Soft like peaches (Jeongchan) Part 1
❗Warnung ❗ Dieses Kapitel wird viel Fluff enthalten. Also macht es euch gemütlich, wickelt euch nach Möglichkeit in eine Kuscheldecke und esst ein paar Kekse oder Schokolade.
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Jeongins Pov:
Leicht verschlafen trotte ich in die Küche und betätigte wie ferngesteuert den Schalter für die Kaffeemaschine. Das hatte ich mir irgendwann in den letzten Wochen so angewöhnt und konnte es nun ohne nachzudenken. Manchmal war ich mir nicht mal sicher ob ich schon wirklich wach war oder noch in einem sanften Halbschlaf schwebte, der mich aber bereits dazu brachte so simple Tätigkeiten wie das Kaffeekochen ausführen zu lassen. Aber es war unbestreitbar sehr praktisch.
Warum ich überhaupt so früh aufstand und mir die Mühe machte Kaffee zu kochen, obwohl ich genauso gut beim nächsten Starbucks hätte vorbeigehen können?
Ein einziges Wort reichte aus um mein irrwitziges Verhalten zu entschuldigen. Nein, nicht wirklich ein Wort... viel eher ein Name. Sein Name.
Bang Chan.
Ich war vor ungefähr zwei Wochen einmal von ganz allein zu einer unchristlich frühen Zeit erwacht und hatte nicht wieder einschlafen können. Deshalb war ich in die Küche geschlichen und hatte mir eine heiße Schokolade gemacht. Und dann war es einfach so passiert.
Ohne dass ich irgendetwas dagegen tun konnte, stand mein Hyung plötzlich mit völlig verwuschelten Haaren, leicht verquollenen, müden Augen und nur in einer kurzen Sweatpants vor mir. Es hatte ungelogen zehn Sekunden gedauert bis er so weit wach war, dass er mir ein rauchiges Guten Morgen entgegenbrachte und dann hatte er sich fast schon wie ein Zombie auf Koffeinsuche begeben. Ich erinnerte mich zu genau an jedes kleine Detail dieser Szene, an Chans Müdigkeit, seine unbeholfenen Versuche sich Kaffee zu machen und seinen leichten Hang zum Nudismus. Und da war es mir schlagartig klar geworden.
Ich hatte mich unsterblich in meinen Leader verliebt.
Selbst in seinem eher ramponierten Zustand hatte ich ihn unwiderstehlich gefunden und konnte meine Augen nicht von ihm wenden. Jede seiner Bewegungen, jedes kleine Geräusch von ihm saugte ich in mir auf und als er sich damals eine Tasse aus dem oberen Küchenschrank holen wollte, konnte ich einfach nicht anders. Seine Augen waren noch so gut wie geschlossen, er tastete somit eher blind nach dem gewünschten Gegenstand und ich konnte ein Schmunzeln nicht mehr zurückhalten.
„Warte Hyung... lass mich das machen." Das waren meine ersten Worte an diesem erkenntnisreichen Mittwochmorgen gewesen und ich war rasch neben ihn getreten, um nach einer Tasse zu greifen. Ein niedliches zustimmendes Brummen war von dem Älteren gekommen und wie von allein hatte ich begonnen, ihm seinen Kaffee zuzubereiten. Ich hielt Chan ganz sicher nicht für unfähig, doch in diesem Moment wollte ich ihm einfach helfen und seinen Morgen so angenehm wie möglich gestalten.
Er hatte ein wenig verloren neben mir gestanden und mir nur zugesehen, wie ich schlussendlich die heiße, dunkle Flüssigkeit in die Tasse gegeben hatte und dann noch etwas Milch unterrührte. Anschließend schob ich ihm das Gebräu zu und er streckte schon die Hand nach der Tasse aus.
„Vorsichtig Hyung... sehr heiß." Warnte ich ihn und kurz hatten seine Fingerspitzen direkt vor dem Henkel der Tasse verharrt, dann drehte sich sein Kopf in meine Richtung und ein müdes aber wirklich liebevolles Lächeln lag auf dem Gesicht meines Leaders.
„Danke Innie."
