@Allie_Diana


Das hier ist mein Beitrag zum Kurzgeschichten-Wettbewerb von @Allie_Diana .

Das gewählte Thema heißt:
„Schreibe eine Kurzgeschichte, die auf deinem Lieblingsgedicht basiert."

Und das habe ich gemacht.

Hier kommt erst nochmal mein Lieblingsgedicht und anschließend folgt die Kurzgeschichte.

„Der Panther" - ein Gedicht von Reiner Maria Rilke

Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbe
so müd geworden, dass er nichts mehr hält.
Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe
und hinter tausend Stäben keine Welt.

Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte,
der sich im allerkleinsten Kreise dreht,
ist wie ein Tanz von Kraft um eine Mitte,
in der betäubt ein großer Wille steht.

Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille
sich lautlos auf -. Dann geht ein Bild hinein,
geht durch der Glieder angespannte Stille -
und hört im Herzen auf zu sein.



Dunkelheit umfing die blasse Silhouette und eine dünne Staubschicht lag auf den feinen Tasthaaren des
Tieres. Der kühle Wind, inzwischen kaum mehr spürbar für den kräftigen Körper, bließ zwischen den dicken
Stäben hindurch und verfing sich im dünnen, rabenschwarzen Pelz. Ein leises Knurren stieß in die ewige Nacht
hinaus, verlor sich in der Leere und entmutigt schüttelte sich ein starker, zerfetzter Kopf. Die winzigen
Staubkörnchen auf den tiefen Narben stoben auf und wirbelten in der Schwärze umher.

Ein schwarzer Panther lag müde am Gitter, reckte noch nicht einmal die Nase in den Wind. Die riesige Tatze
des Tieres stieß gegen die verrosteten, alten Stäbe und als die messerscharfen Krallen hervorschnellten,
säumte ein klirrendes, eiskaltes Geräusch den Boden des winzigen Käfigs. Stille. Nachdem das stechende
Geräusch des gealterten Metalls in der Dunkelheit verhallt war, regte sich nichts mehr. Kein einziges Geräusch
drang durch die Finsternis.

Plötzlich schlugen die dunklen Lider auf und befreiten den Blick der „Bestie". Die grüne Iris des linken Auges
zitterte leicht und es wirkte, als wäre ein ganzer Dschungel darin gefangen. Im starrenden Blick der
tiefschwarzen Pupille wanden sich die Farnblätter und Bäume, schlugen um sich, in der Hoffnung, irgendwann
aus der Gefangenschaft ausbrechen zu können. Verschiedenste Grüntöne leuchteten inmitten des Fells und
betonten das rabenschwarze Sehloch, durch das die Raubkatze nichts mehr wahrnehmen wollte.

Das rechte Auge jedoch, kalkweiß und leer, war vor vielen Jahren an einem spitzen Stock in einer tiefen Grube
erblindet, kurz bevor der Panther eingeschlafen und in der Schwärze wieder erwacht war. Quer über den
Nasenrücken grub sich eine hässliche, zerfranste Narbe in das kurze Fell, die von einem kleinen Nebenast
stammte. Ebenso war die Haut unter dem Auge durch eine fürchterliche, inzwischen längst verkrustete Wunde
zerschnitten und führte noch ein Stück über dem glasigen Weiß weiter.

Mit dem letzten Licht, das diese prachtvollen Pupillen in sich aufgenommen hatten, war auch die Hoffnung
geschwunden, jemals wieder in Freiheit zu leben. Es gab kein Entkommen! Anfangs hatte er noch gekämpft,
doch mit jedem Atemzug in der Gefangenschaft erlosch die Flamme seiner Seele immer weiter. Sie war nichts
weiter mehr, als ein loderndes Fünkchen in der Nacht, das sehnsüchtig darauf wartete wieder zu einem
brennenden Feuer zu entfachen.

Das Tier stemmte sich auf seine Beine und begab sich auf den unendlichen Gang, den erlösenden Ausweg zu
finden. Die sanften Schritte waren kaum vernehmbar und doch so stark und voller Kraft. Anmutig und elegant
zog das Wesen seine kleinen Kreise durch den Käfig, aber die Stäbe nahmen kein Ende. Hinter ihnen, war die
Welt bereits für immer verloren. Für den schwarzen Panther gab es nichts mehr, an das er sein Leben hängen
konnte, für das er hoffen konnte. Nur der Drang nach Freiheit trieb ihn immer weiter an dem Gitter entlang, die
vielen Stäbe noch im Blick.

