13 Der Brief, der alles änderte
Stattdessen war alles unter einer dicken Ascheschicht begraben, während die Flammen aus dem Türrahmen ins freie sprangen. Mein Blick wanderte weiter, einige Meter von meinem brennenden Kindheitshaus entfernt, lag eine Gestalt. Dorcha, der das haus um seine doppelte grösse überragte, knurrte leise, als wolle er mich vorwarnen, oder sogar verhindern, dass ich näher ging. Aber ich hörte nicht auf ihn, meine beine, die so weich waren wie die blutgetränkte Erde unter mir, trugen mich von alleine zu ihr hin. Instinktiv wusste ich, dass es Selene war. Als sich ihre Umrisse etwas schärfer aus der Dunkelheit heraus bildeten, stieg mir der Geruch von verbranntem Fleisch in die Nase. Dann erblickte ich sie. Ihre Kleidung war bis aufs unerkenntliche verbrannt, ihre haut zeigte nichts mehr von ihrer eleganten Blässe, die sie einst besessen hatte. Sie war aufgeplatzt, rot verbrannt oder an einigen Stellen bis auf die Knochen abgebrannt und verkohlt. Selbst ihr gesicht konnte ich beinahe nicht mehr erkennen. Nur ihre Augen waren noch dieselben wie immer. Selenes Augen, leer und ohne jeden lebensfunken darin, starrten sie mich an, während ihr Kopf seitlich auf dem Gras lag. Ich atmete rasselnd ein und drehte mich weg. Ich musste mich übergeben, ich würgte und Tränen stiegen mir in die Augen. Das konnte nicht sein, das durfte nicht wahr sein! Unter grosser Überwindung liess ich mich neben meiner tante auf den Boden sinken und fasste mit zitternden Fingern eine letzte verbliebene goldige Strähne ihres Haars an. Vorsichtig, als könnte sie bei der kleinsten Berührung auseinander brechen. "Es tut mir so leid dass ich nicht rechtzeitig da war...dass ich sie nicht gewarnt habe." Schluchzte ich, während mir heisse Tränen über die Wange liefen und ich ihr salz auf meinen aufgesprungenen Lippen brennen fühlen konnte. Doch das Brennen war nichts im Gegensatz zum Schmerz in meinem Herzen. ich realisierte, dass es meine Schuld war, dass der letzte mensch auf Erden der mir noch geblieben war, meinetwegen tot war. ich senkte den Kopf und mein Körper wurde von unkontrollierten Schluchzern geschüttelt, am liebsten hätte ich mich neben sie ins Gras gelegt und wäre nie wieder aufgestanden. Ich spürte wie Dorcha sich hinter mich stellte, ich konnte seine Beine neben mir spüren, wie eine schützende Mauer umgaben sie mich. Ich konnte spüren dass er meine trauer übernahm und mitlitt, auch wenn er Selene nie gekannt hatte. Er warf den Kopf in die Luft und stiess einen traurigen, lauten Brüller hervor, der einem durch Mark und bein ging. Er widerhallte in der Nacht und ging dann doch unter in dem Gemisch von Kampfgeräuschen, die über uns am Himmel stattfanden. Ich bekam das nicht mehr gross mit, denn ich konnte mich nicht mehr bewegen und nichts anderes mehr tun als Selene anzustarren, während Dorcha wie ein Schutzengel über mich wachte. Aus den Augenwinkeln konnte ich sehen, dass die Feinde die noch übrig blieben, bald die Flucht ergriffen, und von einigen der Marcaiche verfolgt wurden. Kurz kam der Mond wie ein Hoffnungsschimmer hinter den düsteren Wolken hervor, die schwer und düster vom Nachthimmel hingen. da glitzerte etwas in Selenes Hand, die sie halb unter ihren Körper gezogen hatte. es grauste mich, sie anzufassen und ich wollte sie auch nicht entehren, indem ich ihre leiche bewegte, aber dennoch griff ich langsam nach der silbernen, kleinen Schatulle, die von ihren verkohlten Fingern umklammert wurde. ich hatte keine zeit, mir die feinen Verzierungen auf dem silbern leuchtenden Deckel genauer anzusehen, denn ich sah nun wie Gendryl und