Selbst bei diesem simplen Dank sandte mir seine raue Stimme einen angenehmen Schauer über den Rücken und ich hatte mich in den dunklen braunen Augen des Älteren verloren. Ich war abgetaucht in einen Strudel voller Liebe und Zuneigung und ich konnte einfach nicht gegen diesen Sog ankämpfen. Möglicherweise wollte ich das auch gar nicht mehr und deshalb hatte ich den Blick stumm erwidert und hoffte darauf, dass er mich irgendwann von diesem Bann erlösen würde.
Und nun stand ich also wieder in der Küche und kochte Kaffee. Alles nur für Chan.
Es machte mich glücklich ihm diese kleine Freude am frühen Morgen zu bereiten und dafür nahm ich auch in Kauf, eher aufzustehen und etwas von meinem Schlaf aufzugeben. Ich erwartete nichts als Gegenleistung. Sein Lächeln und sein leicht zerzauster Anblick waren für mich Belohnung genug. Außerdem hatte Chan schon so viel für mich getan. Mehr als ich wahrscheinlich aufzählen konnte. Er hatte mich immer wieder motiviert, mir zugehört und meine Sorgen und Probleme geteilt. Er fand immer aufbauende Worte und selbst wenn man keine Lösung für ein Dilemma fand, dann waren seine Umarmungen alles was man brauchte, um an das Gute im Leben zu glauben. Es war beinahe magisch was dieser Mensch an Zuneigung und Geborgenheit in mir auslösen konnte.
„Guten Morgen Innie." Ertönte die verschlafene und leicht rauchige Stimme meines geliebten Hyungs hinter mir. Ein kurzer Schauer lief meinen Rücken hinab, doch ich konzentrierte mich darauf, seinen Kaffee in die Tasse zu gießen und dabei nichts zu verschütten. Anders als sonst spürte ich nun jedoch zwei Arme, die sich vorsichtig um meine Taille schlangen und dann zog ein warmer Lufthauch über meinen Nacken, bevor der Ältere sein Kinn auf meiner Schulter ablegte und so beobachten konnte was ich tat.
„Du bist ja schon wieder so früh wach. Kannst du in letzter Zeit nicht gut schlafen?", fragte er und ich konnte die Besorgnis in seiner Stimme hören.
Wenn er nur wüsste...
„Nein, nein, es ist alles gut. Ich schlafe prima. Scheint nur so, als würde ich jetzt mit weniger Schlaf auskommen. Das habe ich mir sicher von dir abgeguckt", witzelte ich und schmiegte mich unauffällig weiter an ihn.
„Das will ich nicht hoffen", murmelte Chan und vergrub seine Nase gedankenverloren an meinem Hals und atmete tief durch. Er schien sich vollkommen zu entspannen. Ich hingegen zuckte fürchterlich zusammen und quiekte dann leise auf, weil mich seine warme Atemluft kitzelte und mein Herz schneller schlagen ließ. Glücklicherweise hatte ich die Kanne mit dem Heißgetränk vorher abgestellt, sonst wäre womöglich noch ein größeres Unglück geschehen. So stießen meine Finger lediglich etwas unbedacht gegen die bereits gefüllte Tasse und ein kleiner Teil des Inhalts schwappte über den Rand und verteilte sich auf der Anrichte.
„Entschuldige. Das wollte ich nicht." Nun sah Chan eher schuldbewusst aus und ließ mich los, um nach dem Küchenpapier zu greifen. „Hast du dir weh getan?" Schon wieder sorgte er sich zu sehr um mich. Eilig schüttelte ich den Kopf.
„Alles ok. Mir geht es gut."
Das entsprach zwar nur halb der Wahrheit aber ein schnell schlagendes Herz und das Prickeln auf meiner Haut, an den Stellen wo er mich berührt hatte, konnte man wohl kaum als Schaden deklarieren. Also ging es mir rein körperlich betrachtet gut.
Mein Hyung tupfte den verschütteten Kaffee auf und erst jetzt wurde mir bewusst, dass er ziemlich wach aussah. Seine Augen waren konzentriert auf seine Tätigkeit gerichtet und seine Bewegungen waren präzise und absolut nicht müde oder nachlässig.
