Kapitel 5

Es war Abend geworden und als ich auch die letzten Kunden der Taverne bedient hatte, war es schon nach Mitternacht. Anschließend sollte ich noch ein leerstehendes Zimmer wieder herrichten, danach war meine Arbeit getan. Ich nickte nur immer wieder freundlich und ging meiner Arbeit nach, auch wenn ich schon seit früh morgens auf den Beinen war. Ich hatte jedoch gut geschlafen, daher brauchte ich diese Nacht wohl nicht ganz so viel Schlaf. Dennoch konnte ich ein Gähnen nicht unterdrücken, als ich das letzte mal über das Kissen strich und das Zimmer wie neu erstrahlte. Talen-Jei hatte nun die Nachtschicht übernommen und stand am Tresen im Erdgeschoss, auch wenn keinerlei Gäste an den Tischen saßen. Keerava war offensichtlich schlafen gegangen, denn ich konnte sie nirgendwo entdecken, als ich mich bei Talen-Jei abmeldete. Er nickte mir nur respektvoll zu, offensichtlich arbeitete ich gut mit. Besser als das Zimmermädchen, dass sie gefeuert hatten. Ich nahm mir einen großen Mantel von der Garderobe, den jemand dort liegen gelassen hatte. Derjenige würde ihn wohl kaum mitten in der Nacht im Bienenstich suchen wollen. Schnell zog ich ihn an, er war viel zu groß und gehörte eindeutig einem großen Mann, aber er war schwarz und hatte eine Kapuze, die ich mir tief ins Gesicht ziehen konnte. Talen-Jei sagte kein Wort, aber legte den schuppigen Finger an die Lippen, als ich die Hintertür öffnete. Ich lächelte dankbar, als er seine Hand wieder sinken lies und leicht an die Wand gelehnt seine Augen schloss. Ebenso leise lies ich die Tür ins Schloss fallen. Die Luft draußen war frisch und roch nach Regen. Am Boden erkannte ich kleine Pfützen, es musste ein Unwetter vorüber gezogen sein. Nun hieß es: eins mit den Schatten werden. Aber diese Fähigkeit besaß ich und so schlich ich von Haus zu Haus, an den Wachen an den Toren vorbei und sah so jede einzelne Gasse der Stadt. Es war dunkel, aber ich konnte die Steckbriefe erkennen, die die Wachen aus Windhelm verteilt hatten. Ich hatte wirklich Priorität – die Steckbriefe mit der seltsamen Zeichnung darauf waren überall in der Stadt verteilt. Aber so lernte ich Rifton etwas kennen, am Tempel von Mara hingen die Steckbriefe, ebenso welche am Palast des Jarls oder am Kinderheim. Der Stapel mit vom Regen aufgeweichtem Papier war schwer und roch streng, als ich ihn aufteilte und die Papiere einzeln um Kieselsteine band und sie in den Kanälen der Stadt versenkte. Ich lächelte und sah an den Himmel: Die beiden Monde von Himmelsrand beleuchteten die Kulisse gespenstisch und ich begab mich nun auf die Suche nach einem Laden. Wenn ich eine Haarfärbung kaufen würde, dann gab es die sicher nicht auf dem Markt. Eher in einem kleinen Alchemie-laden oder ähnlichem. Ich hoffte, dass die Geschäfte noch auf hatten, auch wenn ich mir bewusst war, wie spät es war. Ich schlich durch die Kanäle von Rifton und suchte eigentlich nur eine Treppe nach oben, da auf der Treppe die ich hinauf gekommen war nun eine Wache stand und gelangweilt am Geländer lehnte. Aber ich fand, was ich suchte – einen kleinen Laden für Alchemistischen Bedarf. Ich klopfte an der Tür und öffnete sie, als ich merkte, dass sie nicht abgeschlossen war. Leise ging ich in den Raum hinein, als direkt vor mir eine Kerze entzündet wurde und ich mich tierisch erschrak. „Guten Tag." sagte eine Stimme in einer Tonlage, die darauf erschließen ließ, dass sie mich für einen Dieb hielt. Sie. Denn die Stimme war eindeutig weiblich. Als mich das Licht aufhörte zu blenden, sah ich vor mir eine junge Nordfrau stehen. „Guten Tag..." murmelte ich nur leise und verdutzt. Es war mitten in der Nacht, wieso hatte der Laden noch auf? „Bist du ein Mitglied der Diebesgilde?" fragte die schwarzhaarige, großgewachsene Frau. Sie war kaum älter als ich, kaum ein paar Jahre. „Diebesgilde?" fragte ich. „Nein, nein, ich bin neu in der Stadt und...