⚝──⭒─16.KAPITEL─⭒──⚝
ICH SPÜRE Lehre in mir, als ich die Treppen des Turmes herab wandere. Mein Vater sperrte mich nach der Sache mit Rovenna in meinem Turm ein, mein schmerzender Körper erinnert mich an den Tag.
Ich hatte mich vor sie gestellt, wollte sie beschützen und glaubte nicht, dass mein eigener Bruder mich je verletzten würde, doch er schlug zu. Sein Schwert traf meine Wange, schliff an meinem Hals vorbei und schnitt mir seitlich meinen Körper beinahe auf.
Grias panisches wiehern und Rovannes entsetzter Schrei meines Namens klingelt mir noch immer in meinen Ohren nach. Ich erinnere mich auch noch gut daran, wie mein Bruder nach Rovenna greifen wollte, doch ich hatte etwas, das er nicht hatte. Ein treues Pferd und Magie.
Ich streckte meine Hand aus und warf Rovenna mit einem Windstoß - der erste Zauber den mir Kal je gelehrt hatte - mehrere Flügelspannen nach hinten und Gria rannte zu mir. Schützend stellte sich meine schwarze Stute über mich und schlug nach meinem Bruder aus. Der allerdings interessierte sich für jemand ganz anderen.
Mit kräftigen Schlägen seiner weißen Flügel machte er sich auf zu Rovenna, ich wollte ihr zurufen, dass sie rennen soll, doch der Schmerz war zu groß, keine Worte kamen aus meinem Mund heraus. Stumm ließ ich das Geschehen über mich ergehen.
Ich weiß bis heute nicht, was damals geschehen ist - ich sage damals, als ob das alles tausende von Jahren her ist, dabei ist es nur zwei gewesen. Ich weiß nicht, ob Rovenna lebt, oder ok ich überhaupt möchte, dass sie lebt.
Rovenna ist eine Nachfahrin der Rovenna, die Xenaia und all die anderen Elfen ohne mit der Wimper zu zucken ermordet hat. Wie kann ich sicher sein, dass auch nur irgendetwas von Rovennas Zeit mit mir echt war oder nicht. Ich weiß nicht einmal, warum ich so stark für sie fühle. Ich kannte Rovenna - was - zwei Tage? Drei? Ich weiß es nicht. Doch ich fühlte damals eine Verbindung zwischen uns beiden, wahrscheinlich eine geprägt aus Mordlust an dem anderen.
Seit zwei Jahren, nachdem mir erklärt wurde, wer Rovenna genau war, hat Vater jedem verboten mit mir zu sprechen. Ich solle meine Strafe lernen, meinte er. Dafür, dass ich einem Menschen vertraut habe, einen sogar geliebt habe.
Mit jedem Tag beginne ich mehr und mehr zu hassen. Ich beginne meine Gefühle zu hassen, ich beginne meinen Bruder zu hassen, ich beginne Kal zu hassen, ich beginne meinen Vater zu hassen. Sie alle wussten wer Rovenna war nur ich nicht. Hätten sie es mir zur rechten Zeit gesagt, wäre es nicht so weit gekommen. Hätten sie mich gewarnt -
"Hätten sie doch nur, hätten sie doch nur, hätten sie doch nur", äfft Xenaia, besser gesagt ihre nervige Gemäldegestalt, mich nach. Ihr kalter Körper hat sich in den ersten Monaten der ersten Jahre aus seinem Bild befreit und mir seitdem Gesellschaft geleistet. Sie ist manchmal nervig, aber meistens hat sie recht. Ich sollte mit diesem gefühlsduseligem Handeln aufhören.
"Hör auf zu jammern, Moreai, jammern bringt niemanden weit", eisern schallt ihre Stimme in meinen Ohren nach. "Räche dich, mein Kind"
Rache. Rache ist genau das, wonach ich mich seit nun beinahe zwei Jahren sehne. Rache an meinem Vater, Rache an Aerion, Rache an Kal und - und Rache an Rovenna. Ich bin mir mittlerweile ziemlich sicher, dass sie mich nur ausgenutzt hat, welcher Mensch würde sonst freiwillig mit einem Elfen verkehren? Ich wusste nie, was sie in meinem Garten damals wollte, doch ich bin mir sicher, sie hat nach Nimmenor gesucht, wollte das selbe Spiel wie ihre Vorfahrin betreiben.