sein alter, weißer Drache langsam neben mir zum Landen ansetzten. Schnell verbarg ich die kleine Schachtel unter meinem Pyjama, dass unterdessen mehr rot als hellblau war. Bisher hatte ich gar nicht gemerkt, wie blutverkrustet und verdreckt meine haut und meine Kleidung war. Doch jetzt spürte ich es, zusammen mit den höllischen Kopfschmerzen und den völlig entkräfteten Gliedern. "Quinn, hier bist du." meinte gendryl mit sanfter Stimme und während Dorcha aus tiefer kehle zu Grollen begann und sich dem alten Drachen meines Meisters zusandte, kam dieser auf mich zu. er legte tröstend eine Hand auf meine Schulter und schwieg einige Sekunden. "kanntest du sie" fragte er dann und ich hörte Schmerz in seiner Stimme mitklingen. Als hätte ihn mein Verlust an einen eigenen erinnert. "Sie war meine Tante. das letzte Mitglied meiner Familie. Jetzt habe ich nurnoch Dorcha." Leicht drehte gendryl mein gesciht zu sich hinauf. "Das ist nicht wahr Quinn. Dein heldenhafter Einsatz heute Abend, obwohl du eigentlich noch gar nicht bereit wärst für einen Kampf, hat gezeigt wie unverzichtbar du für unsere Familie bist." "Welche Familie?" Schniefte ich und sah meinen Meister aus verquollenen Augen an. Er antwortete nicht, stattdessen blickte er kurz zu Dorcha, der seine Nüstern gebläht hatte und den Meister misstrauisch aus großen, gelben Augen beobachtete. "Ich denke dein Drache hat es sich verdient, hier im Drachentaal zu leben. Ich werde gleich nach den Rettungsarbeiten und dem Wideraufbau des Dorfes mit den anderen meistern reden." Natürlich bedankte ich mich, und es war auch endlich die Lösung die ich mir eigentlich herbei gesehnt hatte. Doch durch meine Trauer hindurch konnte ich fühlen, dass es für mich nicht stimmte, hier untätig herum zu sitzen und Angriffe unserer feinde zu verschlafen. Die Marcaiche waren schwach geworden, hatten ihre Drachen verkümmern lassen. Ich wollte das ändern.
Für meine Tante, sowie für verstorbene Reiter und Dorfbewohner wurde ein Trauermarsch organisiert. Auf Baren und in weiße Tücher gewickelt, wurden die toten, ja sogar die Drachen, zu einem Hügel getragen, indem viele Dutzend Gräber ausgehoben waren. Finn erzählte mir, dass gesungen und geweint wurde, dass die Gräber voller Rosen waren und dass die Marcaiche das Volk und auch die Bewohner anderer Dörfer über alles aufgeklärt hatten. Doch ich hörte ihm nicht richtig zu, ich war nicht einmal bei der Beerdigung dabei gewesen. Ich konnte es nicht ertragen die menschen zu sehen, die wegen meiner Unfähigkeit, Informationen weiterzugeben, getötet wurden. ich hatte mich während der Zeremonie im toten land bei Dorcha aufgehalten und als alle wieder zurück waren, schloss ich mich im Schlafgemach ein. Zuvor hatte ich mich aber gründlich gewaschen und mir beinahe die haut vom Fleisch geschrubbt. So sehr ekelte ich mich vor mir selbst und dem was ich getan hatte. Ich hatte viele menschen in den Tod gehen lassen, aber ich hatte auch einen menschen selbst getötet. Mit einem Schwert hatte ich ihm das Leben genommen. Mit eigenen Händen. Ich starrte meine Finger an, unter meinen Nägeln waren immer noch Überreste von dreck und Blut. Ich griff unter mein Kopfkissen, wo ich die Schatulle versteckt hatte, mit der Absicht sie zu lesen. Doch erneut wurde ich unterbrochen, als Ida hinein platzte. Schnell lehnte ich mich ans Kissen. "was ist?" fragte ich mürrisch. Sie überhörte meinen bissigen Ton geschickt und wedelte auffordernd mit der schlanken Hand. "Du wirst an der großen Sitzung verlangt." Sie war aufgeregt, und auch wenn sie, wie alle andren, sehr betrübt war, hatte sie doch einen Funken