Kapitel 13

Nachdem wir die Bar endlich wieder hergerichtet hatten, nahm Zane mich in seinem Wagen mit nach Hause. 

"Hank war der beste Freund von meinem Vater. Er war die Nummer zwei. Aber als mein Vater gestorben ist, gab es eine Wahl. Wer soll übernehmen er oder ich. Die Wahl fiel auf mich. Ich hätte es auch lieber, wenn es seine Verantwortung wäre, aber es ist nunmal meine und damit muss er sich endlich abfinden", redete Zane ruhig vor sich hin.

"Du warst sehr gnädig mit ihm", meinte ich, sah ihn dabei aber nicht an.

"Bei dir lief das anders ab?", wollte er von mir wissen. Kurz wich sein Blick von der Straße zu mir rüber ab.

"Er hätte die nächste Stunde nicht erlebt", gestand ich ihm, "Das war Hochverrat. Er ist gegen seinen Anführer gegangen. Die Gang ist die Familie und die Familie wird nicht betrogen. Er ist nicht nur gegen dich gegangen, sondern auch gegen deine Autorität"

"Aber sollte man in der Familie nicht vergeben?", meinte Zane niedergeschlagen.

"In einer richtigen Familie ja. Meine Brüder werden mir verzeihen, dass ich nach Amerika geflüchtet bin. Aber die Gang, das ist eine andere Familie. Diese Familie kennt zumindest bei mir keine Gnade."

"Das tut mir wirklich leid. Kein Wunder, dass du denkst, du hättest nichts besseres verdient, als Schläge", antwortete der junge Mann neben mir sachlich.

Er hatte wirklich keine Ahnung. Ja, es war hart. Nicht nur im Kartell aufzuwachsen, auch eins zu führen, während alle auf mein Scheitern warteten. Aber immerhin zerbrach mein Kartell nicht. Niemand würde es wagen mich so anzusprechen, wie Hank es gerade mit Zane getan hatte.

Still saß ich neben ihm. Wir sprachen kein Wort mehr miteinander, bis die Tür hinter mir in meinem Zimmer ins Schloss fiel.

So schnell ich konnte, holte ich mein Handy und schlich mich wieder aus dem Haus. Hinter dem Gebäude im Garten ließ ich mich einfach ins weiche Gras fallen und rief Nixon an.

"Was ist passiert?", hörte ich schon nach dem ersten Klingeln die besorgte Stimme meines Stellvertreters.

"Hey Mama, wie geht es dir?", fing ich fröhlich an zu reden. Ich wusste nicht, ob jemand doch in meiner Nähe war, also spielte ich weiter meine Rolle.

"Sollen wir dich rausholen?"

"Nein, nein", lachte ich, "Bei mir ist auch alles gut."

"Gut was ist es dann?"

"Ach Mama, das ist doch nicht so schlimm, dass der Apfelbaum ein paar Würmer hat. Die kann man doch einfach rausschneiden."

Ich konnte nur hoffen, dass Nixon den Code verstand. Normalerweise musste ich nicht in Metaphern mit ihm reden. Aber er kannte mich eigentlich sehr gut.

"Ein Spion unter den Neuen?", verstand Nixon mich zum Glück sofort.

"Ja, einfach rausschneiden. Dann kannst du den Rest vom Apfel einfach noch essen."

"Übliches Prozedere?"

"Nein. Ich weiß nicht, wann ich nach Hause kommen. Ich muss hier noch ein bisschen Geld verdienen", antwortete ich.

"Sollen wir ausnutzen, dass er hier ist? Wir können, wenn wir ihn gefunden haben falsche Informationen zuspielen."

"Genau das ist mein Plan."

"Beeil dich. Wir brauchen dich hier", hört ich Carson plötzlich aus dem Hintergrund brüllen.

"Ich liebe dich auch Mama. Wir werden uns schon bald wieder sehen."

*

Am nächsten Morgen saß ich wieder mal zusammen mit Zane am Esstisch. Aber diese Mal unterhielt er sich sogar mit mir. Vielleicht lag es daran, dass ich ihm seine Wunde versorgt hatte, oder an dem Gespräch auf der Rückfahrt ich wusste es nicht.

"Meine Mutter möchte, dass wir ihr beim Sommerfest helfen. Sie geht in die Bar und wir sollen den Stand zusammen aufbauen und dekorieren."

"Heute?", fragte ich nach. Er nickte mir nur zu.

"Wir fahren in einer halben Stunde."

Kurz sah ich auf die Uhr, aber eigentlich hatte ich auch nichts anderes mehr vor, als in der Bar oder eben jetzt bei dem Fest zu arbeiten.

*

Ich hielt die gesamte Zeit irgendwelche Bretter, damit Zane sie zusammenschrauben konnte. Ich war mehr als nur ein bisschen erleichtert, als die Stände endlich standen. Die massiven Holzhäuschen waren wirklich schön geworden. Mit Bannern und anderen Sache verzierte ich sie.

"Du hast wirklich ein Auge für sowas", hörte ich Zane hinter mir zustimmend sagen.

"Ich hatte immer einen Riesen Spaß bei meinen Eltern oder dann hier in meiner Wohnung alles mögliche zu gestalten und zu dekorieren", gestand ich ihm. 

"War Management und Finanzen nicht dein Traum?", hakte der junge Biker nach.

"Nein. Aber meine Eltern wollten, dass ich etwas richtiges mache. Architektur kam also nicht in die Tüte. Meine Mutter ist Ärztin und mein Vater leitet seine eigene Firma. Das waren also meine Optionen. Ich wollte in die Fußstapfen von meinem Vater treten. Aber meine Brüder sollen die Firma übernehmen. Da bleib nichts für mich übrig und die Gang und das alles. Es war einfach nicht mehr der richtige Ort für mich. Dann war ich also hier und "frei". Aber mit einem Abschluss, den ich nicht leiden kann. Ich musste irgendwie das Beste draus machen."

"Wieso hast du hier nicht noch mal studiert?", fragte er weiter.

"Von welchem Geld? Ich musste sofort anfangen zu arbeiten, um mir mein Leben hier leisten zu können und jetzt komme ich nicht einmal wieder nach Hause zurück? Außerdem wäre meine Familie enttäuscht von mir gewesen. Ich hätte ihnen das niemals erklären können."

"Aber würden sie nicht wollen, dass du glücklich bist?"

"Wahrscheinlich wollen sie schon, dass ich glücklich bin. Aber meine Absicherung und das Ansehen war ihnen immer wichtiger. Meine Brüder sind in ihren Bereichen aufgegangen. Ich eben nicht zu 100%."

"Was ist mit deinen Brüdern? Sehen sie das anders?"

"Wir hatten immer ein sehr enges Verhältnis, aber wenn es nach ihnen gehen würde, dann wäre ich eine Hausfrau und Mutter. Verheiratet mit irgendeinem reichen CEO einer Firma, der am besten noch mit ihnen zusammenarbeitet. Also ja, ich würde sagen sie sehen es anders. Aber ich weiß, sie lieben mich und wenn ich nicht so stolz wäre, würden sie auch sofort hier sein und mir ein Flugticket besorgen. Aber das würde bedeuten, sie hätten gewonnen und ich wäre von ihnen und der Familie abhängig. Das möchte ich nicht sein."


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