45 - Sprung ins kalte Wasser

Der nächste Sonntag kommt - und es regnet in Strömen. Kein Gedanke daran, heute am Bus zu schrauben oder zu lackieren. Dennoch rücken wir alle gemeinsam mit Transporter und Auto am Schrottplatz an, sobald Namjoon wach ist.
Jimin ist diese Invasion sichtlich unheimlich. Er bringt ausreichend Abstand zwischen sich und den Rest, aber er lässt es zu. Gemeinsam räumen wir eine Ecke der großen Ersatzteillagerhalle auf und improvisieren dort ein buntes Indoor-Picknick. Der Regen pladdert auf das Blechdach, irgendwo tropft es rein und beschert uns "Wasser in Eimer-Musik". Es geht fröhlich zu, aber nicht laut. Wir wissen ja, worauf es ankommt.
Herr Kang bietet uns allen das "du" an.
"Nennt mich bitte Sejin. Ich kenne von euch doch auch nur die Vornamen. Und ich mag euch. Ihr seid besonders."

Jimin hält sich am Rand, zwischen Taehyung und Sejin, und beobachtet alles ganz genau. Aber er bleibt da - auch noch, als er offensichtlich satt ist und sich verziehen könnte. Sejins Hund, sein Seelenschmeichler, sitzt direkt vor Jimin und blickt in die Runde wie ein aufmerksamer Wächter. Jimin hält sich an seinem Nackenfell fest.
Berge von Kuchen und Torten folgen zum Nachtisch.

Dann wirft mir Sejin einen Blick zu und wendet sich an Jimin. Alle anderen werden sofort still. Zu still. Jimin erschrickt und rutscht unruhig auf dem Autositz hin und her, der als sein improvisierter Stuhl dient. Seine Augen suchen den Ausgang.
"Jimin, hab bitte keine Angst. Es wird nichts Schlimmes passieren, keiner hier tut dir was, ich will nur mit dir reden."
Jimin steht auf und geht rückwärts. Der Hund folgt ihm sofort. Alle halten den Atem an. Ich sehe seine Chancen schwinden und mische mich ein.
"Sejin will dir was erzählen. Wir haben uns sehr viele Gedanken gemacht, wie er es dir sagen kann. Würde es dir helfen, wenn alle anderen außer Tae rausgehen? Oder ihr wo anders hingeht?"

Jimin fehlen die Worte. Angst lässt ihn erstarren. Tae versucht nun auch, ihm zu helfen.
"Darf ich zu dir kommen?"
Ich staune mal wieder, wie konsequent Taehyung auf Jimins Würde und Selbstbestimmung achtet.
"Ich ... das ... Ihr macht mir Angst. Sagt es schnell bitte, sonst dreh ich durch!"
Vor ein paar Wochen noch wäre Jimin zu diesem Zeitpunkt längst geflohen. Heute hält er die Gruppe aus und lässt sogar einzelne unserer Worte durch seine Schutzmauer dringen.

Sejin dreht sich ganz zu Jimin, bleibt aber auf seiner Holzkiste sitzen. Jimin ist sprungbereit und atmet schwer. Er schließt seine Augen und hält seine eine Hand in Taes Richtung wie auf der Suche nach Halt. Tae reagiert ganz leise und sanft.
"Ich komme, hab keine Angst."
 Bewusst mit einigen Geräuschen steht er auf, geht zu seinem furchtsamen Freund und greift vorsichtig dessen Hand. Jimin zuckt zusammen, hält sich dann aber fest und öffnet seine Augen wieder. Sejin beginnt zu erzählen.

