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Die Metamorphose
„Hörst du mir zu, Elle?", Mrs Morrell lehnte sich etwas nach vorne, um mich genauer begutachten zu können. Ich verstand nicht, was ich hier sollte, denn ich wollte weder darüber reden, was vorgestern passiert war, noch darüber nachdenken. „Wie geht es deinem Fuß?"
Mein Blick wanderte unter den Tisch, wo mein rechtes Bein schön in einen Gips eingepackt saß. Eine weitere Erinnerung an den Abend. „Dem geht es gut. Der Sanitäter meinte, ich hätte Glück, dass es nur eine Fleischwunde ist."
Die Vertrauenslehrerin faltete ihre Hände ineinander und schaute mich weiterhin an. „Und bist du wütend wegen dem, was Matt getan hat?"
Ob ich sauer auf Matt war? Natürlich, was auch immer ihm damals zugestoßen war, gab ihm nicht das Recht, all diese Menschen zu töten. Mrs Morell schaute mich abwartend an. ,,Hat er denn verdient, was danach mit ihm geschah?"
Wütend ballte ich meine Hände zusammen. Es war schon traurig, dass er so sterben musste, ertrinkend, wovor er so viel Angst hatte. Das war grausam, aber es machte dennoch nicht gut, was er all diesen Menschen angetan hatte. Vor allem dem Baby der schwangeren Frau, das unschuldig war. Er war ein Monster. ,,Keine Ahnung, es ist passiert. Ist nicht so als wären wir daran schuld gewesen. Verdient oder nicht, es ist passiert."
,,Doch tut es dir nicht leid für den neunjährigen Matt?"
Was wollte die Frau denn von mir? In meinen Augen war Matt kein guter Mensch. Sollte ich mich etwa schlecht fühlen? Ich verstand es nicht, keiner von uns hatte Matt das gewünscht und ich hätte ihn lieber ins Gefängnis gehen sehen. ,,Natürlich tut es mir irgendwo für den kleinen Jungen Leid. Doch Matt hat sich von der Wut leiten lassen und hat falsch gehandelt. Aus Gewalt folgt nur noch mehr Gewalt. Hätte er diese Leute nicht umgebracht, würde er vielleicht noch leben."
,,Und wie geht es den anderen? Zum Beispiel Stiles, er war vorhin da. Er schien sehr aufgeregt wegen des Lacrosse-Spieles zu sein", Mrs Morell blickte mich interessiert an. Die Vertrauenslehrerin band sich ihr langes schwarzes Haar zurück und mal wieder musste ich daran denken wie bekannt sie mir doch vorkam. Schnell schüttelte ich den Gedanken jedoch wieder ab.
Mr Sarcastic.
Schon bei der Erwähnung seines Namens hoben sich meine Mundwinkel. Er war der Einzige, der mich bei Verstand hielt. Wie sagte man doch, geteiltes Leid ist halbes Leid. Doch ich wusste, dass er unter den Folgen von der Nacht litt. Fast jede Nacht hörte ich wie er von Albträumen geweckt wurde und den ganzen Tag dann unter dem Schlafmangel litt. ,,Ja er hat heute ein Spiel. Ich freu' mich für ihn, auch wenn er wahrscheinlich gar nicht aufs Feld kommt. Und mit den anderen rede ich gerade nicht. May geht mir aus dem Weg, Allison hat sich abgekapselt seit sie von dem Tod ihrer Mutter erfahren hat und Scott hat es gerade auch nicht leicht mit seiner Mutter. Was Erica, Boyd und Isaac angeht, von denen hab ich auch nichts gehört", ich zuckte mit den Schultern als würde mir das Ganze nichts ausmachen. Doch das stimmte nicht. Vor allem die Sache mit May und Isaac nahm mich mit. Ich hatte Isaac bestimmt schon über zwanzig Nachrichten hinterlassen, welche bis jetzt noch unbeantwortet waren.
Mein Blick fiel auf die Uhr hinter Mrs Morell. Endlich, halber.
