♡ Kapitel 15 ♡

"You're so beautiful. I don't want to turn away. You've been here before, make me feel like you're a wild animal" chance with you - mehro

...

"Ist es wirklich okay, wenn ich mitkomme? Ich möchte niemandem zur Last fallen und ich möchte euer gemeinsames Wochenende nicht kaputt machen", wiederholte Louis zum bestimmt zehnten Mal, während ich Valerie gerade zwei Zöpfe flocht.

"Ich freue mich wenn du mitkommst", grinste meine Tochter. "Grandma und Grandpa sind ganz ganz lieb und sie werden dich bestimmt mögen, weil du einfach toll bist. Und Papa und ich mögen dich doch auch, also ist doch alles gut."

Louis brummte irgendetwas und verließ das Badezimmer.

"Louis ist ein Grummelbär", kicherte Valerie.

"Ein Grummelbär?", wiederholte ich und fixierte den ersten Zopf durch ein Haargummi.

"Ja, ein Grummelbär", bestätigte sie. "Er fragt immer ganz oft und wenn man ihm immer die gleiche Antwort gibt, dann grummelt er." Sie zwinkerte mir zu. "Aber wenn er grummelt ist das gut, weil dann hat man ihn überzeugt."

Ich lachte. "Ist das so?"

Valerie nickte. "Neulich haben wir zusammen Playmobil gespielt und er hat gefragt, ob es okay ist, wenn er Snoopy als Pferd nimmt und ich habe gesagt, dass Snoopy mein Lieblingspferd ist, aber dass er ihn gerne nehmen kann. Dann hat er die ganze Zeit gefragt, ob es wirklich okay ist und ich habe immer ja gesagt. Und irgendwann hat er gegrummelt und ihn genommen."

"Das heißt, dann haben wir ihn jetzt überzeugt?"

Meine Tochter nickte grinsend.

Und so kam es, dann wir wenig später alle drei im Auto saßen. Louis saß vorne bei mir und Valerie hatte hinten auf der Rückbank Platz genommen. Bis zu meinen Eltern war es nicht besonders weit und so waren wir nach einer halben Stunde bereits dort. Während Valerie schon aus dem Auto in Richtung Hochhaus lief, um bei der Wohnung der beiden Sturm zu klingeln, holte ich das Gepäck aus dem Kofferraum. Ich nahm meine Sporttasche, in welcher ich alles verstaut hatte, in die Hand und warf mir Valeries Prinzessinenrücksack über die Schulter. Auch Louis griff nach der Tasche, die ich ihm gegeben hatte und gemeinsam gingen wir hinüber zu meiner Tochter, die uns bereits die Tür aufhielt.

"Valli, nicht so schnell", lachte ich, als sie im Treppenhaus hinauf sprintete und Louis und ich nur mühsam hinterher kamen. "Pass auf, dass du nicht hin fällst."

Als wir oben ankamen, war die Tür bereits sperrangelweit offen und Valerie lag in den Armen meiner Mum. Es dauerte eine Weile, bis sie sich wieder frei gab und meine Tochter sich stattdessen an Robin schmiegte, der uns ebenfalls empfing.

"Hallo, mein Schatz", begrüßte Mum mich und schloss mich in ihre Arme, während sie mir einen Kuss auf die Wange drückte. "Wie war die Fahrt?"

"Gut danke", lächelte ich und warf einen Blick über meine Schulter auf Louis, der ein wenig Abseits stand und die Situation zunächst bloß aus der Ferne beobachtete.

"Seit bitte vorsichtig mit ihm", flüsterte ich den beiden zu. "Nicht so stürmisch und wenn er nicht von sich aus kommt, dann lieber keinen Körperkontakt."

"Natürlich", pflichtete Robin mir sofort bei. "Er soll nur das tun, was er sich zumutet. Am wichtigsten ist, dass er sich wohlfühlt."

"Danke", lächelte ich und umarmte meinen Stiefvater ebenfalls.