"Du bist jetzt schon mehrere Jahre hier, wir haben uns aneinander gewöhnt, und ich bin unglaublich froh, dass du mir nach und nach etwas vertraut und dir hast helfen lassen. Ich habe keine eigene Familie, wie du weißt. Und inzwischen bist du für mich sowas wie ein geliebter Sohn."
Vollkommen unerwartet schreit Jimin auf und flüchtet in Taehyungs Arme. Er schluchzt, klammert sich fest. Lautes Knurren zeigt, dass nun auch der Hund in Alarmbereitschaft ist. Es dauert eine Weile, bis wir einzelne Worte verstehen.
"Nicht ... Vater. Bitte. Nicht!"

Tae sieht so überfordert aus, wie ich mich fühle. Sejin reagiert schnell.
"Dann vergiss das ganz schnell wieder. Ich bin nicht dein Vater. Ich hoffe nur, ... dass ich dein Freund sein darf."
Wir warten auf eine Reaktion. Nach ein paar bangen Sekunden nickt Jimin an Taes Schulter.
Gott sei Dank! Sein leiblicher Vater muss ja ein Superarsch gewesen sein.

"Ich bin jetzt dreiundfünfzig Jahre alt. Und leider bin ich ziemlich krank. Ich habe Krebs, Jimin."
Mit weit geöffneten Augen fliegt der herum und starrt Sejin an, zittert.
"Nein! Das ... Nein!"
"Leider doch. Und deshalb bin ich gezwungen, den Schrottplatz zu verkaufen und zu entfernten Verwandten zu ziehen, die bereit sind, mich zu pflegen."
Das klingt ja viel schlimmer, als er uns bisher verraten hat!
"Mein Problem geht aber noch weiter. Ich fühle mich - darf ich das so sagen? - für dich mit verantwortlich und möchte dich wirklich in Sicherheit wissen."

"Muss ... muss ich hier ... weg?"
"Das ist das, worüber ich mit dir reden möchte. Deshalb sanieren wir zur Zeit deinen Bus. Er soll dir gehören, dir weiter Zuhause sein und dich sicher fühlen lassen. Wir alle haben jetzt zwei Wochen lang gegrübelt, wo du mit dem Bus hin könntest, dass du dich weiter wohl und beschützt fühlst."
Jimin weint. Taehyung hält ihn vorsichtig fest. Der Hund drückt sich verwirrt an Jimins Beine. Und ich fange schon wieder an zu beten, dass Jimin unseren Vorschlag annehmen kann.
"Wo ... soll ich denn hin? Ich kann nicht ... Menschen ... Mein Job ... Ich hab Angst!"
Wieder zittert er am ganzen Leib.

Ausgerechnet Jeongguk fasst den Mut, mit unserem Vorschlag rauszurücken.
"Ich weiß nicht, ob du noch Angst vor mir hast. Wegen meinem Gewaltausbruck. Aber wir ..."
"Ich komme nicht in euer Haus! Niemals!"
Er versucht, sich aus Taes Armen zu befreien.
"Sollst du auch nicht. Du hast absolut die Wahl. Niemand hier wird dich zu etwas zwingen. Wir wollen dir nur den Vorschlag machen, dass du mit deinem Bus zu uns in den Park kommst. Du wohnst weiter im Bus. Du kannst ihn so ausbauen, wie du gerne wohnen möchtest. Du kannst bei uns das Bad benutzen oder ein eigenes kriegen. Du kannst allein sein und uns wegschicken, wenn du das brauchst. Wir lassen dich vollkommen in Ruhe. Du kannst Fahrrad fahren oder den öffentlichen Bus direkt zur Arbeit nehmen. Der Weg ist dann jedenfalls kürzer. Die Baustelle wird bald fertig sein, dann musst du nie wieder auch nur in die Nähe vom Ghetto. Du bist bei uns wirklich sicher. Und, wenn du das willst, bist du nicht allein."

