Kapitel 3
Es war Zeit für eine Veränderung. Ich musste erst Mal mit der Situation klarkommen und darin war ich nicht sehr geübt. Außerdem stand ich vor der Wahl mit dem Mann der an meinen schlechten Lebensverhältnissen Schuld hatte unter einem Dach zu leben und seine Befehle auszuführen. Es war nun schon Nacht und die Sterne strahlten mir vom Himmel entgegen. Meine wenigen Habseligkeiten hatte ich in eine Leinentasche gepackt, auch wenn es nicht viele waren, war die Tasche voll. Nun standen nur noch meine wenigen Möbel im Haus und ich schlich leise aus dem Haus, dann schloss ich meine Tür ab. Ich würde sicher eines Tages hier her kommen, aber als erstes musste ich aus dem Grauen Bezirk raus. Und ich musste mit jemandem reden, der mich wirklich verstand und mir helfen wollte. Ich warf einen letzten Blick auf mein Haus und schlich mich leise zum Neu-Gnisis-Club und knackte das Schloss der Hintertür. Den Dietrich hatte ich einem anderen Straßendieb abgenommen und ich hatte auf den Tag gewartet, an dem ich ihn benutzen würde, da ich normalerweise nicht in Häuser einbrach. War mir zu riskant, ich hatte eine große Abneigung gegen Gefängnisse und wollte niemals in einem landen. Ich schlich mich leise in den Club und kritzelte auf ein Stück Pergament eine Nachricht an Ambarys. Er solle lieber eine bessere Gehilfin einstellen, während ich weg war. Ich versicherte ihm, ihm zu schreiben, falls ich mir die Dienste eines Boten leisten konnte und versprach auf mich aufzupassen. Schnell signierte ich das Dokument und legte es in die Kasse, wo es auf jeden Fall sicher war. Leise wie ich gekommen war, schlich ich auch schon wieder nach draußen und verschloss die Tür. Hin und wieder musste ich einigen Wachen ausweichen, die ihre Pflicht taten und auf der Straße patrouillierten. Man sollte nicht wissen wo ich mich aufhalte, nur um zu wissen, ob man mich wirklich töten würde, wenn ich es wagte dem Großkönig zu widersprechen. Es dauerte eine Weile, schließlich musste ich vorsichtig sein, aber bald schon kam ich an der Stadtmauer an. Mit Sicherheit waren die Wachen auch hier informiert, ich entschloss mich also dazu, über die Mauer zu klettern. Dunmer waren begabt im Schleichen und somit beliebte Anwärter in der Dunklen Bruderschaft, dementsprechend leise glitt ich die Wand hinauf. Als ich oben war bemerkte ich erst die Höhe und legte mich spontan auf den Bauch und hoffte, dass an diesem Abend niemand die Stadtmauer genauer untersuchte. Auf der anderen Seite schlich ich wieder runter und suchte an den wenigen Steinen Halt. Kurz vor dem Boden trat ich auf einen losen Stein und konnte mich gerade noch an einer Ranke festhalten, die sich wie ich ebenfalls ihren Weg an der Mauer entlang bahnte. Mein Puls war hoch wie nie und meine Hände zitterten vor Aufregung als ich Schritte von der anderen Seite der Mauer hörte. Immer weiter schlich ich, an die Wand gepresst und sicher, dass mich niemand sehen konnte, zu den Docks wo die Argonier lebten. Auch sie wurden nicht in der Stadt Windhelm geduldet und sogar vor die Mauern verbannt, sie mussten in den 'argonischen Unterkünften' leben. Die meisten Argonier die dort lebten waren arme Hafenarbeiter und so auch Shahvee. Ich hatte sie kennen gelernt, als sie sich heimlich in die Stadt geschlichen hatte um auf den Markt Essen zu stehlen, da ihr Lohn nicht ausreichte. Sie war neben Ambarys die einzige Person zu der ich wirklich guten Kontakt hatte, da ich ihr öfter die übrig gebliebenen Waren aus dem Neu-Gnisis-Club schenkte, wenn ich sie selbst nicht brauchte. So oft war ich schon nach meiner Schicht aus dem Tor gegangen und hatte ihr einen großen Korb vorbeigebracht, diesmal hatte ich jedoch einen anderen