Anschließend drehte ich mich zu Louis und hielt ihm meine Hand entgegen. Langsam kam er auf mich zu und griff danach. Ich spürte, wie er zitterte und bereute sofort, ihn mit hierher geschleppt zu haben. Es musste ihn furchtbar stressen.

"Du musst nicht hier sein", ließ ich ihn sofort wissen und betrachtete besorgt seine lieben Augen. "Ein Wort und ich fahre dich sofort nach Hause, okay?"

Er schüttelte den Kopf. "Das geht gleich wieder. Es ist... es ist nur der Anfang. Das war in der Bäckerei auch so..."

"Sicher?"

Er nickte.

"Okay... Aber vergiss nicht: dein Tempo."

Ein Lächeln erschien auf seinen Lippen und er nickte erneut, ehe er leicht an meiner Hand zog und zu meinen Eltern ging. Ich sah, wie meine Mum den Blick für einen Moment auf unsere Hände richtete, ehe sie ihn wieder hob und Louis anlächelte.

"Hi", murmelte Louis und streckte ihr vorsichtig seine freie Hand entgegen. "Ich bin Louis."

"Anne", lächelte meine Mum und schüttelte seine Hand. Kurz schreckte er bei der Berührung zusammen und drückte meine Hand ganz fest, so als würde er sich daran klammern, um Halt zu suchen.

Alles in mir schrie danach, ihn einfach zu nehmen, in mein Auto zu packen und zurück nach Hause zu fahren. Es fühlte sich furchtbar an, zu sehen, unter welch einer Anspannung er stand. Und ich konnte ihm nicht helfen. Ich würde alles, wirklich alles tun, um ihm zu helfen.

"Du kannst im alten Kinderzimmer meiner Tochter schlafen", meinte meine Mum zu Louis. "Und du kannst dich auch darin aufhalten. Keiner wird einfach reinkommen, ohne zu klopfen. Wenn es dir im Wohnzimmer oder generell mit uns allen zu viel wird, kannst du jederzeit gehen. Ist das okay für dich, Louis?"

Er nickte und seine Mundwinkel wanderten ein winziges Stückchen nach oben. "Danke, das ist wirklich... wirklich lieb. Danke."

Auch ich lächelte dankbar. Das war eine wirklich gute Idee, die mir überhaupt nicht in den Sinn gekommen war. Wenn Louis wusste, dass er sich jederzeit zurück ziehen und auch eine Weile nur für sich sein könnte, gab ihm das bestimmt ein besseres Gefühl. Ich wusste, wie sehr er seinen Freiraum brauchte. Bei uns saß er öfter mal alleine im Garten. Vor allem nach der Arbeit brauchte er oft mindestens eine Stunde für sich.

Auch Robin begrüßte ihn nun, wobei dieser Louis voraus kam und ihm seine Faust entgegen streckte, die Louis schüchtern anknuffte.

"Louuu!" Valerie lief zu ihm und griff nach seiner Hand, woraufhin er meine nun losließ. "Komm mit, ich möchte dir die Wohnung zeigen. Und mein Spielzeug. Und die Kuscheltiere."

Auch Robin ging hinein, während meine Mum und ich noch kurz draußen stehen blieben.

"Sie ist ja richtig vernarrt in ihn", grinste sie und auch ich musste lächeln. "Und ihr beide wirkt auch sehr vertraut miteinander." Prüfend sah sie mich an. "Möchtest du mir etwas erzählen? Über dich und Louis?"

Ich spürte, wie ich augenblicklich rot wurde und biss mir ertappt auf die Unterlippe. "N-nein?"

Sie nickte wissend und knuffte mir in die Wange. "Du weißt, dass ich sowieso alles herausfinde, also kannst du es mir auch ruhig gleich erzählen."

Ich versuchte, nicht wie ein verknallter Teenager über beide Ohren zu grinsen, doch ich versagte gänzlich. Ich fuhr mir durch die Haare, um es herunter zu spielen und räusperte mich. "Wir sollten..." Ich machte eine Geste in Richtung Tür. "Valerie hat heute noch gar nichts gegessen, also sollten wir langsam mit dem Frühstück anfangen..."

