♡ Kapitel 3 ♡

"Then you took my hand, and I followed you" Black And White - Niall Horan

...

In dieser Nacht schlief ich nicht besonders gut, viel zu viel ging mir durch den Kopf. Und so brauchte ich am nächsten Morgen erst einmal eine Tasse Kaffee, um richtig wach zu werden. Ich zog mir etwas an und versuchte, meine Haare dazu zu überreden, einigermaßen ordentlich zu sitzen. Doch als alles nichts brachte, fixierte ich sie mit einer meiner Haarklammern, um sie wenigstens aus dem Gesicht zu haben.

Ich klopfte kaum hörbar an die Wohnzimmertür, weil ich nicht wusste, ob Louis schon wach war. Als er nicht antwortete, öffnete ich sie einen Spalt und lugte hinein. Er saß, genau wie gestern Abend, im Schneidersitz auf dem Sofa und starrte gegen die Wand.

"Hey." Ich lächelte ihn vorsichtig an und setzte mich neben ihn. Er drehte den Kopf ein wenig und sah mich an. Sein Blick war müde und erschöpft. "Hast du überhaupt geschlafen?", fragte ich und konnte die leichte Besorgnis in meiner Stimme nicht vermeiden. "Du siehst kaputt aus." Er nickte und schloss die Augen. Er hob die Hand, um sich damit durch die Haare zu fahren und dabei konnte ich nicht verhindern, dass mein Blick für einen Moment daran hängen blieb. Jetzt, wo sie trocken waren und die Sonne durch das Fenster auf sie schien, sahen sie unglaublich weich und fluffig aus und ich fragte mich, wie sie sich wohl anfühlten. Ich schüttelte diesen Gedanken wieder ab und richtete den Blick zurück auf sein Gesicht. "Geht es dir heute ein wenig besser?"

"Mir tut immer noch alles weh."

"Wo tut es denn weh?", fragte ich, woraufhin er bloß mit den Schultern zuckte. "Louis." Ich richtete den Blick auf seine Arme, die, wie ich erst jetzt bemerkte, von unzähligen Tattoos bedeckt waren. "Ich weiß, ich sollte mich nicht in deine Angelegenheiten einmischen, aber ich finde, du solltest das nicht weiter machen. Das ist nicht gesund."

"Ich weiß. Aber ich kann nicht einfach aufhören. Ich stehe unter Vertrag."

"Trotzdem." Ich sah ihm fest in die Augen, doch er wich meinem Blick aus. "Niemand kann dich dazu zwingen, deinen Körper zu verkaufen. Wenn du willst, dann helfe ich dir auch, aus zu steigen."

Ich glaubte, zu sehen, wie sich seine Mundwinkel ein winziges Stück hoben. Er sah mich wieder an und für einen Moment hatte ich das Gefühl, mich in seinen blauen Augen zu verlieren. "Du bist sehr nett, Harry. Ich bin noch nie so jemandem begegnet." Irgendwie machten mich seine Worte glücklich und unglaublich traurig zugleich. "Du wirst nicht mit mir schlafen, oder?"

Ich schüttelte den Kopf. "Ich stehe nicht auf Männer."

"Was wirst du dann tun?"

"Versuchen, dich davor zu schützen, dass dir noch mehr Schmerzen zugefügt werden."

Seine Augen weiteten sich ein Stück, als könnte er nicht ganz glauben, was ich gesagt hatte. Ich erhob mich von der Couch und warf ihm noch einen letzten Blick zu, bevor ich die Tür öffnete. "Mach dich fertig und zieh dir etwas an, du weißt ja, wo mein Schlafzimmer ist. Such dir etwas raus, was dir passt. Mein Nachbar hat uns zum Frühstück eingeladen, ist das okay mit dir?" Louis nickte und ich verließ den Raum.

Eine gute halbe Stunde später standen wir vor Taminos Haus und ich drückte auf die Klingel. Sofort ertönte lautes Gebell von drinnen, woraufhin ich Louis einen fragenden Blick zuwarf. "Hast du Angst vor Hunden?" Er schüttelte den Kopf, als uns auch schon die Tür geöffnet wurde.

Sofort sprang mich Charly, Taminos Golden Retriever, an und wedelte freudig mit dem Schwanz. "Hey, großer", lachte ich und begann, ihn hinter den Ohren zu kraulen. Als er Louis entdeckte, wurde ich jedoch schlagartig uninteressant und Charly beschnüffelte stattdessen meinen Gast, der ihm ein wenig überfordert die Hände entgegen streckte.

