Kapitel 1

Es tut weh dich nie wieder zu sehen...
Ich hätte besser reagieren müssen...
Dann hätte ich dich vielleicht retten können...
Doch so, werde ich immer daran zurück denken, wie du durch meinen Fehler dein Leben gegeben hast...
Ich werde diesen Tag nie vergessen können...

Noch immer höre ich dieses nervige Piepsen der Maschienen, an welchen ich, bis vor kurzen, angeschlossen war - es hat sich, in den sieben Wochen, förmlich in meinem Kopf fest gefressen.
Eine Woche ist es nun schon her, dass ich von der Intensiv auf eine normale Station verlegt wurde und vier Wochen, seitdem ich wieder aufgewacht bin.

"Guten Morgen, Kasya. Ich bringe dir deine morgendlichen Schmerztabletten.", sagte eine freundliche Krankenschwester, nachdem sie, ohne zu Klopfen, in mein Zimmer kam. Wie jeden Morgen stellte sie meine Medikamente schweigend, aber mit einem Lächeln, auf den Beistelltisch neben mir und versuchte ein Gespräch anzufangen. Jedoch hatte ich noch immer kein Interesse mich zu unterhalten, also machte ich es wie schon die ganze Zeit und tat einfach so, als würde ich noch etwas dösen. "Kasya, irgendwann musst du auch wieder reden, es wird dir gut tun, sich über das Erlebte zu unterhalten, sonst wird es dich irgendwann zerreißen.", seufzte die Schwester mitleidig und wollte sich an mein Bett setzen. Allerdings bekam sie, statt der gewünschten Reaktion von mir,  weiterhin nur mein Schweigen. Sie blieb noch einige Minuten neben mir sitzen, ehe sie sich seufzend verabschiedete und das Zimmer endlich verließ.

Langsam öffnete ich wieder meine Augen und spürte wie eine kleine Träne sich den Weg über meine linke Wange bahnte. Ja, die Schwester hatte Recht, irgendwann müsste ich  wirklich mit jemandem über das Geschehene sprechen, allerdings erst, wenn ich selbst damit anfangen kann es zu verarbeiten - und das könnte noch eine ganze Weile dauern.
Ich versuchte mich einwenig aufrecht hinzusetzen, entschied mich jedoch schnell wieder dagegen, als ich einen stechenden Schmerz, welcher durch meinen ganzen Körper schoss, spürte. 'Verdammte Scheiße...', fluchte ich innerlich und versuchte es erneut, ohne die Tabletten würde ich die Schmerzen ohnehin nicht aushalten.
Die Zähne zusammenbeißend schaffte ich es doch noch, auch wenn es mir wie eine gefühlte Ewigkeit vor kam, nahm die Schmerzmittel und etwas Wasser um sie runter zu spülen. Kaum war ich damit fertig, öffnete sich meine Zimmertür erneut und mehrere Ärzte und Schwestern traten herein.
"Ah, schön dich mal wach zu sehen." "Guten Morgen, Kasya." "Wie geht es dir heute?"
'Wie soll es mir schon gehen? Mir tut alles weh und ich will nur meine Ruhe. Könntet ihr mich jetzt bitte alleine lassen?! Danke...'
Schweigend beobachtete ich jede einzelne Bewegung der anwesenden Personen - eine typische Angewohnheit durch meinen Job als Security.
Die Ärzte und Schwestern wiederholten ihre Fragen, obwohl sie sich wohl denken konnten, dass ich auch dieses mal nicht antworten würde und seufzten.
"Okay, dann fangen wir mal mit der morgendlichen Visite an.", nickte einer der Ärzte und ließ sich meine Akte geben.
"

Patientin Kasya, 19 Jahre alt, Nachname unbekannt. Sie wurde mit mehreren schweren Schuss- und Schnittverletzungen, sowie Verletzungen, welche durch einen Sturz herführen könnten, eingeliefert.
Bei Einlieferung war sie nicht bei Bewusstsein und fiel aufgrund der darauffolgenden Operationen in ein Koma."
'Ich liege immernoch hier in diesem Raum und bin bei vollem Bewusstsein, du weißkitteliger Idiot.', tobte ich innerlich - ich hatte mir diesen Text schon oft genug anhören müssen und bis auf winzige Details veränderte sich mein Krankenbericht so oder so nie. "Wie es zu den ganzen Verletzungen kam, ist nicht bekannt. Die Wundheilung macht mit jedem Tag Fortschritte, auch die Knochenbrüche sind fast verheilt. Aktuell bekommt sie viel mal täglich Schmerzmedikamente, welche ihr augenscheinlich gut zu helfen scheinen.", sprach der Arzt weiter, während er die nächste Seite meiner Akte aufblätterte und wieder tief Luft holte.
"Wenn es weiter alles so gut verheilt, kann sie in den nächsten Tagen entlassen werden. Ihre Vorgesetzten wurden bereits informiert und werden sie die nächsten Tage immer wieder besuchen kommen."

'Shit, alles nur nicht meine Vorgesetzten...Ich schaff das auch alleine...', ein trauriges Lächeln bildete sich auf meinen Lippen, während ich an mir runter blickte, 'Was mache ich mir eigentlich vor...ohne Hilfe komme ich ja noch nichtmal aus diesem verfluchten Bett raus...'.
Zwar stimmte es, das meine Wunden langsam alle verheilt waren, jedoch konnte ich mich vor Schmerzen immernoch nicht wirklich bewegen.
Gnädig nahm ich die langsam entfaltende Wirkung der Schmerzmittel war und döste wieder leicht weg. 'Vielleicht wäre es besser gewesen, wenn ich damals gestorben wäre und nicht er..., er hatte schließlich Familie und war angehender Vater...', und mit diesem Gedanken schlief ich endlich wieder richtig ein.

Die nächsten Tage verliefen gleich, als erstes kam die Schwester und brachte meine Medikamente. Anschließend erfolgte die morgendliche Visite, gepaart mit der Hoffnung der Ärzte und Schwestern, dass ich endlich etwas sagen würde - vergeblich, ich schwieg weiterhin. Das Frühstück kam wie auch Mittag und Abendbrot jeden Tag um die gleiche Zeit und bis auf meine Medikamente, ein wenig Obst und diesen grässlichen Kräutertee, ließ ich es unangerührt wieder zurückgehen. Einzige Ausnahme an diesen Tagen, waren die Besuche meiner Vorgesetzten und Kollegen. Einige freundlich, mit aufmunternden Worten, andere schweigsam wie ich und voller Verachtung mir gegenüber.

'Ob sie auch lieber mich auf dem Totenbett gesehen hätten, als unseren Kollegen? Ob sie lieber ihn besuchen würden, als mich?'

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top