Weg nehmen müssen. Die Tür zu den 'argonischen Unterkünften' war nicht verschlossen und als ich eintrat, schlug mir sofort der Geruch von gebratenem Fisch entgegen. Offensichtlich war jemand an der Feuerstelle und kochte, aber diesmal hatte ich keine Mahlzeiten dabei. Shahvee empfing mich übertrieben freundlich, wie sie es immer tat. „Was ist denn los, warum kommst du mich denn mitten in der Nacht besuchen?" fragte sie in ihrem zischelnden Argonier-akzent. „Ist ne lange Geschichte!" sagte ich und lächelte. „Kann ich für eine Weile hier bleiben?" fragte ich sie dann. „Aber sicher!" sagte sie und ging zu der kleinen Feuerstelle, an der gerade ein anderer Hafenarbeiter namens Steht-im-Flachen Fischsuppe machte. Ich kannte flüchtig alle Hafenarbeiter, die hier, in den argonischen Unterkünften lebten, schließlich profitierten sie alle von meinen Mitbringseln. „Möchtest du auch einen Teller?" fragte er mich sofort und mir fiel auf, dass er noch stärker mit Akzent sprach als Shahvee. Ich nickte nur und probierte die Suppe, als er mir einen Teller reichte. Sie schmeckte fad und wässrig, aber auch wenn die Mahlzeiten im Schloss eindeutig besser waren, war mir diese Suppe bei Freunden lieber als ein vollständiges Mahl bei einem Mann, der es nicht verdient hatte sich mein Vater zu nennen.
Während ich meine Suppe schlürfte, setzte ich mich auf eine Kiste, die mir als Stuhl diente und erzählte Shahvee von den Vorfällen. Ich erzählte von dem seltsamen Mann im Club, von der Wache und von Ulfric Sturmmantel. Von meiner 'Aufgabe' wenn ich im Schloss blieb und von meinen Plänen, erst mal außerhalb der Stadt zu bleiben. „Wenn dich Ulfric wirklich suchen lässt, dann wird er das sicher nicht nur innerhalb der Stadtmauern tun." sagte Neetrenaza, ein weiterer Argonier mit ausgeprägten, spitzen Zacken am Hinterkopf. Er war eben erst von der Arbeit gekommen und seine Finger waren wund von der Arbeit. Er hatte nicht viel von den Gesprächen mitbekommen, aber er wusste schon so viel, dass er mir weiterhelfen konnte. Ich nickte nur und Shahvee stimmte zu. „Wir werden sehen..." sagte sie jedoch hoffnungsvoll und lächelte mir zu. „Schlaf dich erst mal aus, nach diesen Erlebnissen brauchst du den Schlaf!" zischelte sie und zeigte auf einen Haufen Decken auf dem Boden. Ich war sehr müde und ich musste das Angebot einfach annehmen. Der Boden war hart und die Holzbretter knarzten, aber die Felle und Decken hielten mich warm.
Morgens, die Luft wurde allmählich durch die Sonnenstrahlen aufgeheizt und somit wärmer, wurde ich geweckt. Shahvee rüttelte mich wach. „Wach auf, Nevena! Es stehen Wachen vor der Tür und fragen nach dir. Steht-im-Flachen kann sie nicht mehr lange hinhalten, sie meinen auf dich wäre ein Kopfgeld ausgesetzt!" flüsterte Shahvee und zog mich beinahe aus dem provisorischen Bett. Ich murmelte nur etwas, verfluchte die Wachen und schnappte mir meine Tasche. Da ich gerade aus dem Bett kam, sah ich wahrscheinlich ziemlich zerzaust aus, aber ich hatte keine Zeit um mich zu waschen. „Und wo soll ich hin?" fragte ich Shahvee leise, die mich zu einem Hinterausgang des Hauses zog. „Ich kann dir leider nicht viel anbieten, ich habe eine Schwester in Rifton. Ihr Name ist Keerava. Die einzige meiner Schwestern und Brüder, die mit mir nach Himmelsrand gekommen ist." sagte sie und öffnete mir die Tür. „Jetzt lauf erst mal zu den Ställen, ich habe keine Ahnung wie, aber du musst dir ein Pferd besorgen oder eine Kutsche." zischelte sie. „Wenn du in Rifton bist, bist du erst mal sicher. Aber du musst dort hin kommen..." Sie umarmte mich schnell. „Viel Glück!" sagte Shahvee. Ich nickte nur: „Ich komme dich garantiert besuchen!" flüsterte ich ihr