„Na dann habe ich ja kein komplettes Chaos angerichtet", murmelte der Ältere und füllte seine Tasse wieder auf, nahm sie an sich und trug sie zum Tisch. Er ließ sich auf einen Stuhl sinken und nippte an seinem Getränk. „Setzt du dich zu mir?"
Auch das folgende Prozedere war in den letzten beiden Wochen zur Gewohnheit geworden und routiniert trat ich zum Tisch, um mir ebenfalls einen Stuhl zurechtzurücken. Doch gerade als ich mich setzen wollte, räusperte sich Chan und ich drehte mich zu ihm. Er streckte seine Arme in meine Richtung und warf mir einen bittenden Blick zu. „Kuscheln?" Unter seinen dunklen Wimpern sah er zu mir auf und konnte sich nicht mal im Ansatz vorstellen, welches Chaos er doch gerade in meinem Inneren auslöste. Allein durch dieses eine so niedlich gesprochene Wort.
„Klar." Das war das einzige, dass über meine Lippen kam und es klang selbst in meinen Ohren noch viel zu aufgeregt. Dennoch lief ich um den Tisch herum und stand kurz unschlüssig vor ihm, bevor er mich mehr oder weniger an sich zog und ich mich dann behutsam auf seine Oberschenkel niederließ.
Ich traute mich nicht einmal, ihm in die Augen zu sehen. Deshalb rutschte ich schnell näher zu ihm, schlang meine Arme um seinen Nacken und lehnte meinen Kopf gegen seine Schulter. Die brodelnde Wärme nahm noch weiter zu, als sich seine Arme locker um meinen Rücken legten und eine seiner Hände sanft über ebendiesen streichelten. Immer wieder fuhren seine Fingerspitzen von meinem Schulterblatt bis hinab zu meiner Taille. Während ich mich zunehmend entspannte und mein Gesicht in seinem Oberteil vergrub -ich hinterfragte gar nicht, warum er heute überhaupt eines trug- entfuhr mir ein leises Seufzen. Es war eines von dieser Sorte, die einem sagten, dass man ganz dringend seinen restlichen Verstand nehmen und losrennen sollte, um noch etwas von seiner Würde und Selbstachtung zu retten. Aber ich fühlte mich zu wohl. Ich wollte mich nicht von Chan lösen und erst recht nicht, dass er aufhörte mich zu streicheln. Diese Form der Zuneigung war wertvoll. Zu wertvoll um sie mir wegnehmen zu lassen. Also rutschte ich etwas auf seinem Schoß hin und her um es mir noch bequemer zu machen. Doch bei einem leisen Brummen von ihm stoppte ich meine Bewegungen, hob meinen Kopf ein Stück und sah ihn dann entschuldigend an.
„Wenn ich zu schwer bin, musst du mir das sagen Hyung."
Noch bevor ich mich zurückziehen konnte, rutschten Chans Hände tiefer und legten sich um meine Taille. „Du bist nicht schwer Innie. Alles gut", beruhigte er mich und ließ seine warmen braunen Augen über meine Erscheinung wandern. „Es ist viel eher gemütlich.... Du bist so warm und weich." Die letzten Worte sprach er sehr leise und mich ließ das Gefühl nicht los, dass er noch mehr sagen wollte. Doch schon wurde ich wieder an ihn gedrückt und diesmal kraulten seine Finger meinen Nacken. Dann und wann wanderten sie auch höher und zupften an meinen dunklen Strähnen, kämmten diese behutsam. Alles in allem fühlte ich mich pudelwohl und summte glücklich vor mich hin.
Dann wurde die Tür mit Schwung aufgerissen und uns wurde ein übermotivierts „Guten Morgen" entgegengeschmettert, dass nicht nur mich sondern auch Chan kurz zusammenzucken ließ. Nun schlugen unserer Herzen beide etwas schneller und ein wenig angepisst drehte ich mich zu dem Störenfried um.
