Kapitel 17
Ohne das ich etwas sagen musste, legte Zane einfach seine Jacke um mich. Dankbar zog ich sie richtig an, so dass mir wieder wärmer werden konnte.
„Ich habe dich letztens mit deiner Mutter telefonieren gehört? Sie ist dir sehr wichtig nicht wahr?", versuchte Zane ein Gespräch zu führen, während wir von Stand zu Stand bummelten. Viele kleine Künstler stellten hier ihre Werke zum Verkauf aus. Ein Schmuckstand hatte es mir besonders angetan. Wunderschöne kleine Edelsteine waren von filigranen Silberbändern umschlungen.
„Sie ist immer für mich da und im Gegensatz zu meinem Vater, war sie auch nie nur auf das Geschäft aus oder unseren Ruf. Wenn es nach ihr gegangen wäre, hätte ich Architektur studieren können. Sie wollte immer nur, dass wir Kinder glücklich sind. Also nicht falsch verstehen, mein Vater wollte das auch, aber eben unter gewissen Vorraussetzungen, wie eben dem richtigen Studiengang. Bei deiner Mutter zu sein, erinnert mich stark an meine Mama. Sie sind beide sehr liebevoll und trotzdem stark."
„Wenn sie dir so wichtig ist und deine ganze Familie, warum hast du sie dann in Italien zurückgelassen. Es kann doch nicht nur wegen der Mafia gewesen sein?"
„Eigentlich schon, denn egal wie sehr ich sie alle liebe und jetzt auch vermisse. Dort hätte ich niemals machen können, was ich liebe. Aber ich gehe jetzt nach all dem lieber wieder zu ihnen zurück. Ich gebe lieber einen Teil meiner Freiheit auf, als weiterhin ohne sie zu sein. Was hält mich denn schon hier?"
„Nach dem Tod meines Vaters wollte ich einfach nur weg. Alles aufgeben und mein bekanntes Umfeld hinter mir lassen. Aber genau die Liebe zu meiner Mutter, meinen Freunden und diesem Ort hat mich hier gehalten. Deswegen ist es so schwer für mich zu begreifen, wie du das wirklich alles aufgeben konntest."
„In den ersten Wochen habe ich jede Nacht geweint", gestand ich wahrheitsgetreu. Ich hatte wirklich am Anfang nichts hier gehabt außer Alex, Matteo und diesen unglaublichen Druck. Es war also keine Lüge. „Ich habe mich gefragt, warum ich das jemals machen wollte. Aber dann habe ich Anschluss gefunden und es wurde besser. Dann habe ich ja auch noch Nixon kennengelernt. Er war nicht immer schlecht. Wir waren lange sehr glücklich zusammen." Kopf schüttelnd sah ich nach unten.
„Er hat dich nie verdient und du bist nicht schuld!", versicherte Zane mir, als hätte er meine nächsten Worte schon erahnen können.
Ich nickte nur, sagte aber nichts zu seiner Aussage.
Zane schaute kurz nachdenklich vor sich hin, bevor ein neues Thema anschnitt. „Mein Vater hat mir das Schreinern beigebracht. Mein Zukunftstraum wäre eine kleine Schreinerei zu führen. Designer Möbel für die reichen und schönen, wie man so schön sagt. Kleines Haus und eine eigene Familie klingt auch nicht schlecht. Aber ich werde wahrscheinlich eher wie mein Vater enden. Ja, kleines Haus und eine Familie, aber komplette Aufopferung für den Job. Es war nicht immer einfach. Ich kann nicht einmal zählen, wie oft er zusammengeflickt werden musste und wie oft es kritisch um ihn stand. Und trotzdem war er immer da. Mir fällt nicht eine Sache ein, bei der er nicht dagewesene wäre. Einschulung, Football spiele, Abschlussfeiern. Er saß immer mit meiner Mutter in der erste Reihe. Er war nicht immer einfach, aber er war der beste Vater, den ich mir hätte vorstellen können."
„Wie hieß er?", wollte ich neugierig wissen.
„Spencer", lächelte Zane mir schief zu, „Ich hatte schon immer die Vorstellung irgendwann einmal meinen Sohn nach ihm zu benennen, weil es wirklich ein schöner Name ist."
„Das ist eine wirklich schöne Idee. Was ist deine Lieblingserinnerung an deinen Vater?"
„Ist zwar jetzt doof, weil er wie gesagt mir das Schreinern beigebracht hat, aber wirklich das erste Mal. Ich habe mich als Kind und als Jugendlicher noch mehr mit anderen geprügelt. Meine Eltern mussten wirklich häufig in der Schule antanzen. Irgendwann wurde es meinem Vater zu bunt. Er hat mich gepackt und ist mit mir raus gefahren. Meinte‚ Junge, du brauchst ein Ventil'. Das Kämpfen mit den Deathriders hat nicht gereicht. Und dann hat er mich an einen Baumstamm gestellt. Ich sollte ihn zu Scheiben und Brettern verarbeiten. Wir waren seit diesem Tag jeden Nachmittag dort. Er zeigte mir kurz alles und dann saß er einfach mit einer Zigarre im Mund, in seinem Sessel, noch die Zeitung oder irgendwelche Berichte in der Hand und hat mich einfach machen lassen. Es hat geklappt. Ich habe meine innere Ruhe damit gefunden."
Ich wollte noch mehr über Zane und seinen Vater hören, aber noch bevor ich fragen konnte, wurde ich von Jackson unterbrochen, der zielstrebig auf uns zukam.
„Wo wart -", wie versteinert sah der junge Mann mich und dann Zane an. Unsicher zog ich Zanes Jacke enger vor meiner Brust zusammen.
Makenna sah uns mit dem selben Blick an, bis sich ein breites Grinsen auf ihrem Gesicht ausbreitete. Wieder einmal wurde ich einfach gepackt und hinter ihr hergezogen.
„Was ist passiert?", wollte sie immer noch grinsend von mir wissen. Verwirrt sah ich sie an.
„Wir haben bloß gegessen und getanzt", antwortete ich wahrheitsgemäß.
„Aber du trägst seine Jacke", kicherte die junge Frau neben mir. Rhys, Jackson und Zane liefen hinter uns. Kurz warf ich Zane einen Blick zu, den aber nicht mitbekam. Er wurde nämlich gerade von seinen zwei lachenden Freunden mit irgendetwas aufgezogen.
„Mir war kalt, da hat er sie mir gegeben", meinte ich nur Schulter Zuckend.
„Hast du danach gefragt oder hat er sie dir einfach so gegeben?", hakte meine Freundin weiter nach. Ich verstand wirklich nicht, was sie mit dieser komischen Jacke hatte. Mit gerunzelter Stirn erklärte ich ihr, dass er mich hatte zittern sehen und sie mir einfach um die Schultern gelegt hatte.
Diese Antwort reichte wohl, denn Mack fragte nicht weiter nach. Allerdings war das Grinsen auch nicht mehr aus ihrem Gesicht zu wischen. Mich störte es sehr, dass ich gerade absolut im Dunkeln tappte und die Zügel nicht mehr in der Hand hatte. Dieses Unwissen machte mich nervös und das konnte ich gar nicht leiden.
Zusammen mit der Truppe von Bikern wanderten wir von Stand zu Stand. Jeder kannte die Männer und Makenna. Ich konnte den Respekt sehen, den die Dorfbewohner vor Zane hatten. Anscheinend wusste jeder was hier für Geschäfte liefen, aber es interessierte niemanden. Sie fühlten sich sicher bei Zane und den Biker.
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