"Papa!", rief auf einmal jemand und nur eine Sekunde später lag Valerie schon in meinen Armen. Ich hob sie hoch und drückte ihr einen Kuss auf die Wange, woraufhin sie begann, zu kichern und ihre Arme um meinen Hals schlang. Sofort fühlte ich mich besser, als noch vor einer Stunde und drückte sie fester an mich.

"Na, mein Engel", lächelte ich und übersäte ihr Gesicht mit Küssen. "Ich habe dich vermisst."

"Ich dich auch", grinste sie, ehe sie auf Louis aufmerksam wurde und ihn neugierig ansah. "Wer ist das?", flüsterte sie mir ins Ohr und versteckte das Gesicht in meiner Halsbeuge.

"Wir haben uns gestern kennengelernt", erklärte ich. "Ist es okay, dass ich ihn mitgebracht habe?"

Valerie rümpfte die Nase und musterte Louis genauer. "Wie heißt du?"

"Louis."

Sie schien noch immer ein wenig misstrauisch. "Bist du nett?" Als er nicht antwortete und mich stattdessen ein wenig überfordert ansah, wandte sie sich an mich. "Findest du Louis nett, Papa?"

"Ich bin mir sicher, dass er ein guter Mensch ist." Ich sah zu Louis und unsere Blicke trafen sich. Gerade, als er den Mund öffnete, um etwas zu sagen, stieß Tamino zu uns und zog die Aufmerksamkeit auf sich.

"Harry, hey." Er grinste über das ganze Gesicht. "Und du musst Louis sein, richtig? Kommt doch rein, bevor ihr mir da draußen erfriert."

Ich setzte Valerie zurück auf den Boden und nahm sie an die Hand, bevor wir Tamino ins Haus folgten. Ich hing die Jacken an der Garderobe auf, während Louis sich neugierig die vielen Bilder, die im Flur eingerahmt an den Wänden hingen, ansah. Es waren größtenteils Familienfotos oder Fotos von Taminos Freunden.

"Bist das du?", fragte Louis an mich gewandt und deutete auf ein Foto von Tamino, Valerie und mir. Ich nickte. "Deine Haare waren ganz schön lang." Er wandte den Blick ab und sah mich nachdenklich an. "Steht dir aber beides."

"Danke." Ich lächelte ihm kurz zu, ehe ich auch schon von Valerie an der Hand in die Küche gezogen wurde. Tamino stand bereits am Herd und der Tisch war ebenfalls schon gedeckt.

"Mino und ich machen Pancakes", verkündete Valerie und hüpfte aufgeregt umher. Sie war so in ihrer eigenen Welt, dass sie nicht auf ihre Umgebung achtete und direkt in Louis hinein lief. "Oops", grinste sie und sah ihn entschuldigend an. "Magst du Pancakes, Louis?" Ehe er antworten konnte, plapperte sie schon weiter. "Bestimmt magst du Pancakes, jeder mag Pancakes. Und selbst wenn du sie nicht mögen würdest, würden diese dir schmecken, weil Mino nämlich die besten Pancakes der Welt macht."

Tamino lachte und auch ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen. Valeries gute Laune war einfach immer so unglaublich ansteckend. Es war, als ginge die Sonne auf, wenn sie in den Raum kam und sie konnte scheinbar jede noch so unangenehme Situation mit ihrer fröhlichen Art besser machen. Das ganze hier mit Louis wäre vermutlich zehn mal so angespannt, wenn sie nicht da wäre. Und jetzt wirkte es fast wie ein Treffen unter alten Freunden.

"Komm Papa, du musst auch mitmachen", lachte Valerie und griff nach meiner Hand um mich zum Herd zu ziehen. Aus dem Augenwinkel nahm ich wahr, wie Louis sich derweilen auf einem der Stühle niederließ und uns beobachtete. "Hier, dann wird dein Pullover nicht dreckig." Sie hielt mir eine rot weiß gestreifte Schürze hin und ich ging ein wenig in die Knie, damit sie sie mir über den Kopf stülpen konnte. Sie trat hinter mich und band sie mir auf dem Rücken zu, ehe sie sich selbst eine anzog.

"Dankeschön." Ich lugte Tamino, der gerade mit einem Schneebesen den Teig in einer Schüssel verrührte, über die Schulter und betrachtete ihn eine Weile dabei, ehe ich mich wieder meiner Tochter zuwandte. "Also, wie kann ich helfen?"

