Kapitel 11
Zweites Update für heute ^^
_____
"The best relationships start off as friendships first."
Lara;
Ich war wirklich erstaunt, wie gut Kay und ich miteinander auskommen. Wir konnten einfach über gefühlt alles reden und uns gingen außerdem nie die Themen aus. Nichts wirkte in irgendeiner Weise gezwungen mit ihr. Es war außerdem schön, mal zur Abwechslung mit einem Mädchen zu schreiben, als mit einem Jungen.
Nur weil Philip manchmal einfach richtig, richtig anstrengend war - also nichts gegen ihn, aber er war manchmal einfach anstrengend. Auch während den Hausaufgaben schrieb ich meistens mit Kay, was meine Produktivität vielleicht etwas einschränkte. Am Abend - wie auch heute - saß ich da und schrieb einfach mit ihr. Es war immer so das Highlight meines Tages. Ich liebte es über ihren Tag zu hören und mich mit mir auszutauschen.
Kay <3 [18:09]: Meine Klasse ist so anstrengend, du glaubst es nicht... es ist immer so laut... Heute war auch schon wieder so nervend
Lara [18:09]: mein Grundkurs ist einfach nur sehr sehr dumm XD aber ich bin ja auch dumm, also passt des vielleicht ganz gut
Kay <3 [18:09]: Ich dachte du bist die Medizinstudentin hier?!
Lara [18:09]: nur weil ich das will, heißt es nicht, dass ich das auch schaffe...
Ich versuchte eigentlich Menschen nicht so sehr an mich ranzulassen. Es war mir deutlich lieber, wenn ich die zuversichtliche Lara war, die ins Medizinstudium reinkommen würde; auch wenn meine Chancen objektiv betrachtet äußerst gering waren.
Kay <3 [18:10]: du schaffst das!! Ich glaube an dich einfach doppelt so stark, dann wird das <33
Lara [18:11]: Danke :D
Lara [18:15]: ich will essen, ich hab voll Hunger gerade...
Und Kay schickte mit Bild von ihrem Essen... Ihr Ernst? Es war ein Bild von Nudeln mit Salat und außerdem einem Stück Kuchen – ich wusste nicht, was ich lieber Essen würde, am besten einfach beides!
Lara [18:16]: alter dein Ernst, das ist nicht nett!!
Kay <3 [18:17]: jap natürlich, ich musste dir schließlich zeigen, was für ein tolles Essen ich mir gerade gönne
Ich rollte mit den Augen - was sie ja leider nicht sehen konnte. Schließlich holte ich mir ein Müsli und schickte Kay auch ein Bild davon. Payback in irgendeiner Art und Weise...
Ich wusste gar nicht, wie wir eigentlich dazukamen so viel miteinander zu schreiben. Ich schätzte es kam, als sie mich angeschrieben hatte wegen der Zimmerverteilungen im neuen Haus.
Wir hatten uns ziemlich schnell darauf geeinigt auf alle Fälle die Zimmer mit dem gemeinsamen Bad zu nehmen. Niemand von uns wollte sich nämlich mit unseren Eltern – also mit meiner Mutter und ihrem Vater – ein Bad teilen. Kay wollte sowieso das Zimmer mit dem Balkon, deswegen gab es zum Glück keinen Konflikt.
"Lara, jetzt leg doch mal dein Handy weg!", meinte meine Mutter genervt. "Du musst doch nicht immer mit jemanden schreiben."
"Ich schreib nur mit Kay", erklärte ich kalt und tippte betont ruhig meine Antwort weiter, während ich meine Mutter weiterhin anschaute. (Ein Hoch auf die Fähigkeit blind zu tippen)
Lara [18:19]: wollen wir eigentlich mal was zusammen machen?
"Mit Marc's Tochter?", fragte sie erstaunt und schien plötzlich nicht mehr so genervt von meinem Handy zu sein.
Ich nickte und meinte etwas freundlicher. "Sie ist echt in Ordnung."
"Das heißt, ihr habt kein Problem mehr mit dem Zusammenziehen?", hakte sie nach. Natürlich war das, das einzige, was sie jemals interessieren würde...
"Nur weil wir uns nicht wirklich hassen, heißt es nicht, dass ich in drei Monaten mit ihr zusammenwohnen will", erwiderte ich und versuchte mir einen bissigen Unterton zu verkneifen. "Ich kenne Philip mein ganzes Leben lang, aber ich könnte niemals mit ihm zusammenwohnen."
"Ich bin trotzdem froh, dass ihr miteinander auskommt", meinte sie lächelnd. "Ihr könntet doch mal gemeinsam ins Kino oder shoppen gehen."
"Ja, wieso nicht", murmelte ich teilnahmslos und fokussierte mich mehr darauf auf eine Antwort von Kay zu warten – das war eindeutige meine Priorität.
