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Es dauerte noch zwei weitere Tage, bis Sunwoo sich wieder blicken liess und nicht mal da erschien er pünktlich. Kevin war bestimmt schon seit einer guten Stunde in der Werkstatt, als der Junge plötzlich völlig unerwartet neben ihm stand.

Erschrocken zuckte Kevin zusammen, weil er Sunwoo zuerst gar nicht bemerkt hatte. Nachdenklich starrte er ihn an. Seine Haare waren verwuschelt, wahrscheinlich vom Wind zerzaust, auf seinen Wangen lag ein durch die Kälte draussen verursachter Rotschimmer, seine plumpen Lippen waren spröde, weil er wahrscheinlich nicht viel von Lippenbalsam hielt, das einzige was war wie immer, war das aufmüpfige Funkeln, welches immer in seinen Augen aufblitze, wenn er Kevin ansah.

Er sagte nichts, sondern sah ihn ebenfalls nur an. Kevin umklammerte den Schraubenzieher in seiner Hand ein wenig fester. »Du bist wieder da«, sagte er schliesslich in die anhaltende Stille hinein, weil ihm nichts Besseres einfiel. Sunwoo blinzelte ein paar Mal, dann schlich sich das altbekannte Grinsen auf seine Lippen.

»Bist du traurig deswegen«, fragte er frech, worauf Kevin bloss ein Augenrollen übrighatte. »So schnell wirst du mich nicht los, auch wenn du es ganz offensichtlich gerne würdest«, versprach ihm Sunwoo und insgeheim freute Kevin das sogar. Nicht dass er das jemals zugegeben hätte.

»Ach schade, ich hatte schon Hoffnung«, sagte er stattdessen nüchtern, worauf Sunwoo seine Lippen zu einem Schmollmund verzog. Etwas was er anscheinend oft tat. »Wie gemein«, jammerte er und zeigte anklagend mit dem Finger auf ihn. »Du bist voll fies«, beklagte er sich. Kevin zuckte mit den Schultern.

»Du doch auch«, gab er zurück und sofort wandelte sich Sunwoos Miene in ein Grinsen. »Touché«, erwiderte er, ohne sich jedoch dafür auch nur kleines Fitzelchen schuldig zu fühlen. Natürlich nicht.

»Also, hast du mich vermisst in meiner Abwesenheit?«, wollte er wissen. »Ist die Antwort darauf nicht offensichtlich?« Kevin schüttelte den Kopf. Er hatte sich längst wieder seiner Arbeit zugewandt, weil er seiner Meinung nach weitaus besseres zu tun hatte, als mit einem unreifen Jungen zu diskutieren.

»Wusste ich es doch, dass ich dir gefehlt habe.« Sunwoo lächelte selig, doch Kevin fiel nicht darauf herein, er konnte den Schalk in seinen Augen deutlich erkennen. »Du kannst dir das gerne weiter einreden.« Er drehte sich um, um zum Werkzeugkasten zu gehen, doch Sunwoo hielt ihn am Handgelenk zurück.

»Lass mich das machen, okay? Sag mir einfach was du brauchst«, sagte er und sah ihn dabei auffordernd an. Kevin zögerte kurz, bevor er zustimmte. Gleich darauf wurde sein Handgelenk freigegeben.

Daraufhin arbeiteten sie mehr oder weniger schweigend nebeneinander her. Kevin liess Sunwoo mittlerweile auch mehr machen, als ihm nur das Werkzeug zu reichen, weil er gemerkt hatte, dass sich der andere gar nicht mal so ungeschickt anstellte und er sich ansonsten langweilte. So sehr, dass er deshalb bestimmt wieder auf dumme Gedanken kam. Das wollte Kevin natürlich verhindern.

Er ertappte sich ein paar Mal dabei, dass er dem Jungen nicht nur auf die Finger, sondern auch in sein schönes Gesicht sah. Er hoffte nur, dass der Wagen an dem sie gerade zu zweit herumschraubten am Ende auch lief. Und er vermutete dabei mögliche Fehlerquellen nicht nur bei Sunwoo, der noch nicht sonderlich viel Ahnung hatte von dem was er tat, sondern auch bei sich selbst, weil er sich viel zu oft ablenken liess.

Er vergass sogar ab und an auf die Uhr zu sehen, etwas, das er sonst gefühlt alle fünf Minuten tat, weil er es kaum erwarten konnte, dass der Tag vorüber ging. Als er jetzt seine Mitarbeiter die Tür ansteuern sah, runzelte er verwirrt die Stirn. War es etwa schon Mittag? Er liess seinen Blick zu seinem Handgelenk wandern und stockte. Die Uhr, die er ansonsten nicht einmal unter der Dusche auszog, war verschwunden.

Beinahe augenblicklich schnellte sein Kopf wieder in die Höhe und er drehte sich suchend nach Sunwoo um, der gerade eben noch neben ihm gestanden hatte. Jetzt lehnte er mit lässig vor der Brust verschränkten Armen gegen einen Pfosten gelehnt und grinste ihn breit an.

»Du hast länger gebraucht, als ich angenommen hatte«, meinte er frech und stiess sich ab. Er kam auf ihn zu und präsentierte ihm gleichzeitig seine Uhr, die er sich unterdessen um sein eigenes Handgelenk geschnallt hatte.

Ungläubig starrte Kevin ihn an. Wie machte er das nur immer? »Wann?«, wollte er wissen, denn bekanntlich bekam er auf das wie sowieso keine Antwort. Sunwoo lächelte stolz ihn an. »Bereits heute Morgen, erinnerst du dich?« Kevin legte nachdenklich seine Stirn in Falten, dann fiel es ihm wieder ein.

»Du hast mich am Handgelenk festgehalten«, erinnerte er sich. Der Junge war wirklich durchtrieben, das musste man ihm lassen. Er nickte zustimmend und zwinkerte ihm zu. »Du bist ja doch ganz clever«, meinte er unverfroren und Kevin schnappte nach Luft, doch Sunwoo war noch nicht fertig. »Clever, aber nicht clever genug für mich.« Er grinste, eindeutig ein wenig zu sehr von sich selbst überzeugt.

»Ein leichtes Opfer, jaja, ich weiss schon«, murrte Kevin, bevor Sunwoo es wieder selbst erwähnen konnte, worauf dieser heftig nickte. »Ganz genau«, sagte er mit wichtigtuerischer Miene. »Dir könnte man wahrscheinlich die Unterwäsche vom Körper stehlen und du würdest noch immer nichts bemerken«, meinte er ernsthaft und tippte sich nachdenklich ans Kinn.

Kevin schüttelte ungläubig den Kopf. Ihm lag bereits eine herausfordernde Bemerkung auf den Lippen, doch er verkniff sie sich, er hatte ja gesehen, wozu das beim letzten Mal geführt hatte.

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