Kapitel 27

Mit gesenktem Kopf sitzt Mai auf ihrem Platz im überfüllten Klassenzimmer und versucht mit allen Mitteln wach zu bleiben. Kein Auge hat die grauhaarige die gesamten letzten Nächte zugemacht, andauernd hat sie geweint und sich nichts sehnlicher gewünscht, als dass jemand ihr sagen würde, all dies sei ein blöder Scherz und sie dürfe weiterhin Managerin bleiben. Doch nein.
Tatsächlich hat die blauäugige alles, was ihr in dieser schweren Zeit Trost gespendet hat, verloren und nicht, als wäre das genug. Oikawa ignoriert sie seitdem auch, aus dem Weg gehen tut er ihr offensichtlich.

Schniefend hebt sich der Blick des Mädchens und trübe starrt sie an die, mit Kreide beschriebene Tafel. Irgendetwas, was Mai nicht entziffern kann, hat ihr Mathematiklehrer gerade angeschrieben und mechanisch will die grauhaarige dies abschreiben, als plötzlich eine Durchsage ertönt.

„Mai Nakamura bitte ins Sekretariat. Mai Nakamura bitte ins Sekretariat!"

Überrumpelt springt das Mädchen fast schon panisch auf und nach einer Verbeugung, vor dem älteren Herren-ihrem Mathelehrer- tritt sie vor die Türe.
Mit rasendem Herzen und schweißgebadeten Händen eilt sie die endlos langen Gänge der Schule entlang und kommt vor der einschüchternden Türe, über der Sekretariat prangert, zum stehen. Zaghaft klopft sie gegen diese und wartet, auf der Unterlippe kauend, auf eine Reaktion.

Wenig später öffnet ihr auch schon eine junge Lehrkraft die Türe und gewährt dem Mädchen somit den Eintritt. Nervös folgt sie der Dame bis hin vor die Türe des Schulleiters und sieht dabei zu, wie diese auch noch ausgerechnet dagegen klopft. Bei dem alleinigen Gedanken daran, ein Gespräch mit dem Schulleiter zu führen, rutscht Mai's Herz in die Hose. Muss denn immer alles schief gehen?

„Sie können nun eintreten, er erwartet sie bereits." Dankend verbeugt sich die grauhaarige und tritt ohne zu zögern, aber dennoch mit schwerem Herzen, in das Büro ein. Ein riesiger, hölzerner Pult erstreckt sich inmitten des Raumes und dahinter, auf einem Lederstuhl sitzend, schaut ein älterer Herr direkt in das eisblau des Mädchens. Ein Duft von teurem Leder und nicht gerade billigem Parfüm steigt Mai in die Nase und mal wieder erinnert sich das Mädchen daran, wie fehl sie doch hier am Platz ist.

„Hallo.." er stoppt und sieht auf das Blatt in seine linken Hand „Mai Nakamura, setzten sie sich doch bitte. Ich muss mit ihnen über etwas dringendes reden."

-
Drei Tage zuvor: [Zwei Stunden nach Mai's Entlassung]

Wutentbrannt läuft Oikawa auf das riesige Bürogebäude, welches durch den bereits orange- rosafarbenen Himmel nahezu farbenprächtig erstrahlt, zu und stürmt hinein. Bereits durch die Glasfenster, welche sich über die ganze Frontseite erstrecken, hat er seinen Vater ausmachen können und seinen Schritt nochmals beschleunigt.

Ohne auf die verwirrten Blicke, der sich in der Eingangshalle aufhaltenden Menschen- schnöselige Männer und Frauen mit Aktentaschen und viel zu teuren Anziehsachen- einzugehen, sprintet Tooru hinüber zu einem der Aufzüge und verschwindet hinter dessen, sich gerade schließenden Türen. Nur zwei Stockwerke muss der braunhaarige in dem Aufzug verweilen und nachdem sich die metallene Türe geöffnet haben, strömt er Tsunami artig aus dem Lift heraus, geradewegs auf die Bürotüre seines Vaters zu.

Wuchtig reißt Oikawa die schwere Türe auf und tritt seinem Herren, der überrascht von seinem Akten aufsieht, gegenüber. Das Blut des Jungen pumpt heftigst durch seine Adern und Tooru merkt, den in sich aufsteigenden Hass gegenüber diesem Manne immer mehr. Am liebsten würde er ihn anschreien, ihm sagen, dass er genug von all dem Rumkommandieren hat und-

„Sohn, es ist schön dich zu sehen, aber hast du nicht Training?" Mit einem grässlichen Lächeln, beäugt der Mann seinen Sprössling und bittet ihn mit einer Handbewegung, sich zu setzten. Auf dem ledernen Stuhl, direkt gegenüber seinem Vater, lässt Tooru sich fallen und starrt den Mann mit einem kalten Ausdruck an.

„Warum hast du das gemacht?" Schneidend durchbrechen die Worte Oikawa's die erdrückende Stille und fragend hebt der dunkelhaarige Mann die Augenbraue.

„Ich verstehe nicht-?"

