wie ein Wollpulli

Wilma schreibt:

»Du bist wie ein Wollpulli, und auf dem Schildchen würde stehen: Feinfühlig, bitte besonders lieb behandeln. Sonst schnell verfilzt und verfusselt. Wobei selbst das schön ist.

Wärst du eine Pflanze müsste ich mir merken: Sonnenhassender Sonnenschein. Keiner direkten Einstrahlung aussetzen. Braucht irgendwie manchmal Dunkelheit um zu wachsen. Oder? Blüht dann manchmal schnell und überraschend auf.

Wärst du ein Kochrezept, dann wahrscheinlich Hefeteig. Einfach, weil er Zeit braucht.

Brauch ich ja auch. Genau wie die Dunkelheit. Und Feinfühligkeit. Ugh, wir sind nicht romantisch, aber ziemlich romantisierend. Vielleicht ist das nicht so gut. Aber vielleicht mag ich es trotzdem.

Ich glaube ich mag dich so sehr, weil du die Blume, die ich dir hinters Ohr steckte, nicht weggenommen hast. Auch als alle uns angesehen haben und lächeln mussten. Und auch als sie so schnell vertrocknet war. Du behieltest sie hinter deinem Ohr als wäre das selbstverständlich.

Und ich glaube ich mag dich, weil du einmal, als du mir - für deine Verhältnisse - wild gestikulierend etwas erklärtest, ganz plötzlich inne hieltest. Denn deine ganze Aufmerksamkeit beanspruchte da plötzlich eine kleine Grasfliege auf der Jacke, die du vorsichtig auf den Finger nahmst, um sie wegfliegen zu lassen. Kurz lächeltest. Um erst danach wieder weiterzureden.

Und weil du meintest dass Naturwissenschaften deine Lieblingsfächer sind, obwohl du in ihnen am Schlechtesten bist.

Manchmal frage ich mich, ob wir uns nur haben, um uns gegenseitig ein bisschen zu zerstören, aber füreinander immer wieder aufzubauen. Das hält uns von der Selbstzerstörung auf.

Und manchmal ist alleine ein Gedanke an dich wie eine Tasse Kaffee wenn man müde ist.

Wie abends endlich duschen, und sich dann gemütlich ins Bett kuscheln.

Wie das Autoradio anmachen, und der Lieblingssong fängt gerade an.

Liegt wahrscheinlich daran, dass du mein Lieblingsmensch bist.«


Wilma überlegt. Hat sie sich da wieder eine Traumwelt aufgebaut? Den Dingen zu viel Bedeutung gegeben? Lebte sie in Illusionen und Blasen, und warum platzten die Dinger den nicht? Wäre es vielleicht besser, wenn sie platzen, bevor sie noch höher und höher steigen?

Vielleicht war das aber gar nicht so wichtig, solange die damit lieben und sich motivieren konnte. Sie schreibt noch: "Alles gute zum Jahrestag, Fin, auch wenn wir ja gar keinen richtigen Jahrestag haben" darunter, und dann zweifelt sie. So sehr, dass sie Fin den Brief nicht gibt. Aber hofft, dass er ihn vielleicht trotzdem findet. Irgendwann.

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