Freude in den Augen. ich fragte mich, wieso. "Ich gehe da nicht hin", stellte ich fest und wollte mich abdrehen, aber plötzlich flog mir Idas Kissen um die Ohren. "Quinn hale du bewegst jetzt sofort deinen Arsch und kommst mit mir in die große Halle!" Ich atmete aus und wieder tief ein, ich hätte ihr so gerne die Türe vor der Nase zu geschlagen, aber dann rappelte ich mich doch hoch und ging mit ihr. Während wir uns durch das Labyrinth an Gängen im riesigen Berg schlängelten, ignorierte ich gekonnt Idas massenhafte Fragen über die gestrige Nacht. Sie hatte vom Tod meiner Tante anscheinend noch nichts mitbekommen, und das war mir auch lieber so. Als wir dann den großen Saal betraten, indem sonst immer heiter geschwatzt und gegessen wurde, war es mucksmäuschenstill. Die Bänke waren in reihen aufgestellt, als würde Jemand vorne eine rede halten, und alle Drachenreiter und Lernende sassen auf den Bänken und schwiegen. Einigen sah man Trauer und Schock an, andere wiederum spiegelten Idas Neugierde wieder. das waren dann wohl jene, die an dem Kampf nicht beteiligt gewesen waren. Vorne sassen Caspar und gendryl. Nur sie zwei waren von den Meistern übrig geblieben, ein grosser Verlust für die marcaiche, wie Caspar gerade betonte. Als ich rein kam raschelte es, und alle Personen im raum drehten den Kopf zu mir. Von zwei Dutzend Personen angestarrt zu werden, war mir unangenehm und ich mahlte unruhig mit dem Kiefer. "Ah Quinn. Bitte trete hier nach vorne." Nein, nicht auch das noch. Caspar deutete vor sich und ich war mir ziemlich sicher, dass er das nur tat um mich hinterrücks zu erdrosseln. Automatisch wanderten meine Hände zu den blauen Flecken an meinem Hals, die trotz meiner Waschaktion nicht weg gegangen waren. Ich gehorchte ihm zögernd und sehnte mich nach der tröstenden Nähe meines Drachen, der immer noch auf der toten Seite des Landes auf mich und gute Nachrichten wartete. "Lasst mich ein paar lobende Worte an Quinn richten." setzte Caspar an und ich hätte ihn beinahe gefragt, ob das nicht besser Gendryl übernehmen sollte. Ich hielt dann aber meine Klappe. "Auch wenn sie zu beginn ihre Schwierigkeiten hatte, anschluss zu finden, hat sie doch in der letzten Nacht, als aus unerfindlichen gründen die Nachtwächter schliefen", er warf zwei Jungen Männern einen bedeutungsvollen Blick zu, "noch während sie selbst attackiert wurde, Alarm geschlagen und hat tapfer ihr eigenes Leben riskiert im Kampf darum, die leben vieler anderer zu retten." Applaus ertönte, leise und verhalten, aber es war immerhin so etwas wie Wertschätzung. Trotzdem hätte ich mich gleich wieder übergeben können. Wenn sie bloss wussten was ich wusste. "Quinn, möchtest du dazu auch noch etwas sagen?" Unterbrach jetzt Gendryl caspars Lobeshymne, als wüsste er, was in meinem Kopf vor sich ging. Und es war zwar merkwürdig, aber tatsächlich hatte ich vor, das Schicksal dieser Welt nun zu verändern. So gut dass eine einzelne, unausgebildete Marcaiche eben konnte. "Ja ich würde gerne etwas sagen." Meinte ich dann leise und räusperte mich. Raunen ging durch die Menge. Ja, ich hatte auch selbst nicht erwartet, dass ich mich getrauen würde, all diese Personen anzusprechen, die mich so verspottet hatten. Und die mich wahrscheinlich zu großen Teilen immer noch nicht sonderlich mochten. dafür hatte Marie ja reichlich gesorgt. etwas lauter nun, begann ich zu sprechen. Nicht weil ich noch mehr Ruhm einheimsen wollte, sondern weil ich mir sicher war, dass es das Richtige war. "Ich weiss dass viele vielleicht einen Angehörigen oder einen guten freund verloren haben. Ihr wisst wie schrecklich