Kapitel 30

"Manchmal müssen sich zwei Menschen voneinander zu entfernen, um zu spüren, wie sehr sie sich eigentlich brauchen." [unbekannt]

Kay;

Es war nichts, was ich mehr wollte, als einfach wieder einen 'normalen' Umgang mit Lara zu haben. Ich bemühte mich auch weitestgehend freundlich zu sein und nicht übertrieben genervt von ihr und Anika zu sein, allerdings entfernte sich Lara ganz eigenständig von mir. Vielleicht musste ich einfach akzeptieren, dass nicht alles so werden würde, wie ich wollte. Manchmal wünschte ich mir, dass sich Lara nur für Anika entscheiden hatte, weil sie mich nicht bekommen konnte - dem war höchst wahrscheinlich zwar nicht der Fall, aber trotzdem... man durfte ja Träume haben.

Gerade deswegen hatte ich beschlossen einen Schritt auf sie zu zugehen. Wenn ich nicht mit ihr zusammen sein konnte, dann sollte ich wenigstens mit ihr befreundet bleiben und nicht eine Freundschaft wegen dummer Gefühle komplett vergessen. Lara und ich kamen immer super miteinander aus und wieso sollte wir das jetzt nicht auch noch? Genau darauf gab es eine gute und logische Erklärung, weswegen ich sie auf dem Weg zur Schule anschrieb.

Kay [07:34]: hey :)

Es war nicht zu anhänglich allerdings auch nicht zu unpersönlich - kurz gesagt, ich war durchaus zufrieden mit meiner Antwort. Zwar hatte Lara die Nachricht nicht einmal mehr bekommen, was vermutlich einfach nur daran lag, dass sie schon längst in der Schule war. Um mich davon abzulenken und nicht zu viele Gedanken daran zu verschwenden, drehte ich die Lautstärke meiner Kopfhörer auf und ließ the 1975 meine Gedanken vertreiben. Etwas, was erstaunlich gut funktionierte und wofür ich auch dankbar war - was würde ich nur ohne Musik machen.

Währenddessen wanderten meine Gedanken ab von der Schule und hin zu dem, was danach kommen würde... Meine Bewerbung hatte ich abgeschickt und nun hieß es warten... ich konnte nur hoffen, dass sie gut genug war und sie mich nehmen würden. Vicky tat fast gar nichts, da sie sowieso erst einmal nach Afrika zu ihren Verwandten fahren würde und dort irgendwie ein freiwillig soziales Jahr machen. Nächste Jahr würde also sehr einsam werden... Auch wenn ich mich wahnsinnig für Vicky freute - ich meinte wer hätte schon die Möglichkeit ein Jahr nach Afrika zu gehen, ohne irgendetwas dafür zu bezahlen. Sie hatte mir sogar angeboten mitzukommen, aber allein in einem anderen Land? Ohne mich.

In der Schule angekommen sah ich Olivia rumstehen und lief zu ihr hin - einfach nur dankbar, dass ich nicht allein rumstehen musste. Wegen Vicky wusste sie übrigens auch über meine Gefühle für Lara Bescheid - yay dafür an dieser Stelle - und hatte sich selbst zur Präsidentin des Shipping Clubs von Lara und mir erklärt, besonders als sie mir erzählt hatte, dass sie sich wirklich sehr für Vicky - auch im nicht freundschaftlichen Rahmen - interessierte. (Ein Paar, was ich eindeutig sehr befürworten würde... nur so in der Theorie.)

Vicky jedoch hatte beschlossen, bis sie mit ihrer Sexualität-Krise abgeschlossen hatte, würde sie keine Beziehung eingehen, weil sie sich nicht dafür interessierte und außerdem keine Zeit dafür hatte. (Ihre Antwort zumindest, Liv's Theorie war eher, dass Vicky Angst hatte zurückgewiesen zu werden und deswegen kein Risiko eingehen wollte.)

"Und was ist mit Lara? Immer noch nichts?", fragte mich Liv leise, wofür ich ihr wahnsinnig dankbar war. Sie hatte eindeutig sehr gute Seiten und ich fühlte mich fast schlecht dafür, dass ich sie früher als 'nervig' abgestempelt hatte, da sie eine der loyalsten Person war, die ich jemals kennengelernt habe - und ich kannte eine Menge loyaler Personen. Je länger ich Liv kannte, desto mehr schöne Seiten lernte ich an ihr kennen.

"Haha nein, was denkst du? Aber heute hab ich endlich mal wieder mit ihr geredet... ich hoffe einfach, dass wir Freunde seien könnten", erwiderte ich mit einem hoffnungsvollen Lächeln. "Ich bin mir ziemlich sicher, dass das irgendwie funktioniert."

