Kapitel 1

Der Wecker klingelte um Punkt 7 Uhr. Ich öffnete die Augen. Die Morgensonne schien mir ins Gesicht und ich streckte mich. Mit einem Lächeln warf ich die Decke beseite, warf die Beine über die Bettkante und erhob mich. Beautiful Loser von Bob Seger kam im Radio und ich drehte das Lied lauter.
»Beautiful Loser«, sang ich lauthals den Refrain mit, während ich mir die Zähne putzte. »Where you gonna fall? When you realize, you just can't have it all.« Ich spühlte meinen Mund aus, stellte das Zahnputzzeug zurück und zog meine Sportsachen an. Unten in der Küche aß ich ein paar Cornflakes, dann verließ ich das Haus.
Einige Nachbarn, die gerade zur Arbeit fuhren oder im Vorgarten arbeiteten, winkten mir. Ich nickte zur Antwort. Gezielt joggte ich los - wie jeden Morgen lief ich dieselbe Strecke. Mir kamen ab und an Leute entgegen, Nachbarn, die mich mit einem »Einen wunderschönen guten Morgen, Catherine« begrüßten. Freundlich lächelnd grüßte ich zurück.
»Wieder unterwegs?«, erklang eine altbekannte Stimme neben mir.
»Nein, ich gehe immer noch nicht mit dir aus, Johnny!«, meinte ich ernst und erhöhte mein Tempo.
»Wir sehen uns morgen!«, rief der Mann mir hinterher und mit einem Grinsen bog ich um die Ecke und rannte auf mein Haus zu. Völlig außer fischte ich meinen Schlüssel aus meiner Hosentasche. Ich brauchte einige Sekunden, bis ich die Tür öffnen und eintreten konnte.
Ich ging ins Wohnzimmer, welches mit der Küche verbunden war und sprang an einen der Querbalken, an denen ich einige Klimmzüge machte. »Einige« war untertrieben - fünfzig am Morgen und fünfzig am Abend, falls ich die Zeit hatte. Ich ließ mich fallen und zog die Boxhandschuhe an, die auf der Küchenzeile lagen. Eine halbe Stunde verging, dann zog ich sie wieder aus und schmiss sie achtlos in die Ecke.
»Fünf Tote in der letzten Nacht. Laut Polizei wurden sie von einem wilden Tier angefallen und bis auf den letzten Tropfen ausgesaugt. Weitere Informationen folgen«, sagte die Nachsprecherin aus dem Fernsehen.
Ich stellte das Glas Wasser neben meinen Laptop und ließ mich davor nieder. »Kein wildes Tier«, meinte ich und tippte den Namen der Stadt ein. Sie war ein paar Stunden von hier entfernt, und ich packte sofort meine Sachen und fuhr los.
Es war nur ein kleines Nest von ungefähr vier Vampiren. Sie auszulöschen war einfach - ich kam mit gerade mal zwei Kratzern davon. Ich fuhr zurück nach Hause; dieser Tripp war ein ziemlicher Reinfall gewesen. Highway to Hell begleitete mich während der Fahrt. Es war bereits dunkel, als ich zu Hause ankam. Wie gesagt - ein totaler Reinfall diese Fahrt, sinnlose Zeitverschwendung.
Ich aß eine bescheidene Mahlzeit aus trockenem Brot und einer oblatengroßen Scheibe Käse, dann stieg ich unter die Dusche. Blut haftete an meiner Kleidung, die ich achtlos auf den Boden schmiss, und an meinen Händen, welche ich erschöpft unter dem warmen, angenehmen Wasser säuberte. Nach der Dusche putzte ich mir die Zähne und ging ins Bett. Eine Weile las ich in einem Buch über apokalyptische Zeichen und ähnliches und musste dann wohl eingeschlafen sein, denn spät in der Nacht erwachte ich und schaltete träge die Nachttischlampe aus - mein Tag war beendet, ein Tag, wie jeder andere.

