Prolog
Blinzelnd kam ich zu mir. Es war stockdunkel. Nur durch einen Spalt schien etwas Licht. Aber auch nur ganz wenig, da es anscheinend Nacht war. Woher ich wusste, dass es Nacht war? Ich war mal wieder in dem Schrank eingesperrt. Dieser stand im Klassenzimmer von dem Heim, wo ich lebte, seit meine Eltern bei einem Autounfall gestorben sind. Ich war die Einzige, die überlebt hat, auch wenn ich Narben davon getragen habe. Da das Heim sehr ländlich lag, war der Weg zur Schule zu weit, wodurch die Kinder alle hier unterrichtet wurden. Problem war nur, dass mich alle anderen wegen meinen Narben nicht mochten. Es schaut aus, als hätte jemand versucht meinen Hals zu durschneiden. Ja, es sieht etwas furchteregend aus, aber deshalb jemanden ärgern? Ich haben ihnen nie einen Anlass dazu gegeben.
Jedenfalls konnte ich froh sein, wenn sie mich nur ignorierten und nicht wie heute, mich in den Schrank sperren. Ich würde nämlich erst wieder morgen früh bemerkt werden, da die Schulräume alle in einem anderen Flügel waren. Leider hatten eine Gruppe von Jungs herausgefunden, dass das Eingesperrt sein für mich die schlimmste Sache überhaupt war, seit dem Autounfall. Sie fanden es lustig. Meine Panik vergrösserte sich nur noch mehr. Ich hätte lieber Schläge ertragen, als in einem Schrank eingesperrt zu sein, in dem ich mich kaum bewegen kann. Warum gehe ich noch extra darauf ein? Ich will mich doch davon ablenken.
Nur noch 3 Monate und dann kann ich von hier verschwinden. Dann werde ich dafür sorgen, dass mich nie wieder jemand einsperren kann, egal ob in einem winzigen Haus oder in einem Schloss. Nirgendwo werde ich mehr eingesperrt. Ich werde meine Freiheit genießen und nur noch das tun, was ich möchte.
Da ich inzwischen ziemlich groß für den Schrank geworden bin, sitze ich eingeklemmt und in einer unnatürlichen Position hier. Mir wird morgen alles weh tun. Schließlich tut es das jetzt schon. Jetzt wünsche ich mir meine Bewusstlosigkeit wieder herbei. Dann würde ich mich nicht so eingeengt fühlen und könnte normal atmen. Denn meine Atmung glich langsam einem Marathonläufer, wenn er ins Ziel kommt. Hoffentlich bekomme ich keine Panikattacke hier. Das könnte problematisch werden, da man mir hier nicht helfen könnte. Ich versuche meine Gedanken wieder in eine andere Richtung zu lenken.
Dies klappte auch ganz gut, bis ich ein Donnergrollen hörte. Oh nein. Das wird nicht gut enden. Gar nicht gut. Eingesperrt und dann noch Gewitter. Das wird die schlimmste Nacht meines Lebens. Als es für eine Sekunde aufblitze kam auch mehr Licht in den Schrank. Ich zuckte heftig zusammen, was in meiner Position nicht zu empfehlen war.
Meine Panik konnte ich jetzt nicht mehr verdrängen. Ich hatte das Gefühl keine Luft mehr zu bekommen, wodurch ich noch schneller atmete. Meine Kehle war wie zugeschnürt, mir war schwindelig und zu allem Überfluss begann ich auch zu zittern. Ich wusste, dass ich hyperventiliere. Aber ich schaffe es nicht, mich daran zu erinnern, was man dagegen tun konnte. Die Panik und das Eingesperrt sein führten dazu, dass ich keinen klaren Gedanken mehr fassen konnte.
Ich bemerke, wie mein ohnehin schon kleines Blickfeld durch die Dunkelheit, sich noch weiter verkleinert. Ich wollte dem Gefühl des Eingesperrt sein entgehen, wodurch ich die nahende Dunkelheit willkommen hieß. Mir war es egal, was mit mir passiert. In diesem Moment wollte ich einfach nur weg und nichts mehr fühlen. Mein letzter Gedanke, bevor mich die Dunkelheit verschluckte war, dass es doch nur noch drei Monate waren.
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