15. Kapitel

Wir hätten den Stromausfall wohl eine ganze Weile nicht bemerkt, wären die Licher nicht aufgrund des draußen wütenden Schneesturms, der den Himmel verdunkelte, angewesen. So tauchte der Ausfall der Licher das Haus jedoch in eine dämmrige Dunkelheit. Es bestand die nicht gerade unwahrscheinliche Vermutung, dass der Sturm vielleicht einen großflächigeren Stromausfall ausgelöst hatte. Dean hatte mir erzählte, dass es leider nicht das erste Mal war, dass bei einem stärkeren Sturm so etwas passierte. Zur Sicherheit wollte er aber im Keller noch einmal überprüfen, ob vielleicht aus irgendeinem Grund die Sicherung rausgeflogen war.

Da mir die ganze Sache nicht so ganz geheuer war, wollte ich nicht alleine zurückbleiben, weshalb ich fröstelnd neben Dean im Keller stand und für ihn die Taschenlampe auf den Sicherungskasten richtete. Da ich dieses Haus nicht kannte, war es für mich schwer ersichtlich welcher Schalter nun genau was kontrollierte. Zumal nur ein Teil der Schalter beschriftet war. Mit einem Seufzen schloss Dean die kleine Tür zum Sicherungskasten wieder und verkündete: „Die schlechte Nachricht ist, dass wir den Strom wohl vorerst nicht zurückbekommen werden“.
Obwohl ich diese Worte erwartet hatte, sackten meine Schultern ein wenig herab, bei der Aussicht noch eine Weile im Dunkeln festzustecken. Doch Dean schien weniger berührt zu sein von dieser Tatsache. Mit zwei großen Schritten bewegte er sich zu einem Schrank herüber, der an einer der Wände stand und öffnete eine Schublade.
„Die gute Nachricht“, fuhr er fort, während er in der Schublade kramte, „ist, dass ich auf diesen Fall vorbereitet bin“.
Mit einem triumphierenden Lächeln hob er eine etwas verstaubt aussehende Lampe aus der Schublade heraus. „Eigentlich ist diese Lampe Campingzubehör, aber hier in Eyshire gehört sie auch zu der Grundausstattung eines jeden Hauses, falls uns schlechtes Wetter mal wieder in eine solche Situation bringt“, deklarierte er beinahe stolz und ließ das erstaunlich helle Licht der Lampe den Keller fluten.

Wenig später hatte Dean es geschafft, eine gemütliche, beinahe romantische Atmosphäre zu schaffen. Erneut brannte ein Feuer im Ofen, das nicht nur eine behagliche Wärme verbreitete, sondern durch sein gelegentliches Knacken ebenfalls eine entsprechende Soundkulisse bot. Genügend Licht im Raum, wurde nicht nur durch die Lampe zur Verfügung gestellt, sondern auch durch die zahlreichen Kerzen, die Dean im Wohnzimmer verteilt und angezündet hatte. Und vor dem Kaminofen auf dem Boden standen die zwei Backbleche mit den Keksen, sowie Zuckerschriftfarben, verschiedengefärbter Zuckerguss, diverse Streusel und andere dekorative Elemente. 
Denn Dean war der Ansicht, dass der Stromausfall die perfekte Gelegenheit war, um die Kekse zu verzieren. Meinen Einwand, dass das Dämmerlicht mit Sicherheit nicht die idealsten Bedingungen schaffte, damit die Kekse hinterher einen Schönheitswettbewerb gewannen, wischte er einfach beiseite. „Ganz ehrlich, wenn du jemals schon einmal mit Zuckerschrift gearbeitet hast, dann weißt du sowieso, dass die nie das macht, was man will und einen an den Rande eines Nervenzusammenbruchs treibt. Da macht das fehlende Licht jetzt auch keinen großen Unterschied. Und wenn dir der Drang nach Perfektion im Weg steht, mach es dir doch einfach zum Ziel, die hässlichsten Kekse der Welt zu verzieren. Glaub mir, dass ist nicht so einfach, wie man denkt. Auch nicht mit Dämmerlicht“.

Dass diese Behauptung sich als gar nicht mal so unwahr herausstellte, merkte ich, relativ bald. Selbst wenn man einfach Chaoskekse verzierte, kamen am Ende überraschend kunstvoll wirkende Kekse heraus. Eine Zeit lang machten Dean und ich uns einen Spaß daraus nach versteckten Formen in den Zuckergusschaoskreationen zu suchen. Dann überzeugte er mich davon den Spieß umzudrehen und die durch die Ausstecher vorgegebenen Form neu zu interpretieren. So wurde zum Beispiel aus einer Teekanne ein rosafarbiger Elefant oder aus einem Stern der Kopf von Lisa aus den Simpsons.

Auch wenn eine unterschwellige knisternde Spannung zwischen uns hing, die vor dem Kuss noch nicht so deutlich gewesen war, merkte ich wie sehr ich so etwas gebraucht hatte. Die Anspannung, die mich angesichts der bevorstehenden Ereignisse erwartete, fiel einfach von mir ab. Und es war erstaunlich, wie kreativ ich werden konnte, wenn ich mir selbst nicht Perfektion abverlangte.
Vielleicht war es das, was mir in letzter Zeit den Zugang zum Schreiben verwehrt hatte. Ich war zu festgefahren in meinem Kopf, zu sehr auf meinen Plan für das Projekt fokussiert, zu sehr darauf, dass jedes Wort direkt perfekt auf der Seite aussehen musste. Dabei hatte ich einen der wichtigsten Grundsätze des Schreibens ganz vergessen: Eine leere Seite konnte man nicht überarbeiten.

