Das Diamanten Mädchen
Teil 3
"Mach ich. Aber davor", flüsterte er und zog seine Augenbinde nach unten. Geschockt riss ich meine Augen auf. Ich bewegte mich kein Zentimeter mehr und hielt den Atem an. Jetzt war alles vorbei. Er würde mich erkennen.
Seine Eisblauen Augen musterten mich eingehend, während sich seine freie Hand neben meinem Kopf abstützte. Auf einmal fing er an breit zu grinsten. Verwirrt zog ich meine Augenbrauen zusammen.
"Ich weiß gar nicht, warum du so ein hübsches Gesicht versteckst", raunte er und kam meinem Gesicht immer näher. "Und dann noch mit dieser Top Figur", sah er an mir herunter. Was zum...? Er erkannte mich nicht! Das glaubte ich ja jetzt nicht! Entweder, ich hatte mich vom Aussehen her dermaßen verändert, was ich bezweifelte, oder er hatte mich im Laufe der Jahre einfach vergessen. Ja, das wird es wohl sein! Er hatte mich vergessen!
"Und jetzt", flüsterte er und unterbrach somit meine Gedankengänge. Seine gerade Nase war nur noch ein paar Millimeter von meiner Stupsnase entfernt. Was hatte er vor? Doch nicht etwa...?!
"Was-?", brachte ich noch gerade heraus, bevor seine schmalen Lippen auf meine vollen lagen. Fassungslos starrte ich auf seine geschlossenen Augen. Ein starkes Kribbeln breitete sich in meinem Bauch aus. Sanft bewegte er seine Lippen auf meinen und ließ seine rechte Hand zu meiner Taille wandern. Ach scheiß drauf, dachte ich. Langsam schloss ich meine Augen und erwiderte den Kuss. Ein Grinsen bildete sich auf seinen Lippen. So ein Vollidiot! Der anfängliche sanfte Kuss, wandelte sich schnell zu einem Leidenschaftlichen um. Nach Minuten ließen wir kurz voneinander ab, um wieder zu Atem zu kommen. Keine Minute später fanden unsere Lippen wieder zueinander. Allen ließ nun zögerlich meine Handgelenke los und wanderte mit seiner Hand hinunter zu meinem Oberschenkel. Er stellte seine Knie zwischen meine Beine. Sanft fuhr seine Hand mein Bein hinunter und zog es an der Kniekehle hoch. Feste umschlungen meine Beine automatisch seine Hüfte. Mit meinen Händen fasste ich nach seinem Nacken und zog ihn dichter an mich heran.
Allen öffnete daraufhin seinen Mund und strich mit seiner Zunge über meine Lippen. Ich tat es ihm gleich, woraufhin unsere Zungen wild miteinander spielten. Währenddessen ließ ich meine rechte Hand unter sein schwarzes T-Shirt gleiten. Sanft fuhr ich seinen Six-pack nach und strich mit meiner linken Hand durch seine weichen Haare.
Plötzlich ließ er von meinen Lippen ab und verteilte Küsse von meiner Wange bis zu meinem Hals. Als er eine empfindliche Stelle an meiner Halsbeuge traf, keuchte ich erregt auf. Seine Hände wanderten von meiner Taille zu meinem Crop Top.
Was tat ich hier überhaupt?
"Okay stopp!", keuchte ich und drückte ihn von mir weg. Irritiert sah er zu mir hinunter. Fassungslos entfernte ich meine Hände von ihm und hielt mir meine Stirn. Langsam ließ ich meine Beine an seiner Hüfte hinunter rutschen.
"Was mach ich hier bloß?", murmelte ich zu mir selber.
"Wir machen rum. Was ist schon dabei?", zuckte er mit den Schultern.
"Du", zeigte ich sauer auf ihn.
"Ja", zog er das Wort lang und grinste.
"Du... Du hast mich verführt", wurde es mir klar. Er grinste breiter. "Ich glaub es ja nicht", rief ich fassungslos aus. Ich war auf ihn herein gefallen. Und er hatte mir meinen ersten Kuss gestohlen. Grimmig schaute ich zu ihm nach oben. "Ich hätte dich im Wald liegen lassen sollen", zischte ich, schob ihn von mir hinunter und setzte mich auf. Meine Füße berührten den weichen sowie roten Teppich.