"Ihr solltet euch einfach noch ein bisschen besser kennenlernen", erklärte sie und lächelte. "Shoppen gehen, klingt doch gut. Vielleicht hilft dir Kay mal ein bisschen schönere Klamotten für dich auszusuchen."
Ich nickte nur und schaute wieder auf mein Handy. Philip würde mich umbringen, wenn ich ohne ihn shoppen gehen würde... Abgesehen davon war an meinem Klamottengeschmack eindeutig nichts falsch. In solchen Momenten fiel mir schwer zu glauben, dass meine Mutter Kay nicht irgendwann bevorzugen wurde.
Kay hatte mir in der Zwischenzeit genau das geschrieben, was sich meine Mutter auch schon gedacht hatte.
Kay <3 [18:24]: wir sollten mal ins Kino gehen
Kay <3 [18:25]: ich hoffe jetzt einfach mal das du Horrorfilme magst?! Weil sonst wird das glaub ich nichts
Lara [18:28]: gerne ^^
Lara [18:28]: ich liebe Horrorfilme, allerdings schreie ich ziemlich viel rum wenn ich mich erschrecke, dann hält mich halt das ganze Kino für komplett gestört
Kay <3 [18:28]: haha macht nix xD
Kay <3 [18:28]: meine beste Freundin will nämlich nicht mit mir in Horrorfilme gehen, weil sie sie zu 'gruselig' findet
Kay hatte mir bereits mehrmals von ihrer besten Freundin erzählt, die sie manchmal etwas aufregte. Im Gegensatz dazu erzählte ich ihr manchmal von Philip und dass er extrem verliebt war, weswegen nicht mehr rational denken konnte.
Das stimmte wirklich, besonders seit er und Timon miteinander schrieben. Von den Chatverläufen bekam ich übrigens immer die Screenshots. Wenn man vom Teufel spricht...
Philip ^^ [18:29]: LARA HILF MIR
Und es folgte ein paar Screenshots von seinem Chatverlauf mit Timon. Ich las den Chatverlauf und fühlte mich damit immer so, als würde ich damit ihre Privatsphäre irgendwie verletzen. Auf der anderen Seite wollte ja Philip meinen Rat? Trotzdem musste das irgendwie auf alle Fälle aufhören.
Es ging auf alle Fälle darum, dass Timon irgendwas davon gesagt hatte ins Kino zu gehen und Philip daraufhin zugesagt hatte.
Lara [18:31]: was ist jetzt genau dein Problem?
Philip ^^ [18:32]: ICH WEIS NICHT WAS WIR ANSCHAUEN SOLLEN
Philip ^^ [18:32]: UND WENN WIR NUR ZU ZWEIT SIND SIEHT DAS AUS ALS WÄRE ES EIN DATE
Lara [18:33]: und dein problem ist jetzt genau was?
Verliebte Leute waren so anstrengend... Wie sollte das erst werden, wenn die beiden jemals in einer Beziehung wären... Das wäre mein Untergang... Phillip wollte doch ein Date mir Timon und jetzt hatte er ihn gefragt, wo war denn das Problem?
Philip ^^ [18:34]: ABER WAS WERDEN DIE ANDEREN DENKEN?!
Lara [18:34]: Aber das kann dir doch in dem Fall egal sein?
Philip ^^ [18:35]: ABER DIE LEUTE WERDEN REDEN
Lara [18:35]: das kann dir doch so scheiß egal sein, wer über dich lästert, der kriegt es mit mir zu tun
Lara [18:36]: niemand sagt was schlechtes über dich, ich werde dich beschützen <33
Philip ^^ [18:37]: Danke, aber könntest du nicht mitkommen?
Lara [18:38]: und dann bin ich wie das fünfte Rad am Wagen? beziehungsweise das dritte Rad am Fahrrad
Philip ^^ [18:38]: dann nimm doch noch jemanden mit
Lara [18:39]: ich wollte mit Kay ins Kino
Lara [18:40]: du weißt schon, Stiefschwestern und so
Philip ^^ [18:41]: super ich regel das
Lara [18:42]: haha ok
Ich glaubte zwar nicht, dass das eine besonders gute Idee war, aber was tat man nicht alles für seinen besten Freund... Danach hatte ich dann endlich wieder Zeit mich Kay zu widmen.
Lara [18:43]: sorry liebeskranker bester Freund, das war der absolute Notfall, jetzt hast du wieder meine komplette Aufmerksamkeit
Lara [18:43]: also, wie wär's mit Freitag?
Kay <3 [18:44]: ja klar passt
Lara [18:45]: okay mach ma
"Kay und ich gehen am Freitag ins Kino", teilte ich meiner Mutter mit und sah wie sich ihre Miene bei meinen Worten aufhellte.
"Okay, cool", sagte sie nur mit einem Nicken und lächelte.
•
Am nächsten Tag holte mich Philip wie jeden Tag von zu Hause ab. Wir waren - wie meistens - zu spät dran und rannten deswegen Not gedrungen den Weg zur Schule.