Meine Mum lachte und zerstörte liebevoll meine Frisur. "Entschuldige bitte, mein Schatz, ich wollte dich nicht in Verlegenheit bringen."

Gemeinsam folgten wir also dem Rest in die Wohnung. Robin war gerade dabei, Tee zu kochen, während Louis in der Küche unter Valeries Beobachtung ein paar Spiegeleier briet. "Papa!", rief sie aufgeregt, als sie mich entdeckte. "Du musst sofort kommen. Louis hat gesagt, wenn ich dich nicht hole, dann fackelt er wahrscheinlich die Küche ab." Ich lachte und eilte ihm zur Hilfe, weil ich mir tatsächlich vorstellen konnte, dass das durchaus passieren würde.

Nach einer knappen Viertelstunde saßen wir schließlich alle am Esstisch und frühstückten gemeinsam. "Was ist das?", fragte Louis an mich gewandt und deutete auf meinem Teller, auf dem sich ein Spiegelei, ein wenig Speck und Bohnen befanden.

"Baked beans", antwortete ich. "Möchtest du probieren?"

Er nickte und schob ein wenig von den Bohnen auf meinem Teller auf seine Gabel.

"Iss das lieber nicht Lou, das schmeckt ganz komisch", gab Valerie zu bedenken.

Doch Louis probierte es trotzdem, verzog allerdings das Gesicht und griff sofort nach seinem Wasserglas, aus welchem er einen großen Schluck nahm. "Ewww", machte er und schüttelte sich kurz, was mich zum Lachen brachte.

"Ey, lach mich nicht aus." Er funkelte mich böse an und piekste mir in die Seite, wodurch ich nur noch mehr lachen musste. "Du bist doof."

Valerie zuckte mit den Schultern und schüttelte den Kopf. "Ich habs dir doch gesagt."

Während des Frühstücks schien Louis sich immer mehr zu entspannen. Er wurde lockerer, er unterhielt sich mit meinen Eltern und er lachte oft. Zu Robin war er deutlich distanzierter, als zu Mum, aber ich hatte auch nichts anderes erwartet. Es machte mich traurig, dass er glaubte, von jedem Mann ginge eine Gefahr aus. Aber es war auch mehr als verständlich, dass er so dachte.

Gegen Mittag gingen wir in den Kleingarten meiner Eltern, der sich auf der anderen Straßenseite befand und zu dem auch ein kleines Gartenhäuschen gehörte. Während Valerie mit Louis zusammen einen Fußball über die Wiese kickte und Robin die Hecke schnitt, legte ich mich zusammen mit meiner Mum auf die Liegen in die Sonne.

"Also..." Sie drehte den Kopf, um mich ansehen zu können. "Was hat Liam gemacht?"

Ich seufzte. "Er hat... ein paar unschöne Dinge über Louis gesagt und... über mich... über Nora..."

"Ohje...", murmelte sie leise und strich mir liebevoll über die Wange. "Wie geht es dir?"

"Besser." Ich schenkte ihr ein Lächeln, wurde dann allerdings wieder ernster. "An dem Abend ging es mir ziemlich mies, aber..."

Mein Blick fiel auf Louis, der den Ball an sich genommen hatte und ihn in Richtung Tor, welches Valerie und er aus den Mülltonnen gebaut hatten, kickte. Doch kurz bevor er es erreichte, nahm sie ihm den Ball ab und lief in die andere Richtung, wo sie ihn in das Tor beförderte. Jubelnd und lachend hüpfte sie umher, bis er sie sich schnappte und anfing, sie zu kitzeln. Quiekend wand sie sich unter ihm, während er über das ganze Gesicht grinste.