Menschen ist nicht zu trauen. Elfen ist nicht zu trauen. Ich kann nur mir trauen. Mir allein - und einem sprechendem Gemälde.
Meine Hände schmerzen vom andauernden Hämmern gegen die Tür, ein schluchzen entrinnt meiner Kehle. "Öffnet die Tür!", meine Stimme ist heißer und verzweifelt. Seit Stunden werfe ich mich gegen die Tür, doch keiner öffnet sie. Natürlich nicht, die Wachen haben einen klaren Befehl meines Vaters mich zu ignorieren.
"Kommandant! Sie schlägt seit Stunden gegen die Tür!", verzweifelt erklingt die Stimme einer Wache vor meiner Tür. Aerion! Er ist hier und ich, so gut wie frei!
"Tritt zurück!", brüllt mein Bruder und eilig haste ich einige Schritte nach hinten, dabei stolpere ich über meine Füße und falle zu Boden. Mein Bruder nimmt das fallende Geräusch meinerseits für ein Zeichen zum Eintritt. Er reist die Tür auf und dort steht er.
Groß und muskulös wie eh und je, sein goldenes Schwert mit Rubinen besetzt in seiner Hand und einen entschlossenen Ausdruck im Gesicht. Nichts an seinem selbstsicheren Auftreten kann mich jedoch nicht daran hindern, mich wutentbrannt auf ihn zu stürzen.
Mit einem wütendem Kreischen werfe ich mich auf ihn, sein Auftreten macht mich umso wütender, als ich es bereits war. Ich stürze ihn um, meinen Angriff hat er nicht erwartet. Ich kratze ihm durchs Gesicht und schlage heftig mit den Flügeln. Aerion lässt vor Schock sein Schwert fallen. Meine Chance.
Blitzschnell greife ich danach, hole aus und - die Wachen stürzen in den Flur des Turmes, ihnen entgegen rollt der abgetrennte Kopf meines älteren Bruders. Seine gräulichen Augen vor Schock weit aufgerissen, starb der so gesagte, beste Kämpfer Nimmenors.
Die Wachen wollen schreien, doch Xenaia, die trotz ihrer Gestallt eines Geistes noch immer kräftige Magie besitzt, legt einen Zauber auf sie, keine Worte entrinnen ihren Kehlen. Ich stehe auf, Blut tropft von meiner rechten Hand, in welcher ich Aerions Schwert fest umklammere.
Ich laufe an den Wachen vorbei und ohne viel zu zögern schlage ich mein Schwert in ihre Beine, stumm schreiend gehen sie zu Boden. Xenaias boshaftes Kichern ertönt hinter mir und mir wird klar, wie verrückt das alles ist.
Ein sprechendes Gemälde verleitet mich zum Massenmord - ich werde wohl ein Buch rausbringen müssen.
Ich Breite meine Flügel aus und flattere probeweise ein Mal mit ihnen, dann hebe ich ab. Ich fliege durch die Flure des Schlosses, Wachen von hier und da stürzen aus ihren Posten und schlagen mit ihren Schwertern nach mir - mein Bruder mag der beste Kämpfer gewesen sein, doch ich bin die beste Fliegerin.
Ich schlängele mich zwischen all den gold blitzenden Schwertern hindurch und der Geisterelf wirft einen Fluch nach den anderen um sich. Zusammen stürmen wir den Thronsaal, aus welchem Hunderte von schreienden Elfen herausplatzen wollen. Ich scheine irgendwas unterbrochen zu haben.
"Was geht hier vor?", donnere ich und mit einem schnippen meiner Finger verstummt auch in dem Saal jeglicher Ton. Xenaia ist eine gute Lehrerin, dass muss man ihr lassen. Mit einem lauten krachen fallen die Schlosstüren hinter mir zu.
Ich blicke mich um und erkenne nur ängstliche, entsetzte Gesichter. Eine kleine Gruppe an Elfen begibt sich zur Seite und macht mir Platz. Ich bahne mir den Weg zwischen ihnen zu einem Sarg mit gläsernem Deckel.
In ihm liegt niemand anderes als mein Vater.
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