Jetzt bleibt uns nur noch abzuwarten, wie der Vorschlag bei ihm ankommt. Jimin steht ganz still. Hat wieder die Augen geschlossen. Versucht, sein Zittern und seine Atmung in den Griff zu bekommen. Sucht schließlich wieder nach Taehyungs Hand, die der ihm gerne reicht.
"Darf ich mir das überlegen?"
"Natürlich!"
Taehyung flüstert nur.
"Es ist wirklich alles deine Entscheidung. Ob du kommst. Wann du kommst. Wo wir den Bus hinstellen. Wie viel oder wenig du mit uns zu tun haben willst. Du bestimmst über dein Leben."
Ich kann förmlich sehen, wie Taes Worte in Jimin nachhallen. Wie er hinspürt, ob das seine Lösung sein könnte.
"Wann? ... Wie schnell ... muss ich umziehen?"

Sejin klingt erleichtert bei Jimins Fragen.
"Nochmal: du musst gar nichts. Aber du darfst vor dem Wintereinbruch umziehen, deinen Bus wintertauglich machen und so leben, wie du es möchtest. Ich weiß, dass du sogar eine Hecke um dich pflanzen, dich unsichtbar machen und dir deinen eigenen Garten anlegen darfst. Und du musst auch keine Stellplatzmiete zahlen. Du darfst dort so zu Hause sein wie hier."
Jimin öffnet die Augen, schaut in unsere Runde und klingt zum ersten Mal seit Beginn des Gesprächs ein bisschen zuversichtlich und neugierig.
"Mein eigener Garten? So, wie hier?"

Ich lächele ihn an.
"Nicht nur. Ja, so wie hier. Und mehr. Du kannst so viel buddeln und wühlen und ausreißen und neu pflanzen und ausprobieren, wie du willst. Alle müssen dir helfen, niemand darf dich stören. Du bekommst alle Geräte, die du brauchst. Der Park soll nämlich ab nächstem Frühjahr völlig neu gestaltet werden. Also brauche ich das sowieso alles."
Ein Licht blitzt in seinen Augen auf.
"Der ... ganze Park! ... Ob ... ich ... darf ich helfen? Im Park?"
Manchmal fällt der Groschen echt pfennigweise. Wie blind bin ich gewesen?!? Ich habe doch gesehen, mit wie viel Liebe Jimin hier den Schrottplatz gestaltet hat! Er wird mein Gärtner!
"Der ganze Park. Wenn du Lust dazu hast. Ich möchte manches so machen wie früher. Manche Bereiche sollen aber anders werden. Neue Funktionen bekommen. Das Gelände ist riesig und wartet nur auf dich."

Wieder leuchten seine Augen auf. Er zögert noch eine Sekunde, schaut schüchtern in die Runde - und setzt sich dann wieder zu uns in den Kreis. Tae sieht aus, als würde er am liebsten hinter seinem Rücken ein Freudentänzchen aufführen, und hockt sich wieder neben Jimin.
"Ich ... glaub ... das kann ich schaffen. Über die Gärtnerei kann ich auch die Pflanzen bestellen. Soll ich? Darf ich ... zu euch kommen? Mit dem Bus? In den Park? Ich ... der ist doch so hässlich. Das sieht doch nicht schön aus bei der Villa."
"Das lass mal meine Sorge sein. Hat Taehyung dir erzählt, was ich mit der Villa vorhabe? Die Welt ist bunt. Dort sollen sich alle wohlfühlen."

Ganz allmählich entspannen sich alle. Ich beobachte einen Moment lang mich selbst, greife Namjoons Hand, spüre meine Erleichterung und Vorfreude.
Diese Hürde ist geschafft! Jimin wird hoffentlich den Sprung ins kalte Wasser wagen. Was bin ich froh!
Jimin sieht nachdenklich aus.
"Ich weiß nicht, wohin ich sonst gehen sollte. Zurück auf die Straße? Im Gewächshaus schlafen? Gefährlich ist es überall. ... Angst habe ich überall."
Keiner von uns rührt sich. Der junge Mann scheint gar nicht zu merken, dass er laut denkt.
"Aber wenn ich meinen Bus verstecken und abschließen kann? Und wenn ich meine Ruhe habe, wenn ich das will ... Und dann ist Tae ganz nah bei mir."
Der letzte Satz ist nur ein Hauch, klingt so sehnsüchtig, so hoffnungsvoll, dass es schmerzt.