"Fuck this shit", fluchte ich, als wir die Treppen in den ersten Stock hoch rannten, um noch rechtzeitig zu Religion beziehungsweise Ethik zu kommen. "Ich bin jetzt schon so komplett fertig. Ich muss definitiv an meiner Kondition arbeiten – oder wir müssen einfach früher los."
"Ich bin so unsportlich", meinte Philip atemlos und keuchte, als wären wir gerade einen Marathon gelaufen. "Also dann bis später, Lar."
"Ciao", meinte ich und ging zu meinem Klassenzimmer, was sogar noch offen war. "Bis später dann."
Ich ging rein und setzte mich in die zweite Reihe neben Anika, mit der ich - was ich jetzt auch mal realisiert hatte - erstaunlich viele Stunden zusammen hatte.
"Ich bin so tot", meinte ich komplett am Ende und holte erstmal meinen Block heraus. "Ich musste mit Philip zur Schule laufen, weil wir so spät dran waren."
"Ich bin so müde", erklärte Anika und nahm einen Schluck aus ihrer Thermoskanne, die - wie ich gelernt hatte - jeden Tag mit schwarzem Tee gefüllt war – wäre sie mit Kaffee gefühlt gewesen, wäre es definitiv besser, aber es war besser als nichts.
"Ich hatte heute in der Früh schon wieder keinen Kaffee", erklärte ich neidisch. "Ich brauche mein Koffein."
"Hier nimm einen Schluck", sagte sie und gab mir ihre Thermoskanne.
Ich schaute sie fragend an, akzeptierte es aber dann schließlich und nahm einen Schluck. Natürlich hatte mein Kopf nichts Besseres zu tun, als irgendeinen Scheiß zu reden.
'Das war ein indirekter Kuss.' - 'Wie alt bist du? Elf?', fragte ich mich selbst. Wieso redete ich jetzt nochmal mit mir selbst... Gut, dass niemand wusste was ich dachte...
"Danke", meinte ich schließlich und gab Anika ihre Thermoskanne wieder. "Ich glaube, das hilft mir jetzt für die erste Stunde."
"Ich finde es ja toll, dass ihr beide in so kurzer Zeit eine so tolle Freundschaft entwickelt habt, aber niemand trinkt in meinem Unterricht die ganze Zeit", erklärte unser Ethiklehrer Herr Hof. Er war ca. 30 Jahre alt und hatte unseren Ethikkurs ganz gut im Griff. Auch wenn wir meistens in irgendwelche Diskussionen endeten und nicht wirklich Stoff machten. Störte mich jetzt aber nicht wirklich.
Timon war im anderen Ethikkurs, der bei der dümmsten und gestörtesten Lehrerin war. Dumm gelaufen... Ich hatte die Lehrerin selbst von der fünften bis zur achten Klasse, das war genug für mein ganzes Leben.
"So gerne ich auch mit euch diskutiere, wir müssen jetzt wirklich ein bisschen Stoff machen", meinte er und holte seine Whiteboardstifte hervor.
"Wir machen jetzt 'Unterricht'", warf einer aus meinem Kurs ein. Ich kannte von den meisten Leuten den Namen schon nicht, wenn ich mit ihnen in einer Klasse war und jetzt mit den Kursen erst recht nicht.
"Lara?", fragte Anika neben mir und wir saßen so nah nebeneinander, dass sich unsere Knie berührten.
Ich meine... ich wusste, dass sie mich zumindest hübsch fand... aber mehr auch nicht. Es war ja nicht schwer zu erkennen, dass ich nicht hetero war, wenn ich mit einem Regenbogenarmband vom CSD herumlief. Das gleiche, das auch Philip besaß.
"Ja?", fragte ich sie und hoffte, dass meine Stimme nicht allzu sehr zitterte - das war nämlich gut möglich, wenn man betrachtete wie nah Anika und ich uns gerade waren.
"Ich finde es extrem lustig, wie wir letzte Stunde über Sexualität geredet haben", meinte sie lachend. "Mit dir kann man echt gut reden."
"Bist du nicht eh der Meinung, dass mindestens ein Zehntel unserer ganzen Stufe nicht hetero sind?", fragte ich leise.
Im Gegensatz zu Anika, die sich nicht wirklich etwas daraus machte, was andere von ihr dachten, hatte ich immer Angst davor und hielt mich deswegen bedeckt. Ich wollte nicht, dass alle wussten, dass ich lesbisch war, weil ich einfach Angst vor den Reaktionen hatte.
Außerdem hatte ich Angst davor was Leute über mich dachten. Ich wünschte ehrlich ich wäre auch so mutig wie Anika. Mit einem Lächeln hörte ich ihren Ausführungen über die wahrscheinlichen Sexualitäten unserer Lehrer zu.
Anika war gut im Reden - und im Gespräche führen, was unsere gemeinsamen Kurse eindeutig angenehmer machte. Mit ihr konnte man immer gut reden.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top