"Aber Louis war da...", beendete ich meinen Satz und sah zurück zu Mum. "Er hat Tamino geholt und... er war für mich da, obwohl er Angst hatte... Er... er stellt seine Bedürfnisse immer hinten an, um mir nicht zur Last zu fallen, er ist immer da, wenn es mir nicht gut geht, er kümmert sich um Valerie, als wäre sie seine Schwester und... er ist so unglaublich lieb, einfühlsam, hilfsbereit..." Ich brach ab. "Und Liam hat ihn behandelt wie einen Fußabtreter."

"Ja, er scheint wirklich ein netter Kerl zu sein." Mum lächelte und betrachtete Louis und Valerie nun ebenfalls. "Und ich weiß, dass es keine Entschuldigung für Liams Verhalten ist, aber es geht ihm wirklich nicht gut. Robin und ich waren neulich mit Sara und Grant essen und... Liam hat wohl wieder mit dem Trinken angefangen. Sie meinten auch, er hätte in den letzten Monaten ziemlich abgenommen und... Harry?"

"Ja?"

"Das darfst du aber nicht weitererzählen, das haben sie uns im Vertrauen gesagt, ja?"

Sofort nickte ich.

"Er... er muss wieder vermehrt Tabletten nehmen."

"Oh scheiße..." Ich raufte mir die Haare und schloss einen Moment länger als nötig die Augen, ehe ich meine Mum wieder ansah. "Wegen seinen Depressionen?"

Mum nickte. "Aber das gibt ihm nicht das Recht, dich blöd an zu machen. Trotzdem musst du verstehen, dass es bei ihm gerade wirklich nicht leicht ist und... vielleicht brauchte er mal etwas um Dampf abzulassen. Er meinte es sicher nicht so."

Ich lachte und schüttelte den Kopf. "Oh, glaub mir, er meinte es genau so."

"Nimm es dir nicht so zu Herzen", bat sie und lehnte sich zu mir hinüber, um mir einen Kuss auf die Stirn zu drücken. Ich lächelte und schloss die Augen.

"Ich hoffe, Liam wird irgendwann glücklich", murmelte ich.

"Er hat das verloren, was er am meisten geliebt hat."

Ich öffnete die Augen wieder. "Das habe ich auch."

"Ich weiß..." Ihre Hand fuhr in meine Haare und sie begann, meine Kopfhaut zu kraulen. Genauso, wie sie es immer getan hatte, als ich noch ein kleiner Junge gewesen war. "Aber du hast eine Stärke, die Liam nicht hat. Du kannst einen unglaublich großen Willen haben und du wolltest für deine Tochter da sein. Und ich bin so unglaublich stolz auf dich."

"Ohne Valli hätte ich das alles nicht geschafft", flüsterte ich. "Sie ist wie ein Sonnenschein in meinem Leben, der sogar die dunkelsten Tage erleuchten kann."

"Ja, das ist sie wirklich."

Unsere Blicke lagen für eine Weile auf Valerie und Louis. Inzwischen hatte auch er es geschafft, das ein oder andere Tor zu machen. Robin war inzwischen mit der Hecke fertig und rollte gerade den Wasserschlauch aus, um sie zu gießen. Ich hielt mir eine Hand vor die Stirn und blinzelte gegen die Sonne an. Inzwischen hatten wir Ende Juni und heute war einer dieser Tage, an denen es besonders heiß war. Das schwarze T-Shirt, welches meinen Körper bedeckte, war wohl bei weitem die schlechteste Entscheidung gewesen, die ich hätte treffen können. Ich schwitzte wie verrückt.

"Meinst du Robin hat drinnen noch irgendwo ein Hemd rumfliegen?", fragte ich und drehte den Kopf zu meiner Mum. "Irgendetwas... lockeres? Hätte ich gewusst, dass es so warm wird, hätte ich etwas eingepackt."

"Im Kleiderschrank im Schlafzimmer müsstest du etwas finden", antwortete meine Mum, während ich mich aufsetzte und von der Liege aufstand. "Und im Kühlschrank liegt noch eine halbe Wassermelone. Kannst du die bitte mitbringen?"

