Kapitel 31
"There comes a time, when saying goodbye is best for everyone."
Lara;
Philip hatte angefangen mir ziemlich deutlich ungefähr alle fünf Minuten zu erklären, dass ich das mit Anika beenden musste – und zwar am besten sofort auf der Stelle. Etwas, was mir nicht wirklich half - außer, dass ich mich schuldig fühlte. (Okay, ich hatte es verdient, aber trotzdem.) Er bestand sogar darauf, dass ich sofort diesen Nachmittag bei Anika vorbeifahren sollte und das klären musste. Ich gab ihm Recht - in allem - allerdings hieß das nicht, dass ich nach dem gleich sofort handeln würde. Denn irgendwie wollte ich weiter in dieser Illusion leben, dass es zwischen Anika und mir funktionieren könnte. Außerdem wollte ich mich in diesem Moment nicht mit all dem auseinander setzten.
Wir waren doch erst für gerade eben einen Monat zusammen und da konnte es doch noch besser werden, oder? Außerdem mochte ich das Gefühl, was sie mir gab. Dieses Gefühl von Sicherheit und gleichzeitig einfach wie sie mit mir umging. Ich mochte Anika als Person so wahnsinnig gerne, dass ich nicht wirklich all das auf's Spiel setzten wollte. Zudem würde dieses ganze Schlussmachen nur unnötig Stress und Drama bringen. Gerade jetzt, wo es so perfekt mit Timon und Philip und Anika und mir funktionieren würde - wie toll wäre es nur auf Doppeldates zu gehen, es wäre ideal.
Und jetzt kam ich und machte alles noch kaputter als es eh schon war... hast du toll gemacht, Lara, wirklich! Wie dumm war ich eigentlich gewesen... ich hatte durch dieses ganze Theater nicht nur meine Beziehung zu Anika komplett ruiniert und zudem auch noch zu Kay - etwas, was mir immer noch unendlich leid tat... besonders weil ich es einfach so bereute - nur ich konnte so dumm sein... Allerdings blieb mir jetzt auch nichts anderes übrig als das ganze wieder gerade zu biegen.
Mein erster Schritt dazu war nämlich zu Anika nach Hause zu fahren - nach der Schule selbstverständlich, wobei mich Philip ermutigte und mir fast nochmal eine Moralpredigt hielt, dass ich mich jetzt ja nicht drücken sollte und endlich das alles wieder hinbiegen sollte. Daraufhin schaute Timon Philip nur verwirrt, woraufhin dieser ihm zu verstehen gab, dass er es ihm erklären würde. (Weswegen ich mir ziemlich sicher war, dass Timon mich bald umbringen würde, wegen dem, was ich mit seiner Schwester gemacht hatte... Hoffentlich würde nicht deswegen unsere ganze Freundschaft auseinanderbrechen, das war nämlich überhaupt nicht meine Intention.)
Trotzdem... Wenn ich einfach nur daran dachte, dass ich Anika jetzt die Hausaufgaben bringen würde und danach... machte ich mit ihr Schluss... Wow, vermutlich nicht wirklich die beste Strategie, aber sonst würde ich es nur wieder auf morgen oder übermorgen verschieben und das wollte ich eindeutig nicht... besonders würde mich Philip umbringen, deswegen wusste ich, dass es jetzt kein Zurück mehr gab. Und irgendwie wollte ich es auch nicht mehr wirklich. Ich wollte wirklich damit abschließen und endlich wieder mit mir selbst im Reinen sein. (Ich machte mir zwar immer noch keine wirklichen Hoffnungen wegen Kay, aber das war jetzt nicht mehr wichtig. Es ging hier schließlich in erster Linie um Anika und mich.)
Ich hatte direkt Angst, als ich bei ihr zu Hause ankam und klingelte. Es regnete schon fast den ganzen Tag, eine Tatsache, die meine Stimmung eindeutig ganz und gar nicht verbesserte. Meine Haare waren durchnässt, genauso wie meine komplette Kleidung - Jeansjacke war nicht wirklich die beste Wahl bei diesem regnerischen Wetter. (Ich hoffte, dass ich nicht krank wurde... Auch wenn ich dann nicht zur Schule müsste und Anika und Timon weiter aus dem Weg gehen konnte.)
Die Haustür öffnete sich nur kurze Zeit, nachdem ich geklingelt hatte, und Anika's Vater stand in der Tür. Er lächelte mich an. "Lara, komm rein, wie kannst du nur in dem Regen da draußen stehen, du wirst ja noch krank, komm schnell rein!!"
