6. Kapitel
Es war seltsam mir das Zimmer mit Dean zu teilen. Da war das Atmen eines fremden Menschen, in dem Bett unter mir. Da war sein Gitarrenkoffer, der vom Mondlicht angestrahlt wurde und lange Schatten auf den Boden warf. Da war ein fremder Geruch in dem Abteil – nicht, dass es unangenehm war, nur ungewohnt. Hier in dem kleinen beengten Raum, wirkte alles irgendwie so unglaublich intim. Ob Dean wohl schon schlief? Wir waren Beide schon fertig gewesen, als wir den Zug betreten hatten und so hatten wir unser Gespräch schlicht aus dem Grund beenden müssen, weil uns die Augen fast zufielen.
Doch jetzt wo ich im Bett lag, war ich hellwach. All die fremden Eindrücke machten es mir nicht gerade leicht einzuschlafen. Zusätzlich war es aus irgendeinem Grund eisig kalt in dem Schlafabteil. Ich hatte die Heizung aufgedreht, aber das hatte nichts gebracht. Bei meinem Glück hatte ich natürlich auch noch ausgerechnet ein Abteil erwischt, in dem die Heizung ausgefallen war. Mit einem Seufzen versuchte ich die Decken, noch enger um mich herumzuziehen – dabei sah ich wahrscheinlich schon aus wie ein Deckenburrito. Glücklicherweise hatte ich noch eine Extradecke eigepackt, weil ich damit gerechnet, dass mir die Decke im Zug nicht reichen würde. Zugegeben ich war eine ziemliche Frostbeule, aber ganz ehrlich, diese Decken waren meist erbärmlich dünn.
Ich griff nach meinem Handy und schaute auf die Uhr, um auszurechnen, wie lange ich noch schlafen konnte. 2:34 Uhr. Ich hatte Glück, meine Station würden wir vorrausichtlich erst um 11:30 Uhr erreichen. Das heißt ich konnte mir morgen etwas Zeit lassen. Ein bisschen früher als geplant, würde ich allerding schon aufstehen, weil ich Dean versprochen hatte mit ihm gemeinsam zu frühstücken und er früher aussteigen musste, als ich. Ich wollte mein Handy gerade wieder weglegen, damit ich versuchen konnte, auch eine Mütze voll Schlaf zu bekommen, als auf einmal eine Warnmeldung auf meinem Bildschirm aufblinkte. Ich runzelte die Stirn – das war eine seltsame Uhrzeit für Warnmeldungen. Ich klickte darauf und wurde zu einer Seite für Wettervorhersagen weitergeleitet. Es war eine Unwetterwarnung zu sehen, die einen unvorhergesehenen Schneesturm meldete. Als ich den Namen des Gebietes las, den der Schneesturm betraf, rutschte mir das Herz in die Hose. Shit. Eyshire war der Ort, zu dem Dean unterwegs war. Ein sorgenvoller Knoten bildete sich in meinem Magen. Hoffentlich würde Dean sicher dort ankommen, wo er hinwollte.
Ich war so beschäftigt, mir Gedanken darüber zu machen, was für potenzielle Gefahren auf Dean lauern könnten, dass mein müdes Gehirn erst nach ein paar Momenten realisierte, dass die Warnung nicht von meiner Wetterapp gekommen war. Nein, stattdessen stammte die Meldung von meiner Bahnapp, die ich so eingestellt hatte, dass ich eine Benachrichtigung bekam, wenn sich an meinem Reiseplan etwas änderte. Eine böse Ahnung machte sich in mir breit und ich scrollte hastig weiter runter, zu meiner Zugverbindung. Und da stand es schwarz auf weiß: Dieser Zug würde mich nicht zu meinem Ziel bringen. Nein, der Zug würde einen außerplanmäßigen längeren Aufenthalt in Eyshire einlegen und dort abwarten, bis der Schneesturm vorübergezogen war. Shit.
