Bad Sugar

Kapitel 27

Sugar

Ich schlang beide Arme um Crows Bizeps, der mich zuerst keine Beachtung schenkte und dann, als er sich bei seiner aktuellen Unterhaltung formvollendet entschuldigte hatte, mir mehr von seiner Aufmerksamkeit zugutekommen ließ, als mit lieb war.

Er führte mich an den Rand des Saals und sah sich um, bevor er sich meinen Griff entwand und meine Oberarme packte.

"Was zum Teufel, Sugar! Sag jetzt nicht, du hast kalte Füße bekommen!", knurrte er mich an und ich war versucht ihm ebenso giftig zu antworten, aber die Wahrheit war: Ich war nicht in der Stimmung mich mit ihm zu streiten, denn die Angst einen furchtbaren Fehler gemacht zu haben, kämpfte sich gerade von meinem Magen, meine Kehle herauf und schnürte mir den Hals zu. Vor allem als ich bemerkte, wie Michel uns beobachtete.

"Nein ganz im Gegenteil. Mission erfüllt, er will ich umbringen, und zwar unter allen Umständen. Du bist an der Reihe!", meinte ich und spürte, wie mir die Farbe aus dem Gesicht wich, als Michel in der Menge verschwand. Fuck. Noch schlimmer als zu wissen, dass, ein Serienkiller einen beobachtete, war es, ihn nicht selbst dabei beobachten zu können.

"Was? Wie?", fragte Crow überrascht und folgte meinen Blick, fand aber natürlich nichts.

"Betriebsgeheimnis. Ich kann nicht zu ihm und ihn irgendwo hinlocken, er hätte vorhin fast über die Bar gelangt, sich einen Eispickel geschnappt und ihn mir in den Kopf gejagt. Er tötet mich wenn ich auch nur in seine Nähe komme. Also was jetzt?", fragte ich und Crow ließ meine Oberarme los und stöhnte, als hätte sich gerade einer seiner größten Befürchtungen bewahrheitet.

"Du hast ihn also wütend gemacht. Klasse. Hätte wissen sollen, dass das mit charmant bei dir nix wird.", maulte er und ich verengte die Augen, während die Angst verschwand und Platz für die Wut auf Crow machte. Dieses miese Arschloch!

"Das ist verdammt nochmal nicht meine Schuld! Ich war überaus charmant, aber dieser Mistkerl hatte mir offen ins Gesicht gesagt, dass er der Barbie-Killer ist. Ich musste improvisieren!" verteidigte ich mich und Crow verschränkte die Arme vor seiner breiten Brust.

"Aha. Improvisieren. Und wie sah das aus?"

"Ist das wichtig?", zischte ich zwischen meinen zusammengepressten Zähnen hervor. Crow nickte bestimmt.

"Boah! Okay, ich war kurz schockiert, denn diese Information hat mich ziemlich kalt erwischt, womit es auch irgendwie eure Schuld ist, dass ich ihn darauf hin der Lüge bezichtigt habe, weil ich es bin."

"Weil du es bist?" hackte Crow nach und sein Blick blitzte amüsiert auf.

"Ja...und vielleicht habe ich ihm auch noch gedroht", meinte ich etwas leiser und nun war sein Amüsement wieder verschwunden. Er schloss kurz die Augen und ich rechnete wirklich damit, dass er gleich explodieren würde, aber zu meiner Überraschung wirkte er dann wieder sehr neutral.

"Okay, du hast einen Serienkiller an der Backe, dem nichts wichtiger ist als die Aufmerksamkeit und dessen ganzen Erfolg du mit einem Satz quasi für dich gebunkert hast. Wenn ich er wäre, würde ich dich definitiv in deine Einzelteile zerlegen wollen, egal unter welchen Umständen. Das ist gut. Das hilft uns. Geben wir ihm also die Gelegenheit", meinte Crow kühl und ich riss die Augen auf.

Ich würde lügen, wenn ich nicht geahnt hätte, dass er sowas sagt. Es war der nächste logische Schritt. Aber etwas hing mir dann dennoch immer noch nach.

"Wusstet ihr es? Das mit dem Barbie-Killer? Du hast nicht überrascht gewirkt", warf ich ihn vor und Crow zuckte mit den Schultern.

"Er macht nicht wirklich ein Geheimnis draus und ich weiß, wozu er in der Lage ist. Allerdings trennt er Job und Hobby immer ordentlich, also hatte niemand wirklich was dagegen auszusetzen"

Oh. DAS war doch mal eine Neuigkeit.

Ich wusste ehrlich nicht, warum mich die Offenbarung, dass die Kreise in denen sich Crow und Hunter bewegten, das Abschlachten von Unschuldigen als Hobby betrachtete. Ein Hobby, das nichts zur Sache tat, solange es seinen Job nicht behinderte. Aber es spielte mir vor Augen, wo ich mich befand und von wem ich mich fast hatte vögeln lassen. Toll. Ganz toll.