"Mino, was können wir machen?" Valerie hüpfte ein paar Mal auf und ab, schaffte es aber nicht, ins Innere der Schüssel zu gucken. Kurzerhand hob ich sie auf meinen Arm, was sie mit einem leisen Quieken kommentierte. Sie sah in die Schüssel und zog die Augenbrauen zusammen. "Daraus werden Pancakes?"

Tamino zuckte mit den Schultern. "Finden wir es heraus." Er füllte mit der Kelle etwas vom Teig in eine Pfanne, woraufhin es zu zischen begann. Neugierig betrachtete Valerie das Szenario, welches sich vor ihren Augen abspielte und konnte solange nicht die Augen davon lassen, bis Tamino den Pancake irgendwann wendete und anschließend auf einen Teller legte. "Bitteschön, Madamé." Er reichte ihr den Teller. "Den nächsten machst du."

Ich ließ Valerie von meinem Arm, damit sie den Pancake auf den Tisch stellen konnte, bevor ich sie wieder hoch hob und zusammen mit Tamino dafür sorgte, dass der Teig auch wirklich in der Pfanne landete. Eine Weile machten wir zu dritt Pancakes, bis es Valerie irgendwann zu langweilig wurde und sie sich stattdessen zu Louis an den Tisch setzte. Ich bekam mit, wie sie ihm von dem Film, den sie gestern gesehen hatte, erzählte und ihn mit allerlei Fragen nach seinem Lieblingstier oder seiner Lieblingsfarbe löcherte. Kurz überlegte ich, ob ich ihn vielleicht retten müsste, entschied mich dann aber dagegen. Er war erwachsen, wenn es ihm hier zu viel würde, könnte er das einfach sagen.

"Er wirkt doch ganz lieb", riss mich Tamino plötzlich aus meinen Gedanken. Er hatte seine Stimme ein wenig gesenkt und blickte zu den beiden hinüber. "Und Valerie scheint ihn auch zu mögen."

"Valli mag jeden", seufzte ich und sah ebenfalls zu Louis. Er kraulte gerade Charly, welcher seinen Kopf auf seinen Oberschenkeln abgelegt hatte, hinter den Ohren, während er aufmerksam Valeries Redeschwall verfolgte. Wenn ich mich nicht irrte, konnte ich sogar ein ganz leichtes Lächeln auf seinen Lippen erkennen. "Okay, vielleicht ist er lieb, aber er ist immer noch ein Fremder. Und er schläft auf meiner Couch. Er könnte ein Axtmörder oder so etwas sein..."

"Ja, so sieht er aus", grinste Tamino und knuffte mir in die Seite. "Bösartig und Gewalttätig. Siehst du, wie ihm schon das Wasser im Mund zusammen läuft bei dem Gedanken daran, uns alle gleich zu ermorden."

Ich zog meine Schürze aus und warf sie nach ihm. "Du bist doch blöd." Tamino lachte bloß und stapelte den letzten Pancake auf dem Teller, ehe er den Herd ausmachte und sich ebenfalls seine Schürze auszog. Wir gingen hinüber zum Tisch und setzten uns auf zwei freie Stühle.

"Wie geht es Christopher eigentlich?", fragte ich, woraufhin Taminos Gesicht zu strahlen begann. Er setzte an, etwas zu sagen, doch da er gerade von seinem Tee getrunken hatte, verschluckte er sich und begann, zu husten. Hilfsbereit tätschelte Valerie ihm über den Rücken, sah ihn jedoch ein wenig mahnend an. "Man redet nicht mit vollem Mund." "Genau, Tamino, man redet nicht mit vollem Mund", pflichtete ich meiner Tochter bei und erntete dafür einen bösen Blick meines besten Freundes.

"Es geht ihm gut", beantwortete Tamino schließlich meine Frage, wobei sofort wieder das Strahlen auf sein Gesicht zurück kehrte. "Und ich muss dir noch etwas erzählen. Das wollte ich dir eigentlich gestern Abend schon erzählen, aber dann war es irgendwie unpassend..." Er wirkte mit einem Mal unglaublich aufgeregt und rutschte unruhig auf dem Stuhl hin und her.

"Ich weiß es schon", meldete sich Valerie zu Wort und grinste breit. "Aber ich musste versprechen, nichts zu sagen, weil Mino es dir selbst erzählen wollte."