"Das funktioniert niemals, niemals. Nie im Leben wirst du mit Lara nur befreundet sein", meinte Olivia daraufhin vernichtend. "Sorry dir das so zu sagen, aber es wird nicht funktionieren. Du magst Lara und ob sie dich nun mag oder nicht, ihr beide werdet keine guten Freunde abgeben, weil sie dich immer daran hindern wird weiterzumachen und endlich damit abzuschließen. Also außer du willst dich selbst mehr als nötig quälen, was ich nicht glaube. Deswegen.... nein, Kay, tue dir das bitte nicht an."

"Aber... ich mag Lara freundschaftlich sehr und sie war immer so nett zu mir... ich will nicht, dass das alles vorbei ist... und ich will auch nicht, dass ich einfach so die Hoffnung aufgebe", antwortete ich daraufhin und sah sie bittend an. Bei Liv's harten Worten hatte sich ein Kloß in meinem Hals gebildet – mir war nach Weinen zu Mute. "Außerdem wird das die absolute Hölle werden, wenn wir uns nicht gut verstehen. Dieser Zustand mit dem ständigen Ignorieren ist schrecklich."

"Kay, du bist nett und freundlich und zuvorkommend und alles, aber manchmal denkst zu sehr an die anderen Personen, du musst manchmal auch an dich selbst denken, wie gerade jetzt. Du brauchst das und deswegen schließ damit ab, lieber jemand, der dich auch mag und nicht vergeben ist", erklärte sie daraufhin und legte mir beruhigend einen Arm um die Schulter. "Sei mal selbstsüchtig, Kay, dieses eine Mal versuche nicht immer freundlich zu sein, sondern denke einfach mal an dich selber."

Irgendwie hatte Olivia da einen guten Punkt... Ich lächelte sie an und umarmte sie fest. Olivia fügte noch hinzu. "Du verteidigst immer alle Menschen um dich herum, jetzt wird Zeit, dass du das alles auch für dich machst."

Während Mathe lag ich auf dem Tisch und hatte die Kapuze meines Pullovers über den Kopf gezogen. Meine Stimmung war auf dem absoluten Nullpunkt, besonders weil Vicky einfach Liv in allen Punkten Recht gegeben hatte, auch wenn sie - Zitat! - "Lara eigentlich ganz nett" fand. Allerdings war sie trotzdem der Meinung, dass wir beide keine Zukunft hatte und je eher ich das akzeptierte desto besser.

"Du bist so dumm, alter man, hör mal auf mich die ganze Zeit zu beißen", schrie Marcus neben mir auf und ich zuckte zusammen - Schock meines Lebens. Da wollte man einmal während des Unterrichts alles ausblenden und einfach etwas schlafen und wurde dann von lauten Sitznachbarn davon abgehalten. Trotzdem musste ich lächeln – wenigstens wurde es bei uns in der Klasse nie langweilig.

"Das ist ein Liebesbiss, du Arschloch!!", rief Adrian und versuchte Marcus beschwichtigend zu umarmen, allerdings schlug dieser seine Arme nur genervt weg.

"Ich will nicht, dass du mich beißt, du hast eh schon voll die abgefuckten Kinks", meinte Marcus darauf nur, bevor ihn Adrian - ohne wirkliche Zustimmung seinerseits - in eine Umarmung zog. Da sich Marcus versuchte zu befreien, flogen die beiden soweit nach links, sodass sie fast auf mir gelandet wären. Glücklicherweise machte ich gerade eben noch einen Satz zur Seite, sodass die beiden neben mir auf dem Boden landeten - Adrian auf Marcus.

"Was läuft denn bei euch schief?", fragte Vicky neben mir komplett verwirrt und fasste sich ans Herz. "Ich hatte gerade eben schon den Herzinfarkt meines Lebens, ihr könnt froh sein, dass ich noch lebe. Sonst hätte man mich Beatmen müssen – Mund zu Mund!"

"Als ob, dass so ein Verlust für die Welt wäre", kommentierte ich mit einem Grinsen und zwinkerte Vicky zu. "Ich würde übrigens gerne für die Mund-zu-Mund-Beatmung ausgenommen werden, ich möchte das nicht!"

Wegen meinem Kommentar schaute meine beste Freundin böse an und zog eine Augenbraune hoch. "Dünnes Eis, Kay! Wenn du nicht nett zu mir bist, dann verrate ich alle deine Geheimnisse. Ich habe Macht!" Länger konnte sie jedoch auch nicht ernst bleiben.

"Kannst du mal bitte von mir runtergehen?", fragte Marcus Adrian, als die beiden immer noch irgendwie komisch aufeinander auf dem Boden lagen.

