Kapitel 12
„Niall!" Jemand klopfte mir sanft auf die Wangen. „Hörst du mich? Hey!" Alles klang so verschwommen ...
Ich wollte die Augen öffnen, aber es ging nicht, meine Muskeln gehorchten mir schlichtweg nicht.
„Atmet er noch?", rief eine andere Stimme, die sich verdächtig nach Louis anhörte. Im nächsten Moment kitzelte mich etwas im Gesicht und die erste Person, die ich sogleich als Liam identifizieren konnte, rief ganz nah an meinem Ohr: „Ja! Was sollen wir tun? Niall, Mann!"
„Geh mal zur Seite." Kampfgeräusche ließen mich darauf schließen, dass sich Louis und Liam gerade eine Schlägerei lieferten, wer zu erst Doktor spielen durfte – und ich konnte mich immer noch nicht bewegen. Fühlte es sich so an, wenn man im Koma lag? Man hörte, fühlte, roch alles, aber man konnte einfach nicht darauf reagieren? Meine philosophischen Gedankengänge wurden rüde unterbrochen, als mir jemand eine schallende Ohrfeige gab, die mich in einen solchen Schockzustand versetzte, dass all meine Körperfunktionen aus dem Standby-Zustand geholt wurden und ich endlich meine Augen aufreißen konnte. Sofort bereute ich es, als mir viel zu grelles Licht hineinstach und ich gequält ein paar Mal blinzeln musste, bevor ich halbwegs klar sehen konnte.
„Ni, heilige Scheiße!" Ein völlig aufgelöster Liam beugte sich über mich. „Bist du okay? Und was zur Hölle hast du nur getrieben? Hast du gesoffen? Du riechst nicht mal nach Alkohol!"
„Liam." Louis' Kopf schob sich neben den von Liam. „Lass ihn doch mal zu sich kommen."
„Kann mir ... mal jemand ... helfen?" Meine Stimme klang schrecklich, als würden meine Stimmbänder an Schmirgelpapier entlangschleifen. Mühsam stemmte ich mich auf die Ellbogen und sah mich mit zusammengekniffenen Augen um. Ich war völlig orientierungslos, mein Schädel hämmerte wie ein Presslufthammer und die Leute um mich herum, die mich und einander mit nie zu enden scheinenden Fragen bombardierten, trugen noch einen gebührlichen Teil zu meiner allgemeinen Verwirrung hinzu. Liam, der nicht umsonst seit dem Kindergarten mein bester Freund war, begriff das sofort, denn er richtete sich auf und schrie: „Haut mal alle ab und gebt ihm ein wenig Platz!" Überraschenderweise gehorchten ihm alle und rückten ausnahmslos murmelnd aus meinem Blickfeld.
Ich befand mich ... „W-wo bin ich?", murmelte ich so leise,dass nur Liam es verstehen konnte, der sich mir mit einem besorgten Gesichtsausdruck zuwandte und erwiderte: „Hinter dem Haus."
„Wie bin ich hierher gekommen?" Mein Kopf war ein einziges schwarzes Loch.
Liam musterte mich, die Besorgnis in seinen Augen vertiefte sich von Sekunde zu Sekunde. „Du weißt es nicht mehr?"
„Ich ..." Ich befeuchtete meine spröden Lippen und brach in dem Versuch, endlich einen Satz in meiner normalen Stimme von mir zu geben, in einen Hustenanfall aus, der erst wieder endete, als Liam mir beruhigend auf den Rücken klopfte. Ich kramte in meinem Gedächtnis. Was war die letzte Stunde passiert? Ich erinnerte mich noch daran, dass mir verdammt schwindelig gewesen war und Josh mich zum Ausgang gebracht hatte – der Rest war wie ausradiert. Verzweifelt sah ich ihn an. „Ich kann mich nicht erinnern."
Seine Augen weiteten sich. „Blackout. Wie viel fehlt dir?"
„I-ich weiß es nicht ... vielleicht eine Stunde?" Ich fasste mir an den schmerzenden Kopf.
Fürsorglich wie er war, schlüpfte Liam augenblicklich aus seiner Jacke, rollte sie zusammen und reichte sie mir. „Leg dich wieder hin und nimm die als Kopfkissen." Ich wollte protestieren, aber gegen die Sturheit eines besorgten Liams hatte man bekanntlich keine Chance, sodass ich seinem Befehl widerwillig Folge leisten musste. „Wie habt ihr mich überhaupt gefunden?"