Der nächste Morgen brach grau und bewölkt an. Tief in meinem Innern spürte ich, dass heute etwas anders werden würde.
Ich schmiss meine Decke beiseite und erhob mich lustlos. Ich schaltete das Radio aus, irgendein Schlager war gelaufen, und schleppte mich ins Bad.
Ich lief die Treppe hinunter und wollte in die Küche gehen, als mir das kaputte Schloss der Tür ins Auge fiel. Ich verharrte und sah mich im Flur um, doch war ich allein. Ich presste mich gegen die Wand und lugte vorsichtig in die Küche hinein - nichts. Mit einem Seufzen trat ich ein. Vielleicht waren doch Renovierungsarbeiten nötig.
Ich ging zum Kühlschrank und holte eine Flasche Bier heraus. Eine Diele knarrte in meinem Rücken und ohne zu zögern warf ich in der Drehung die Flasche. Klirrend zerbrach sie, als sie im Flur auf den Boden traf.
»Woah!«, rief der Mann, der im rechten Moment ausgewichen war. »Das nenn' ich mal 'ne Begrüßung.«
Ich hechtete zum Waschbecken und ergriff Kanister voll Weihwasser. Sofort schüttete ich den Inhalt auf den Mann, dann begann ich den Exorzismus aufzusagen.
»Hey, Cat, bitte -«
Ich bemerkte, dass es nicht wirkte und setzte nun die alternative Technik ein. Mit einer Handbewegung holte ich das silberne Engelsschwert zu mir. Es war nicht sonderlich schnell und es forderte meine Kräfte ziemlich heraus, doch hielt ich letztendlich das Schwert in der Hand - und das zählte.
Ich holte aus und wollte zustechen, doch der Schrei des Mannes hielt mich zurück. »Warte, Cat, bitte nicht!«, rief er. »Ich bin nicht Luzifer! Ich bin nicht er!«
»Das kann nicht sein«, schrie ich zurück. »Du bist in der Hölle.«
»Ich war's.« Beschwichtigend hob der Mann die Hände. »Cat, ich bin's wirklich. Ich bin zurück.«
Ich atmete laut, mein Herz pochte wild. Zitternd fuhr ich mir mit der Hand über die schwitzige Stirn und langsam legte ich das Schwert auf die Küchentheke. »Wie kann das sein?«, fragte ich und blickte Sam in die Augen.
Der Mann zuckte mit den Achseln. »Ich weiß es nicht. Ich bin einfach wieder da gewesen. Keine Ahnung, wer mich zurückgeholt hat.«
»Seit wann?«
Sam antwortete nicht, sondern ließ ich den Blick sinken.
»Seit wann?«, rief ich.
»Seit knapp einem Jahr«, gestand er und hob den Kopf.
Ich lachte fassungslos. »Das ist nicht dein Ernst, oder?« Keine Reaktion. »Weiß Dean davon?«
»Nein.«
Ich hob die Augenbrauen. »Du hast es ihm nicht erzählt? Dass du mir nichts gesagt hast, okay, muss ich mit leben, aber Dean? Er ... er ist dein Bruder ...«
»Ja, ich weiß.« Mit einem Seufzen ließ der Mann sich auf einen der Küchenstühle nieder. »Aber er hat sich ein neues Leben aufgebaut - und er ist glücklich. Wenn ich auftauchen würde, würde das alles weg sein. Er würde sich sofort für mich entscheiden.«
Ich nickte verstehend. »Okay, du hast recht.« Ich holte zwei weitere Bier aus dem Kühlschrank. »Aber das ist keine Entschuldigung.« Ich reichte dem Mann eine Flasche.
»So früh am Morgen?«, fragte er mit einem Schmunzeln.
»Alkohol kann mir nichts anhaben«, gab ich schulterzuckend zurück.
»Also hast du's geschafft.« Sam trank einen Schluck von seinem Bier. »Du kannst deine himmlischen Fähigkeiten einsetzen.«
»Ich trainiere sie jeden Tag - und das bereits seit einem Jahr.« Ich hob die Flasche und wollte einen Schluck trinken, als mir etwas auffiel. Mit gerunzelter Stirn ließ ich sie sinken. »Wie hast du mich eigentlich gefunden?«
»Äh, ja, das war gar nicht so schwer«, meinte Sam. »Ich war bei Bobby und der hat mir erzählt, wo du dich aufhälst - in dem Haus, wo du aufgewachsen bist.«
»Bobby«, seufzte ich. »Er weiß also auch, dass du wieder zurück bist.«
»Ja.«
»Und was verschafft mir die Ehre? Wieso kommst du ausgerechnet zu mir?«
»Ich wollte dich fragen«, Sam erhob sich, »ob du zurückkommen willst. Ins Jägerleben.«
»Ich jage immer noch«, meinte ich. »Allein.«
»Deswegen mach' ich dir das Angebot, dich uns anzuschließen.«
Verwundert sah ich ihn an. »Wer ist 'uns'?«
»Die Familie Campbell, die Familie meiner Mutter, ferne Verwandte. Wir jagen zusammen, leben zusammen. Es würde dir vielleicht gut tun, unter Leute zu treten.«
Ich lachte und verschränkte die Arme vor der Brust. »Falls es dir noch nicht aufgefallen sein sollte: Ich leb' mitten in einer Stadt. Ich lebe unter und mit Menschen.« Ich trat auf ihn zu. »Und seid wann jagst du mit einer Gruppe? Du erzählst Dean nicht, dass du zurück bist, arbeitest aber mit irgendwelchen erstklassigen Leuten zusammen?«
»Hey, pass auf, was du sagst!«, rief Sam entzürnt. »Du hast keine Ahnung ...« Er stockte, als ich auffordernd die Augenbrauen hob. Mit einem Seufzen fuhr er sich mit der Hand über sein Gesicht. »Tut mir leid. Ich kann verstehen, wie du dich ... fühlst ..., aber wir könnten deine Hilfe gebrauchen.«
Ich nickte wissend und lachte. »Verstehe. 'Meine Hilfe'. Ihr braucht meine Fähigkeiten«, meinte ich. »Du bist nur hier, weil du dich vergewissern wolltest, ob ich es geschafft habe, meine himmlische Kraft zu kontrollieren.«
»Cat, ich -«
»Verschwinde, Sam«, sagte ich.
»Was?«
»Ich sagte, verschwinde. Verschwinde aus meinem Haus!«
»Ich -«
»Nein!«, rief ich aufgebracht und trat auf ihn zu. »Du hast dich verändert, Sam. Ich würde dich nicht wiedererkennen, wenn ich dich nicht sehen würde.«
Sam seufzte. »Okay, ich verstehe dich. Wirklich.« Er ergriff einen Zettel und einen Stift vom Tisch und schrieb eine Adresse darauf. »Falls du's dir anders überlegst.« Das waren seine letzten Worte, bevor er verschwand.

1407 Wörter

Here it is!

Was sagt ihr zu Catherine?😏

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