Währenddessen kam unsere Lehrerin - Frau Herrmann - vorbei und schaute uns alle vorwurfsvoll der Reihe nach an, obwohl Vicky und ich praktisch unschuldig waren, wir konnte ja auch nichts dafür, dass wir neben den beiden saßen. Doch leider hatten da die wenigstens Lehrer Verständnis dafür, sie bestraften entweder keinen von uns oder alle – das wurde jedoch am meisten von Marcus angegriffen, der immer für uns Partei ergriff.

"Und was, wenn ich nicht von dir runtergehe", erwiderte Adrian mit einem Grinsen und bewegte sich keinen Zentimeter.

Von 0 auf 100 sehr schnell... war das Flirten? Oder nicht?

"Dann ist die nächste Beerdigung, die es gibt, deine", antwortete Marcus daraufhin schlagfertig. Und von 100 wieder auf 0 zurück, innerhalb einer Sekunde...

"Hier wird niemand umgebracht und jetzt steht auf und macht mit den Aufgaben weiter, sonst werdet ihr in eurer Abschlussarbeit durchfallen", meinte Frau Herrmann und ihr Ton ließ eindeutig keinen Widerspruch zu.

Nachdem die beiden wieder auf ihren Plätzen saßen, flüsterte Marcus Adrian zu. "Du bist wirklich schwer, weist du das eigentlich?"

"Es ist nicht so, als ob du dich beschwert hättest", meinte dieser daraufhin mit einem Grinsen und lächelte Marcus zweideutig an.

Vicky neben mir fiel praktisch die Kinnlade runter. "It is canon", flüsterte sie andächtig und grinste mich an. "Our ship is canon. I can't believe it."

Ich schüttelte einfach nur verzweifelt den Kopf und murmelte etwas von shipping-süchtig, während Adrian uns nur ein Zwinkern zuwarf, was Vicky neben mir zum Ausrasten brachte.

In was für einer Reihe saß ich nur... Konnte mich hier bitte jemand rausholen?

Jetzt in der Pause standen sowohl Vicky als auch Liv vor mir und redeten abwechselnd auf mich wegen der Situation mit Lara ein. Es war definitiv kein angenehmes Gefühl, wenn zwei der wichtigsten Personen in seinem Leben einem erzählten, was für einen Fehler man gleich machen würde.

"Nein, Kay, du musst über Lara hinwegkommen, ja? Und zwar so schnell wie möglich, also am ehesten würde ich vorschlagen, dass du ihr aus dem Weg gehst", begann Vicky mir ihren Plan zum zweiten oder dritten Mal erklären. Vermutlich in der Hoffnung, dass ich ihr irgendwann zustimmen würde, wenn sie mir genügend Argumente vorgebracht hatte.

"Genau und damit du die Möglichkeit hast, kannst du jedes Wochenende entweder bei Vicky oder bei mir übernachten", erklärte Liv weiter. "Und an jedem Tag, an dem du mit ihr Abendessen müsstet, decken wir dich. Das heißt, du musst keine Zeit mehr mit ihr verbringen. Dann kommst du über sie hinweg und dann wird alles wie vorher."

"Naja, also alles wie vorher würde ich nicht als Ziel formulieren", warf Vicky ein. "Kay, du musst an dich selbst denken und erstmal schauen, dass es dir besser geht und dann an alle anderen denken."

Langsam wurde mir diese Einreden zu viel und ich wollte einfach nur, dass die beiden leise waren und mich in Ruhe ließen. Ich redete nicht dagegen, stattdessen wurde ich einfach leise und blendete die beiden aus, die immer weitere Pläne schmiedeten und neue Argumente versuchten zu bringen.

"Vicky!", unterbrach Liv sie erstaunlich laut – Liv's laute Stimme war auch das einzige, was mich aus meinen Gedanken holte. "Wir können nicht so auf sie einreden, schau sie dir doch an! Kay ist eh schon am Ende wegen der Situation mit Lara."

Das nächste, was ich spürte, war eine feste Umarmung, erst von Liv, dann von Vicky. "Kay, wir sind immer für dich da, ja? Egal, wie du dich entscheidest. Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie schwer die Situation für dich ist, wir beide wollen nur das beste für dich", flüsterte Vicky. "Aber wir sollten nicht so auf dich einreden, das tut uns beiden richtig leid."

"Wir wollten nur das Beste für dich, aber das ist alles deine Entscheidung. Wir unterstützen dich immer, ich hoffe du akzeptierst unsere Entschuldigung", fügte Liv hinzu.

Ich nickte nur und schloss die beiden in meine Arme.Mit zwei solchen Freundinnen konnte man alles schaffen.

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Ich bin gerade in der 11. Klasse und hab jetzt bald wieder Klausurenphase - yay für das - und außerdem ist meine mentale Gesundheit auch grad nicht so auf dem Höhepunkt, weswegen es sein kann, dass ich manchmal einfach kein Kapitel in sieben Tagen schaffe :) sollte zwar normalerweise trotzdem gehen, aber nur als kurze Info ^-^

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