"Jetzt sagt schon", drängelte ich, weil ich die Unwissenheit langsam nicht mehr aushielt. "Ihr macht mich ganz neugierig."

"Okay." Tamino atmete einmal tief ein und wieder aus. "Also, Valli und ich haben ja gestern Pizza gemacht und Chris ist dann noch vorbei gekommen, weil er gerade in der Nähe war und dann haben wir die Pizza zusammen gegessen." Er machte eine dramatische Pause und strahlte immer mehr. "Er... er hat..."

"Was hat er?" Statt einer Antwort, zu der Tamino gerade nicht im Stande zu sein schien, hielt er mir seine linke Hand unter die Nase. Sofort sprang mir der silbern schimmernde Ring ins Auge und ich schlug mir die Hände vor den Mund, ehe ich ebenfalls breit zu strahlen begann. "Ach du... Er hat dir einen Antrag gemacht? Das ist... das ist... herzlichen Glückwunsch!" Ich fiel meinem besten Freund um den Hals und drückte ihn fest an mich. "Ich freue mich so für euch, ihr beide seid einfach füreinander geschaffen."

"Danke, Harry." Er grinste und machte eine wegwerfende Handbewegung, als wäre es keine große Sache. "Ich habe natürlich ja gesagt." Ich lachte und auch Valerie stimmte mit ein, nur Louis war beängstigend ruhig.

"Sonst würdest du doch den Ring nicht tragen", warf meine Tochter ein und daraufhin lachten die beiden noch mehr.

Mein Lächeln hingegen schwand, als ich einen Blick auf Louis warf. Er hatte die Hände krampfhaft ineinander verschränkt und sein ganzer Körper schien angespannt zu sein. An der Art, wie deutlich sich seine Jawline abzeichnete, erkannte ich, wie sehr er mit den Zähnen aufeinander biss. Sein Blick war auf den Pancakes auf seinem Teller gerichtet und wieder genauso leer, wie gestern Abend.

Ich stupste ihm vorsichtig gegen die Schulter, woraufhin er hoch schreckte und ein Stück von mir rückte. "Brauchst du einen Moment für dich?", fragte ich und senkte dabei meine Stimme etwas, damit er nicht dachte, ich würde ihn vor den anderen beiden bloßstellen. Als er nickte, erhob ich mich und sagte den anderen beiden, ich würde ihm kurz das Badezimmer zeigen, bevor wir zusammen die Küche verließen. Charly, der es sich in seinem Körbchen gemütlich gemacht hatte, sah uns mit leicht schief gelegtem Kopf an, ehe er sich erhob und uns hinterher trottete.

Ich ging mit Louis auf die Terrasse und setzte mich auf eine Bank. Als er keine Anstalten machte, sich ebenfalls zu setzen, forderte ich ihn mit einem leichten Kopfnicken dazu auf. Er ließ sich neben mir nieder und mein Blick fiel auf seine Hände, die sich krampfhaft in das Holz krallten.

"Ist es dir lieber, wenn ich gehe?", fragte ich und beobachtete, wie Charly sich zu Louis' Füßen auf dem Holzboden nieder ließ. Er zuckte mit den Schultern. "Hey... was ist denn eigentlich los?"

"Ich habe Angst."

Ich versuchte, ihm ein aufmunterndes Lächeln zu schenken. "Das ist doch okay. Was macht dir denn Angst? Ich? Tamino? Oder Valerie?"

"Er wird heiraten, oder?" Louis sah mir in die Augen und ich hatte das Gefühl, mich in diesem Blau zu verlieren. "Er wird einen Mann heiraten. Er... sie... sie sind ein Paar... oder nicht?" Ich nickte, wusste nicht ganz, worauf er hinaus wollte. "Dann haben sie miteinander geschlafen, das haben sie doch, nicht wahr?"

"Dann hast du Angst vor Tamino?", hakte ich nach und er nickte. Auch wenn ich Louis nicht kannte, so tat es weh, zu wissen, dass er sich vor einer Person fürchtete, nur weil diese irgendwann einmal Geschlechtsverkehr gehabt hatte. "Du hast keine guten Erfahrungen mit Männern gemacht, habe ich Recht?", fragte ich und spürte, wie sich ein mulmiges Gefühl in meiner Brust breit machte. "Aber glaub mir, vor Tamino musst du dich wirklich nicht fürchten. Er ist einer der liebenswertesten Menschen, die ich kenne. Er könnte keiner Fliege etwas zu leide tun."

