Kapitel 66: Sehnen nach Nähe
Fast hätte ich erschrocken aufgeschriehen, als ich sah wie sich aus der Dunkelheit eine Person löste und den Eindruck machte direkt auf mich zu zu kommen.
Ohne lang zu zögern leuchtete ich der Gestalt mit der Taschenlampe mitten ins Gesicht, woraufhin die mir nicht wirklich unbekannte Person einige Schritte zurück geblendet taumelte.
Die war niemand anderes als Grayson. Er trug genau das selbe hellgrüne Tanktop, in dem seine muskulösen Arme so gut zur Geltung kam, und die kurze Jogginghose- ja auch die gebräunten, kräftigen Beine brachten mich fast zum Sabbern- wie an dem Abend als er in meine Bett geschlafen hatte.
Erinnerungen von jener Nacht überschwemmten mich auf einmal: Die Blicke, seine Umarmung und wie ich mich am nächsten Morgen an ihm gekuschelt hatte. Gleichzeitig spürte ich wie in meinem Magen Schmetterlinge aufflatterten und konnte nichts dagegen unternehmen.
,,Könntest du die Taschenlampe herunternehmen, Jona?", Graysons Stimme riss mich meinen Gedanken und leicht beschämt ließ ich den Arm mit der Lampe sinken, ich hatte ganz vergessen, dass ich den Lichtstrahl immer noch auf sein Gesicht gerichtet hatte.
,,Mach das nie wieder", ermahnte ich ihm atemlos und versuchte meinen Puls nach diesem Schock wieder runter zu kriegen. ,,Was soll ich nie wieder machen?", seine Stimme klang neutral, während er einen Schritt auf mich zu machte, trotzdem herrschte zwischen uns noch ein metergroßer Abstand. Ich wollte ihm näher sein.
Wie ferngelenkt ging ich ebenfalls einen Schritt auf ihn zu, wobei alles in mir schrie: Noch nicht nah genug! Stattdessen antwortete ich mit überraschend starker Stimme: ,,Mich so zu erschrecken, mein Puls ist dank dir mindestens auf 180." Wahrscheinlich nicht nur wegen dem Schrecken, den du mir eingejagt hast ...
Vielleicht klang es seltsam, aber ich schien in diesem dunklen Licht, das meine Taschenlampe produzierte, das erste Mal zu bemerken wie schön seine etwas volleren, rosanen Lippen geschwungen waren. Seltsamerweise begannen meine eigenen Lippen in jenen Moment seltsam zu kribbeln.
,,Was machst du eigentlich so spät noch draußen?", wechselte er das Thema aufeinmal und ich spürte wie sich sein Blick an meiner Tasche fest biss. Wahrscheinlich würde die Antwort 'Ich wollte nur kurz an die frische Luft gehen' nicht gerade ziehen, wenn er bereits mein Gepäck ins Augenmerk genommen hatte. Deswegen versuchte ich es lieber mit einer Gegenfrage: ,,Die bessere Frage ist: Was tust du hier?"
,,Jona", er kam noch einen weiteren Schritt auf mich zu: ,,Antworte mir." ,,Ich wollte nochmal zu Honey", ich klatschte mit der Hand leicht auf meine Tasche: ,,Und hier sind ein paar Äpfel für sie drin." ,,Zeig sie mir", erwiederte er nur und ließ mich somit echt an seinem Verstand zweifeln. Jetzt will er auch noch den Inhalt meiner Tasche überprüfen! Der Typ hat eine größere Paranoia als Trump! Augenverdrehend öffnete ich die Tasche, während ich ihm genervt dabei zusah wie er denn Inhalt meiner Tasche musterte: ,,Du hast 'nen bombastischen Knall, Cowboy, das weißt du schon oder?" Doch er ignorierte meinen Kommentar und schaute mich wieder mit seinen faszinierenden Augen an. Mein Herz stockte für einen kurzen Moment bis es doppelt so schnell weiter schlug.
,,Jetzt bist du an der Reihe: Was machst du hier?", lenkte ich die Befragung wieder auf Grayson und ging einen weiteren Schritt auf ihn zu. Trotzdem war ich noch Lichtjahre davon entfernt ihm so nah zu sein wie ich es tief in meinem Inneren wollte.
Ohne mit der Wimper zu zucken, log er: ,,Ich konnte nicht schlafen und gucken ob im Stutenstall alles in Ordnung ist." Er war gut, wenn ich nicht gewusst hätte, dass er lügt, hatte ich es ihm abgekauft. Schließlich sprach er neutral wie immer und mir nicht zu vertrauen wäre ja mal wieder typisch für ihn, außerdem war so ne Mehrlingsgeburt bei Pferden echt überhaupt kein Zuckerschlecken. Das Risiko war immer hoch, dass entweder die Mutter oder die Fohlen bei der Geburt starben. Schon tragisch ...
,,Bei uns ist alles bestens. Bella schläft und Funny und Sun machen keine Anzeichen in den nächsten 24 Stunden uns zu beehren", überspielte ich seine Lüge, zwar wusste ich die Wahrheit, doch hatte ich keine Ahnung was ich bisher damit anfangen sollte.
,,Funny und Sun?", hackte er nach und ich bemerkte meinen Fehler. Ich räusperte mich, jetzt war also die Stunde der Wahrheit: ,,Das sind meine Namen für die Fohlen, Funny und Sun." Es herrschte kurz Stille, was mich noch nervöser machte als ich eh schon war. Seine Meinung zu den Namen schien mir wichtiger zu sein als sie sollte.
Er fuhr sich langsam durch die Haare und wenn ich mich nicht täuschte hob sich sein linker Mundwinkel an. Ich glaube, ich seh' nicht ganz richtig! ,, Schöne Namen, am besten schlägst du sie gleich morgen beim Frühstück den anderen vor", seine Stimme klang begeisterter als je zuvor und ich spürte wie ich erleichtert ausatmete, anscheinend hatte ich vergessen in der letzten Minute wie man atmet.
,, Begleitest du mich?", fragte er mich plötzlich und erneut vergass ich zu atmen.
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