Kapitel 14: Lelio
Es verging eine Zeit bis ich mich soweit beruhigt hatte um nicht den Nächstbesten, welcher mir quer kam, zusammen geschlagen hätte und starrte nun die bauschigen Wolken am Himmel an. Natürlich hatte ich nun auch Gewissensbisse, da ich meiner Mutter doch nicht ihren großen Tag versauen wollte. Ob sie sich trotz dem gut amüsierte?
„Hallo! Kay, nehme ich an?", hörte ich eine männliche Stimme mich grüßen.
Als ich mich jedoch etwas genervt dieser zu wand, war es so als würde sämtliche Luft meine Lunge verlassen. Denn derjenige, welcher da auf mich zu kam, war niemand anderes als der Junge aus dem Blumenladen. Ich sprang sofort auf und sah ungläubig in seine Richtung. Die Hände in den Hosentaschen ging er schon fast katzenartig auf mich zu. Jede seiner Bewegungen schien so leicht und elegant und sein längeres, bleiches Haar hing ihm in Strähnen ins Gesicht. In der linken Brusttasche seines perlweißen Sakkos befand sich die schwarze Blume von heute Morgen. Diese Ausstrahlung war einfach überwältigend und schon fast angsteinflößend. Ich wusste nicht was mit mir und meinem Körper los war, aber ich konnte mich keinen Millimeter bewegen.
Er kam ganz nah an mich heran. Ich war etwa ein halben Kopf größer als er, doch das war ja bekanntlich kein großes Kunststück. Er lächelte mich warmherzig an und stupste mir in die Wange.
„Hey! Atmen! Du bist jetzt also meine großer kleiner Bruder?!", lachte er und mit einem Mal kam das Leben wieder in meine Gliedmaßen und in den Rest von mir zurück.
Was? Er ist mein Stiefbruber?
„L-Lelio?", fragte ich ungläubig.
„Höchst persönlich und in voller Größe!", er grinste kurz bevor er weiter sprach: „Ich denke wir werden uns gut verstehen."
Lelio hielt mir seine rechte Hand zum Gruß entgegen und ich erwiderte diesen etwas zögernd. Eine Schockwelle durchfuhr meinen Körper bei diesem simplen Kontakt. Was war das bloß? Mein Herz beschleunigte auf die doppelte Geschwindigkeit, bereit ganz schnell und ganz weit weg zu rennen.
„Wollen wir nicht wo anders hin? Ich bin nicht sonderlich davon angetan, wenn sich solch noblen Veranstaltungen in die Längen ziehen. Glaub mir betrunkene Snobs sind nun wirklich kein Highlight.", irgendwie sprach mir der Junge schon fast aus der Seele.
Immer noch überwältigt nickte ich nur, denn selbst wenn ich es gewollt hätte könnte ich ihm nicht nein sagen.
„Super! Ich lasse den Schofför vorfahren, dann können wir irgendwo hin wo wir uns besser kennen lernen können. Schließlich sind wir jetzt Brüder und es interessiert mich brennend wie mein großer kleiner Bruder so ist.", er schenkte mir ein Lächeln in welchem pure Lebensfreude steckte.
Na toll, wenn er das auf der Hochzeit mitbekommen hatte, dann müsste er doch schon wissen wie kaputt ich war. Es kam ein silberner Porsche angerollt und ich stieg mit Lelio ein.
Ok er meinte wir wollten irgendwo anders hin. Irgendwo wo wir uns besser kennen lernen konnten. Aber mal ganz ernst. In Anzügen und dem Porsche beim McDonald?! Das machte dann doch ein fragwürdiges Bild. Wir saßen an einem Tisch. Ich mit einem Big Mac und er mit einem Chicken Wrap. Es tat war doch ganz gut etwas in den Magen zu bekommen, da ich ja nicht einmal oder kaum gefrühstückt hatte. Aber trotzdem spürte ich so einige Blicke an uns kleben. Was Lelio entweder nicht auffiel oder total egal war, denn dieser mampfte seelenruhig vor sich hin.
„Ist was?", fragte er als er zu Ende gekaut hatte: „War McDonald jetzt nicht gut? Also ich geh gerne hier hin aber wenn du lieber ..."
„Nein, nein es ist schon ok. Nur ... im Anzug?"
Er sah an sich runter, als hätte er erst jetzt bemerkt, dass er einen trug, grinste mich aber gleich darauf bis über beide Ohren an:
„Na und? Wir sehen doch schick aus"
„Schon aber für diese Lokation etwas overdressed."
„Hahaha. Und das ist ein Problem? Man darf doch tragen was man will. Du bist schon merkwürdig. Hahaha."
Irgendwie konnte ich nicht anders als mit zu lachen, denn es war viel zu ansteckend.
„Also ... erzähle mir doch etwas von dir.", die Frage hatte mich etwas überrumpelt.
Was sollte ich von mir erzählen?