Ein weiser Schreiber hatte einmal gesagt, dass er seine erste Version eines Projekts immer direkt als schlechteste Version betitelte. Vielleicht musste ich es mir einfach erlauben, dass nicht alles direkt so funktionierte, wie ich es wollte. Es war meine erste Fassung meines Manuskripts und würde noch mehrere Gänge durchs Lektorat, Korrektorat etc. machen und noch viele andere Augen würden meine Worte lesen, um mir zu helfen das Bestmöglichste dort rauszuholen. 
Es juckte mich in meinen Fingern, mich sofort wieder an die Arbeit zu setzen, aber ich wusste, dass ich nicht jeden Tag Kekse mit Dean verzieren würde. Ich wollte noch was länger hier in diesem Moment bleiben. Einen Moment länger in meiner eigenen Geschichte verweilen, bevor ich mich wieder in einer anderen verlor.

Nach all den Chaoskeksen waren wir zuletzt dazu übergegangen, auch ein paar Kekse auf traditionelle Art und Weise zu verzieren. Doch als ich jetzt wieder zu Dean hinübersah, bemerkte ich, dass er angefangen hatte Kekse mit einem einzigen Wort zu beschriften. Neugierig reckte ich meinen Kopf und versuchte zu erkennen, was genau er da aufschrieb, doch Deans Kopf war im Weg. Er bemerkte meinen neugierigen Blick und ich hätte schwören können, dass eine leichte Röte in seine Wangen stieg, bevor er sein typisches Grinsen aufsetzte – welches jetzt noch fatalere Auswirkungen, auf mich hatte, seit wir uns geküsst hatten – und fragte neckend: „Neugierig?“.
Für einen kurzen Moment überlegte ich es abzustreiten, aber dafür war ich einfach zu neugierig. Deshalb streckte ich herausfordernd mein Kinn nach vorne und nickte. Überraschung blitzte kurz in seinen Augen auf, aber er überspielte es schnell und räusperte sich kurz, bevor er einen Keks hochhob und erklärte: „Keksebacken ist eine meiner Methoden meine Kreativität anzuregen. Und manchmal habe ich einige Worte in meinem Kopf herumschweben, von denen ich weiß, dass ich sie in einen Song einbauen will, aber kann sie nicht genau positionieren. Diese Worte auf Kekse zu schreiben, die ich in unterschiedliche Reihenfolgen schieben kann, hilft mir manchmal eine neue Perspektive zu bekommen“.
Er sah ein bisschen so aus, als hätte er Angst, dass ich ihn gleich als verrückt abstempeln würde. Wenn er wüsste, was für verrückte Dinge ich schon getan hatte, um nachvollziehen zu können, ob das was ich in meinen Büchern schrieb realistisch war, dann würde er diese Angst sicher schnell verlieren.

„Lyrikkekse“, sagte ich mit einem leisen Lachen. „Das habe ich auch noch nie gehört. Andererseits stelle ich mir das auch praktisch vor. Wenn es dich frustriert, dass die Worte nicht so zueinanderpassen, wie du es dir wünschst, kannst du sie einfach aufessen“, sinnierte ich.
„Vielleicht sollte ich dieses System auch einführen. Glaub mir, das Papier von Karteikarten schmeckt nicht halb so gut, wie die Kekse, wenn du frustriert bist, dass dein Plot nicht funktioniert“.
Das entlockte Dean ein Lachen. Und zwar ein richtiges, so aus vollem Bauch, wo man nicht anders konnte, als mitzulachen, weil es so ansteckend war. Ich hatte mal in einer Studie gelesen, dass es besonders einfach war sich in jemand anderen zu verlieben, wenn man gemeinsam lachte und sich dabei in die Augen sah. Vielleicht waren es nur die Glückshormone, die ausgeschüttet wurden, wenn man lachte, aber ich könnte schwören, es war exakt dieser Moment, in dem ich mich in Dean verliebte.

..................................................................

Hallo und herzlich willkommen zur Lesenacht. Wie schon in meiner Ankündigung erwähnt, werde ich etwa jede halbe Stunde updaten. Ich versuche did ganze Zeit online zu sein, als wenn ihr irgendwelche Fragen oder Kommentare habt, gerne raus damit, ich freue mich immer mich mit Leuten unterhalten zu können : ).

Wenn ihr wüsstet wie lange dieses Kapitel schon auf meinem Laptop vor sich hinvegetiert... Tatsächlich hättet ihr dieses Kapitel wahrscheinlich auch schon einige Zeit früher bekommen, wenn Watty nicht so doll rumgebugt hätte, bis ich so frustriert war, dass ich erstmal keine Lust mehr hatte.
Ich weiß dass gerade nach dem letzten Kapitel, der Cut ein bisschen fies war. Dafür bekommt ihr jetzt den Rest in einem Rutsch.

Falls ein paar von euch aufgefallen ist, dass sich die Anführungszeichen geändert haben - ich habe endlich einen Weg gefunden, meine Kapitel von Word auf Wattpad zu übertragen ohne dass mir die Anführungszeichen verloren gehen, was mir einiges an Arbeit erspart.

Kurue Zwischenfrage zum Kapitel: Was haltet ihr von Deans Kreativmethode? 😅

Viel Spaß noch bei der weiteren Lesenacht ♥️

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top