"Ach komm schon", legte er seine Arme von hinten um meine Taille. "So schlimm war es doch gar nicht", hauchte er gegen mein Ohr. Ich erstarrte. Eine Gänsehaut breitete sich auf meinem ganzen Körper aus. Ein Kuss auf meinem Nacken ließ mich aus meiner Starre erwachen, weshalb ich ruckartig auf sprang und schrie: "Hör verdammt nochmal damit auf!" Sauer drehte ich mich zu ihm um.
Er sah schmunzelnd in mein Gesicht. Im Schneidersitz saß er er vor mir und betrachtete mein bestimmt knall roten Kopf.
"Ich bring dich heute noch zu deiner Klasse. Dann bin ich dich endlich los", entschloss ich spontan und fasste mir an den Nacken. Es kribbelte immer noch dort, wo er mich geküsst hatte. Er nickte.
"Wie weit ist das Camp von hier entfernt?", ging ich hastig auf mein Regal zu und holte meine Hängetasche heraus.
"Ungefähr fünf Stunden", murmelte er und stand langsam auf. Ich nickte. Ein wenig Essen und Wasser, welches in zwei Plastikflaschen gefüllt war, in meine Tasche geworfen, schnappte ich mir meine Dolche. In einer fließenden Bewegung steckte ich sie in die Halterungen. Anschließend warf ich mir meine Tasche um. Den Umhang angezogen, schaute ich nach hinten zu Allen. Er stand neben meinem Bett und hatte mich anscheinend die ganze Zeit beobachtet.
"Was?", fragte ich genervt.
"Willst du nicht mit auf meine Schule kommen? Dir fehlen doch bestimmt noch ein paar Jahre, bis du nicht mehr Schulpflichtig bist."
Ich lachte auf. "Ganz bestimmt nicht. Ich geh nicht nochmal in die Schule. Das war der Horror für mich! Und jetzt komm. Wir müssen los!"
Ich ging zum Ausgang und lehnte mich mit dem Rücken gegen den Stein. Nun tat ich so, als wäre das zur Seite schieben voll anstrengen, benutzte dabei aber meine Windmagie. Als der Stein zur Seite geschoben war, schaute ich in die Höhle hinein. Allen stand immer noch am selben Fleck, wie eben.
"Kommst du, oder willst du da bleiben?"
Er verdrehte die Augen und kam auf mich zu. Zusammen gingen wir auf das Podest und die vielen Stufen hinunter, die links angebracht waren. Den Stein rollte ich unauffällig mit Luft wieder vor den Eingang.
Unten angekommen drehte ich mich zu dem Jungen um und fragte: "Welche Richtung?"
Er blinzelte mich ein paar mal an, bevor er mit den Schultern zuckte. Ich stöhnte genervt auf und massierte mir meinen Nacken.
"Gut. Dann gehen wir zur Stelle zurück, wo dich der Bär angegriffen hat. Mal schauen, ob du dann den Weg zurück weißt", sagte ich und ging los, in Richtung Norden. Allen mir schweigend hinterher.
Der morgendliche Tau lag noch leicht in der Luft und vermischte sich mit dem Nadel und Moosgeruch des Waldes. Vögel zwitscherten in den Baumkronen. Lautes Blätter rauschen war zu hören. Lau warmer Wind wehte durch die Bäume und ließ die Schatten der Äste und Blätter vor uns über den Boden zucken. Sonnenstrahlen kämpften sich langsam durch das Dickicht. Kalt fühlte sich die feuchte Erde unter meinen Füßen an.
"Warum hast du eigentlich keine Schuhe an?", unterbrach Allen die angenehme Stille nach fünfzehn Minuten.
"Weil ich sie nicht brauch", antwortete ich zickig. Ich war immer noch sauer. Aber nicht auf ihn, sondern auf mich. Weil ich einfach auf ihn herein gefallen war und mich ihm hingegeben habe. Es war doch von vornherein klar, dass er nur eins wollte! Hallo! Es war ein Player!