Natürlich war es Jisung, der sich gerade mit einem wissenden Lächeln und einer Tasse in der Hand zu uns gesellte. „So süß wie ihr zwei schon wieder seid, brauche ich ja gar keinen Zucker für meinen Kaffee", kicherte er und schürzte seine Lippen, um dann über den dampfenden Becher in seiner Hand zu pusten. Dabei schaffte er es dennoch, uns keinen Moment aus den Augen zu lassen und unsere Reaktion genau zu verfolgen. Es war schon fast gruselig wie gut er uns einschätzen konnte. Aber vielleicht lag es auch einfach daran, dass ich mir mit ihm ein Zimmer teilte und er Chan sowieso schon sehr lange kannte.
Dann beugte sich Jisung plötzlich nach vorn, streckte seine Hand zu der kleinen Obstschale auf dem Tisch und fischte einen runden zartrosa Pfirsich aus der Schale, die wohl irgendeiner von uns mit frischem Obst gefüllt hatte.
Für einige Sekunden drehte er die samtige Frucht zwischen seinen Fingern und grinste dann leicht pervers, so als wüsste er etwas, dass ich noch nicht einmal erahnen konnte.
„Das erinnert mich gerade an deine Unterhaltung mit Felix..." Jisungs Blick lag gespannt auf Chan und dann setzte er noch frech hinzu. „Hast du es da nicht mit einem gewissen Körperteil einer ganz bestimmten Person verglichen?" Er tat so, als müsse er überlegen, doch das Funkeln in seinen Augen verriet ihn.
Dann huschte sein Blick zu mir und in Gedanken flehte ich ihn bereits an, dass er sich jetzt nicht auch noch verplapperte und Chan offenbarte, dass ich unseren Leader ein Bisschen zu gern hatte.
Jedoch konterte unser Ältester umgehend und legte sein Kinn erneut auf meiner Schulter ab. Sein Atem war immer noch so angenehm warm aber diesmal verbot ich meinem Körper, in irgendeiner Art und Weise auf ihn zu reagieren. Immerhin sah Jisung alles.
„Sei du mal ganz leise Han... Sonst erzähle ich deinem Minho Hyung womöglich ganz aus Versehen von deiner kleinen Bildersammlung und dem T-Shirt... das du vor ihm versteckst."
„Touché", murmelte der Junge mit den runden Wangen und tippte mit dem Zeigefinger immer wieder sanft gegen die weiche Schale der Frucht. Dann rollte er sie über den Tisch zu Chan und beobachtete, wie dieser den Pfirsich knapp vor der Kante stoppte und nun ebenfalls in die Hand nahm.
Zwar war ich mir nicht hundert Prozent sicher, dass ich alles verstanden hatte, was hier gerade ablief, doch eines war sogar mir klar. Die beiden hatten just in diesem Augenblick einen stillen Pakt geschlossen, ihr Wissen nicht gegen den anderen zu verwenden. Womöglich weil es einige unangenehme Offenbarungen über sie beinhaltete, zu denen sie noch nicht bereit waren.
Leider machte mich dieses Halbwissen nur umso neugieriger. Na gut, auf Chans Geheimnis war ich neugierig. Bei Jisung war es mir zumindest im Moment ziemlich egal was er alles verbarg. Dass er dem Zweitältesten jedoch ziemlich verfallen war, war mehr oder weniger ein offenes Geheimnis.
Aber was meinte Jisung denn nun mit diesem Vergleich? Was hatte Chan miteinander verglichen? Und was wusste Felix von alledem?
Da ich hoffte, die Antworten in Chans Blick zu finden, wandte ich mich ihm wieder zu und legte den Kopf schief.
Was verheimlichst du mir? Was hat es mit diesem Vergleich auf sich? Warum hat Jisung das gesagt als er den Pfirsich genommen hat?
Mein Wissen lieferte mir auch nach weiterem Grübeln keine einleuchtenden Lösungsansätze und schließlich gab ich es auf, da ich auch in seinen Augen keine Antworten fand. Es frustrierte mich. Außerdem konnte ich sowieso nicht gut denken, wenn ich ihm so nahe war und er, ganz nebenbei bemerkt, noch immer meinen Rücken streichelte. Nur tat er es jetzt nicht mehr ganz so auffällig, sondern beschränkte sich darauf, mit seinen Händen sanft meine Taille zu umschließen und die Daumen leicht über den Stoff kreisen zu lassen. Meine Hände befanden sich inzwischen auf seinen Schultern und hielten sich dort ein wenig fest. So konnte ich auch sicherstellen, dass genug Platz zwischen unseren Körpern war und wir uns nicht so nahe kamen, dass Jisung noch falscher als falsch denken konnte. Das wollte ich unter allen Umständen vermeiden.