sich das anfühlt." Zustimmendes Gemurmel kam auf, einige Tränen kullerten Wangen hinunter. "Und wisst ihr wer das angerichtet hat? Das waren Kämpfer aus Krimur." Es wurde still, niemand wusste so recht wie man reagieren sollte. kein Wunder, schliesslich hatte man schon seit langer zeit verdrängt, was auf der anderen Seite des Berges lag. "Krimur und Varkan sind die letzten Grossen Reiche die übrig geblieben sind, und Krimur hat noch immer nicht genug. Viele von euch haben ihre Drachen gesehen! Sie sind stärker und grösser als unsere, weil sie nie eingesperrt wurden. Für lange Zeit haben sie sich damit zufrieden gegeben, Varkan Menschen und Land zu stehlen, doch wie es aussieht haben sie nun auch das Drachentaal ins Visier genommen. das heißt sie werden zurückkommen, dass kann ich euch versprechen." Riskante Worte, denn bei den meisten Marcaiche schien ich nur auf Ablehnung zu stoßen. "Woher willst du das überhaupt wissen?" Kam es aus meinem Publikum. Ich leckte mir über die Lippen. "Weil mein Drache auch aus dem toten land stammt. Und weil ich mitbekommen habe, wie die Menschen dort behandelt werden. Es ergeht ihnen noch viel schlimmer als dem Dorf, dass gestern so vernichtend angegriffen wurde! Wir haben uns dazu verpflichtet menschen von der Unterdrückung anderer zu beschützen. Und das gilt auch für alle anderen, die nicht im behüteten Drachentaal aufwachsen konnten." Gemurmel und Getuschel, natürlich war es ein Skandal, woher mein Drache kam, aber ich hoffte trotzdem, sie alle irgendwie wachrütteln zu können. Denn wir konnten uns nicht ewigs in unserer Seifenblase verstecken, denn irgendwann würden auch wir zusehen müssen, wie sie platzte. Und das war eigentlich genau jetzt. "Also schlage ich vor, dass wir beginnen, uns gegen Krimur zu wehren und die Menschen dort aus ihrer Sklaverei zu befreien! Denn sie haben es genauso verdient wie wir, in einem friedlichen, grünen Tal zu leben. Und statt dass wir bloss aufbauen, was zerstört wird, könnten wir das Land noch viel mehr nutzen und hunderte von menschen hier ansiedeln!" Ich fuchtelte mit den Armen um deutlich zu machen, wie wichtig das Ganze war. "Also, lasst uns das Tote land von seinen Herrschern befreien!" Rief ich laut und wartete auf irgendetwas, Beifall, zustimmende Rufe oder interessierte Gesichter. Ich bekam nichts davon, es war genauso totenstill wie als ich den Raum betreten hatte. Sie alle starrten zu Boden, feige wie sie waren getrauten sie sich nicht einmal zuzugeben, dass sie zu viel Schiss hatten, ihre leben wirklich einmal zu riskieren. Hilfesuchend drehte ich mich zu den zwei verbliebenen Meistern um. Caspar wirkte berührt, aber auch er schien nicht vor zu haben, meinen Vorschlag in die Tat umzusetzen. Gendryl lächelte nur still vor sich hin und tat gar nichts. Na toll. Mit hängenden Armen stand ich da, vor den Drachenreitern die vom Volk als Beschützer gefeiert wurden, doch nichts mehr waren als Grosskotzer. Dann wallte Wut in mir auf, wie konnte man die Augen vor so schlimmen Dingen verschliessen. "Es ist doch klar dass wir uns jetzt nicht mehr verstecken können! Sie greifen auch uns an, denkt ihr mit dieser Einstellung können wir das Drachental beschützen? Das ist feige von euch allen..." "Quinn das reicht." Unterbrach mich Caspar und ich blinzelte zweimal. Ich blickte in beschämte oder trotzige Gesichter und begriff. Sie würden nichts unternehmen, egal was ich sagte. Ich war wütend und traurig zugleich, aber ich war machtlos. Mit tränenden Augen machte ich eine wegwerfende Handbewegung und rauschte Aus dem Saal, ohne dass jemand Anstalten machte, mich