《◇》
Minuten später blieben wir an dem Baum von letzter Nacht stehen.
"So. Kannst du dich an irgendetwas erinnern?", drehte ich mich zu ihm um.
Er kratzte sich an seinen Hinterkopf und und gab ein nachdenkliches "Hm...", von sich. "Ich glaube, ich bin von da gekommen", zeigte er in Richtung Westen.
"Gut", nickte ich. "Dann gehen wir da mal lang."
《◇》
Eine halbe Stunde später kamen wir an einem Fluss an. Das Flussbett bestand aus Kies, der weit hinaus über das Ufer reichte und sich nach ein paar Metern mit der Erde des Waldes verband. Laut rauschte das Wasser drei Meter von uns entfernt. Wir blieben auf den kleinen Steinen stehen.
"Hier hab ich dem Bären den Fisch geklaut", meldete sich Allen zu Wort.
"Okay. Wo kamst du her?"
Er zuckte mit den Schultern. "Keine Ahnung. Den Weg vom Camp bis hier her bin ich geflogen", murmelte er.
Ich wischte mir mit meiner rechten Hand über die Stirn. Es wird doch anstrengender, als gedacht!
"Warte hier", seufzte ich und ging auf einen großen Nadelbaum zu. Geschickt kletterte ich an ihm hinauf und blieb an der Baumspitze stehen. In weiter Ferne sah ich grauen Rauch aufsteigen. Er kam aus Richtung Norden.
"Geht doch", murmelte ich lächelnd. Langsam stieg ich von dem Baum wieder hinunter.
"Wir müssen in die Richtung", zeigte ich nach Norden.
"Wie kommst du darauf?", fragte er skeptisch. Ich sah ihn genervt an.
"Weil von dort Rauchwolken kommen. Und jetzt ab. Ich hab nicht den ganzen Tag Zeit!", scheuchte ich ihn vorwärts.
"Und wie sollen wir über den Fluss kommen?"
"Mein Gott Junge! Überleg doch mal selber!", stöhnte ich genervt auf. Ohne ihn wäre ich da jetzt einfach drüber geflogen! Aber ich wollte ja nicht auffallen! "Du besitzt doch Windmagie!? Warum hebst du mich nicht hoch und fliegst mit mir drüber? Ohne Flügel wirst du die kleine Strecke doch schaffen, oder?", schlug ich ihm vor.
"Kann ich schaffen, aber warum gehen wir nicht einfach durch den Fluss?"
Ich zog eine Augenbraue nach oben. War das jetzt sein Ernst?
"Schau ihn dir doch mal an", zeigte ich auf das Wasser. "Die Strömung ist viel zu stark. Die würde uns in Handumdrehen mit reißen!"
Er nickte verstehend und starrte den Fluss an.
"Na dann komm mal her", wandte er sein Gesicht mir zu und streckte seine Arme breit grinsend aus. Ich verdrehte die Augen. Nicht anders zu erwarten von einem Player!
Ich ging einen Schritt auf ihn zu und ließ mich von ihm im Brautstil hoch heben.
"Wehe du lässt mich fallen", drohte ich ihm und hielt mich an seinem Nacken fest.
"Keine Sorge Prinzessin", grinste er und zwinkerte mir zu. Ich verzog bei der Erwähnung des Kosenamen das Gesicht. Wie ich so was hasste! Einfach schrecklich, wenn man mal bedenkte, dass er jede zweite seiner Betthässchen so nannte!
Sein Grinsen wandelte sich schnell zu einem konzentrierten Gesichtsausdruck um, als er langsam vom Boden abhob. Sollte ich ihm ein wenig helfen. Nein... Vielleicht nachher! Langsam schwebten wir über das Wasser drüber.
Als wir sicher auf der anderen Seite landeten, atmete ich erleichtert aus. Wir sind nicht ins Wasser gefallen.
"Du kannst mich wieder runter lassen", klopfte ich ihm leicht auf die Schulter.
