein panisches Flüstern erhob sich in der Großen Halle. Mein Herz machte einen Satz und Mel, Jo und ich tauschten entsetzte Blicke.
„Das Zaubereiministerium wünscht nicht", erklärte Dumbledore, „dass ich euch dies sage. Vielleicht werden manche eurer Eltern entsetzt darüber sein — entweder weil sie nicht glauben wollen, dass Lord Voldemort zurückgekehrt ist, oder weil sie meinen, ich sollte euch nichts sagen, weil ihr noch zu jung seid. Es ist jedoch meine Überzeugung, dass die Wahrheit immer der Lüge vorzuziehen ist und dass jeder Versuch, so zu tun, als wäre Cedric durch einen Unfall gestorben, oder durch eigene Fehler, eine Beleidigung seines Andenkens ist."
Bestürzt und verängstigt war nun jedes Gesicht in der Halle Dumbledore zugewandt. Fast jedes zumindest. Auf der anderen Seite am Tisch der Slytherins sah ich Draco Malfoy mit seinen Kumpanen Crabbe und Goyle flüstern. Ein heißer, Brechreiz erregender Wutschwall stieg in meiner Kehle hoch und hastig zwang ich mich, meinen Blick erneut auf Dumbledore zu richten.
„Und noch jemand muss im Zusammenhang mit Cedrics Tod erwähnt werden", sagte Dumbledore. „Ich spreche natürlich von Harry Potter."
Eine Welle durchlief die Große Halle, es waren Köpfe, die sich zu Harry umdrehten.
„Harry Potter ist es gelungen, Lord Voldemort zu entkommen", fuhr Dumbledore fort. „Er hat sein Leben aufs Spiel gesetzt, um Cedrics Körper nach Hogwarts zurückzubringen. Er hat Tapferkeit in jeder Hinsicht bewiesen, wie sie bislang nur wenige Zauberer im Angesicht von Lord Voldemort gezeigt haben, und dafür ehre ich ihn."
Mir wurde schlecht. Dumbledore wandte sich mit ernstem Gesicht Harry zu und hob erneut seinen Trinkkelch. Fast alle taten es ihm nach. Ich beobachte, wie Fred und George seinen Namen murmelten, wie zuvor Cedrics.
„Ziel des Trimagischen Turniers war es, das gegenseitige Verständnis unter den Magiern verschiedener Länder zu fördern. Im Lichte dessen, was geschehen ist — der Rückkehr Lord Voldemorts — sind partnerschaftliche Bande wichtiger denn je."
Der Rest von Dumbledores Rede zog an mir vorbei wie eine verblasste Erinnerung.
„Jeder Gast in der Halle", sagte er und sein Blick verweilte auf den Durmstrang- und Beauxbatons-Schülern, „sollte er oder sie uns wieder einmal besuchen wollen, ist hier jederzeit willkommen. Ich sage es euch noch einmal — angesichts der Rückkehr Lord Voldemorts sind wir so stark, wie wir einig, und so schwach, wie wir gespalten sind.
Lord Voldemort besitzt ein großes Talent, Zwietracht und Feindseligkeit zu verbreiten. Dem können wir nur entgegentreten, wenn wir ein nicht minder starkes Band der Freundschaft und des Vertrauens knüpfen. Es ist meine Überzeugung — und noch nie habe ich so sehr gehofft, mich zu irren —, dass auf uns alle dunkle und schwere Zeiten zukommen. Manche von euch hier haben bereits spürbar unter der Hand Lord Voldemorts gelitten, viele eurer Familien wurden entzweigerissen. Vor einer Woche wurde ein Schüler aus unserer Mitte genommen.
Denkt an Cedric. Erinnert euch an ihn, wenn einmal die Zeit kommt, da ihr euch entscheiden müsst zwischen dem, was richtig, und dem, was bequem ist. Denkt daran, was einem Jungen, der gut und freundlich und mutig war, geschah, nur weil er Lord Voldemort in die Quere kam. Erinnert euch an Cedric Diggory."
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Zusammen mit den anderen Sechstklässlern warteten Jo, Mel und ich in der überfüllten Eingangshalle auf die Kutschen, die uns zum Bahnhof von Hogsmead bringen sollten.
