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„Sehr sogar", lüge ich ihr mit einer Engelsmine ins Gesicht.
„Ich mich auch, mein Mäuschen. Und wer weiß,", fährt sie dann mit gedämpfter Stimme fort, „vielleicht treffen wir beide ja einen hübschen, jungen Mann, der uns gefällt. Damit meine ich selbstverständlich einen ganz jungen für dich und einen etwas älteren für mich." Dabei zwinkert sie mir verheißungsvoll zu.
Safe, Mama. Bei so einem unglaublichen Ereignis werde ich meinen Traummann treffen. Sowas von sicher. Und nein, ich stehe nicht auf Leute, die meine Eltern sein könnten. Als Antwort nicke ich ihr zustimmend zu.
Bisher hatte es mir, sehr zum Verzweifeln meiner Mutter, noch nie auch nur ein einziger Junge angetan. Ehrlich gesagt, ich möchte gar keinen Freund. Ich bin total zufrieden mit meinen Kumpels und meiner besten Freundin. Mehr brauche ich nicht zum glücklich Sein.
Mama sollte sich lieber mal freuen, dass es in der Schule so gut läuft und sich darauf konzentrieren, selbst einen Mann zu finden. Seitdem uns mein Vater verlassen hat, wünscht sie sich insgeheim nichts anderes und ich würde es ihr wirklich von ganzem Herzen gönnen, das zu finden, was sie für mich sucht.
Wenn er nett wäre, hätte ich sogar nichts dagegen, ihn Papa zu nennen. Wo ich meinen Vater eh nicht kenne, wird das nicht mehr den Unterschied machen. Also eigentlich hätte ich gerne einen neuen Vater. Oder überhaupt einen. Außerdem würde dann das Augenmerk endlich nicht mehr auf meinem nicht existenten Liebesleben liegen.
Schon zieht mich Mama zum ersten Stand hin. Dieser ist tatsächlich bereits halb aufgebaut. Zwei ältere Männer stehen dahinter und versuchen verzweifelt, das Holzteil, welches das ganze zum Stehen bringen sollte, nach oben zu bugsieren. Leider gelang dies nicht ganz.
„Halli hallo!", begrüßt Mama die beiden freundlich. Anscheinend kennt sie die. Sicher vom Wochenmarkt.
Ich muss ganz ehrlich sagen, dass dies nicht ihre Alterskategorie ist. Der Mann direkt neben mir scheint mir da eine deutlich bessere Partie abzugeben. Und der hat außerdem einen relativ normalen Stand ohne so ein komisches Holzteil. Man kann erkennen, dass er sogar eine Maschine für Zuckerwatte besitzt und bestimmt auch sonst viel Essen anzubieten hat. Und essen ist schließlich immer gut.
Also steuere ich direkt auf ihn zu und bedeute Mama, mir zu folgen. Hoffentlich ist dieser Kerl single. Sonst wäre das jetzt die reinste Blamage. Die zwei älteren Herrschaften lasse ich stehen. Ich weiß, es ist nicht gerade die feine Art, aber ihnen war inzwischen ein Dritter zur Hilfe geeilt und ich glaube, mehr als drei Leute braucht es nicht, um eine bessere Holzhütte aufzubauen. Lieber sollten wir dem einigermaßen Gutaussehenden etwas unter die Arme greifen.
„Guten Tag", grüße ich mit einem Unschuldslächeln auf den Lippen. „Meine Mutter und ich wollten uns nur einmal ansehen, was Sie hier Leckeres anbieten und uns erkundigen, ob Sie vielleicht ein wenig Unterstützung benötigen. Sie sind ja ganz alleine hier." Der letzte Satz war eindeutig dafür da, um abzuchecken, ob er auch wirklich ohne Begleitung hier war.
„Das ist aber nett von euch", erwidert der Mann und scheint von mir hellauf begeistert zu sein. Na bitte, geht doch. „Und ja, ich bin leider bisher allein hier. Aber später kommt noch meine Tochter und hilft mir. Die wird sich sicher auch über ein wenig Gesellschaft freuen."
Auch Mama lächelt ihn nun entzückt an. Nein, Mama. Hast du eben nicht zugehört? Er hat gesagt, dass er eine Tochter hat. Wenn ich einen Vater will, dann einen ohne Kind. Und schon gar nicht mit einer Tochter. So eine kann einem ja nur Konkurrenz machen.
Doch Mama beginnt ganz fröhlich, mit dem Mann zu quatschen. Zumindest stellt sich schnell heraus, dass er nicht vergeben ist. Ein kleiner Trost für Mama, aber die Tochter hätte er trotzdem ruhig bei seiner Ex lassen können. Kennenlernen will ich die erst drei Mal nicht. Wird sich jetzt aber nicht mehr vermeiden lassen. Anna-Lena, in welche dummen Situationen bringst du dich eigentlich immer wieder?
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