"Ich will aber nicht", sagte er und ging über die Kieselsteine. Laut knarrten sie unter seinen schwarzen Nikes. Warum holte man so teure Schuhe mit in ein Camp? Es war doch schon vorprogrammiert, dass sie übelst dreckig und kaputt werden!
"Und ich will nicht, wie ein Kartoffelsack hier herum hängen. Also lass mich runter", strampelte ich mit meinen Füßen und drückte mich von seiner Brust weg.
"Dann wärst du aber ein süßer und hübscher Kartoffelsack", hauchte er gegen meine Haare. Meine Härchen am Nacken stellten sich auf. Warum reagierte mein Körper nur so empfindlich auf ihn?
"Das war keine Bitte, sondern ein Befehl. Lass. Mich. JETZT. Runter!", wiederholte ich.
"Wie du willst", zuckte er mit den Schultern und ließ mich ruckartig los. Erschrocken schrie ich auf. Meine Augen schlossen sich automatisch. Ich erwartete Schmerzen in meinem Steiß und die Erde unter meinem Po, doch nichts dergleichen geschah. Verwirrt öffnete ich zögerlich ein Auge. Dann das andere. Allen stand über mir gebeugt und lachte leise. Es war ein sehr raues und kehliges Lachen, was mir sofort wieder eine Gänsehaut bescherte. Ich sah mich verwirrt um. Meine Haare, mein Umhang und meine Tasche schwebten, sowie mein Körper, Millimeter über dem Boden. Er war mit Moos und braunen Nadeln bedeckt. Plötzlich wich die Schwerelosigkeit. Da es alles so schnell ging, hatte ich keine Möglichkeit mehr mich abzustützen, weshalb ich mit meinem Rücken hart auf dem Boden aufkam. Scharf zog ich die Luft ein. Das tat echt weh! Wütend setzte ich mich auf und sah vor mich auf Allen.
"Du hättest mal dein Gesicht sehen sollen", lachte er und hielt sich den Bauch.
"Na warte", zischte ich, holte mit meinem Bein aus und schlug feste in seine Kniekehlen. Seine Beine knickten weg. Hart kamen seine Knie auf dem Boden auf.
"AU! SAG MAL SPINNST DU?! DAS HAT SAU WEH GETAN!", brüllte er wütend und setzte sich auf die Erde. Mit vor Schmerzen verzogenem Gesicht rieb er seine Knie.
"Ach! Was du nicht sagst?", tat ich erstaunt und stand auf. "Noch einmal so einen dummen Streich und du liegst im Fluss", drohte ich ihm wütend und zeigte auf das Wasser.
Seine Augenbrauen wanderten nach unten, als er mich sauer ansah.
"Und jetzt steh auf! Ich will nicht erst heute Abend an deinem Camp ankommen!" Langsam ging ich weiter. Meine Wirbelsäule tat mir, wegen dem Sturz, fürchterlich weh, weshalb ich mir meinen Rücken rieb.
"So ein Arschloch", zischte ich und sah grimmig gerade aus. Hätte ich ihn doch bloß im Wald verrecken gelassen! Dann hätte ich ihn jetzt nicht an der Backe kleben!
"Das hab ich gehört", grollte Allen neben mir und stampfte danach an mir vorbei. Oh, jetzt tat er auch noch so, als wäre ich die Böse! Wer hatte denn damit angefangen, he?!
《◇》
Eine Stunde später machten wir an zwei umgefallenen Baumstämmen rast. Den ganzen Weg über hatten wir uns an geschwiegen. Was sollte ich auch groß mit ihm reden? In ein paar Stunden würde ich ihn sowieso nie wieder sehen! Was ein Glück!
Genüsslich biss ich in meinen Apfel hinein und sah mich im Wald um. Es war schön hier... Naja, das sagte ich immer, wenn ich in einem Wald war. Ich mochte ihn halt. Die frische Luft, das Moos und kalte Gras unter den Füßen, die Lieder der Vögel. Einfach herrlich!
Ich atmete zufrieden aus.