Diese Reise stand unter einem schlechten Stern. Es war nicht so als würde ich Luftsprünge machen, in mein altes Heimatdorf zu kommen. Im Gegenteil, am liebsten, wollte ich nie wieder an diesen grässlichen Ort zurückkehren. Es hatte seine Gründe, warum ich mich dazu entschieden hatte, soweit wie möglich von meiner Vergangenheit wegzuziehen. Aber ich hatte ein Versprechen gegeben, dass ich nicht brechen würde und ich wollte einfach nur dort ankommen, um es zu erfüllen, damit ich wieder nach Hause zurückkehren konnte. Und es war nicht nur, dass das Warten darauf, die Sache endlich hinter mich zu bringen, mich krank machte. Es war auch nicht gerade so, dass ich es mir leisten konnte, die Reise groß zu verlängern. Allein bei dem Gedanken, mir ein Hotelzimmer für eine Nacht in Eyshire zu buchen, blutete mein Geldbeutel. Frustriert schaltete ich mein Handy aus und legte es mit mehr Wucht, als unbedingt notwendig zur Seite. Na toll, jetzt konnte ich noch weniger schlafen.
Irgendwann musste ich wohl doch eingeschlafen sein, denn ich erwachte von dem Quietschen einer Tür, als Dean sich gerade auf Zehenspitzen wieder ins Zimmer schlich. Er war bereits fertig angezogen und sah definitiv zu erfrischt aus, nachdem er die Nacht in einem ratternden Zug geschlafen hatte. Mit einer Sorgfalt, die mich irgendwie rührte, schloss Dean die Tür, bevor er mir einen prüfenden Blick zuwarf und erstarrte, als er merkte, dass ich wach war und ihn ebenfalls ansah.
"Entschuldigung, habe ich dich geweckt?", fragte er leise, als wagte er es nicht, die morgendliche Stille zu unterbrechen.
"Schon okay", gab ich ebenso leise zurück und richtete mich auf, "Ich muss sowieso aufstehen und mir eine Unterkunft raussuchen, in der ich heute die Nacht verbringen kann". Ich merkte, dass Dean mich immer noch anstarrte und wurde mir mit einem Mal bewusst, wie ich wahrscheinlich aussehen musste.
Meine Locken sahen meist aus, als hätte ich in eine Steckdose gefasst, wenn ich gerade aufgewacht war. Meine Augen fühlte sich verquollen an, und ich spürte noch den Schlaf in meinen Augenwinkeln kleben. Himmel, ich konnte wahrscheinlich dankbar sein, wenn ich keine Spuckefäden im Mundwinkeln hängen hatte. Instinktiv fuhr ich mit einer Hand über den Mund und war erleichtert, dass wenigstens diese Peinlichkeit mir erspart bleib. Meine sonstige Erscheinung war allerdings auch nicht gerade schmeichelhaft. Es war nicht gerade so, dass ich damit gerechnet hätte, in den Nächten irgendwelche Gesellschaft zu haben, weshalb ich als Schlafanzug nur eine alte Jogginghose eingepackt hatte, die ziemlich sicher Löcher aufwies, die ich irgendwann mal nähen wollte und ein übergroßes Shirt auf dem Talk Darcy To Me draufstand. All das fiel mir in diesem Moment wieder ein, was prompt wieder Röte in mein Gesicht schießen ließ. Dean blinzelte und schüttelte leicht den Kopf, bevor er leicht verwirrt fragte: "Eine Unterkunft für die Nacht raussuchen? Ich dachte du machst einen Familienbesuch in Goridge".
"Jep, das ist auch richtig. Aber falls du es noch nicht mitbekommen hast – es braut sich gerade ein Schneesturm zusammen, der mich dazu zwingt einen Stopp einzulegen. Der Zug fährt nur bis Eyshire und fährt erst weiter, wenn der Sturm vorbei ist. Dasselbe gilt auch für alle anderen Züge oder öffentlichen Verkehrsmittel dort. Es sieht so aus, als würde ich erst einmal feststecken".
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Schönen Nikolaustag 🎅. Na, wer hat heute was in seinem Stiefel gefunden? Ich habe gestern beim Dekorieren, unsere alten riesigen Strümpfe gefunden, die wir früher immer an Nikolaus aufgehängt haben und bin ein bisschen sentimental geworden 🥺. Habe sie dann aufgehängt und die ein oder andere Sache heute morgen darin gefunden 🥰.
Anyways ich muss jetzt leider noch für meine Biologieklausur morgen lernen 🥲.
Wir lesen uns 💞
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