Kapitel 11
Müde sitzt das Mädchen im Klassenzimmer und reibt sich die Augen. Kaum geschlafen hat sie letzte Nacht, viel zu viel Angst hat Mai gehabt, dass ihr Vater es schafft irgendwie in ihr Zimmer zu kommen. Erst als Sota wieder daheim gewesen ist, hat sie in Ruhe schlafen können und das ist sehr spät gewesen.
Den Kopf legt die grauhaarige auf den kühlen Tisch, um bei dem Lärm, welcher in der Klasse herrscht, runterzukommen. Immer noch hat sie nicht wirklich Anschluss in ihrer Klasse gefunden, nur eines der vielen Mädchen ist wirklich sehr nett zu Mai, aber auch sie hat andere Freunde. Eine Weile starrt die blauäugige bloß aus dem Fenster, bis ihr das heutige Finale des Oberschulturniers einfällt. In all dem Stress, hat sie dieses total vergessen!
Schnell fischt Mai ihr Handy aus dem Rucksack und schaltet es hektisch ein. Mal wieder wird das ganze live übertragen und somit auch einfach zu verfolgen.
Das eisblau huscht über den Bildschirm und ein breites Grinsen ziert sich auf dem Gesicht ihrer selbst. Aoba Johsai steht im Finale, gegen die Shiratorizawa.
Einwenig muss sie sich zusammenreißen, um nicht komplett auszurasten. Am liebsten würde sie, wie eine Verrückte, durch den Raum hüpfen und einen Freundentanz aufführen, doch dann wären ihre Klassenkameraden bestimmt verstört von ihr. Also belässt Mai es bei einem einfachen Grinsen, welches aufrichtig und ehrlich ist.
Zum Ende der Pause betritt ihre Englischlehrerin den Raum und somit muss die grauhaarige ihre Aufmerksamkeit dieser, und nicht dem Spiel auf ihrem Handy, schenken. Genervt steckt Mai sich das Handy in die Jackentasche und kaut nervös auf der Lippe. Total spannend ist das gesamte Spiel, schließlich ist es ja auch das Finale des gesamten Turniers. Nur leider hat sie nur den Anfang sehen können, denn jetzt muss Mai dem langweiligen Unterricht folgen.
Unkonzentriert spielt das Mädchen mit ihren Fingern und malt sich im Kopf aus, wie das Spiel wohl verläuft. Führt Seijoh oder doch Shiratorizawa? Diese Ungewissheit bringt Mai beinahe zum durchdrehen, sie muss einfach wissen, wie es steht und wer bessere Chancen auf den Titel des Turniersiegers hat.
Entschlossen hebt die grauhaarige ihre Hand und erklärt der Lehrerin, dass sie dringend die Toilette aufsuchen müsse. Erleichtert, dass die Frau ihr die Lüge abkauft, schlendert das Mädchen nun im Flur umher, bis sie beim Badezimmer angekommen ist.
Leise schließt sie sich in der hintersten Kabine ein und nimmt platz auf dem Klodeckel. Um keine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, steckt Mai sich ihre Kopfhörer ins Ohr und schaltet daraufhin ihr Handy ein. Bereits einiges hat die blauäugige von dem Spiel verpasst, den ersten Satz hat die Shiratorizawa für sich entschieden und auch scheinen sie, auf den Gewinn des zweiten Satzes, hinzuarbeiten.
Gebannt starrt Mai auf den kleinen Bildschirm ihres Handys, dabei vergisst sie die Zeit und lässt auch den Fakt, dass sie gerade in der Schule ist, außer Acht.
Die Minuten vergehen in ihren Augen sehr langsam, doch eigentlich fehlt das Mädchen schon ganze dreißig Minuten.
Traurig muss Mai mitansehen, wie ihre Mannschaft 2:0 gegen die Shiratorizawa verliert, beide Male ist es aber sehr knapp gewesen.
22-25 und 23-25 verliert das Team gegen seinen Rivalen, welchem die grauhaarige keineswegs den Sieg gönnt.
„Scheiße"
Murmelnd fasst Mai sich an die Stirn, nicht wissend wie sie sich nun verhalten soll. Panisch fällt ihr ein, dass sie doch eigentlich Englischunterricht hat und nun schon viel länger, als ein ‚Toilettengang' fehlt. Gerade als das Mädchen sich aufrappelt, um zurück zum Klassenraum zu eilen, läuft sie geradewegs in ihre Englischlehrerin hinein, welche nach dem Mädchen sehen wollte.
„Nachsitzen Nakamura. Heute."
-
Gebannt blickt Mai immer wieder auf die Uhr, welche in dem kleinen Klassenraum hängt. Vorne am Pult sitzt eine gelangweilte Lehrkraft, welche den wenigen Schülern im Raum keine wirkliche Beachtung schenkt. Seufzend lässt die grauhaarige sich zurück in den Stuhl fallen und starrt auf das Blattpapier, vor ihr auf dem Tisch. Schon längst ist sie mit ihrer Strafarbeit fertig, nur gehen darf sie erst zu Unterrichtsschluss, welcher in wenigen Minuten ist.