Doch heute war mir das Schicksal nicht so gewogen wie sonst. Wahrscheinlich lag es schon daran, dass ich mich erdreistet hatte, Chans Angebot auf seinem Schoß zu sitzen angenommen hatte.
„Wow, was ist denn bei euch los? Geht es Innie gut?"
Changbin trat dicht gefolgt von Seungmin in den Raum und sah mich an, als würde er nach möglichen Verletzungen oder anderen Blessuren Ausschau halten. Wahrscheinlich war es ein untypischer Anblick, mich auf Chans Schoß zu sehen. So nahe kamen wir uns wohl wirklich nur, wenn wir einander trösten mussten oder irgendwas ganz und gar nicht in Ordnung war. Deshalb wurde mir die Situation nur noch unangenehmer und meine Wangen glühten leicht als ich antwortete.
„Alles bestens. Ich..." In diesem Augenblick wurde mir wohl endgültig bewusst, dass es für mein Handeln keinen plausiblen Grund gab. Also schloss ich meinen Mund wieder und senkte den Blick, in der Hoffnung es würden keine weiteren Fragen kommen.
„Ähm ja... wollen wir dann langsam mal los?" Dass gerade Jisung mir aus der Patsche half, verwunderte mich dann doch etwas. Vor allem weil er sonst keine Gelegenheit ausließ, um Minho noch guten Morgen zu sagen und ihn dabei anzuschmachten wie ein liebeskranker Teenager. Wenn man schon vom Teufel sprach...
„Ist das hier eine Versammlung? Warum seid ihr noch hier? Changbin meinte, ihr habt heute viel zu tun... und warum sitzt Jeongin auf deinem Schoß?" Wie immer trafen Lee Knows Worte den Nagel auf den Kopf und sofort kehrte das unangenehme Gefühl, von allen Seiten angestarrt zu werden, zurück. Von allen außer Chan und Jisung natürlich. Letzterer blinzelte Minho verträumt an, während unser Leader nun mich ansah und dann leise seufzte.
„Sie haben recht... eigentlich wollte ich schon vor einer Viertelstunde los." Es klang beinahe so, als müsse er sich für irgendetwas entschuldigen. Aber er sagte nichts weiter sondern sah mich einfach an und schenkte mir ein bedauerndes Lächeln. Ich verstand recht schnell und stützte mich mit den Handflächen auf seinen Schultern ab, um aufzustehen und mich dann kurz zu verbeugen.
„Sorry, hätte ich gewusst, dass du so viel Stress hast, hätte ich dich nicht aufgehalten", erklärte ich mich und wusste, dass meine Wangen nun vor Scham regelrecht brannten. In den letzten Minuten war mein Denken so von Chan eingenommen, dass ich keinen Gedanken daran verschwendet hatte, dass ich den Älteren möglicherweise vom Arbeiten abhielt und er gar nicht intendiert hatte, das Kuscheln so in die Länge zu ziehen. Doch meine verzweifelten Schwärmereien und die Liebe, die ich für diesen Jungen empfand, vernebelten mein Gehirn und ließen mich unbesonnen handeln.
Ich hatte es genossen, in seinen Armen zu liegen. Aber was war, wenn er das gar nicht wollte? Wenn er mich nur vor den anderen nicht bloßstellen wollte und er die Nähe zu mir nicht so schön fand?
„Ja... also dann... bis später", setzte ich noch schnell hinzu und schlängelte mich dann an Seungmin vorbei, um aus unserer Küche zu fliehen.