"Bekomm ich auch was zu essen?" Ich schaute zu Allen hinüber. Seine Frage war fast nicht zu verstehen, so sehr nuschelte er. Schmunzelnd holte ich einen weiteren Apfel aus meiner Tasche und warf ihn ihm zu. Geschickt fing er ihn auf. Er nickte dankend.
Zusammen aßen wir das Obst auf und machten uns danach wieder auf den Weg zum Camp.
"Warum wolltest du eigentlich nicht erkannt werden?", fragte mich Allen plötzlich. Überrascht wandte ich ihm mein Gesicht zu.
"Ich.. Hm...", setzte ich stockend an. Wie sollte ich das jetzt erklären, ohne viel zu verraten?
"Ich bin... weg gelaufen... Und will nicht nochmal gefunden werden..." Schnell sah ich wieder gerade aus, auf den Boden.
"Komisch...", murmelte er. Mein Herz blieb buchstäblich stehen. Bitte lieber Gott, lass meine Tarnung jetzt nicht auffliegen!
"Ich kenne auch ein Mädchen, das weg gelaufen ist", vollendete er seinen Satz.
"Echt?", tat ich erstaunt. Nervosität machte sich in mir breit. Meine Hände fingen an zu schwitzen.
"Ja", nickte er und starrte gedankenverloren vor sich in die Luft. "Sie müsste jetzt zwanzig oder einundzwanzig sein", zuckte er mit den Schultern.
Ich nickte einfach nur. Jetzt bloß nicht mehr verraten. Sonst kam er vielleicht noch drauf, dass ich in Wirklichkeit Moon war!
"Vor was bist du denn weg gelaufen?", wandte er mir sein Gesicht zu.
"Vor meinen Eltern und einer... Verantwortung?" Ich sah, über mich selber verwirrt, auf einen Baum. Warum erzählte ich ihm das? Ich wollte doch nichts mehr verraten! "Und vor was ist das Mädchen weg gelaufen?", fragte ich schnell, um den Spieß umzudrehen. Es war besser, wenn ich die Fragen stellte und er sie beantwortete, als anders herum.
"Vor ihrer Mutter und sozusagen ihrer Bestimmung", zuckte er mit den Schultern. Neugierig schielte ich zu ihm hinüber.
"Mochtest du sie denn?", rutschte es mir heraus. Mein Gott Moon! Was machst du da? Halt doch einfach den Mund!
Ein leichtes Lächeln bildete sich auf seinen Lippen.
"Ja. Sogar sehr", antwortete er.
Überrascht bekam ich große Augen. Er mochte mich? Verwirrt zogen sich meine Augenbrauen zusammen. Er war doch aber in der Schule immer so kühl zu mir gewesen. Mal abgesehen von seinen dummen Bemerkungen und dem Bad Boy Grinsen, das er mir auf dem Heimweg manchmal zu warf, hatte er mich nie groß beachtet!
"Weißt du. Mal abgesehen davon, dass sie meine Nachbarin und eine Klassenkameradin von mir war, hatte sie etwas anziehendes an sich. Sie war nicht die hübscheste und ihr Kleidungsstil war zugegebenermaßen Grotten schlecht, aber irgendwie...", redete er einfach weiter und seufzte am Ende tief auf. Mit großen Augen sah ich sein Profil von der Seite an. Echt bemerkenswert, was man so alles heraus fand, wenn man sich als eine andere Person ausgab. Ein sanftes Lächeln zierte mein Gesicht. Das war... irgendwie süß, was er da sagte... Aber auch irgendwie voll deprimierend. Wer mochte als Mädchen denn bitte schön als 'nicht die hübscheste' und Geschmackslose Stylistin bezeichnet werden?
"Sie hatte im Gegensatz zu den anderen Mädchen Wums unterm Arsch, wenn es drauf ankam", lachte er leicht.
"Wie meinst du das?", fragte ich verwirrt.