,,Ich muss los, meine nächste Stunde wartet", ich stand auf und schob den Stuhl wieder vor an den Tisch. Aus irgendeinem Grund, den ich nicht ganz deuten konnte, machte mich ihre Präsenz nervös. Vielleicht waren es aber auch nur die Fragen, die sie mir stellte. Doch Mrs Morell schien es nichts auszumachen, dass ich vor ihr wegrennen wollte.
,,Pass auf dich auf, Elle und komm ruhig zu mir, wenn dich wieder etwas bedrückt", sie reichte mir ihre Hand zum Schütteln. Zögerlich schüttelte ihre Hand.
Mit meinen Krücken hüpfte ich aus dem Raum. Sofort wurde ich von Stiles begrüßt, der vor dem Raum wartete. Seit der Nacht im Polizeirevier lies mich Stiles kaum noch aus seinem Blickfeld. Er umsorgte mich, was wirklich süß war. Aber ich wusste auch, dass ihn etwas beschäftigte, das er mir nicht sagen wollte. Inzwischen hatte ich aufgegeben ihn danach zu fragen.
„Hat sie sich bei dir auch keine Notizen gemacht?", fragte Stiles während wir in Richtung meines Spindes liefen.
Erst jetzt fiel mir auf, dass Mrs Morrell sich wirklich keine Notizen gemacht hatte. Ich war viel zu irritiert von ihren Fragen gewesen. „Nein, hat sie nicht", bemerkte ich. „Kurze Frage zu einem anderen Thema. Wollen wir nach dem Spiel ins Diner bei dir um die Ecke gehen? Ich geb dir auch ein Burger und Curly Fries aus, wenn wir gewinnen."
Diese Frage ließ Stiles lächeln. „Klar."
Mein Blick blieb an Gerards Büro hängen als wir daran vorbeikamen. Eine weitere Person die mich in meinen Albträumen heimsuchte. Ich wartete förmlich darauf, dass er wieder aus irgendeiner dunklen Ecke hervortrat und sich wieder von mir heilen lassen wollte. Seit diesem Tag trug ich keine kurzen T-Shirts mehr, um den Beweis dafür, dass ich meine Heilkräfte benutzt hatte zu verstecken. Ich wollte nicht das meine Mom, Derek und Stiles davon erfuhren, immerhin hatten sie alle ihre eigenen Probleme.
Überraschenderweise hatte ich Scott davon erzählt, jedoch nur von Gerards Krebserkrankung. Verschwiegen hatte ich die Auswirkung, die das Heilen auf mich gehabt hatte. Dieser hatte mir aber nur gesagt, dass ich mir keine Sorgen machen sollte und dass er und Deaton einen Plan hatten. Doch die Nervosität konnte ich nicht abschütteln.
„Ich weiß nicht, wie ich mich jetzt auf Englisch konzentrieren soll", gab ich zu. Das Jackson Problem war noch immer nicht gelöst, wie konnten sie dann so tun als wäre alles ok?
Stiles lehnte sich gegen einen der Spinde, während ich meinen aufschloss. Er seufzte. „Ich weiß, was du meinst. Doch das ist im Moment wahrscheinlich das Beste. Wir können eh nichts machen."
Wieso kam es mir dann so vor, als wäre das hier gerade die Stille vor dem Sturm?
Mein Handy summte in meiner Hosentasche. Ich kramte es heraus und sah, dass ich eine Nachricht von Isaac bekommen hatte. Hatte er es auch endlich geschafft mir zu antworten.
Bin im Biologieraum. Komm, es ist dringend!
Verdammt. Was war nun los,-
Etwas unschlüssig schaute ich zwischen der Nachricht und Stiles hin und her. „Isaac braucht mich. Ich muss los."
„Ich kann mitkommen", kam es sofort von Stiles.
Doch ich schüttelte schnell den Kopf. „Alles gut. Danke nochmal du weißt gar nicht wie viel mir das bedeutet. Bis gleich in Englisch."
„Brauch nicht zu lange", Stiles drückte mir einen kurzen Kuss auf die Lippen bevor ich mich zu Isaac aufmachte.
Ich schulterte meinen Rucksack und machte mich auf in Richtung des Biosaals. Als ich die Tür öffnete, entdeckte ich sofort Isaac, der auf einem der Tische saß. Isaac sah ziemlich angespannt aus und seine Sorge stand ihm ins Gesicht geschrieben.