„Warum hast du Beschwerde eingereicht, dass Mai der Posten als Managerin entzogen wird?!" Fast schon anschreien tut der Junge seinen Herren und mit so viel Hass betrachten die schokoladenbraunen Augen seines eigenen Kindes ihn.
Gerechnet hat Oikawa, mit einer Ohrfeige oder einem Anschiss..doch nein.
Ein scheußliches Lachen erfüllt den Raum und tadelnd schüttelt der Vater seinen Kopf.

„Ach mein Junge, es war nötig, schau dich doch gerade an, dann hast du die Antwort. Begreifst du es denn nicht?" Rasend geht die Atmung seines Sohnes und unterdrücken muss Oikawa einen Wutausbruch.

„Das Mädchen ist nicht gut für dich. Für dich nicht und auch nicht für den Ruf der Familie, denk doch mal nach. Was würden die Leute von uns denken-?"

„Es interessiert mich einen Scheiß, was man von mir denkt! Was fällt dir ein, sie anzuschwärzen obwohl sie rein gar nichts getan hat? Nur allein wegen dir wurde ihr der Posten genommen, weil du findest, dass sie mich ablenkt?"
Fassungslos springt Tooru von seinem Stuhl auf und starrt seinem Vater angewidert ins Gesicht, auf welchem sich ein breites Grinsen ziert.

„Tooru, mein Junge..nicht nur den Posten ist das Mädchen jetzt los. Ich habe mich um alles gekümmert", beruhigend legt der Herr seine Hand auf die Schulter Oikawa's, nachdem er um den Tisch herumgegangen ist, „du kannst dich nun wieder ganz alleine dem Volleyball widmen."

Ruckartig schlägt der braunhaarige die Hand, welche sich wie eine Fessel anfühlt, von seiner Schulter und blickt bedrohend in die Augen-welche er von seinem Vater geerbt hat- hinauf. „Was hast du getan?"

Amüsiert zuckt der Herr mit den Schultern und schenkt sich einen Whiskey, welchen er aus einem der vielen Schränke geholt hat, ein. „Nur das nötige. Die Kleine hat es auf die Seijoh durch ein Sportstipendium geschafft, niemals hätte diese ärmliche Familie das Geld für die Privatschule aufbringen können. Ich habe Maßnahmen ergriffen. Soweit ich weiß ist Mai kein Mitglied eines Clubs und spielen tut sie auch nicht, obwohl sie eine hervorragende Volleyball Spielerin sein soll und das wiederum heißt: kein Sportstipendium."

Einen Moment herrscht totale Stille im Raum und Oikawa glaubt beinahe zu ersticken. Die Last auf seinen Schultern scheint den Jungen zu erdrücken und realisiert hat er, was sein Vater soeben gesagt hat.

„D-Das hast du nicht gemacht." Die Stimme des braunhaarigen ist am zittern, kaum einen Satz bekommt er zustande und unglaubwürdig schüttelt er den Kopf.

„Doch, ich habe Mai von der Schule abmelden müssen. Zuerst war es nicht ganz einfach die Schulvorsteher zu überzeugen, doch mit einwenig Druck hat es dann doch geklappt." Zufrieden nippt der Mann an dem Glas in seiner Hand und kippt die bräunliche Flüssigkeit seinen Rachen hinunter.

„Du bist ein mieses Arschloch, genau das bist du!"

„Zügle sofort dein Mundwerk mein Junge, oder glaubst du ich wäre nicht im Stande deiner Kleinen etwas zu tun?" Bedrohlich schreitet der Herr auf seinen Sohn zu und mahnend schenkt er ihm einen Blick. „Wenn ich dich noch einmal in ihrer Nähe sehe, dann schwöre ich dir wird es deinem Mädchen nicht mehr so toll gehen."

Oikawa will etwas erwidern, anschreien will er den Mann vor sich, doch die seinige Kehle ist staubtrocken. Unter dem angsteinflössenden Blick seines Vaters tritt der Junge einige Schritte zurück, um Anstand zwischen die beiden zu bekommen. Wäre sein Herr wirklich im Stande, Mai etwa anzutun? Kann es denn noch schlimmer kommen, als ohnehin schon? Ist all dies nur ein Bluff oder nicht? Nein, sein Vater scherzt niemals.

Zutiefst gekränkt schreitet Oikawa hinüber zur Türe, für seinen Vater ist diese Diskussion schon lange beendet, wenn sie denn überhaupt mal stattgefunden hat. Seine Hand legt sich auf den kühlen Türgriff und gerade, als er herausgehen will, triff Tooru einen Entschluss. Mit allen Mitteln muss er Mai beschützen, koste es was es wolle. Schon so viel Leid hat sie erleben müssen und noch mehr will er ihr ersparen. Hochfahren wird Oikawa seine alte Schutzmauer und die grauhaarige am besten jetzt erstmal ignorieren. Es ist besser so, auch wenn sein Herz bei dem alleinigen Gedanken schmerzt.

Er könnte sich gegen seinen Vater auflehnen, diesen zur Schnecke machen und die Stirn bieten. Doch für so etwas ist Oikawa noch nie Mann genug gewesen, schon immer war er ein Feigling.

„Sie ist nicht mein Mädchen, dass wird sie niemals sein." Monoton gibt der braunhaarige diese Worte von sich und ohne noch einmal zurückzublicken, verlässt er das Büro.

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I smell a lot of drama (:
Es tut mir selbst so weh uff-

Lots of love, bekki☀️

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