ähm, ich habe nur gesehen das der Laden noch offen hat." sagte ich und die Frau sah mir prüfend in die Augen. „Wer ist die Diebesgilde?" fragte ich hingegen leise, worauf mir der Nord einfiel, der sich im Neu-Gnisis-Club so seltsam verhalten hatte. Er war auch Dieb und kam aus Rifton, hatte er etwas damit zu tun? Die Nordfrau stellte endlich die Lampe auf den Tisch und sah mich geradeheraus an. „Du scheinst wirklich neu zu sein. Hast du es noch nicht gehört? Rifton ist die Stadt der Diebesgilde, so hätten sie es jedenfalls gerne. Allerdings hat sich die Gilde in die Abwasserkanäle der Stadt zurückgezogen und auch sonst keinen großen Einfluss mehr." sagte sie und schüttelte den Kopf. „Aber Läden in der Stadt rauben sie dennoch gerne aus..." sagte sie dann und ging um den Tresen herum. Der Laden war nicht sehr freundlich eingerichtet, die Wände bestanden aus kaltem Stein und außer einer Menge Zutaten in den Regalen hinter dem Tresen und dem Alchemielabor in der Ecke war dieser Raum nicht gut eingerichtet. Nach hinten ging es wohl in den Wohnbereich des kleinen Hauses, der Laden war wirklich nicht sehr groß. „Was suchst du denn?" fragte sie nun freundlich. „Eine Haartönung, am besten in einem nicht zu hellem braun." sagte ich nun. Die Frau nickte und stöberte in einem der Regale herum, bis sie ein kleines Täschchen fand. „Darin ist ein Pulver, das mit Wasser angemischt wird. Wir haben leider nur noch diese Tönung da, wir haben nicht viel Kundschaft..." sagte sie zähneknirschend. „Das macht doch nichts." sagte ich nur und war dankbar, dass ich wenigstens etwas gefunden hatte. Die Tönung kostete ein halbes Vermögen, aber ich hatte in der Taverne etwas Trinkgeld bekommen und zusammen mit meinem restlichen Gold stimmte es genau. Zur Not hätte ich noch mit dem Ring bezahlen können, aber ich wollte ihn nicht hergeben. Irgendetwas in mir verlangte den Ring zu behalten und was es auch war, ich hatte die leise Vorahnung, dass mir dieses Gefühl irgendwann zum Verhängnis werden würde. „Wie heißt du denn?" fragte die Nord noch, als ich das Täschchen in meiner Tasche verstaute. „Ich bin Ingun Schwarz-Dorn, als Lehrling im Elexierladen muss ich hin und wieder Nachts an meinen Experimenten arbeiten." sagte sie und verdrehte die Augen. „Ich kenne gerne meine Nachbarn." meinte sie freundlich, aber immer noch bestimmt. Ich wusste, dass sie mich nicht gehen lassen würde, ehe ich ihr einen Namen genannt hatte. Aber offensichtlich erkannte sie mich nicht wieder, ein Glück das die Zeichnungen so schlecht waren. „Rayna." sagte ich schnell, damit es nicht klang, als hätte ich mir den Namen gerade ausgedacht. Aber es war der erste Name der mir in den Sinn gekommen war und unter anderem auch der Name meiner Mutter. „Schön dich in Rifton begrüßen zu können, Rayna. Auch wenn die Stadt nicht wirklich schön ist, hat sie ihren Charme!" sagte Ingun zum Abschied, doch als die Holztür hinter mir zu ging, wurde ich vom Gegenteil überzeugt. Es war immer noch tiefste Nacht aber der Kanal war nicht wirklich schön. Und auch als ich die Treppe hinaufging und an dem inzwischen schlafenden Wachmann vorbeilief, gefiel mir die Stadt nicht besonders. Sicher, sie war in einem besseren Zustand als Windhelm, aber das war nun wirklich nicht schwer. Dennoch erinnerte mich der Deck und der Schmutz in den Straßen an Windhelm, allerdings lag hier kein Schnee darauf. Ich schüttelte nur den Kopf und lief langsam zurück zum Bienenstich, um mir danach die letzten verbleibenden Stunden Schlaf zu gönnen, die ich noch hatte, bevor ich erneut geweckt wurde um Betten zu beziehen oder Gäste zu bedienen.