„Warum hast du nicht auf meine Nachrichten geantwortet?", warf ich ihm entgegen. Was auch immer vor sich ging, es konnte kaum so Zeit beanspruchend sein, um mir nicht zu antworten.
,,Tut mir leid, ich brauchte Zeit zum Nachdenken."
So langsam machte Isaac mich nervös. Was war los mit ihm?
,,Erica und Boyd verlassen Beacon Hills. Ich werde mit ihnen gehen", er vermied es mich anzuschauen. Issac wollte verschwinden. Er und der Rest von Dereks Rudel. Isaac konnte mich nicht verlassen, nicht jetzt, nachdem wir so gute Freunde geworden waren und ich ihn wirklich liebgewonnen hatte. Doch anscheinend hatte er seine Entscheidung bereits getroffen. ,,Du könntest mitkommen?", schlug er vor.
,,Ihr wollt den Schwanz einziehen und wegrennen. Das ist eure Sache, aber ich renne nicht davon", erwiderte ich ihm harsch.
Das schien nun auch Isaac wütend zu machen. „Du wurdest angeschossen! Und das war noch als Matt den Kanima beherrschte. Was glaubst du, was passiert jetzt, wo Gerard sein Meister ist?"
Glaubte er ich hatte keine Angst vor Gerard? Denn schon ohne Kanima hatte der alte Mann mir Angst gemacht. Ich wusste, dass es wie eine Suizidmission klang hier zu bleiben, aber ich konnte die Leute die ich liebe nicht allein lassen. ,,Natürlich bin ich mir dessen bewusst. Doch willst du all diese Leute hier einfach Gerard ausliefern? Beacon Hills ist mein Zuhause und ich werde dafür kämpfen. Ich wünschte du würdest das auch tun."
Doch Isaac schüttelte nur den Kopf.
,,Was für Gutes kann ich denn tun?"
Ich schenkte ihm nur ein kleines Lächeln. ,,Mehr als du denkst Isabella."
Das Lacrossefeld wurde von dem Flutlicht beleuchtet und ich sah, wie sich am Rand ein paar Spieler warm machten. Meine Augen suchten automatisch nach Stiles, welchen ich neben Scott auf der Bank sitzen sah. Er saß dort in seinem roten Trikot bereit für das Spiel.
Auf der Tribüne entdeckte Stiles Vater und Scotts Mutter in der dritten Reihe. Die Beiden schienen sich angeregt zu unterhalten. „Ist hier noch Platz?", fragte ich die beiden Eltern.
Mr Stilinski nickte lächelnd. Sonst würde ich eigentlich bei May sitzen, aber da wir gerade nicht mehr miteinander sprachen war das keine Option. Ich legte die Krücken neben mich und setzte mich auf die kalte Bank.
„Wie geht es deinem Fuß? ", fragte Melissa mich leicht besorgt.
Ich zuckte mit den Schultern. „Ganz gut."
Wir beobachten wie die Spieler sich auf dem Feld bereit machten. Überrascht sah ich dabei zu, wie auch Stiles auf das Feld rannte. Spielte er etwa heute?
„Oh nein, warum rennt denn mein Sohn aufs Spielfeld?", fragte der Sheriff uns peinlich berührt.
Melissa schenkte ihm einen verständnislosen Blick. „Vielleicht weil er heute im Team ist."
„Tatsache", stellte Mr Stilinski geschockt fest. Als er es realisiert, sprang er plötzlich auf und streckte seine Faust in die Luft. „Mein Sohn ist auf dem Feld!"
Die Leute um uns herum sahen den Sheriff nur verwirrt an, sodass sich Mr Stilinski sofort wieder setzte.
„Go Stiles", jubelte ich als das Spiel begann.
Es freute mich sehr für Stiles das er heute als aktiver Teil des Teams spielen durfte. Da ich wusste, was für ein Traum es für ihn war. „Hey", eine weitere Person setzte sich zu uns in die Reihe. Etwas perplex sah ich Lydia an.
„Hey", grüßte ich sie zurück.