Ich lächelte. "Ja, klar."

Im Schlafzimmer wurde ich tatsächlich fündig und wechselte mein T-Shirt gegen ein buntes Hawaiihemd von Robin, welches sich sofort leichter und luftiger anfühlte. Ich ging in die Küche und holte neben der Wassermelone auch noch eine Schale hervor, bevor ich begann, sie zu schneiden. Wie fast immer wenn ich alleine war, schweiften auch dieses Mal meine Gedanken zu Louis ab.

Alle sagten mir ständig, dass es okay war.

Ich hatte mich Hals über Kopf verknallt.

Und trotz allem, trotz dieses Kribbelns, trotz dieser ganzen Schmetterlinge, trotz der Tatsache, dass ich nirgends glücklicher war, als in seiner Nähe... trotzdem fühlte ich mich hin und her gerissen. Hin und her gerissen zwischen dem Wunsch, ihm all meine Gefühle einfach zu beichten oder ihm die Unterstützung zu geben, die er brauchte. Denn momentan brauchte er einfach einen Freund. Eine Sicherheit.

Ich wusste nicht, ob ich diese Sicherheit noch sein konnte, wenn ich mich vor ihm verwundbar machte. Wenn ich einen Korb riskieren würde. Vielleicht würde ich ihm auch Angst machen. Ihn verunsichern. Vielleicht würde er mich weg stoßen.

Plötzlich öffnete sich die Küchentür und ich ließ vor Schreck das Messer, mit welchem ich eben noch die Wassermelone geschnitten hatte, fallen.

"Fuck, scheiße!"

Reflexartig presste ich meine Hände auf die Stelle, die das Messer gestreift hatte und krümmte mich. Ein kaum auszuhaltender Schmerz durchfuhr mich und mir stiegen Tränen in die Augen.

Ich hörte Schritte, die sich mir näherten und nur eine Sekunde später stand Louis neben mir. "Tut mir leid, ich wollte dich nicht erschrecken..." Sein Blick glitt über meinen Körper. "Hast du dir weh getan?"

Ich presste die Zähne aufeinander und schüttelte den Kopf. "Geht schon."

"Oh Harry... es tut mir so leid. Ich wusste nicht, dass du hier bist." Er bückte sich, um das Messer aufzuheben und ins Waschbecken zu legen, ehe er seine Hände auf meine legte. "Darf ich es mir ansehen?"

Ich schüttelte den Kopf und kniff die Augen zusammen. Die ersten Tränen rannen langsam über meine Wangen. Es war auszuhalten, solange ich meine Hände auf die Stelle presste. Ich wollte mir die Schmerzen nicht vorstellen, wenn ich sie wegnehmen würde.

"Harry..." Seine Finger strichen über die meinen. "Es wird nicht besser, wenn du da jetzt die ganze Zeit so stehen bleibst."

Ich öffnete die Augen wieder und nickte langsam. Ganz vorsichtig löste Louis meine Hände und sofort verstärkte sich der Schmerz um das dreifache. "Fuck...", zischte ich leise, während er nach einem Geschirrtuch griff, es unter dem Wasserhahn befeuchtete und auf die Wunde presste.

"Das sieht gar nicht so schlimm aus", murmelte er. Er griff wieder nach meiner Hand und legte sie auf das Tuch, ehe er nun begann, mein Hemd auf zu knöpfen.

"Louis..." Mit meiner freien Hand griff ich nach seinem Handgelenk und brachte ihn dazu, in der Bewegung zu stoppen. "Was machst du da?"

"Der Stoff liegt direkt in der Wunde..." Er ließ sich von mir nicht beirren und fuhr fort. Seine Hände zitterten. Seine Atmung beschleunigte sich. "U-und das ist... das ist nicht gut."

"Louis... bitte...", flüsterte ich kaum hörbar. "Du hast mir mal gesagt, wenn du nochmal einen nackten Mann siehst, dann übergibst du dich. Ich möchte nicht, dass du dich unwohl fühlst."