aufzuhalten. Bevor sich die Türen hinter mir schlossen, hörte ich noch wie Caspar begann, den Wiederaufbau meines Dorfes zu planen, als würde sich das ganze nicht wiederholen. Ich lief mit eiligen Schritten Richtung Zimmer, als ich am Arm gepackt wurde. Eine angenehme Wärme strömte durch meinen Körper. Als ich hochsah war es Finn, der mich aus wässrigen, tiefblauen und sanften Augen ansah. "Quinn warte." Ich riss mich los, auch wenn ich mich zugegeben danach sehnte, noch ein bisschen länger festgehalten zu werden. "Wieso?" Er seufzte und lehnte sich mit der abgestützten Hand an die kalte Mauer. Das fahle licht schien sein Gesicht noch markanter werden. Er war richtig gut aussehend, was mir aber ohnehin schon oft aufgefallen war. "Ich finde es mutig, dass du das tun willst, wir alle haben noch nie so weit nachgedacht, das täte uns sicherlich gut." Hoffnung flammte in mir auf. "Also willst du mir helfen?" Er zögerte und legte dann den Kopf schief. Aber egal wie süss er dabei auch aussah, es versüßte nicht seine folgenden Worte. "Ich denke dass das keine gute Idee ist. Dein Vorhaben ist ohne Zweifel sehr mutig, aber zu zweit gegen ein ganzes Königreich mit einer starken Armee kämpfen zu wollen, ist Schwachsinn." Ich schnaubte spöttisch. Also wieder nur eine Ausrede." Finster sah Finn mich an und schüttelte den Kopf, bevor er meine Hand sanft zwischen seine nahm. Ein überaus gutes Gefühl. "Nein. Ich möchte nicht, dass dir etwas passiert. Dafür...", er zögerte kurz, "mag ich dich zu sehr." ich schluckte. Er mochte mich? Finn, der vorbildlichste Schüler von allen, überall beliebt, mochte mich? Das war schwer zu glauben. Er musste es mir wohl auch angesehen haben, kein Wunder, so baff wie ich ihn anstarrte. Selenes Tod minderte alle Glücksgefühle, die ich empfinden konnte, aber trotzdem wurde mir kurz richtig heiss. "Ich...mag dich auch." Stellte ich fest und fühlte mich dabei richtig kindisch. Doch er grinste nur schief und beugte sich langsam zu mir vor. "Ich weiss, das ist offensichtlich." Ich wollte natürlich sofort etwas zu meiner Verteidigung sagen, doch bevor ich dazu kam, legte er sanft seine Lippen auf meine. Ein rausch von Gefühlen flutete meinen Körper und ich schloss automatisch die Augen. Seine Lippen waren so weich und er küsste mich so zärtlich, dass ich das Gefühl hatte, zu schweben. Ich schob all die Panik die mein unsicheres Ich hervorrufen wollte, beiseite und genoss einfach den Moment. dass sich wirklich Jemand so sehr für mich interessierte, dass mich Finn tatsächlich küsste und dass es mir gefiel. Oh ja, sehr sogar. Ich schob meinen Körper näher an seinen und kleine heiße Blitze schossen mir durch die Adern. Er hielt mich an der Hüfte fest, ganz leicht aber mit einer unglaublichen Wirkung. Als er sich langsam von mir löste war ich mir sicher, dass ich knallrot angelaufen war. Wie peinlich, dabei hätte ich eigentlich gut aussehen wollen, damit er es nicht sofort wieder bereute, mich geküsst zu haben. "Ich mag dich wirklich Quinn, und ich hoffe dass sich dass hier wiederholt." Ich ignorierte den Haufen Ameisen, der durch meinen Bauch krabbelte und nickte heftig. dann bemerkte ich wie überaus undamenhaft meine Reaktion war und räusperte mich. Ich musste dieser verwirrenden Situation irgendwie entkommen. "Ich...sollte jetzt schlafen gehen, denke ich." Stotterte ich und machte einen Schritt zurück. Finn grinste leicht, dabei bildeten sich feine Grübchen an seinen Wangen, die ich stundenlang anstarren könnte. Verdammt, was war bloß mit mir los. "Gute Nacht, Quinn." Meinte er dann und ich floh schnurstracks zurück in meinen Schlafsaal.