Er machte sich keine Gedanken mehr, verschwendete keinen einzigen Atemzug an dem Versuch, die
Gitterstäbe zu durchdringen. Sein Herz pochte nur noch langsam. Es war wund, auch völlig zersplittert, und in
der Mitte klaffte ein riesiges Loch, das unmöglich zu überwinden oder zu heilen war. Seine Seele hatte das Tier
schon vor langem aufgegeben. Sie war fort, genau wie alles andere, was im gewaltigen Körper die
Lebensenergie aufrecht erhalten hatte. Fort war sie. Fort.

Ausgewandert in den Dschungel, zurück in seine Heimat, wo ihn die Sehnsucht so beständig hintrieb. Seine
Umgebung nahm er nicht mehr war. Abgemagert und ausgehungert wandelte der Panther im Kreis umher und
stieß immer wieder gegen die Käfigwand. Sein Wille war schon lange betäubt, er wirkte fast wie eingefroren.
Seit Ewigkeiten verweilte die Energie und das Ziel der Katze in der Mitte der Dunkelheit und schien trotzdem so
unerreichbar. Der innerliche Kampf gegen das Gefängnis und die Situation waren zu groß!

Erneut wechselte der Panther die Richtung seines Gangs, verkleinerte seinen Ring um die Mitte weiter und
weiter. Je näher er seinem Willen kam, desto stärker wurde die Kraft, die die Katze aufbrachte, um ihre
Grenzen zu durchbrechen. Von einem einzigen rettenden Schritt hing es ab, den das Wesen völlig verzweifelt
versuchte zu gehen. Doch diese Erlösung blieb ihm erspart. Mit jeder weiteren Tatze, die auf den Boden
aufsetzte, beschlich den Panther immer weiter ein Gefühl der Angst.

Er hatte Angst, nie wieder frei sein und leben zu können. Das Gefühl bohrte sich in die Muskeln, flutete seine
großen Adern und krallte sich an den Rippen fest. Wie ein unersättlicher Parasit fraß es sich durch den
Brustkorb und griff das versteinerte Herz an. Innerlich zerriss der Kampfgeist des Tieres in abertausende
winzige Fäden, die in unbändigen Rhythmen durch den erstarrten Körper zuckten. Ein stechender Schmerz
zog sich durch die schlappen Glieder und stahl sich in den leeren Kopf des Panthers.

Ein einziger, letzter Satz beförderte das Wesen durch die leise und raue Luft. Plötzlich landete es sanft auf
allen Vieren und schlug die nochmals geschlossenen Augen auf. Er hatte es geschafft! Der Panther stand in
der Mitte des Käfigs und sofort beschlich ihn ein gutes Gefühl. Wie lange hatte er auf so etwas gewartet? Wie
lange hatte er festgesessen und nichts machen können? In ihm entzündete sich ein größeres Feuer, das
ungeduldig darauf wartete auszubrechen und in Freiheit zu leben.

Doch die Stäbe gestatteten kein Entkommen. Sie waren immer noch gleich angeordnet und boten keine
Möglichkeit, der Gefangenschaft zu entfliehen. So hatte sich die Raubkatze die Freiheit nicht vorgestellt.
Angestrengt ließ sie sich in der Mitte des Raums auf den Boden fallen und erneut vom Staub bedecken. In dem
imposanten Tier zuckte die Flamme hin und her, jedoch ohne Erfolg. Sie wurde blasser und aus einer einst so
großen Hoffnung blieb nur noch der kleine Funken übrig, der das Feuer noch am Leben erhielt.

Das Tier verlor sich in seinen Träumen und auf einmal wurde er von einer bleiernen Müdigkeit überfallen.
Hoffnungslos und einsam verweilte die riesige Katze in dem Käfig. Die kohlschwarze Dunkelheit legte sich wie
ein behutsamer Schleier über den fast leblosen Körper. Nach einer Zeit ließ der Panther seine trägen
Augenlider zufallen in dem Wissen, dass er sie nie wieder öffnen würde. Das letzte Fünkchen Hoffnung loderte
ein einziges Mal kurz noch auf, bevor es sich zusammenzog, plötzlich verwand und sich in der ewigen Nacht
verlor.
All die Lebenskraft des Panthers war erloschen.

Nur der Text: 1032 Wörter



Hier ist noch eine kleinwenig gestaltete Form von mir.
Den Hintergrund habe ich mit Hilfe zweier Bilder selbst gestaltet.



~Löwi~

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