"Okay..." Er schien mir nicht ganz zu glauben.

"Außerdem..." Ich lächelte vorsichtig. "Ich habe dir doch gesagt, ich würde dich beschützen. Du musst wirklich keine Angst haben. Oder hast du auch Angst vor mir?"

"Weniger. Du bist... anders. Du hast gesagt, du stehst nicht auf Männer."

"Nein, das tue ich nicht." Ich stand auf und reichte ihm meine Hand. "Wollen wir wieder reingehen?" Zögerlich ergriff er sie und ließ sich von mir hoch ziehen, bevor er sie wieder los ließ und stattdessen Charly durch das weiche Fell fuhr. "Er scheint dich zu mögen." Für den Bruchteil einer Sekunde erschien auf Louis' Gesicht so etwas wie ein Lächeln, doch genauso schnell, wie es gekommen war, verschwand es auch wieder.

Wir gingen wieder hinein und ich sorgte dafür, dass unser Aufenthalt nicht länger als nötig wurde. Ich plauschte nicht mehr stundenlang mit Tamino über Gott und die Welt, so wie ich es sonst gerne tat, sondern half ihm lieber dabei, schnell die Küche aufzuräumen, bevor wir aufbrachen. An der Haustür versicherte ich ihm noch einmal, wie sehr ich mich für Christopher und ihn freute und bedankte mich für das Frühstück.

Auf dem Weg zurück nach Hause hüpfte Valerie fröhlich umher und drehte wilde Pirouetten auf der Straße, während Louis und ich ihr mit einigem Abstand folgten. Plötzlich drehte sie um, lief auf uns zu und nahm Louis bei der Hand. "Tanz mit mir, Louis", lachte sie und zog ihn mit sich. Sie legte ihre kleinen Hände in seine und begann, sich mit ihm im Kreis zu drehen.

Vielleicht waren es ihre lieben Augen, vielleicht auch der Blick, der mich selbst jedes Mal schwach werden ließ oder einfach ihre gesamte Art... aber gegen meiner Erwartungen ließ sich Louis tatsächlich dazu überreden, mit ihr zu tanzen. Nur kurze Zeit später drehten sie sich beide umeinander herum und während Valerie aus ganzem Herzen lachte, zierte auch Louis Gesicht ein breites Lächeln. Es war ein Gesichtsausdruck, welchen ich mir bei ihm in den letzten Stunden nicht hätte vorstellen können, doch jetzt wirkte es so natürlich, so unbeschwert. Ich erwischte mich selbst dabei, wie ich meine Augen nicht von ihm lassen konnte und beinahe gegen einen Laternenpfahl gelaufen wäre, so sehr war ich auf ihn fokussiert.

Als wir Zuhause ankamen, rannte Valerie gleich hinauf in ihr Zimmer, um ihre Stofftiere zu begrüßen. Weil es öfter vorkam, dass Tamino spontan auf sie aufpasste, hatte sie bei ihm ihr eigenes kleines Regal mit einer Zahnbürste und anderen Dingen, doch natürlich konnte sie nicht all ihre Sachen dort parken. Umso mehr freute sie sich jedes Mal, wenn sie ihre geliebten Kuscheltiere endlich wieder in ihre Arme schließen konnte.

"Sie ist toll." Ich sah zu Louis. Er lehnte an der Küchentheke und lächelte mich an. Seine Haare waren vom Wind noch verwuschelter als sowieso schon und hingen ihm ein wenig in die Stirn. Einen Weile lächelten wir uns einfach nur an, bis seine Miene fragend wurde. "Wo ist ihre Mutter?"

Augenblicklich fiel mein Lächeln und ich fühlte mich, als hätte ich einen Tritt in die Magengrube kassiert. Ein unglaublich schweres Gewicht lastete plötzlich auf meiner Brust und machte mir das Atmen schwer. Ich schloss die Augen, versuchte ruhig Luft zu holen und an etwas schönes zu denken, so wie meine Therapeutin es mir immer geraten hatte.

"Sie ist tot."

"Oh... Harry, das... das wusste ich nicht. Es tut mir leid."

Ich schüttelte den Kopf, öffnete die Augen wieder und zwang mich zu einem Lächeln, auch wenn ich wusste, dass es meine Augen nicht erreichen würde. "Da kannst du am wenigsten etwas für." Ich stieß mich von der Wand ab und ging in Richtung Tür. "Entschuldige mich bitte."

...

2998 Wörter - Ivy

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