Es war ein warmer Sommertag. Wenn ich am Abend zuhause ankam, überlegte ich, würde es heiß sein, die Gärten üppig grün, die Blumenbeete meiner Mutter ein Rausch von Farben. Doch der Gedanke daran machte mich nicht glücklich.
„Oi Finnley!"
Ich wandte mich um. George Weasley kam die Steintreppe zum Schloss nach oben gerannt. Hinter ihm, in weiter Entfernung, konnte ich erkennen, wie Fred seiner kleinen Schwester Ginny behilflich war, ihren riesigen Koffer die Stufen hochzuhieven.
Ich unterdrückte ein genervtes Seufzen und verschränkte die Arme vor der Brust. „Was willst du?" Ich bemühte mich um einen möglichst desinteressierten Ton.
Zerknirscht sah er mich an. „Können wir kurz reden?"
Ich warf Jo und Mel einen kurzen Blick zu, doch die beiden kicherten nur dämlich und waren dabei nicht gerade hilfreich. „Ich denke, es gibt nichts, worüber wir reden müssten", sagte ich dann schlicht und hielt seinem Blick stand, obwohl ich am liebsten weggeguckt hätte.
Er blinzelte ungläubig. „Du hast gesagt, dass du—" Er stockte kurz und schüttelte dann den Kopf. Ich wusste ganz genau, worauf er anspielte. „Das war mir peinlich, okay? Ich wusste nicht, was ich sagen sollte."
„Ach, lass mich einfach in Ruhe", hisste ich daraufhin und machte eine wegwerfende Handbewegung, ganz so als wäre das alles keine große Sache. „Das Einzige, was peinlich ist, ist dein lahmer Versuch, süß zu sein."
Er öffnete den Mund, um etwas zu erwidern, als plötzlich Fred keuchend und mit hochrotem Kopf am obersten Treppenabsatz ankam.
„Oh, sieh nur Weasley, deine zweite Gehirnhälfte ist da", sagte ich, in dem erbärmlichen Versuch gehässig zu sein.
Fred grinste belustigt und seine Augen wanderten zwischen mir und seinem Zwillingsbruder hin und her. „Ihr habt euch wieder sehr gern, wie's aussieht", stellte er feixend fest und schlug George mit dem Handrücken gegen die Brust.
Ich schnalzte mit der Zunge. „Nein, es ist alles beim alten", teilte ich ihm mit und George wurde daraufhin ganz blass.
„Finnley, ich—", setzte er an, doch ich wandte mich von ihm ab und zuckte mit dem Kopf in Richtung meiner Freundinnen.
„Kommt", sagte ich, „lasst uns von hier verschwinden." Und dann stapfte ich missmutig davon.
Ich konnte hören, wie Jo und Mel mir hastig auf dem Fuße folgten. „Was sollte das eben?", fragte Jo außer Atem, als sie ihren Koffer in eine der soeben eingetroffenen Kutschen hievte.
Ich setzte mich an die Stirnseite der Karosse und blickte seufzend aus dem Fenster. Tränen brannten in meinen Augen. „Ich hab Scheiße gebaut", sagte ich dann und wandte mich wieder Jo und Mel zu.
Die beiden tauschten Blicke. „Was ist denn passiert?", fragte Mel mit gerunzelter Stirn.
„Ich hab George gesagt, dass ich ihn liebe—" Ich hielt kurz inne. Jo und Mel starrten mich ungläubig an. „Aber er hat es nicht zurück gesagt."
„Du hast—", fing Jo sprachlos an.
„Das hat er nicht—", sagte Mel mit riesigen blauen Augen.
„Wisst ihr was?" Ich wedelte mit den Händen vor ihren Gesichtern herum. „Das war ein Fehler und wir sollten einfach vergessen, dass ich jemals davon geredet habe, nein—" Ich hielt einen Finger in die Luft. „Dass ich jemals daran gedacht habe, mehr als nur Abscheu für George Weasley empfinden zu können."