Das laute Klingeln der Schulglocke lässt Mai sofort aufspringen und die Flucht ergreifen, um nachhause zu kommen. Die anderen wenigen Schüler blicken dem Mädchen verwirrt oder verschlafen hinterher, langweilig ist das Nachsitzen auf jeden Fall.
Schnell verlässt die grauhaarige das Schulgelände und eilt, die bereits dunklen Straßen entlang. Schon vor zwei Stunden hat sie zuhause sein müssen und erzählen, dass sie nachsitzen musste, will sie ungern.
Als sie vor ihrer Wohnungstüre ankommt, zögert Mai für einen Moment. Angst beginnt sich in ihren Fasern auszubreiten, Angst vor ihrem eigenen Vater.
Leise schließt sie die Haustüre auf und tritt, fast unhörbar, in die kleine Wohnung ein. Kurz stockt ihr der Atem und sie glaubt, dass niemand daheim ist.
Folgende Szene könnte auf manche Leser vielleicht etwas verstörend wirken. Es tut mir leid 🤧
Doch gerade als sie sich leise die Schuhe ausziehen will, spürt sie eine einschüchternde Präsenz neben sich. Ängstlich blickt Mai hinauf in die dunklen Augen ihres Vaters, welcher keinerlei Emotionen, außer Wut, auf dem Gesicht trägt. Die grauhaarige stellt sich aufrecht hin, die Schuhe immer noch an den Füßen und schluckt schwer, als sie dem Mann sehr nahe ist.
„Warum kommst du erst jetzt nachhause?"
Nicht einmal den Satz kann ihr Vater vernünftig aussprechen, mal wieder ist er betrunken. Die Hand des Mannes legt sich auf die zierliche Schulter von Mai und Panik kommt in ihr auf.
Wenn er trinkt, dann ist er nicht er selbst.
„I-Ich musste nachsitzen."
Zitternd bringt sie diesen kargen Satz hervor und weicht einige Schritte zurück, doch die Hand ihres Vaters bohrt sich fester in ihre Haut.
„Und das soll ich dir glauben Mai? Sie dich doch an, was ist das überhaupt für ein Outfit?"
Er zeigt auf die Schuluniform der grauhaarigen und mustert sein eigenen Kind angewidert. Was kann sie dafür, wie sie sich in der Schule zu kleiden hat?
„D-das ist m-meine Schuluniform Vater, ich musste nachsitzen...wirklich."
„Du warst bei einem Jungen, habe ich recht? Spaß hast du gehabt, während ich hier zuhause auf dich warte,ja?"
„Nein-."
„Lüg mich nicht an! Was fällt dir eigentlich ein!"
Im nächsten Moment spürt Mai ein brennen auf ihrer linken Wange und sofort steigen ihr Tränen in die Augen. Unberührt von den Tränen seiner Tochter, holt der Mann noch einmal aus. Grob packt er Mai an ihrem Handgelenk, sodass sie aufschreit.
„Lass mich..b-bitte Vater."
Rangelnd versucht Mai sich aus dem Griff ihres wütenden Vaters zu befreien, wodurch dieser nur noch fester zupackt. Wutentbrannt greift er nach einer Vase, welche in einem Regal des Flures steht und schlägt erneut auf sein eigenes Kind, das bitterlich am weinen ist, ein.
Als der Mann erneut ausholen will, schafft die grauhaarige es, sich aus dessen Fängen zu befreien und aus der Wohnung zu stürmen.
Weinend rennt Mai planlos die Straßen entlang, nicht wissend wo sie nun hin soll. Die Sicht ist verschwommen und die schweren Füße des Mädchens tragen sie zu dem einzigen Ort, welcher ihr in den Sinn kommt.
Die Sporthalle der Aoba Johsai.
Schluchzend rennt sie hinüber zu der metallenen Türe und stolpert unbeholfen in die Halle hinein. Schmerzverzerrt atmet sie aus und hält sich den Kopf, um das anhaltende Brennen ihres gesamten Körpers zu regulieren. Wimmernd rutscht Mai die kühle Wand hinunter und schließt die Augen, um runterzukommen.
Das ein anderer bereits in der Halle ist und Mai genauestens beobachtet, bekommt die blauäugige durch die ganze Aufregung gar nicht mit. Erst durch ein Schniefen, welches nicht von ihr selbst stammt, reißt Mai die Augen auf und sieht zum ersten mal in der Halle umher.
Inmitten des Raumes steht ein türkis gekleideter Junge, mit schokoladenbraunen Haaren. Seine ebenfalls dunklen Augen bohren sich in das eisblau und geschockt muss Mai feststellen, dass nicht nur sie am weinen ist.
Mit einem Volleyball in den Händen steht Oikawa allein auf dem Feld und betrachtet das Mädchen ebenfalls erschüttert. Stumm kullern wenige Tränen seine geröteten Wangen hinunter, welche er sofort wegwischt und Mai nun ernst betrachtet.
„Was machst du denn hier?"
———
Lots of love, bekki ☀️
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