Noch eine ganze Weile sitzt Jimin mit geschlossenen Augen da und lauscht in sich hinein. Er entspannt sich zusehens, und auch Sejins Hund legt sich nun hin.
"Frau Cho. Darf ich ... ich glaube, ich sollte ... vorher ... üben? Damit die Angst kleiner wird? Den Park sehen? Ein bisschen planen?"
"Das ist eine sehr gute Idee. Komm, wenn du magst. Kündige dich an. Wir alle wissen, was dir nicht gut tut, und werden darauf achten. Dann zeige ich dir den ganzen Park, alte Fotos, erzähle von meiner Kindheit. Wir schauen die Pläne an, die der Architekt und seine Frau entworfen haben. Du darfst mitreden. Und wir suchen den Stellplatz für deinen Bus aus."

Taehyung strahlt Jimin an.
"Wenn wir zusammen mit Dr. Lee planen, kannst du ganz viel lernen. Über barocke Gärten, wilde Gärten, traditionell koreanische Gärten. Ich arbeite sooo gerne mit ihr zusammen."
Jimin wiegt den Kopf hin und her.
"Traditionelle koreanische Gärten legen wir öfter an. Aber Barockgärten wie in Europa kenne ich nur aus einem Buch. Soll ... soll das denn alles durcheinander? Und mittenrein den rostigen Bus?"
Er rümpft die Nase, und das sieht richtig niedlich aus.
Da geht der Profi-Gärtner mit ihm durch.

"Nein, nicht wild durcheinander. Vor der Villa soll es schon wieder barock werden. Das große Rondell zum Beispiel. Zur linken Seite mit Pförtnerei und Deinem Bus soll die Hecke bis zum Wald nach oben hin hochgezogen werden. Immergrün, damit die beiden Welten nicht so schnell kollidieren. Das macht das Grundstück zwar unwesentlich schmaler, bietet euch dahinter aber optimalen Sichtschutz. Dort könnt ihr alle euch frei entfalten und so leben, wie ihr das möchtet.
Hinten bei der Veranda soll es nah am Haus auch noch Barock wirken, aber luftiger. Und dann sollen der Spielplatz, der alte Pavillon, der Teich mit den Obstbäumen, ein Grillplatz, ein Openair-Versammlungsort lose folgen. Der Wald soll weitgehend erhalten bleiben und nur innen auch koreanische Gartenanlagen bekommen. Ich möchte einige Erinnerungen erhalten, vielfältige Nutzung ermöglichen und ganz unterschiedliche Wohlfühlräume erschaffen."

Jetzt lächelt Jimin mich an. Zum ersten Mal sehe ich, wie schön es ist, wenn dieser junge Mann seine Qual vergisst und fröhlich aussieht. Es ist, als ob für uns alle die Sonne aufgeht. Und damit passt er auch hervorragend zu Taehyung. Beide sind sensibel, kreativ und aufeinander eingeschwungen. Seit Taehyung wieder in seiner Familie zu Hause ist und Dr. Lee ununterbrochen seinen wissbegierigen Geist mit spannendem Wissen und Fertigkeiten versorgt, ist er so aufgeblüht, dass er das gewonnene Selbstvertrauen sogar schon an Jimin weitergeben kann. 

