4er und 14er

»Nächster Halt, Next Stop, Kitzbühel«, rief die Stimme des Schaffners auf und Annabell nahm ihre Sachen. Sie stieg aus und schnupperte erst wieder einmal die Tiroler Luft. Es war hart, hier zu sein, doch es ging nicht anders. Die Leitstelle ließ es nicht zu, da sie ihren eigentlichen Zweck nicht erfüllen konnte. Also würde sie hier auch arbeiten können. Zu Fuß ging es zu ihrem alten Haus zurück, das nun seit fast einem Jahr leer stand.

Kitzbühel war ganz ungewohnt, im Gegensatz zu Ramsau. Da war alles verteilt und hier alles zusammen in kleinen Gassen. Der kurze Spaziergang durch die Stadt tat ihr gut, um wieder reinzukommen. In den Alltag. Sie ging noch mehrere Meter von der Stadt weg und stand dann vor dem kleinen Haus. Sie öffnete und wurde von einer leichten Staubdecke empfangen. Die Bodendielen knarrten und ächzten. Die Koffer standen nun in ihrem alten Zimmer.

Als sie in der Küche stand, hörte sie das Lachen von Rudi. Es hallte durch ihren Kopf. Und der Schmerz verschlang ihre Seele.

Sie aß schon seit Tagen nichts und die Arbeit beim Heliport in Kitzbühel war die Wartung des Christophorus 4. Im Overall stand sie auf einer Leiter und begutachtete die Rotorblätter, während der Pilot genüsslich zu Mittag aß. Und sie anstarrte. Ihr war es wahnsinnig unangenehm, bis sie schlussendlich von der Leiter stieg und die Inneneinrichtung überprüfte. Draußen knarzte das Funkgerät vor sich hin und jemand scheint nach Hilfe zu rufen. Hannes rührte keinen Finger und nun war es an Annabell, den Funkspruch anzunehmen. Sie lehnte sich über den Tisch und nahm das Funkgerät, doch vorher gab sie ihm noch eine Ohrfeige. "Au! Für was war das denn?" "Denk darüber nach", knurrte sie bedrohlich und er stand auf. Sie setzte sich und hörte dem aufgebrachten Piloten zu. "Christophorus...an Heliport Kitzbühel....Bitte um Landeerlaubnis." Die Verbindung war schlecht und wahrscheinlich hatte er ein Problem. Er musste runter. "Landebahn frei. Landeerlaubnis erteilt." Sie legte das Funkgerät zur Seite und zog schnell den Christophorus nach drinnen, bevor auch schon der starke Wind ihrer Haare flattern ließ. Sie sah nur die gelbe Kiste auf dem Landeplatz stehen, von der leichter, grauer Rauch aufstieg. Sie rannte nach draußen. Die Rotorblätter kamen langsam zum Stillstand und der Pilot stieg aus.

"Der Chrisophorus 14 und in einem Stück", lächelte sie und rannte auf Michi zu, der sie sofort in den Arm nahm. "Annabell", murmelte er in ihre Schulter. Hannes sah alles mit einer komischen Miene an und verstand es nicht ganz. Fragte aber auch nicht weiters nach.

"Schön dich zu sehen, im Anbetracht der Umstände", sah kurz über die Schulter. "Was machst du hier?" "Ich musste einen Patienten nach Kitzbühel ins Krankenhaus liefern und als ich wieder zurück nach Ramsau fliegen sollte, ist auf dem Weg was durchgebrannt. Kitzbühel war die einzige Möglichkeit. Und wie kommst du hier her?" "Ich wurde hier eingeteilt. Die haben's mir falsch geschrieben." "Und als Bürohengst?" "Wartung. Für die größeren Sachen bekomm' ich dann Hilfe aus Wörgl." "Schön für dich." "Willst du eine Tasse Kaffee, während ich die Maschine reparierte?", deutete sie nach drinnen. "Gerne", lächelte er und folgte ihr.

Es war schon eine Stunde vergangen und Michi kam aus dem Erzählen gar nicht heraus. Er saß hinten drinnen und trank kleine Schlucke von dem Kaffee, während Annabell schon mitten im Geschehen war. "Ach, bevor ich's vergesse. Tobias und Emilie heiraten in den nächsten Monaten." "Ernsthaft? Hat er sich getraut sie zu fragen." "Ja, das war so. Zuerst wollte er mit Hanna und Lukas darüber reden, was sie davon halten. Sie haben den letzten Schultag geschwänzt und sind mit ihm in die Berge. Da ist ein Unwetter aufgezogen und die zwei verschwunden. Zuerst Großeinsatz und danach Heiratsantrag", schmunzelte er. "Das ist doch nicht wahr. Da bin ich nicht da und ihr dreht alles auf den Kopf. Das..." Annabell verstummte und erschreckte schon fast, als Hannes hinter ihm stand: "Ich will ja nicht stören, aber ist der Heli startklar?" Annabell nickte. "Michi, hilf du Hannes den 4er auf die Landefläche zu bringen und ich schaff den 14er weg." Dörfler nickte und Hannes wirkte verwirrt, bis ihn Michael mitnahm.

Annabell setzte sich und den EC aus Ramsau und startete ihn. Langsam ließ sie ihn aufsteigen und flog eine kurze Runde, damit Hannes ohne Probleme zum Einsatz fliegen konnte.

Dieser starrte erstaunt in den Himmel. "Seit wann, kann die fliegen?", murmelte er und schob mit Michi. "Sie war meine Co-Pilotin. Für ein gutes Jahr", sah Michael auch in den Himmel, wie sie Kreise zog. Er hörte den Freudenschrei.

Als die Plattform stand und der Pilot weg war, landete Annabell wieder. Und das noch ganz knapp, bevor sie Turbinen versagt hätten. Laut ihren Worten.

"Ich weiß nicht wie du das geschafft hast, aber ich brauch Ersatzteile und die sind morgen erst da", sprang sie aus dem Heli und schüttelte leicht die Hand. "Tut's weh?" "Ein wenig. Los, ruf bei Toni an und gib Entwarnung. Du bleibst heute bei mir." "Ah, so läuft der Hase", lächelte Michi und sie boxte ihm auf die Schulter. "Hotelzimmer leistest du dir in Kitzbühel sowieso keines." Sie stolzierte in den Hangar und Michi sah ihr noch kurz zu, bevor er mal mit Verena telefonierte.

"Du solltest doch nur einen Patienten abliefern und nicht den Helikopter schrotten", hörte man das Lächeln in ihrer Stimme. "Jaja, du ich hab andere Nachrichten auch noch. Annabell ist heute geflogen." "Was? Und was hat ihre Hand gesagt?" "Leicht geschmerzt aber sonst nichts. Könnte man da nicht etwas tun, damit die Schmerzen..." "Ich weiß worauf du hinaus willst. Sie soll wieder zu mir in die Klinik kommen. Dann lass ich mir was einfallen. Ist egal wann, aber irgendwann mal." "Danke, du bist ein Schatz. Dann bis morgen." "Bis morgen. Sei vorsichtig." "Du auch", er legte auf. Und Annabell kam auf ihn zu: "Morgen habt ich alles da und am Nachmittag kannst du wieder zurück in die Ramsau." "Und du kommst mit mir. Gruß von Verena." "Warum?" "Sie lässt sich was einfallen, damit du die volle Fluglizenz wieder bekommst." "Was?", glaubte sie seinen Worten nicht ganz.

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