Kapitel 16 - Totenstätte
„Also", FP sah durch den Spiegel zu den Jungs auf die Rückbank. Er ignorierte die Tatsache, dass die zwei peinlich berührt versuchten, sich nicht anzusehen oder gar zu berühren. „Noch ein Zwischenstopp bei euch zuhause, und dann geht's zu uns. Einverstanden, Archie?"
„Ich würde gern noch zum Friedhof, wenn das okay ist", bat Archie, und sah von seinen Schuhe auf, die er zuvor eingehend gemustert hatte, „Ich hab Dad schon lange nicht mehr besucht."
„Natürlich. Möchtest du noch Blumen kaufen?", fragte FP, nachdem er einen kritischen Blick zur untergehenden Sonne geworfen hatte. Ihm war nicht wohl dabei, den Andrews-Jungen um diese Uhrzeit auf den Friedhof zu lassen, besonders, wo es wahrscheinlich jemand auf seine Familie abgesehen hatte.
Er würde vermutlich mit einigem Abstand hinterhergehen, und so wie er seinen Sohn kannte, würde Jughead mit ihm mitkommen, um höchstpersönlich für FPs und Archies Sicherheit zu sorgen.
„Nein", antwortete Archie und schüttelte den Kopf. „Ich werde ohnehin bald wieder hingehen, aber ich möchte nicht unbedingt in völliger Dunkelheit auf dem Friedhof stehen. Blumen würden jetzt zu viel Zeit kosten."
Wann war der Junge so vorsichtig geworden? Kurz dachte FP an die Zeit des Kreises zurück, den der Junge gegründet hatte. Damals war er allein durch Southside-Terretorium gestreunt, mit einer geladenen Waffe, um einen Mörder ausfindig zu machen.
FP startete den Wagen, mit einem kurzen Blick zu Jughead. Dieser konzentrierte sich gerade auf Archies Erscheinung, und sah seinen besten Freund nahezu liebevoll an. Ein Blick, den nicht viele Menschen je an ihm zu Gesicht bekamen. Kopfschüttelnd widmete sein Vater sich der Straße. Er gab ihnen noch zwei Tage, bis sie zusammen waren. Es war nicht zu übersehen, dass da etwas zwischen den beiden lief, da war er sich mit Jugheads Mutter ausnahmsweise mal einig. Es würde nur noch wenige Funken brauchen, bis ein Feuer entfachte. Nur noch wenig Zeit bis zur Ewigkeit, die in der Jugend meist viel zu schnell wieder endete.
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„Ich würde gern alleine gehen, wenn das okay ist...?", fragte Archie unsicher nach, und starrte bereits zum Friedhof, der langsam aber sicher gespenstisch in der tiefen Dämmerung wirkte. Die Sonne war beinahe ganz verschwunden, weshalb Jughead sofort mit dem Kopf schüttelte: „Ich würde meinen Roman echt nur ungern mit deinem Tod fortsetzen. Wir lassen dich da definitiv nicht allein hingehen!"
„Jug", wies FP ihn zurecht, und legte ihm eine Hand auf die Schulter. Es wäre der perfekte Augenblick für ein Foto, doch Archie war nicht danach zumute, sein Handy rauszuholen, um die Situation einzufangen.
„Wir folgen dir mit genügend Abstand. Aber mein Blut hat recht, völlig allein lassen wir dich nicht gehen. Ich habe deiner Mutter versprochen, dich nicht unbeaufsichtigt zu lassen, und als Sheriff kann ich es mir nun wirklich nicht leisten, dieses Versprechen zu brechen", erklärte FP schließlich und nickte Richtung der Totenstätte, „Geh. Wir sind in deiner Nähe."
Und so geschah es. Während der Rotschopf zielsicher auf das Grab seines Vaters zusteuerte, folgten die Jones-Männer ihm. FPs Augen zuckten wachsam hin und her, während Jughead immer wieder hinter sie blickte, sonst aber Archies direkte Umgebung fokussierte.
Dieser ging sich vor Freds Grab in die Knie. Eine einsame Kerze flackerte auf der kühlen Erde vor sich hin, und erhellte die Steinengel und -Herzen, sowie einen alten Teddybär, der unter einem dichten Strauch vor Wind und Wetter geschützt war. Archie kannte den Bären nur zu gut, weshalb er stutzte, und ihn vorsichtig hochhob. Ein herzförmiger Zettel war an einer Schnur um seinen Hals gebunden, die Worte darauf ließen Archie kurz erstarren: Vergiss niemals: ich liebe dich. Dein Dad, Fred Andrews.
Er erhob sich und drehte sich um. Sein Blick traf FPs, der einige Meter entfernt stand, und ihn beobachtete. Ein stummer Dank für das letzte Geschenk seines Vaters. Fred hatte Archie früher immer von seinem ersten Kuscheltier, einem alten Teddy, erzählt, der ihm Glück gebracht hatte. Oft hatte Archie mit dem Stoffbären spielen wollen, und sich mehr als einmal darüber aufgeregt, wenn er nicht durfte - aber nicht beantwortet wurde, was Fred meinte mit „Noch nicht". Nun wusste er es. Sein Vater war nicht mehr da, und nun sollte sein Glücksbringer zu Archies werden. FP hatte den Friedhofsbesuch geahnt. Er war es gewesen, der den Teddy aus dem Truck geholt hatte, als der Unfall passierte. Fred hatte ihn stets dabei gehabt, wenn er größere Strecken zurücklegte, in seinem Rucksack im Kofferraum. Und Archie hatte ihn nicht gefunden, weil FP den Teddy schon längst gesichert hatte.
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