Ich liebte Anika's Familie abgöttisch - etwas, was die ganze Situation eindeutig nicht besser machte, eher um ein vieles schlimmer. Ich würde vermutlich ihre Eltern - und die zwei Hunde - mehr vermissen als Anika's und meine Beziehung. Jetzt wo ich das zum ersten Mal 'ausgesprochen' hatte wurde es plötzlich noch realer und noch greifbarer für mich. Das hier war das Ende von Anika's und meiner (romantischen) Beziehung, ich konnte nur hoffen, dass ich es irgendwie schaffte mit ihr eine Freundschaft zu erhalten. (Eine Hoffnung, die mir Philip übrigens sofort total zerstört hatte. Danke an meinen besten Freund hierbei, der mir doch eigentlich positiv helfen und nicht alles pessimistisch sehen sollte.)
"Du bist bestimmt da, um Anika die Hausaufgaben zu bringen, oder?", fragte er mich mit einem Lächeln. Ich mochte Fabian, Anika's Vater, extrem gerne. Er war immer nett zu mir gewesen und stand voll und ganz hinter seiner Tochter - etwas, was ich bei meiner Mutter nicht wirklich behaupten konnte... obwohl sie in letzter Zeit schon wesentlich besser wurde... ich war positiv überrascht. "Und sag ihr bitte, sie soll dir, was Trockenes zum Anziehen leihen, mit diesen nassen Klamotten lass ich dich nicht mehr aus dem Haus."
Ich nickte, auch wenn ich nicht wirklich beabsichtigte seinen Ratschlag zu befolgen... als ob ich Anika erst nach trockenen Klamotten fragen und dann mit ihr Schluss machen würde... Das wäre wirklich ziemlich dumm und außerdem noch sehr unsensibel... ist ja nicht, als ob ich nicht schon genug angerichtet hatte...
Mit klopfenden Herzen ging ich die Treppen hoch und steuerte auf Anika's Zimmertür zu. Vor ihr angekommen klopfte ich zaghaft an und öffnete sie nach kurzer Zeit vorsichtig.
"Papa?", hörte ich Anika heiser fragen und mein Herz zerbrach fast. Anika war so... so perfekt in allen Dingen, die man sich nur vorstellen konnte. Sie hatte alles richtig gemacht und wenn ich jetzt mit ihr Schluss machen würde, würde sie mir das nie glauben, sondern sich vermutlich selbst die Schuld geben... Toll hast du das mal wieder gemacht, Lara!
"Nein, Lara", korrigierte ich sie und versuchte nicht zu distanziert und abweisend zu klingen. Jetzt musste ich ihr erstmal die Hausaufgaben geben und dann konnte ich zu den wichtigen Dingen übergehen... wie auch immer ich das anstellen wollte.
Erst jetzt fiel mir auf, dass ich ihr nicht wirklich überlegt hatte, was ich sagen wollte... Oder wie ich Anika das alles erklären wollte... konnte ich das alles überhaupt begründen? Das alles ergab selbst für mich keinen Sinn, wie sollte es dann für die anderen Sinn ergeben?
"Schön, dass du da bist... mir fällt hier bald wirklich die Decke auf den Kopf", murmelte Anika, als ich in das dunkle Zimmer eintrat und versuchte erst einmal irgendwie zu ihrem Bett zu kommen. Dort angekommen setzte ich mich - zwar mit ein bisschen zu viel Abstand - auf die Bettkante.
Mit einem sanften Lächeln sah ich Anika an. Ihre blonden Haare, ihre liebevollen und gleichzeitig offenen Augen... Dass sie immer so voller Leben war und selbst jetzt, wo sie krank war, einfach voller Energie war... Ich vermisste Anika jetzt schon und ich wollte eigentlich nicht wirklich mit ihr Schluss machen, allerdings wäre das einfach nur selbstsüchtig von mir. Ich hatte definitiv jede Moralpredigt, die Phillip mir gehalten hatte verdient.
Nein.... Ich hatte mich entschieden und jetzt musste ich endlich die Konsequenzen für mein Handeln tragen... Etwas, was ich eigentlich schon sehr viel früher hätte machen sollen.
"Lara... Du siehst irgendwie besorgt aus... Ist irgendwas passiert?", fragte Anika mich und ihre Stimme klang besorgte... Natürlich machte sie sich Sorgen um mich... Es war Anika nach allem... Sie würde immer um mich besorgt sein und wollen, dass es mir gut geht und alles....
