[04]
Jeongin PoV
Die Woche verging schneller als erwartet und ehe ich mich versah, saß ich neben Jisung im Bus. Ein Bus war für je einen Jahrgang gedacht, weshalb Minho in einem anderen Bus saß als wir.
In der letzten Woche hatte Minho sich wieder zusammen gerissen, was seine anzüglichen Kommentare zu Jisung angeht. Vermutlich wollte er nicht wieder eine Diskussion darüber haben, ob er jetzt mit Jisung schlafen würde oder nicht. Jisung war recht abweisend, was Minho anging, doch weder ich noch Minho sprachen ihn darauf an. Wenn die beiden bis Ende der Klassenfahrt nicht zusammen waren, würde ich wohl nachhelfen müssen, sonst würden die beiden es ja nie auf die Reihe kriegen. Wie ich das anstellen sollte, wusste ich noch nicht genau.
Der Bus fuhr nun schon eine ganze Weile und allmählich begann sich die Umgebung zu verändern. Aus den vielen Gebäuden der Stadt wurden schon fast malerische Landschaften mit vereinzelten Dörfern, die in Mitten verschiedenster Felder und Wälder lagen. Im Bus schien außer mir niemand wirklich davon begeistert zu sein. Die Lehrer, die bei uns mitfuhren hatten das alles schon oft genug gesehen und der Rest des Jahrgangs stellte sich die Frage, wie gut das Internet hier wäre. Jisung tippte, desinteressiert an der Umgebung, auf seinem Handy herum.
"Schau mal, Jisung! Da sind Rehe.", sagte ich aufgeregt. Es war Ewigkeiten her, dass ich das letzte Mal Rehe gesehen hatte, weshalb ich die Tiere begeistert ansah, bis sie aus meinem Blickfeld verschwunden waren.
"Hm... Toll...", antwortete der Ältere, ohne den Blick von seinem Handy zu richten. Was machte er damit überhaupt die ganze Zeit?
"Du hast überhaupt nicht geschaut...", schmollte ich. Ich mochte es nicht, wenn man so reagierte. Das hatte mich schon immer genervt.
"Tut mir leid, Jeongin. Ich war abgelenkt.", entschuldigte er sich.
"Vielleicht verzeihe ich dir, wenn du mir sagst, wer dich abgelenkt hat."
"Niemand spezielles."
"Also ist Minho jetzt niemand spezielles?"
"Hey, ich hab gesagt, dass du die Klappe halten sollst, was Minho angeht. Ich bekomme das schon auf die Reihe.", meinte er und klang dabei zwar leicht genervt, aber es war deutlich zu hören, dass er nicht wirklich wütend war.
"Sag Bescheid, wenn du Hilfe brauchst."
"Ich brauche eher Hilfe dabei, die Woche mit Hyunjin zu überstehen. Wie soll ich das überleben?"
"Das wird schon nicht so schlimm, Jisung. Warte es einfach ab."
"Hoffen wir es..."
Die restliche Busfahrt über versuchte ich Jisung zu erklären, dass es schon nicht so schlimm werden konnte, wie er sich das vorstellte und betete, dass ich damit Recht behalten würde.
Unsere Jugendherberge war wirklich groß. Natürlich brauchten wir mit zwei Jahrgängen viel Platz, aber dass das Gebäude auf dem Berg wirkte gigantisch.
Zum Glück waren wir mit unseren Koffern hier hoch gefahren worden, sonst hätten wir die den Berg hochziehen müssen und darauf hatte wirklich niemand Lust, da die Straße schon recht steil war.
Wir bekamen im Bus bereits die Zimmerschlüssel, von denen jeder der Leute auf dem Zimmer einen bekam, damit auf den Flur nicht so ein großes Gedränge entstand. Das Zimmer von Jisung war vier Zimmer von meinem und Minho's entfernt, was ja zum Glück nicht allzu weit war, sodass Jisung im schlimmsten Fall immer zu uns kommen konnte, ohne dass ihn einer der Lehrer durch die Gegend schleichen sah.