Inzwischen ist der Nachmittag fortgeschritten. Namjoon schaut aus dem Hallentor in den unermüdlich fallenden Regen, dann auf seine Uhr.
"Für mich wirds langsam Zeit. Aber Tae will vielleicht noch bleiben. Oder Jimin muss jetzt dringend seine Ruhe haben. Ihr müsst mal alle sagen, was ihr jetzt braucht."
Schnell ist klar, dass Taehyung noch hier bleibt und von Sejin nach Hause gebracht wird. Jin fährt den Bus zurück, und Namjoon kommt mit zu mir. Wir rappeln uns auf, packen die Essensreste für die nächsten Tage für Jimin ein, beseitigen das Chaos in der Halle und verabschieden uns voneinander.

Eigentlich würde ich mir noch gerne die U-Bahn-Waggons ansehen, aber ich werde jetzt ganz bestimmt nicht durch diese tropfende Blechhalde da draußen krabbeln. Das muss also warten. Noch ist Sejin nicht weg. Und wir müssen den Plan ja auch erstmal konkretisieren, die Plätze entscheiden, die Zufahrt regeln.
Außerdem enthielt die Runde noch eine Information, die Vorrang hat - und nicht so schön ist. Ich trete an Sejin heran.
"Sejin? Hast du einen Moment Zeit?"
"Ja?"
Er freut sich offensichtlich, dass wir alle darauf eingegangen sind, ihn zu duzen, und lächelt mich an.
"Es ist vielleicht zu persönlich. Aber ... wie schwer krank bist du wirklich? Du sprachst vorhin davon, dass deine Verwandten dich pflegen werden."

Er weicht meinem Blick aus, lässt los, was er grade gemacht hat, dreht sich weg. Aber dann antwortet er doch.
"Ich könnte überleben. ... Aber ich kann mir die Therapie nicht leisten. Und der Krebs ist leider schon ziemlich fortgeschritten."
"Oh. Das tut mir furchtbar leid! Und ich glaube ... ich melde mich morgen und komme dann nochmal alleine vorbei. Ist das in Ordnung für dich?"
Der große, aufrechte, aber in Wahrheit totkranke Mann nickt nur. Ich lege ihm kurz eine Hand auf seinen Arm. Dann gehe ich zum Hallentor.

Ich komme nicht weit. Plötzlich steht Jimin vor mir. Erst druckst er, dann überwindet er sich.
"Ich ... danke! Ich hab so Angst. Aber Sie sind immer wieder so freundlich und helfen mir. Solche Menschen kannte ich noch nicht. ... Ich bin froh, dass ich zu Ihnen kommen darf."
"Das habe ich gesehen, Jimin. Du hast zum ersten Mal in meiner Gegenwart entspannt gelächelt. Das sah so schön aus und hat mich so froh gemacht. Das Leben soll für dich nicht mehr nur aus Angst bestehen. Ich möchte sehen dürfen, dass es dir gut geht."
Jetzt lächelt er schüchtern.
"Das ... merke ich. Das ist ... ungewohnt. Aber es ... es macht mir Mut. Ich will das schaffen! Ich freu mich auf den Park."
"Das ist wirklich großartig, Jimin. Ich bin richtig stolz auf dich. Magst du denn dann auch 'du' sagen?"
Da ist es wieder, dieses Strahlen von innen heraus. Ich bin ungeheuer neugierig, wer und wie Jimin wohl ist, wenn er es schafft, seine Ängste zu überwinden. Noch flüstert er nur.
"Vielleicht ... bald ..."

Wir brechen in einzelnen Grüppchen auf. Namjoon setzt sich ans Steuer meines Autos und fährt uns direkt zu mir nach Hause. Ich sehe schweigend den immer neuen Regentropfen an den Scheiben zu, wie sie vom Fahrtwind zur Seite getrieben werden, und versuche dabei, das Quietschen der Scheibenwischer auszublenden. Draußen ist es jetzt echt ungemütlich, weil auch noch Wind aufkommt, aber in mir drin ist es ganz warm. Fast bin ich dankbar für den Sturm, weil er dafür gesorgt hat, dass wir in einer besonderen Atmosphäre ganz behutsam auf Jimin eingehen und ihn auf die Veränderung vorbereiten konnten.