"Naja", truckste er herum. "Sie war eher die Schüchterne, die sich nie groß in den Vordergrund stellte und auch nie viel Aufmerksamkeit wollte. Doch wenn sie verärgert war oder ich sie mal wieder nervte, haute sie einen Spruch nach dem anderen heraus. Außerdem glaube ich, dass sie ziemlich stur war", grinste er und sah mich an. Schnell drehte ich mein Gesicht weg. Warum kannte er mich so gut?
"Vermisst du sie?", fragte ich leise. Meine Neugierde stellte sich über meine Vernunft... Und das war nicht gut!
"Wenn ich nein sagen würde, würde ich lügen", murmelte er. Mein Kopf ruckte zu ihm herum. Das hatte er nicht gerade wirklich gesagt?!Verwirrt schielte er zu mir hinüber.
"Was?", lachte er nervös. Seine Wangen wurden leicht rot. "Ist es schlimm, dass ein Bad Boy mal ein normales Mädchen mag?", fragte er schief lächelnd.
Automatisch bildete sich ein großes Lächeln auf meinen Lippen.
"Nein", antwortete ich. Es war ihm anscheinend peinlich. Ich kicherte leise. "Hast du sie mal gesucht?", wurde ich nach Sekunden wieder ernst.
Er seufzte laut. "Nein. Sie will nicht gefunden werden und das akzeptiere ich. Aber ihre Mutter", stöhnte er genervt auf. "Jedes Jahr schickt sie irgend so ein Agent los, der sie suchen soll. Zum Glück haben sie sie bis jetzt noch nicht gefunden!" Ich hielt bei den Worten den Atem an. Ich musste vorsichtiger sein, wenn ich nochmal in die Stadt gehen würde. Wer weiß, wo der Agent schon war!
"Und... Und was würdest du machen, wenn du sie wieder sehen würdest?", fragte ich vorsichtig.
"Um ehrlich zu sein weiß ichs nicht", zuckte er mit den Schultern. Ich nickte still.
Für ein paar Minuten hing jeder seinen Gedanken nach, bis ich stoppte und wieder auf einen Baum kletterte.
"Was machst du da?", rief Allen zu mir hoch.
"Ich schau, ob wir noch in die richtige Richtung gehen", antwortete ich.
Suchend blickte ich mich um und stellte zufrieden fest, dass wir bald an dem Feuer ankamen.
"Und?", brüllte Allen. Ich verdrehte die Augen. War er so ungeduldig! Vorsichtig kletterte ich an dem Laubbaum wieder hinunter und rieb, unten angekommen, meine Hände aneinander, um den Dreck ab zu bekommen.
"Und?", fragte der schwarzhaarige Junge neben mir erneut und schaute neugierig zu mir hinunter. Er war einen halben Kopf größer, als ich.
"Zirka nur noch eine halbe Stunde und wir sind da", lächelte ich.
"Geil", freute er sich und grinste breit. Wir gingen weiter.
"Übrigens", beugte er sich zu mir hinunter. "Dein Arsch ist echt geil."
Empört schlug ich ihm gegen den Arm und rief: "Allen, du perverse Sau." Lange konnte ich aber nicht meine ernste Mine halten, weshalb nun ein breites Grinsen mein Gesicht zierte. Ich schüttelte über ihn leicht den Kopf. Er wird sich in hundert Jahren nicht ändern.
"Gib mir mal deinen Umhang", blieb er stehen und hielt seine Hände fordernd auf. Irritiert zog ich ihn aus und legte ihn in seine Hände. Will er jetzt Supermann spielen, oder was?
"Was willst du denn mit ihm?", fragte ich, eine Augenbraue nach oben gezogen. Sein Gesicht wurde ernst. Was war denn jetzt los?
"Die Tasche", winkte er mit seiner Hand. Ich zögerte kurz, bevor ich sie ihm gab. Allen stellte alle Sachen behutsam neben sich ab. Misstrauisch beugte ich ihn. Langsam wandte er sein Gesicht wieder mir zu.
Plötzlich stürmte er auf mich zu und griff nach meinem Nacken.
"Was-?", rief ich verwirrt aus und wurde gleichdarauf unsanft an einen Baumstamm gedrückt.
Fortsetzung folgt...
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