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Die Frustration und die nagenden Zweifel hatten sich den ganzen Tag über gehalten. Sie hatten selbst dann nicht nachgelassen, als ich gemeinsam mit Hyunjin, Felix, Minho und Seungmin zurück zum Dorm gefahren war. Die anderen hatten wahnsinnig gute Laune und waren ausgelassen, machten kleine Scherze und lachten miteinander. Besonders Felix und Hyunjin hatten riesigen Spaß daran gehabt, die kleinen Wortgefechte zwischen Minho und Seungmin noch etwas anzuheizen. So langsam konnte man schon sagen, dass Seungmin sich nicht mehr von Lee Know einschüchtern ließ. Er konnte ihm mittlerweile schnell Paroli bieten und seine zynischen Kommentare überraschten manchmal sogar Minho. Doch auch wenn es wirklich unterhaltsam war, den beiden zu lauschen, so schenkte es mir heute nicht die nötige Ablenkung. Meine Gedanken verweilten stoisch bei Chan und unserer Umarmung heute Morgen. Seitdem hatte ich ihn nur ganz kurz gesehen, weil er einmal in den Trainingsraum kam. Er war aber so schnell wieder verschwunden, dass mein geplagtes Herz nicht mit einem ungewollten Stillstand rechnen musste.
Jetzt aber saß ich wieder auf meinem Bett und hatte die Arme schmollend vor der Brust verschränkt. Mir gingen die Ereignisse des Tages durch den Kopf. Ich überlegte, ob ich mich jemals so hin und her gerissen gefühlt hatte. Vor den heutigen Geschehnissen war mir zwar bewusst gewesen, dass ich in Chan verliebt war und dass es ein tolles, ja beinahe berauschendes Gefühl auslöste, wenn er in meiner Nähe war aber jetzt dachte ich auch zum ersten Mal darüber nach, welche Folgen diese Tatsache mit sich zog.
Was ist, wenn Chan gar nichts für mich empfindet? Ist er überhaupt an Jungen interessiert? Entspreche ich dem Typ Mensch, den er daten würde? Wie kann ich herausfinden, ob ich eine Chance bei ihm habe? Sollte ich ihm sagen, dass ich auf Männer stehe? Wie würde er darauf reagieren? Was mache ich eigentlich, wenn er mich danach mit ganz anderen Augen sieht und sich von mir fernhält?
All diese Fragen stürzten in einer ungefilterten und unaufhaltsamen Flutwelle auf mich ein und erdrückten mich beinahe. Mir wurde schon fast schwindelig von all den verworrenen Gedanken und schlussendlich ließ ich mich mit einem abgrundtiefen Seufzen nach hinten fallen und streckte mich flach auf dem Bett aus, starrte ins Nichts und kam zu keinem plausiblen Ergebnis.
Nie hätte ich gedacht, dass mir die Liebe zu einem Jungen so viele Probleme und Sorgen bereiten würde. Ob sich Jisung auch so fühlte? Schließlich war ich nicht blöd und hatte -ebenso wie die anderen- gemerkt, dass er in Lee Know verknallt war. War er dann ebenfalls so unsicher, wenn es darum ging, was sein Gegenüber fühlte und wie er über ihn dachte?
Meine Fragen sollte ich wohl recht schnell beantwortet bekommen, denn genau in diesem Moment riss Jisung mal wieder die Tür auf und ließ mich zusammenzucken.
„Ich bin wieder da!", rief er laut und hielt dann kurz inne. „Oh sorry, ich wollte dich nicht erschrecken." Dann lief er auch schon hinüber zu seinem sogenannten Bett und versuchte sich einen Platz freizuräumen, auf den er sich fallenlassen konnte. Doch er gab rasch auf und zuckte mit den Schultern. „Ich will das nicht aufräumen..." Seine Stimme klang resigniert und fast wie bei einem bockigen kleinen Kind, dem man sagte, es solle seine Spielsachen nicht überall liegenlassen.
„Dann musst du wohl auf dem Boden schlafen Hyung", erwiderte ich frech und drehte mich, sodass ich den Kopf auf der Handfläche abstützen konnte und dem Jungen zusah, wie er verzweifelt darum bemüht war, einen Anfang für seine Aufräumaktion zu finden.
„Haha... sehr lustig. Ich will nicht auf dem Boden schlafen. Dann habe ich morgen Rückenschmerzen." Schmollend schob der Rapper seine Unterlippe nach vorn und fischte dann halbherzig ein Ladekabel aus dem Wirrwarr an Gebrauchsgegenständen, Kleidung und weis der Geier was sich noch alles auf diesem Bett finden ließ.