"Wir müssen reden, Anika", erwiderte ich schweren Herzens... Es gab nun kein Zurück mehr, jetzt würde ich endlich mit dem ganzen Abschließen und wenigstens auf diese Weise meinen Frieden mit dieser ganzen Situation finden. "Über uns", fügte ich noch hinzu, was das Ganze nicht wirklich besser machte...
"Habe ich irgendwas falsch gemacht?", fragte Anika sofort und setzte sich auf. Ihr Blick wurde nur noch besorgter... das war jetzt eigentlich das letzte, was ich wollte.
"Nein, du hast nichts falsch gemacht...", flüsterte ich und hatte ehrlich gesagt keine Ahnung, was ich sagen sollte oder wie man so etwas überhaupt tat... "Es liegt an mir, okay? Es ist meine Schuld, dass es so weit gekommen ist und ich will einfach nur, dass das alles vorbei ist."
"Kannst du bitte es irgendwie klarer formulieren?", fragte mich Anika und sah mich komplett verwirrt an. "Gerade verstehe ich nämlich ungefähr gar nichts, was du mir sagen willst."
Ich holte tief Luft, um mich selbst etwas zu beruhigen, bevor ich sagte. "Das mit uns funktioniert einfach nicht... ich dachte wir wären ein gutes Paar, aber ehrlich... ich werde dich immer nur als eine gute Freundin sehen und nicht mehr."
Es machte sich eine unangenehme Stille zwischen uns breit, in der ich nicht wusste, was ich sagen sollte und Anika mich einfach nur fassungslos anschaute. Ich hatte ihr Herz gebrochen... Es war eine Tatsache, die ich davor nicht bedacht hatte... Wie schrecklich sich das anfühlte...
"Ich will, dass du gehst", meinte Anika dann bestimmt und zuckte nicht einmal mit der Wimper, als sie mich anstarrte. "Gib die Hausaufgaben Timon, ich will nicht, dass du noch einmal hierher kommst."
Wortlos stand ich auf, denn ich meine, was sollte ich möglicherweise sagen... es war ihr gutes Recht und ich konnte es auch verstehen... ich würde vermutlich genauso handeln, wenn die Situation andersrum gewesen wäre.
Bevor ich ihr Zimmer nun für immer verlassen würde, trete ich mich noch einmal um. "Anika... Es tut mir wirklich leid, ich wollte das alles so nicht, das musst du mir glauben..."
"Mir tut es auch leid", erwiderte sie nur kalt und fügte dann hinzu. "Jetzt geh einfach, Lara."
Mit diesen Worten schloss ich ihre Zimmertür und schlich mich die Treppe herunter... ich hatte wirklich kein Interesse daran jetzt noch Anika's Vater über den Weg zu laufen... und ihm dann erklären, wieso mich seine Tochter jetzt hasste...
"Lara, gehst du schon wieder?", fragte Fabian mich freundlich, als ich schon fast aus der Tür draußen war... Danke dafür... Außerdem regnete es immer noch, was meine Laune wirklich nicht hob...
"Ja, meine Mutter will, dass ich auf dem Weg nach Hause noch was einkaufen will, damit sie Abendessen kochen kann", log ich schnell.... und merkte dann erst, dass meine Antwort null Sinn ergab.
"Es ist doch erst drei Uhr nachmittags?!", fragte Fabian mich verwirrt.
"Es ist ein Braten, braucht irgendwie so ein paar Stunden", erklärte ich hastig und setzte meinen Weg aus dem Haus weiter fort. Als ich schon draußen stand - Fabian war mir bis zur Tür gefolgt - hatte ich schon aufgeatmet...
"Ja, dann, hoffe ich, dass ich dich bald mal wieder sehe... Anika vermisst dich bestimmt auch schon", meinte Fabian mit einem Grinsen. "Und soll ich dir nicht noch einen Regenschirm mitgeben?"
Auf das sagte ich gar nichts, sondern erst nickte nur, dann den Kopf schüttelte, danach machte mich aus dem Staub, um diesem ganzen Zeug zu entfliehen...Passender Weise fing es nochmal an stärker zu regnen und meine Klamotten waren nun endlich durchnässt.
Trotzdem fühlte ich mich seltsam befreit... Als ob eine schwere Last endlich von meinen Schultern abgefallen wäre... Ich hatte nicht erwartet, dass ich anfangen würde zu weinen. Schließlich war ich die Person, die Schluss gemacht hatte. Die Tränen flossen unaufhaltsam über mein Gesicht und in dem Moment war ich froh über den Regen.
Ich hatte Anika nicht so geliebt, wie sie mich, doch ich hatte sie geliebt und da, wo ihr Platz in meinem Herzen gewesen war, klaffte jetzt ein tiefes Loch.
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