Jo und Mel sahen mich gleichermaßen unsicher und verwirrt an und wollten etwas erwidern, als plötzlich Lucas und Andrew in die Kutsche kletterten.
Zu meiner großen Überraschung legte Lucas Jo einen Arm um die Schultern und verband ihre Lippen mit einem langen Kuss. „Ähm—haben wir was verpasst?", fragte ich. „Seid ihr etwa wieder zusammen?"
Auf ihren Gesichtern lag der gleiche zerknirschte Ausdruck. „Wisst ihr, nach allem was passiert ist", fing Jo nervös an, „haben wir erkannt, dass das Leben viel zu kurz ist und wir die Zeit miteinander nutzen sollten, solange wir können."
Ich zwang mir ein Lächeln auf die Lippen und hoffte, dass es authentisch rüber kam.
Mel klatschte in die Hände. „Ich hab mich schon gefragt, wann ihr endlich einseht, dass diese ganze Trennung absoluter Bullshit war."
Jo und Lucas grinsten verlegen, während Andrew nur die Augen verdrehte. „Das war doch nur eine Frage der Zeit", sagte er. Ich wusste, dass er traurig war, weil Katie Bell sein Interesse nicht zu erwidern schien. Aber das war eine Geschichte für ein anderes Mal...
Mit einen leichten Ruck setzte sich die Kutsche plötzlich in Bewegung und gemächlich fuhren wir den steinigen Abhang hinunter ins Dorf.
Das Wetter auf unserer Rückreise nach King's Cross war um Welten besser als bei der Fahrt nach Hogwarts im vorigen September. Keine einzige Wolke war am Himmel zu sehen.
Während der Zug uns schnell nach Süden trug, unterhielten wir uns so ausgiebig und freimütig wie seit einer Woche nicht mehr. Ich hatte das Gefühl, Dumbledores Worte beim Abschiedsessen hätten etwas in mir ausgelöst. Es war nicht mehr so schlimm, darüber zu reden, was geschehen war. Wir überlegten hin und her, was Dumbledore wohl gerade unternahm, um Voldemort aufzuhalten und verstummten erst, als der Imbisswagen kam.
Bei all dem, was passiert war, hatte ich völlig vergessen, dass mein eigenes Drama zuhause auf mich wartete. Mir wurde schlecht, als der Hogwarts-Express schließlich in den Bahnhof von London einfuhr.
„Habt ihr irgendwas geplant diesen Sommer?", fragte Jo interessiert und Mel und ich tauschten Blicke.
„Nicht sterben?"
Meine Freunde sahen mich halb entsetzt halb belustigt an, doch ich zuckte nur mit den Schultern und plötzlich brachen wir alle gleichzeitig in peinlich berührtes Gelächter aus. Es war eine merkwürdige Situation.
Schließlich sprangen wir aus dem Zug und ich hielt nach meinen Eltern Ausschau, doch ich konnte sie nirgendwo entdecken.
„Bis bald, Kit", sagte Jo und wir umarmten uns, während Lucas mir einen Klaps auf den Rücken gab.
„Bleib anständig, Finley", sagte er mit einem Zwinkern und schlang dann seinen Arm um Jos Schultern. Ich war froh, dass die beiden wieder zusammen waren.
„Bye, Kit", sagte Mel mit geröteten Wangen. Ich wusste, dass sie hoffte, Thomas irgendwo in der Menge ausfindig machen zu können.
Ich winkte meinen Freunden zu und beobachtete, wie sie sich auf dem Bahnsteig zerstreuten. Meine Augen suchten nach George und weit hinten entdeckte ich ihn und Fred, wie sie sich gerade von Harry verabschiedeten. Ich unterdrückte ein Seufzen.
Hätte ich noch einen Moment länger gewartet, hätte ich bemerkt, dass auch George in meine Richtung blickte und vielleicht hätten wir uns dann auch angesehen, doch ich drehte mich auf dem Absatz um und erstarrte auf der Stelle.
Vor mir stand eine Frau mit kurzen, dunklen Haaren und blauen Augen.
Mir stockte der Atem, als ich sie erkannte.
Diana Wayland lächelte schwach. „Hallo, Mia."
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