Wieder wartete ich, bis Ida und Kira ins Zimmer gekommen waren. Dieses Mal schwiegen sie mich an, es wussten wohl beide nicht, wie sie mir in die Augen sehen sollten. Gut so, sie wussten selbst wie feige es war. Auch wenn ich von Kira noch keine Heldentaten erwarten konnte in ihrem zarten Alter, so hätte ich wenigstens bei Ida auf Unterstützung gehofft. Aber die Tatsache dass sie bloß geschwiegen hatte, hatte mich tief gekränkt. Also ignorierte ich sie beide und wartete, bis sie eingeschlafen waren, bevor ich eine Kerze anzündete und langsam die Schatulle unter meinem Kissen hervor holte. Mit zitternden Fingern wischte ich die Asche auf dem Deckel zur Seite und legte feine, blumenartige Verzierungen frei. Es sah schön aus, aber ich konnte mich nicht erinnern, dass jemals in Selenes Haus gesehen zu haben. Und ich hatte dort 18 Jahre lang gelebt. Zögernd und in furchtvoller Erwartung was ich darin finden würde, klappte ich den Deckel auf. darin war nicht mehr als ein gefaltetes Stück Pergament. Ich klappte es auseinander und musste zuerst meine zitternden Hände beruhigen, bevor ich imstande war, es zu lesen. Allein als ich Selenes Handschrift erkannte, traten mir schon wieder Tränen in die Augen. Ich hatte ihr noch nicht mal auf ihren letzten Brief geantwortet. Sie war ganz alleine gestorben. ich schluckte schwer, noch mehr Vorwürfe, die meine Seele belasteten. dann begann ich zu lesen.
"Wenn du das liest Quinn, dann ist mir etwas schreckliches widerfahren und ich hoffe dass es mir noch möglich war, dir diesen Brief zukommen zu lassen. Ich schreibe diesen Brief jetzt, am Tag an dem du bei mir eingezogen bist, ein süßes pausbäckiges Kleinkind. Jetzt bist du hoffentlich Erwachsen und gesund. es tut mir leid dass ich dich aus deiner Welt reissen muss, aber deine Eltern wollten, dass du es auf diese weise erfährst." Dann war eine Stelle rausgestrichen worden, in der sie über meine Zukunft spekulierte und der Brief ging dort weiter, als sie wohl erfahren hatte, dass ich zum Drachenberg fahren würde.
"Jetzt wo mir klar ist dass du deinem Schicksal nicht entgehen kannst, werde ich dir jenes deiner Eltern erzählen. Sie waren keine einfachen Bauern, wie du vielleicht immer geglaubt haben magst. Sie waren wie du, von besonderem Blut und sie waren Marcaiche, so wie du es bald sein wirst. Sie haben sich dem Kampf gegen Krimur verschrieben, gemeinsam mit vielen anderen Drachenreitern. Kurz nach deiner Geburt sind sie alle in einem vernichtenden Kampf gestorben, als sie versuchten, Krimurs aktuellen Herrscher zu stürzen, der gerade die dritte Hauptstadt eingenommen hatte. Nur ein Mann namens Caspar überlebte, der wahrscheinlich auch dich irgendwann als Meister unterrichten wird. Von diesem Moment an haben sich die Marcaiche zurückgezogen und sich einzig und allein dem Schutz des Drachentals verschrieben. Deine Eltern wollten dass du normal aufwachsen kannst und nie von demselben Schicksal ereilt wirst wie sie. Da es mir nicht möglich war, dich davor zu bewahren, hoffe ich, dass du den Kampf deiner Eltern weiterführst und den Menschen im toten Land neue Hoffnung geben kannst. Denn das war es, was deine Eltern taten."