Die nächsten Tage verflogen schnell, ich verbrachte die meiste Zeit im Bienenstich. Meine Haare hatte ich mir mit der Tönung braun gefärbt. Die Haarfarbe stand mir wirklich gut, es war die hellste Farbe die ein Dunmer haben konnte und solche Haare waren wirklich selten. Mit Keerava hatte ich alles geklärt, selbst sie fand die Idee gut, dass ich einen anderen Namen benutzen sollte. Nach einigen Tagen voller Arbeit traute ich mich endlich im hellen auf die Straße. Als Zimmermädchen und Bedienung im Bienenstich war ich inzwischen bekannt, aber man brachte mich nicht mit dem Suchbefehl in Verbindung. Besonders weil ich immer behauptete aus Einsamkeit zu stammen.

Der Markt war bei Tageslicht gar nicht mal so hässlich, wie ich ihn bei Nacht in Erinnerung hatte. Wenn man sich richtig darauf ein lies, dann erkannte man die kleinen, schönen Dinge in dieser Stadt voller Dreck. Der Wind rauschte durch die wenigen, rötlichen Bäume um den Marktplatz herum und lies die Kleider der Bürger flattern. Ich hatte den Auftrag bekommen einige Lebensmittel einzukaufen und wollte mich selbst auf dem Marktplatz umhören, ob sich jemand für die Ausreißerin aus Windhelm interessierte. Bei einem Gemischtwarenstand eines netten Dunmers namens Brand-Shei erstand ich die Lebensmittel, die ich einkaufen sollte, dann schlenderte ich auf dem Markt herum. Ich ging an einem argonischem Schmuckhändler vorbei, an einer mürrisch aussehenden Rüstungsverkäuferin und gab das Geld das ich vom Einkauf übrig hatte einer Bettlerin, die auf dem Markt auf einer Decke saß. Sie lächelte mich aus alten, müden Augen warm an und bedankte sich herzlich. Ich wusste wie es war in völliger Armut zu leben und ich konnte von Glück sagen, dass ich im Bienenstich wohnen durfte, wenn ich arbeitete. Ich setzte mich auf die kleine Mauer, die den Markt umgab und ordnete die Lebensmittel im Korb, damit sie nicht beschädigt wurden und damit ich noch etwas an der frischen Luft bleiben konnte. Die Wachen sahen mich zwar, aber erkannten ebenfalls nicht die Ähnlichkeit mit der gesuchten Frau. Dennoch hörte ich ein Gespräch mit: Einer der Wachen ging zu einem finster aussehenden Mann, der an einem Baum lehnte. „Wo ist die gesuchte Dunkelelfe aus Windhelm?" fragte der Wachmann. „Ich weiß nicht alles." zischte dieser nur und zeigte keinen Respekt von der Wache. „Wie viel?" fragte die Wache nur und man hörte förmlich wie sein Selbstbewusstsein schrumpfte. „Zwanzig Gold." knurrte der große Mann und lachte, als die Wache das Gold herausrückte. „Die Kleine soll noch in Rifton sein, hat man gehört." sagte er. „Aber sie sollte ja nicht so schwer zu finden sein, in der Stadt gibt es ja nicht viele Dunmer." sagte er und zwinkerte, dann warf er sein Geld hoch und fing es wieder auf. Ich erschrak: Überengagierte Wachmänner konnte ich wirklich nicht gebrauchen. Und zu allem Überfluss sah der Wachmann auch noch, als hätte er es gewusst, direkt in meine Richtung.

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