"Du bist nicht nackt." Er strich mir das Hemd von den Schultern und legte es über einen Stuhl. "Nur halb. Habt ihr irgendwo etwas zum Verbinden?"

"Im Badezimmer."

Louis nickte und verschwand wortlos.

Ich warf einen Blick auf das Geschirrtuch in meiner Hand. Es war blutdurchtränkt. Auch meine Hände waren rot verfärbt und noch immer waren die Schmerzen kaum auszuhalten. Vorsichtig nahm ich das Tuch weg, um mir die Wunde anzusehen. Doch alles was ich sehen konnte, war bloß Blut.

"Pass bitte auf, dass Valli nicht hier rein kommt", bat ich, als Louis zurück kam, in der Hand einen Erste-Hilfe-Kasten.

Für einen Moment starrte er geistesabwesend auf meinen entblößten Oberkörper, ehe er sich der Wunde widmete. Ganz vorsichtig legte er mir einen Verband an, den er um meine Taille herum wickelte. Er war nicht zu fest und auch nicht locker. Und obwohl das Zittern in Louis' Händen wieder stärker geworden war, merkte ich ihm an, dass er das hier nicht zum ersten Mal tat.

"Woher weißt du, wie du das machen musst?", fragte ich.

Er zuckte mit den Schultern. "Bei uns sind öfter mal solche Dinge passiert. Nicht genau so, aber... ähnlich."

Sofort erschienen in meinem Kopf wieder die Bilder vom ersten Abend. Von den blutigen Striemen auf Louis' Rücken, den vielen Blutergüssen.

"Es tut mir so unendlich leid, Harry", murmelte Louis erneut, als er den Kasten wieder zuklappte. "Ich glaube, ich habe deinen Schmetterling zerstört. Die Narbe wird man wahrscheinlich für immer sehen."

Trotz der Umstände musste ich schmunzeln. "Das ist ein Nachtfalter."

Ich griff nach dem Hemd und zog es wieder an. Allerdings ließ ich die Knöpfe geöffnet, weil ich befürchtete, dass es sonst auf die Wunde drücken könnte.

"Ich wusste gar nicht, dass du... dass du so viele Tattoos hast." Louis' Blick glitt erneut über meinen Körper und er schluckte hörbar. "S-sieht schön aus. A-aber..." Er sah zu mir auf. Unsere Blicke trafen sich. Mein Herzschlag verdreifachte sich. "Aber du... du bist sowieso sehr... sehr schön..."

Ich erwischte mich dabei, ihm auf die Lippen zu starren. Gott, was würde ich dafür tun, sie küssen zu dürfen.

Ich ging einen Schritt nach vorne. Näher an ihn heran.

Er senkte den Blick wieder auf seine Fußspitzen. Vorsichtig, ganz vorsichtig legte ich meine Hand an sein Kinn und hob seinen Kopf ein wenig an. Diese Augen. So wunderschön.

"Du bist auch sehr schön, Louis", flüsterte ich.

Seine Augen zuckten hin und her, als könnte er sich nicht ganz entscheiden, in welches meiner er sehen sollte. Meine Hand lag noch immer an seinem Kinn, mein Blick auf seinen Lippen. "Sehr... schön."

"Harry..." Ich spürte seine Hand auf meiner Brust. Vorsichtig schob er mich von sich, während er das Gesicht abwandte. "D-das ist mir zu nah."

Wie als hätte ich mich verbrannt, wich ich sofort ein paar Schritte zurück. "Sorry, ich... es tut mir leid, ich hab das total..."

"Hey." Er lächelte. "Schon okay. Du sagst nur immer, ich soll... ich soll Bescheid sagen..."

"Ja." Ich zwang mich ebenfalls zu einem Lächeln. "Ja, klar. Das ist... das ist gut."

Fuck. Ich war so kurz davor gewesen, ihn zu küssen.

...

3085 Wörter - Ivy



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