zu, dann hörte ich Schritte und rannte schnell über die Docks, immer im Schatten der kleinen Fischerboote und der Häuser. Dann traten auch schon einige Wachen heraus und sahen sich um. Geschickt sprang ich in ein leeres Fischerboot und versteckte mich in einem großen Fass. „Habt Ihr diese Frau gesehen?" fragte eine Wache gerade einen weiteren argonischen Hafenarbeiter, doch dieser schüttelte den Kopf. „Nehmt ein Flugblatt, auf diese junge Dame sind fünftausend Gold ausgesetzt. Lebendig!" sagte er noch und gab dem Argonier ein Pergamentpapier in die Hand. Ich runzelte die Stirn. Offenbar sollte ich doch lebendig gefangen werden, aber ich wollte weder in den Kerker noch nach der Pfeife dieses Mannes tanzen. Es dauerte eine Weile, aber die Wachen fanden auf den Docks nichts und verschwanden in der Dunkelheit einer großen Regenwolke, die langsam aufzog. Schnell sprang ich aus dem Boot und rannte, ich rannte so schnell und so leise wie ich konnte an der Mauer entlang hinter die Ställe. Ich schlich weiter, bis zu den Ställen vor Windhelm. Ein Stallbursche schlief in der Sonne auf einen Holzstuhl gelehnt. Das war meine Chance, schnell wie der Blitz sprang ich über die Trennwand eines Stalles und legte einem dunkelbraunen Pferd das Halfter um. Es war keine Zeit einen Sattel zu stehlen, denn der Stallbesitzer drehte in dem kleinen Haus, das zum Stall gehörte seine Kreise. Seine schweren Stiefel klackten so stark auf den Holzboden, dass man es bis nach draußen hören konnte. Kaum hatte ich das Pferd ein Stück weiter geführt, konnte ich auch schon aufsteigen. Nun hieß es nur noch – schnell weg, denn selbst wenn der Stallbursche aufwachen würde, ich müsste dann schon über alle Berge sein. Ich entschied mich dazu, etwas abseits der Straße zu laufen, wo ich sie dennoch gut im Blick haben konnte. Ich wusste, dass diese Straße nach Rifton führen musste, die Schilder, die an einer Kreuzung standen bewiesen es letztendlich auch. Auf den Straßen war nicht viel los, hin und wieder sah ich durch die Büsche einige Bauern auf der Straße laufen oder ein Karren brachte Waren von einer Stadt in die andere. Hin und wieder erkannte ich auch Truppen der Sturmmäntel, die auf den Straßen des Landes nach dem Rechten sahen. Ich hielt den Atem an, bis sie vorüber gelaufen waren. Natürlich konnten sie mich nicht sehen, da ich mich auch immer gut versteckte, aber ich war trotzdem angespannt. Bald schon taten meine Beine weh. Ich war nicht oft geritten, sicherlich hatte ich mich als Kind hin und wieder zum Stall geschlichen aber selbst damals waren Shahvee und ich immer erwischt worden, wenn wir uns die Pferde einige Stunden 'ausleihen' wollten. Doch ich trieb mein Pferd weiter zur Eile an und folgte weiter den Schildern, die nach Rifton führten. Wie Rifton wohl aussah? Eindeutig wärmer als Windhelm müsste es dort sein, schließlich war es jetzt schon wärmer als in der eisigen Stadt im Norden. Auch der Wald war nicht verschneit und bestand nicht wie zu anfangs aus kahlen Bäumen, sondern entwickelte sich prächtig. Die Blätter der Bäume waren orange und rötlich, die Farne wuchsen so hoch sie konnten und einige Rehe knabberten mit sicherem Abstand zu mir an den Rinden. Auch wenn so vieles neu für mich war, ich konnte hier nicht verweilen, denn es bog erneut eine Gruppe Wachen um die Ecke und ich musste meine Augen zusammenkneifen, um sie zu mustern. Erschrocken riss ich die Augen auf: Einer der Wachen hielt eines der Pergamente in der Hand, auf denen mein Suchbefehl verschriftlicht war. Eine Skizze war ebenfalls darauf gezeichnet, die mir erschreckend ähnlich sah und mit der man mich sicher erkennen würde.
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