„Äh ... und was?"
„Also gut, dann fange ich an. Ich bin Lelio Garden, bin 17 Jahre alt und ein leidenschaftlicher Klavierspieler. Meine Lieblingsfarbe ist bunt und ich habe eine Schwäche für Mini Cupcakes. Jetzt du!"
„Äh ... also gut ... nun. Ich bin Kay Api... äh ... ich meine jetzt Garden. Ich bin 16 und für Hobbys hatte ich nie so richtig Zeit. Eine Lieblingsfarbe habe ich eigentlich nicht. Und essen ... naja hauptsache kein Hunger.", ok ich war wohl echt schlecht in sowas.
Lelio sah mich etwas stutzig an:
„Ok ... daran werden wir wohl noch arbeiten müssen. Gut, dann las uns einfach so plaudern."
Die restliche Zeit unterhielten wir uns, wobei im Grunde nur Lelio redete und mir sein Haus, die Umgebung und die Akademie beschrieb. Ich befürchtete wohl, dass ich ein schlechter Gesprächspartner war. Jedoch schien es mein Gegenüber nicht zu stören oder er war einfach nur gut darin es zu überspielen. Schließlich wurde es Abend und wir fuhren zu ihm ... uns nach Hause.
Lelio sprang wie ein kleines Kind aus dem Wagen und zerrte mich bei der Hand zum Hauseingang.
„Sollten wir nicht unseren Eltern Bescheid geben?", fragte ich ihm nebenbei hinterher stolpernd.
„Ach die werden schon nicht daran zerbrechen! Nun komm ich will dir unbedingt dein Zimmer zeigen."
Er hüpfte auf und ab und schubste mich voran, nachdem wir in das große Haus gingen.
„Hier! Das ist deins! War früher das Gästezimmer. Aber irgendwie haben wir selten welche gehabt die auch über Nacht blieben. Meins ist gleich daneben. Los nun scheu schon rein!"
Ich öffnete die Tür und fand mich in einem Raum welcher mindestens doppelt so groß war wie mein eigenes Zimmer. Ein riesiges Bett war in der Mitte. Schränke und Schubläden waren überall perfekt platziert. Ein Schreibtisch mit Drehstuhl und sogar ein kleines Sofa mit einem Flachbildfernseher. Mir blieb der Mund offen stehen. Für mich war dieser Raum ja schon fast eine ganze Existenz und in diesem Haus war es nur ein Zimmer. Lelio grinste wie so üblich packte mich wieder bei der Hand und machte in Rekordzeit eine Roomtour mit mir. Soweit ich es bei dieser Geschwindigkeit mit bekommen hatte, befanden sich unten neben meinem und Lelios Zimmern noch die Küche, das Esszimmer, das Bad und das Wohnzimmer mit einem großen weißen Flügel darin. Oben waren dann Logischerweise das Zimmer von Nelson und meiner Mum, ein Arbeitsraum und sowas wie ein Werk-/Hobbyraum. Das Haus besaß auch einen Keller in welchen Lelio mich unnötigerweise auch hinunter schleifte. Lelios Zimmer war von der Größe her wie meins und es befanden sich viel und ich meine wirklich viele Blumen darin.
„So! Jetzt aber ab mit dir ins Bad! Du darfst als Erster.", mit diesen Worten wurde ich auch schon in den besagten Raum geschoben und die Tür hinter mir wurde zu gemacht.
Endlich fand ich einmal Zeit durch zu atmen. Ich hatte das Gefühl, dass mich dieser energiegeladene Typ irgendwann noch den letzten Nerv kosten würde. Das Bade Zimmer beinhaltete blau als Grundfarbe. Es befanden sich eine Dusch, eine riesen große Wanne, ein Waschbecken mit einem Ganzkörperspiegel und eine Toilette. Die Fliesen waren beheizt und, dass der Raum größer war wie unsere alte Essküche wollen wir vorerst unter den Teppich kehren. Ich zog mein Sakko und mein Hemd aus und legte beides auf einen kleinen Plastikhocker.
„Ach Kay bevor du ...", Lelio stapfte in dem Raum, erstarrte jedoch als er meinen freien Oberkörper erblickte und an seinem Gesicht konnte man erkennen wie schockiert er war.
Scheiße, jetzt hat er die Narben gesehen. Ob er mich nun als abstoßend sieht oder noch schlimmer ob er jetzt unnötige Fragen stellen wird? Er schluckte und sein Gesicht normalisierte sich wieder.
„Ich habe dir saubere Handtücher aus der Waschküche geholt. Shampoo und der Gleichen findest du in den Schränken fühle dich also völlig frei!", mit diesen Worten drückte er mir die Tücher in die Hände und verließ das Bad als wäre gerade nichts gewesen.
Das war so komplett neu für mich. Ich hatte mich mental wirklich auf alles eingestellt, jedoch nicht auf sowas.
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