Ich kämpfte mich durch die Schülermassen in mein Zimmer und begann meine Sachen auszupacken. Wir hatten heute nur noch das Abendessen als festen Termin genannt bekommen, damit wir uns in Ruhe einrichten und kennen lernen konnten. Für mich war das eigentlich unnötig, da Minho einer meiner Freunde war und ich auch nicht so viel Zeit zum Auspacken brauchte. In meinem Koffer war schließlich nur das Zeug für eine Woche und das wanderte in Null Komma nichts in meinen Schrank.
"Also Zimmergenosse, ich bin Minho.", scherzte er und stellte sich vor, als wir beide ausgepackt hatten.
"Freut mich. Ich bin Jeongin.", erwiderte ich lächelnd.
Es klopfte wild an der Tür und als ich sie öffnete stürmte Jisung in unser Zimmer.
"Den Typen könnt ihr ja mal voll knicken. Was ein überheblicher Idiot! Warum hat der eigentlich so viele Kondome mit?! Will der beide Jahrgänge flachlegen oder was?!"
Er schmiss sich geradewegs in Minho's Bett und starrte in Richtung der Decke, während er sich über diesen Hyunjin aufregte.
"Jisung, du hast nicht mal eine Stunde lang Zeit mit ihm verbracht. Gib ihm doch noch eine Chance.", meinte ich, doch Jisung rollte nur mit den Augen.
"Kannst du voll vergessen. Ich mag ihn nicht."
"Ji, wenn du nicht freiwillig wieder rüber gehst, dann trage ich dich eigenhändig in dein Bett.", drohte Minho, auch wenn es für Jisung eigentlich keine wirkliche Drohung war.
"Pff... Das will ich sehen.", erwiderte er frech und grinste Minho an.
Dieser hob ihn einfach hoch, sodass Jisung überrascht seine Arme um seinen Hals klammerte, weil er Angst hatte, dass er das Gleichgewicht verlieren könnte. Ihre beiden Gesichter waren sich dabei ziemlich nah. So allmählich wurde es zwischen den beiden ja doch interessant. Am liebsten hätte ich jetzt einen Eimer Popcorn für das ganze Spektakel. Eigentlich hätte ich erwartet, dass irgendwas passierte, doch die beiden starrten sich einfach nur an, während Jisung's Ohren und Wangen immer mehr eine rote Farbe annahmen.
Vermutlich waren Minho und Jisung gerade einfach in ihrer eigenen kleinen Welt gefangen, aus der ich sie nicht rausholen wollte.
"Was war das gerade?", hauchte Minho und sah völlig geflasht aus.
"Sag du's mir.", kam es von Jisung zurück. Wenn die beiden sich nicht gleich küssten, bekam ich hier noch einen Anfall. Das war ja nicht mit anzusehen.
"I-Ich bring dich rüber.", stotterte Minho. "Machst du uns die Türen auf, Jeongin?"
Sein verdammter Ernst?! Er ist ja echt ein hoffnungsloser Fall. Ich schnappte mir meinen Schlüssel und öffnete den beiden erst die Tür zum Flur und dann mit Jisung's Schlüssel die Tür zu Jisung's Zimmer. Als ich die Tür auf machte, stand auf einmal jemand vor mir, den ich noch nie zuvor gesehen hatte. Zwei vereinzelte Strähnen seiner recht langen Haare umrahmten sein makelloses Gesicht und ich musste zugeben, dass er unglaublich gut aussah. Für einen kurzen Moment vergaß ich, wer dieser Junge sein könnte. Ich vergaß, dass Minho und Jisung und Minho hinter mir standen und starrte einfach nur in die Augen des Jungen, der mir gegenüber stand.
Für diesen kurzen Moment stand die Zeit still.
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