"Was denkst du grade, Nelli?"
"Dass ich glücklich und dankbar für diesen Nachmittag bin. Dass der Sturm heute uns geholfen hat. Dass Jimin wunderschön ist, wenn er so spontan von innen heraus lächelt. Dass er und ihr alle, die ihr in der Pförtnerei wohnt, ganz besondere Menschen seid. Dass der Welt etwas fehlen würde ohne euch. Und mir ganz besonders."
Ich höre an Namjoons Stimme, dass er lächelt, obwohl seine nächsten Worte ziemlich provokant sind.
"Muss ich auf Jimin eifersüchtig sein?"
"Idiot!"
"Ui! So schlimm, dass du mir unser 'Unwort des Jahres' an den Kopf werfen musst?"
"Neee, natürlich nicht."
Joon lächelt wieder.

"Ich habe mich auch riesig gefreut. Sein innerer Kampf mit dem Fluchtinstinkt war schwer auszuhalten allein vom Zusehen. Aber er hat heute ganz viel für sich gewonnen. Und Taehyung kann ich einfach nur bewundern. Er versetzt mit seiner Empathie Berge für Jimin. Er wächst und wächst und wächst manchmal über sich hinaus.
Aber weißt du, worüber ich mich fast am meisten freue?"
"Na?"
"Dass du selbst in deiner Aufzählung an erster Stelle gestanden hast. Und dass du jetzt nicht erschöpft wie nach einem Marathon im Gurt hängst sondern so ... zufrieden und verträumt und ... gemütlich müde zurückgelehnt bist. Das ist für mich wunderschön!"
"Hmmm. Für mich auch. Die einzigen Wermutstropfen in der Glückssauce sind Sejins Krankheit und ..."
"... Yoongi."

"Ich habe ihm am Donnerstag nach seiner letzten Nachricht einen langen Brief geschrieben und den am Freitag ins Institut gebracht. Die sagten, er habe grade Homeoffice für irgendeinen Bericht. Sie würden ihn benachrichtigen. Jetzt bleibt mir nur noch, abzuwarten und loszulassen."
"Sehr geschickt. Die haben zwei Adressen von ihm - seine eigene Wohnung und sein Fake-Unterschlupf in der Pförtnerei. Offensichtlich wissen selbst seine Vorgesetzten noch nicht, dass er sich abgesetzt hat. Wenn er uns nur verraten hätte, was er vorhat! Wir müssen ja gar nicht wissen, WO er ist. Aber dass wir uns Sorgen machen, ist doch wohl klar."
"Weiß nicht. Seine Selbstverachtung ist so ausgeprägt, wie der Himalaja hoch ist. Es geht ihm richtig beschissen, ganz unabhängig von der Prügelei. Ich traue ihm zu, dass er sich selbst so hasst, dass ihm überhaupt nicht klar ist, wie wichtig er uns ist. Das ist das, was mich am meisten beunruhigt - dass er vielleicht keinen Ausweg mehr sieht ..."
Namjoon erschrickt.
"Na, das wollen wir mal nicht hoffen!"
"Er ... hat gefehlt heute."
"Mir auch."

Kurz darauf sind wir in meiner Wohnung, essen gemeinsam, was der Kühlschrank hergibt, und bald scheucht Namjoon mich ins Bett.
"Keine Widerrede. Ich fahre öffentlich zur Arbeit. Gutenachtkuss?"
Grübchenalarm. Sowas von! Na gut, du hast gewonnen.
"Gutenachtkuss!"
Ich mache mich bettfertig und stelle den Wecker für morgen. Wir kuscheln noch eine Weile, bis ich ganz von alleine entspannt und schläfrig werde. Namjoons Abschiedsworte sind nur noch ein Flüstern für mich.
"Schlaf gut, Liebes! Du bist ein Engel auf Erden."

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14.3.2023    -    24.3.2024

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