Ich wurde kurz abgelenkt dadurch das Isaac auf das Feld lief. Unsere Diskussion von heute Morgen schwirrt mir noch immer durch den Kopf. Ob das ein Zeichen war, dass er blieb? Ich konnte es nur hoffen.
Das Spiel begann und Stiles bekam den Ball. Gespannt hielt ich die Luft an, doch nichts passierte. Wie ein Reh im Scheinwerferlicht blieb er erstarrt stehen und die gegnerischen Spieler mähten ihn nieder.
„Er ist nur nervös, noch hat er Zeit, das Blatt zu wenden", meinte Lydia.
Ich nickte. „Genau."
Doch dann passiert es wieder und wieder. Oh je,- Es war schmerzhaft mitanzusehen. Wie als würde man sich einen Autounfall wieder und wieder ansehen.
Mein Blick blieb an Jack-Ass hängen, welchen ich heute gar nicht erwartet hätte. Es bereitete mir Sorgen das er auf dem Spielfeld war. Was wollte er hier? Irgendwas stimmte hier bestimmt nicht. Doch ich konnte die Puzzleteile noch nicht zusammensetzen. Was war Gerards Plan?
Was dann passiert glaubte ich zuerst gar nicht. Stiles bekam den Ball und der Ball landete doch tatsächlich im Tor. Jubel brach aus und ich sprang auf. "Yes!"
Lydia und ich umarmten uns vor Freude. Gemeinsam jubelten wir. „Ich wusste, dass er es kann", grinste ich als er zum zweiten Mal den Ball fing und begann zum Tor zu rennen. Los Stiles!
„Er ist wirklich gut", meinte Lydia und da schoss Stiles schon das nächste Tor. Erneut sprangen wir auf und ich klatschte und schrie wie verrückt. Wo hatte er dieses Talent die ganze Zeit versteckt?
Stiles hatte einen richtigen Lauf. Es war als hätte man einen Schalter umgelegt. Es folgte Tor nach Tor. Die Minuten von der übrigen Spielzeit wurden zu Sekunden. Der Schiedsrichter pfiff und damit war es vorbei. Wir hatten 10-9 gewonnen und ich konnte mit Zuversicht sagen, dass es keiner glauben konnte.
Gerade als wir erneut jubelten, fielen die Scheinwerfer aus. Aus der Dunkelheit hörten man einen Schrei und so langsam wurde es mir mulmig. Was ging hier vor sich? Hatte Jackson jemanden umgebracht? Ich folgte einer panischen Lydia von der Tribüne.
Als das Licht wieder anging, herrschte totales Chaos. Schnell versuchte ich mich an all den Leuten vorbeizudrücken, um herauszufinden, was los war und dann entdeckte ich ihn.
Jackson.
Er lag bewegungslos am Boden. Geschockt stolperte ich zurück. Es sah aus als hätte er sich mit seinen Klauen selbst getötet. Das ergab keinen Sinn, warum sollte Gerard seine beste Waffe sich selbst umbringen lassen?
Lydia's schmerzerfüllter Schrei ließ ich mich zusammen zucken. „Jackson!", sie kämpfte sich durch die Menge. „Jackson, was ist passiert?"
Der Coach schien genauso panisch. „Ruft einen Krankenwagen!"
Scott's Mutter war sofort da um nach dem besten Freund meines Bruders zu schauen. Doch sie schüttelte nur den Kopf.„Kein Puls", Melissa fing an CPR zu machen und niemand aus der Menge sagte auch nur ein Wort. Jeder starrte nur schockiert den Körper von Jackson an. „Lydia, komm her und leg Jacksons Kopf hoch."
Die Erdbeer Blonde fiel vor ihrem Exfreund auf die Füße. Ich war sofort bei ihrer Seite um sie in eine Umarmung zu ziehen. Weil alle anderen sie nur anstarren, doch niemand tat etwas.
,,Wo ist mein Sohn?", schrie der Sheriff plötzlich über das ganze Feld.
Unbehagen machte sich in mir breit.
•••
Hey,
Noch 2 Kapitel und Still ist vorbei 😳
Lg Leia
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