12. Kapitel
Die Dusche hatte Wunder bewirkt, sodass ich mich beinahe beschwingt fühlte, als ich mich wenig später mit meiner Laptoptasche über der Schulter im Wohnzimmer wiederfand. Ich war immer noch müde, aber mein Körper fühlte sich viel klarer und erfrischter an. Gegen die Müdigkeit ließ sich jedoch auch etwas unternehmen. Dean hatte mir gestern gezeigt wie seine schicke Kaffeemaschine in der Küche funktionierte und mir zu verstehen gegeben, dass ich mich ruhig selbst bedienen konnte, falls ich vor ihm wach sein sollte.
Und deshalb stand wenig später, eine Tasse mit warmen Kaffee vor mir, die so aussah als hätte ich sie aus einem Café geordert. Dean hatte eine von diesen modernen Kaffeemaschinen, die verschiedene Arten von Kaffees auf Knopfdruck frisch zubereiten konnten. Dagegen sah meine Maschine, die nur klassischen Filterkaffee kochen konnte, ziemlich alt aus. Ich nahm einem Schluck von dem Kaffee und seufzte zufrieden.
Jep, so war das schon besser.
Mit dem Kaffee in der Hand schlenderte ich rüber ins Wohnzimmer, wo ich bereits meinen Laptop auf den Tisch gestellt hatte. Da war ein Kribbeln in meinem Magen, als ich den Laptop hochfuhr und mein aktuelles Manuskript öffnete.
In letzter Zeit war da immer nur ein Gewicht auf meiner Brust und ein dumpfes Unbehagen in meinem Bauch gewesen, aber jetzt freute ich mich darauf wieder in die Geschichte einzutauchen.
Für einen Moment ließ ich meine Finger regungslos auf den Tasten liegen und genoss das magische Gefühl, bevor ich das erste Mal nach langer Zeit die leeren Seiten mit neuen Wörtern füllte. Es gab nichts Schöneres, als wenn die Wörter quasi wie von alleine aus einem herausflossen.
Wenn man so sehr von der eigenen Geschichte vereinnahmt wurde, dass man sich wie ein eigenständiger Teil der Geschichte fühlte.
Denn wie eine weise Autorin einmal gesagt hatte, konnte die Geschichte den Lesern nur gefallen, wenn man selbst hundertprozentig überzeugt von der Geschichte war.
Wenn man sein eigenes Herz an die Charaktere verlor, wenn man strahlte wie ein Honigkuchenpferd oder sich auch selbst das Herz brach, dann konnten die Leser das in den Worten fühlen.
Doch das war auch mit einer der Gründe, warum ich nicht gerne schrieb, wenn jemand anderes mit im Raum war. Denn wenn ich grenzdebil meinen Computer anstrahlte, dann konnte das zu peinlichen Momenten führen.
Wenn man darüber nachdachte, war es schon ein verrückter Beruf, den ich da hatte. Ich bezweifelte stark, dass Menschen, die im Büro arbeiteten, durch so viele Emotionen gingen, wenn sie Akten wälzten. Ich verdiente meinen Lebensinhalt damit, mir Geschichten auszudenken und aufzuschreiben.
Naja, zumindest fast. Es war nicht unbedingt der Regelfall, dass man als Autorin alleine vom Schreiben leben konnte und so hatte auch ich noch einen zweiten Job, um meine Rechnungen bezahlen zu können. Obwohl der Beruf als Lektorin jetzt auch nicht gerade einer war, den ich hasste. Im Gegenteil – ich liebte die Tatsache, dass ich anderen Schreibern dabei helfen konnte, das Beste aus ihren Geschichten herauszuholen und ihre Träume zu verwirklichen. Außerdem verhieß dieser Nebenjob, dass ich eine Menge fantastischer Bücher vorab lesen konnte, was ein Traum war.