„Dann frag doch, ob du bei einem der anderen schlafen kannst... Vielleicht Minho..." Versuchte ich so subtil wie möglich zu sagen. Augenblicklich hielt Jisung in der Bewegung inne, drehte sich zu mir und tippte sich dann an die Stirn. „Er würde mich mit größter Freude aus dem Bett schubsen, sobald ich mich einmal zu viel bewege oder das Hoheitsgebiet seiner Betthälfte auch nur um einen Millimeter überschreite. Nein... ich hänge doch noch an meinem Leben."
„Ach komm, ich denke nicht, dass er sowas bei dir tun würde."
Ein Schnauben folgte. „Hat er aber."
„Wie jetzt? Also hast du schon mal bei ihm geschlafen?", fragte ich neugierig und man sah an Jisungs Blick ganz deutlich, dass er sich gerade selbst verraten hatte.
„Jaaa", meine er dann gedehnt und ein wenig so als würde er sich selbst fragen, ob er mehr sagen sollte.
„Und das lief so ab, wie du es gerade erzählt hast?" Diesmal konnte man schon heraushören, dass ich ihm seine Darstellung des Geschehens nicht ganz abkaufte.
„Najaaa... vielleicht war es nicht gaaanz so dramatisch", murmelte dieser nun und zwirbelte das Ladekabel zwischen seinen Fingern. „Aber ich konnte einfach so schlecht einschlafen, als er neben mir lag", jammerte er nun. „Ich wusste einfach nicht, wie ich mich ihm gegenüber verhalten sollte. Er hat mich nervös gemacht und dann hab ich mich wohl ein wenig zu oft hin und her gedreht..." Han hatte inzwischen auch leicht rote Wangen und für einen Moment vergaß ich über seiner Erzählung sogar meine eigenen Sorgen. Stattdessen setzte ich mich auf und wartete, ob er weitersprechen würde. „Und am nächsten Morgen meinte er dann, dass ich viel zu unruhig schlafe."
Verwirrt sah ich Jisung an. „Das war alles?"
„Jaaa. Was hätte er denn noch mehr sagen müssen... er fand es wahrscheinlich schrecklich."
Nun musste ich wirklich kichern. Ich konnte kaum wieder aufhören und schließlich legte ich mir eine Hand vor den Mund, um zumindest mein Grinsen zu kaschieren.
„Und ich dachte, Hyunjin ist der Dramatischste von uns. Aber mit diesem Auftritt hast du einfach alles getoppt Han Jisung. Du weißt doch wie Minho ist. Er sagt einfach das, was er denkt. Und manchmal kommt das eben auch ein bisschen harsch rüber."
Jetzt glomm wieder ein kleiner Hoffnungsschimmer in seinen Augen und dann kehrte die Entschlossenheit zurück. Seine Wangen waren nun leicht aufgeplustert, so als würde er damit eine Niedlichkeitsattacke starten wollen und dann nickte er. „Ok, du hast recht. Ich frage, ob ich bei ihm schlafen kann." Mit zielsicheren Schritten steuerte er nun auf die Tür zu, drehte sich dann aber nochmal um und lächelte strahlend.
„Chan ist übrigens auch da... nur falls du zu ihm willst. Ihr könntet zusammen einen Film ansehen oder reden." Bei dem Wort reden setzte der Rapper imaginäre Anführungszeichen in die Luft und kicherte. „Und wenn du schon dabei bist... dann frag ihn doch nochmal nach den Pfirsichen. Ich bin sicher, er erzählt dir gern von seinen Fantasien."
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Zunächst wünsche ich euch noch ein frohes und hoffentlich gesundes neues Jahr ✨💖
Mein guter Vorsatz für 2022 ist, dass ich euch endlich mal mehr auf Kommentare antworte. Ich habe selbst das Gefühl, viel zu wenig mit euch zu interagieren und das möchte ich gern verbessern.
Sonst hoffe ich einfach, dass es euch allen gut geht. I love you. 💕
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