„Fantastisch", kommentierte ich und legte soviel Abscheu in dieses eine Wort, wie ich konnte. Crows dunklen Augen legten sich wieder auf meine.

"Von jemanden, der seinen Stiefvater in einem Fußbad ertränken wollte, will ich keine Moralpredigt hören!" Ich verkniff es mir ihn zu korrigieren, es würde sowieso nichts bringen, stattdessen machte ich mir über andere Dinge Sorgen.

"Und jetzt?", fragte ich und hielt mir Crow eine Hand entgegen. Ich zögerte kurz, ergriff sie dann aber und wurde als Belohnung auf die Tanzfläche gezogen. Irgendwann hatte wohl ein Streichorchester eine Melodie angestimmt und dieser Haufen von Psychopathen gaben sich den Standardtänzen hin. Meine Abscheu angesichts dieser ganzen Zwiespältigkeit war mir definitiv ins Gesicht geschrieben. Crow lächelte, legte meine Hand auf seine Schulter und umschloss mit seinen Fingern meine Hüfte.

"Jetzt amüsieren wir uns und lassen den guten Mann noch eine Weile schmoren, wir wollen ja, dass er besonders ungeduldig ist und definitiv zuschlägt, wenn sich ihm die erste Gelegenheit bietet." meinte Crow und begann mich mit sagenhaft selbstsicheren Schritten über die Tanzfläche zu führen.

Ich habe nicht einmal gewusst, dass ich tanzen konnte, aber Crows Führung glich alles, was ich an Fehlern machte wieder aus. Es war schockierend zu erfahren, dass er tatsächlich in der Lage war einen Standardtanz auszuführen, als wäre er in diese Welt hineingeboren worden. Eine Welt aus Reichtum, Anstand und Etiketten, die sich hinter verschlossenen Türen in etwas Dunkles und Bösartiges verwandelte.

Er presste meinen Körper nahe an seine und ich versuchte meine Libido wieder zu beruhigen, die mit einem Stöhnen feststellte, dass dieser Kerl sich nicht nur gut anfühlte und gut roch, sondern sich auch durchaus wie ein Mann benehmen konnte, der mit einer anständigen Kinderstube aufgewachsen war.

Eine gefährliche Kombination für meine Eierstöcke, weil diese nicht nur einen verruchte Nacht versprach, sondern ihn in die Schublade: Dating-Material schob.

Das war nicht gut. Nicht für diese Situation, nicht für meine Zukunft und schon gar nicht für mein Her...moment. DAS würde ich nicht einmal denken!

"Die Leute starren mich an", sagte ich und entdeckte ein paar Männer, die mich auf eine Art und weise musterten, die nichts Sexuelles an sich hatte. Eine ganz neue Erfahrung für mich und eine, die mich beunruhigte. Irgendwas war in den Minuten, mit denen ich mit Crow die Tanzfläche unsicher machte, passiert.

"Ja. Ich hab doch gesagt, wir müssen ihn dazu bringen, noch wütender zu werden. Dass geht, nur wenn er die Zeit nicht nutzt, um sich abzuregen und beginn sich daran zu erinnern, wo er sich befand", meinte Crow als er sich zu mir herab lehnte und mir genau diese Worte ins Ohr flüsterte. Sein heißer Atem löste ein Kribbeln in meinen Magen aus, bevor dieses gleich wieder von Befürchtungen erstickt wurde.

"Was hast du getan? Und wann?" fragte ich und er sah kurz auf seine Fliege herab. Dann drehte er seinen Kopf, wobei ich erst jetzt den kleinen sehr unauffälligen Knopf in seinem Ohr sah. Aus der Ferne war er nicht auszumachen, aber jetzt wo ich ihm so nahe wahr...

"Nicht ich. Hunter. Er hört uns zu Sugar und er ist von deiner kleinen Story begeistert. Er dachte, die Geschichte könnten wir ausbauen und gerade unterstreicht er die neuesten News mitsamt einigen gefakten beweisen für deine Aussage ins Darknet. Diese haben wohl nun auch die hier Anwesenden bekommen. Michel, der große Bluffer, der dachte, er könnte sich mit den Lorbeeren eines kleinen Mädchens schmücken. Nun aber bist du wieder da und alle fragen sich, ob du ihn nun für seine Frechheiten umbringst", grinste Crow und ich war entsetzt. Hunter war gerade dabei, meine Lüge zur Wahrheit zu machen. Wie? Und wenn diese Lüge erst einmal in der Welt war, wie bekäme ich sie wieder hinaus? Scheiße.

Dann sah ich mich wieder um und verstand, dass diese Leute mich anstarren, weil sie mich tatsächlich für den Barbie-Killer hielten und Michel dementsprechend für eine peinliche Witzfigur. Wenn ihn das nicht vollkommen rasend machte, wusste ich es auch nicht besser. Und ich hatte keine Ahnung, ob das gut für mich enden würde.

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