Natürlich gab es auch mal Autoren, mit denen man einfach nicht auf einer Wellenlänge war, weshalb es zu Frustration auf beiden Seiten kommen konnte. Aber im Großen und Ganzen lebte ich meinen Traum.
Zum Autorenjob gehörte aber tatsächlich noch viel mehr dazu, als einfach nur draufloszuschreiben. Mal abgesehen von dem nervenaufreibenden Überarbeitungsprozess, gehörte auch noch ziemlich viel Interaktion mit Menschen dazu, was man gar nicht meinen würde. Zuerst war da natürlich Social Media, ohne die man heute als Autorin nicht wirklich weit kam.
Wie viel Zeit ich damit verbrachte, Bücherregale umzusortieren und zu fotografieren oder irgendwelche Videos zusammenzuschneiden, die möglichst gut meine Bücher vermarkteten, war schon ziemlich krass. Zusätzlich gab es immer noch irgendein Problem, weswegen du mit irgendjemandem telefonieren musstest, um es in Ordnung zu bringen. Und dann waren da auch noch die Lesungen, Buchmessen und Signieraktionen, die im Laufe des Jahres so stattfanden.
Als jemand, die soziale Interaktion eigentlich immer auf ein Minimum beschränkt hatte, war das am Anfang ziemlich überwältigend gewesen. Um ehrlich zu sein, war es immer noch ein überwältigendes Gefühl über Buchmessen zu gehen und dort von Leuten angesprochen zu werden, die mich erkannten und Fotos oder Signaturen haben wollten.
Im letzten Jahr hatte sich tatsächlich während einer meiner Signieraktionen auf der Frankfurter Buchmesse eine längere Schlange vor meinem Stand gebildet und ich wäre fast in Tränen ausgebrochen.
Denn auch wenn das Autorendasein mein Traum war, hatte es auch seine Schattenseiten. Und wann immer ich in einer schwierigen Phase in einem Buch steckte und wie jetzt eine Schreibblockade hatte, dann hatte das einen großen Einfluss auf mich. Nimm den Kopf aus den Wolken, Mara. Was soll bloß aus dir werden, wenn du die ganze Zeit nur deinen albernen Träumereien nachhängst?
Es waren die Stimmen meiner Eltern, die zu solchen Zeiten laut wurden und alte, tief verwurzelte Selbstzweifel aufweckten. Wenn ich mein fertiges Buch dann in der Hand hielt, wusste ich, dass ich mich immer wieder fürs Schreiben entscheiden würde. Es gab kein wundervolleres Gefühl, als sein eigenes Buch in der Post zu finden und zu realisieren, dass man das wirklich selbst geschrieben hatte. Doch der Weg dorthin war ein harter, denn es wurde nicht einfacher.
Mit jedem neuen Buch, dass ich schrieb, setzte ich mich den gleichen Selbstzweifeln, Enttäuschungen, Herzschmerz und der Verletzlichkeit aus. Aber so entmutigend, dass jetzt vielleicht klingen mochte, bedeutete das auch, dass Bücherschreiben nie zur Routine wurde. Da war jedes Mal aufs Neue Hoffnung und ein Kribbeln im Bauch, wenn ich in eine Geschichte eintauchte. In jedem Buch, steckte mein ganzes Herzblut und meine Freude und mein Stolz. Und es war so ein schönes Gefühl nach langer Zeit endlich die Geschichte von Aria und Jamie weitererzählen zu können. Mich so sehr in der Geschichte zu verlieren, dass ich beinahe alles andere um mich herum vergaß.
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Wenn man die Zahlen vom heutigen Tag rumdreht, bin ich sogar pünktlich mit dem Kapitel. Ich weiß ich bin super spät dran und das tut mir wahnsinnig leid, aber Corona + mein rumspinnender Laptop haben mich ziemlich aus der Bahn geworfen :-/.
Im nächsten Kapitel wird es übrigens (hoffentlich) wieder etwas spannender.
Wir lesen uns 🩷
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