Da endete der Brief abrupt und ich ließ ihn langsam sinken. Das war also die Wahrheit, so war es gewesen. Nichts in meinem Leben war wirklich so, wie ich es gedacht hatte. Ich fühlte mich belogen und einsam. Mit vor Wut rotem Sichtfeld zerknüllte ich den Zettel und versteckte ihn wieder. Aber nichts desto trotz war ich in die Fußstapfen meiner Eltern getreten. Und je öfters ich mir Selenes Worte, im warmen bett liegend, durch den Kopf gehen liess, desto klarer wurde die Sache für mich. Meine Eltern waren für diese Sache gestorben und ich würde diejenige sein, die ihre Mission fortführte. Auch wenn ich es alleine tun musste, wie es aussah. Ich konnte einfach nicht hier rumsitzen und Zaubern lernen, während ich wusste dass hinter den Mauern dieses Berges die Menschen versklavt und entmündigt waren. Ein Teil von mir wünschte sich, dass ich es nie erfahren hätte, damit ich nicht die Verantwortung für mein Wissen übernehmen musste. Aber andererseits war es auch gut so. Denn wofür waren Marcaiche da, wenn nicht dafür, dass sie ihrer Aufgabe nachgingen und die Menschen dieser Welt beschützten. Ich sprang aus dem bett und begann in einige Stoff und Lederbeutel, das nötigste an Kleidung und eine Decke einzupacken. Ich füllte mir mehrere Wasserbeutel und klaute auch Proviant für wenigstens einige Tage aus der Küche. Das alles so leise, dass es niemand mitbekam. Dann betrat ich, beladen mit Gepäck und einem geklauten Sattel die Plattform auf der toten Seite des Berges. Es war nicht einmal nötig, Dorcha zu rufen, denn kaum trat ich in die kühle Nachtluft hinaus, spürte ich auch schon das warme Kribbeln in meinem körper. kein Augenaufschlag später erschien Dorchas mächtiger Kopf vor der Plattform und seine Flügelschläge wehten mir beinahe die Sachen aus den Armen. Seine Augen betrachteten mich mit Freude aber auch fragend. "Ich gehe hzeir weg, wir müssen den Menschen helfen, von denen Ace erzählt hat." Und wie das? Ertönten meine eigenen Gedanken in meinem Kopf. Ich musste mich immer noch an die Art, wie mein Drache mit mir kommunizierte, gewöhnen. Das weiß ich noch nicht, aber ich werde Ace suchen und hoffen, dass er mich unterstützt. Schließlich hat er mir ja angeboten, mich zu trainieren." Ich blickte zurück auf den verwitterten berg und seufzte leise und traurig. "Ausserdem hält mich hier nichts mehr." Fügte ich hinzu. Sowohl Dorcha als auch ich wussten, dass das nicht wahr war, denn es fiel mir überaus schwer, Finn zurück zu lassen, für den ich echte Gefühle zu bekommen schien. Und zwar verdammt starke. Aber ich musste ihn loslassen, damit ich anderen helfen konnte. Ich durfte jetzt nicht egoistisch sein, auch wenn es sehr verlockend war, bei ihm zu bleiben. Der schwarze Drache sagte nichts dazu, aber ich wusste dass er mir hinfolgte wohin ich auch ging. Und er wollte das Unrecht genauso sehr bekämpfen wie ich. Glaubte ich zumindest, es war schwer den Schwall an Gefühlen der immer von ihm ausging zu entziffern. "Dark ich dir den Anlegen?" Fragte ich und hielt den etwas aus gesessenen Sattel aus braunem Leder hoch, dessen lange Schnallen hinab hingen. Ich wusste auch nicht genau wie ich das anstellen sollte und auch Dorcha war nicht allzu begeistert. "Es ist einfach deutlich bequemer für mich und meine blauen Flecken." bettelte ich und er atmete mir genervt rauch asu seinen Nüstern entgegen. "Klare Botschaft." murmelte ich, wollte den Sattel schon beiseite werfen, als er mich mit seiner großen Schnauze sanft anstupste. Er liess es zu, dass ich den Sattel gleich am Ende seines gebogenen Halses anlegte und die Schnallen über seiner Brust kreuzte und festmachte. "Ist es sehr unbequem?" Er fühlte sich wie ein Pferd. Der Kommentar brachte mich zum Grinsen. "dann bist du aber ein wirklich grosses und gefährliches Pferd." witzelt eich und er schüttelte beleidigt den hals und den Kopf. Ich verkniff mir das Lachen und nickte verstehend. "Natürlich. Nicht witzig entschuldige." Sein Ego war mindestens doppelt so groß wie das meine und das hieß schon was. Ich befestigte das Gepäck notdürftig und kletterte dann seinen Flügel hoch. Ich sah nochmals zurück und blickte dann zwischen seinen gebogenen Hörnern auf das vor uns liegende, verbrannte Tal. "Lass uns gehen."
Denkt ihr das war der Richtige Entscheid? Oder handelt sie vorschnell? Hoffe euch gefällt die Geschichte bisher, jetzt geht es erst so richtig los!
Love to all of you :)
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