Liam zuckte die Schultern. „Du warst plötzlich nicht mehr da. Ob du es glaubst oder nicht, ich habe dich die ganze Zeit über beobachtet." Frustriert klopfte er mit der Faust auf den Boden. „Deshalb verstehe ich auch nicht, was mit dir los ist. Du hast dieses eine Glas nicht mal ganz ausgetrunken und wenn ich es nicht besser wissen würde, würde ich sagen, du hast dich einfach besinnungslos gesoffen. Jedenfalls hab ich mich dann auf die Suche nach dir gemacht, da sind mir schon Harry und Louis entgegengekommen und haben irgendetwas gefaselt und mich mitgezerrt."
„Der Notarzt ist verständigt", meldete sich Ed und machte einen erschrockenen Satz zurück, als ich hochschnellte und „WAS?!" schrie, nur um anschließend wieder in diesen fürchterlich trockenen Husten auszubrechen. Liam musterte mich beunruhigt. „Niall, du warst keine Ahnung wie lange bewusstlos, hast einen Totalblackout, was die vergangene Stunde angeht, und hustest herum, als würdest du jeden Moment ersticken. Ich will ja nichts sagen, aber das schreit für mich verdammt nach Krankenwagen."
Völlig am Ende mit der Welt rieb ich mir die Augen, die bestimmt schon mehr als blutunterlaufen aussahen. „Liam, meine Mum hat heute Nachtdienst."
Das saß, und er ließ sich mit blankem Gesicht zurückfallen. „Oh."
Ja, so war es. Meine Mutter arbeitete als Notärztin in diesem Stadtteil und hatte ausgerechnet heute Bereitschaft. Bestimmt saßen sie und ihre Kollegen schon im Wagen und rasten mit Blaulicht direkt hierher. Wenn sie mich so sah ... meine Fresse, dann konnte ich mich auf ewigen Hausarrest gefasst machen. „Ich muss hier weg." Ich wollte mich ächzend aufrichten, doch Liam drückte mich resolut zurück und murmelte „Zu spät." Er reckte den Zeigfinger in die Luft und machte somit alle Umstehenden auf das Martinshorn aufmerksam, das nun in unmittelbarer Nähe verstummte; wenig später wurden Autotüren zugeschlagen.
Frustriert stöhnte ich auf und schloss die Augen. Was auch immer passiert war, das hier würde noch schlimmer sein. Ich spürte jeden einzelnen Muskel; meine Wange, auf der Louis seine Ohrfeige wohl platziert hatte, brannte. Ihn würde ich mir später noch vorknöpfen ... undankbar, ich weiß.
„Bitte alle mal zurücktreten, macht Platz!", ertönte da schon die Stimme meiner Mum über das andere Gemurmel hinweg, woraufhin die ganzen Leute eine Gasse bildeten, sodass drei mit Koffern bewaffnete Leute in leuchtend orangefarbenen Anzügen hindurchstürmen konnten. Da Liam direkt vor mir saß, erkannte sie zuerst ihn, was ihr einen überraschten Ausruf entlockte. „Liam? Was ..." Dann erhob er sich (meiner Meinung nach viel zu früh), um ihr Platz zu machen, und löste damit bei ihr den nächsten Schockzustand aus. „Mein Gott, Niall!" Während ihre beiden Kollegen (Luke und Chris mit Namen, ja, ich kannte die Leute, mit denen Mum arbeitete) in ihren Koffern herumarbeiteten, ging sie neben mir in die Knie, nahm meinen Kopf in die Hände und musterte mein Gesicht von allen Seiten, worauf sie eine kleine Lampe aus der Tasche zog und mir damit in die Augen leuchtete. „Was ist passiert?" Ich merkte ihr deutlich an, wie angespannt sie war, und wie sehr sie diese Tatsache verstecken wollte, um nicht noch mehr Panik zu verursachen.
„I-ich weiß es nicht", murmelte ich wahrheitsgemäß. „Die ganze letzte Stunde ist ... wie ausgelöscht."
Sie bedachte mich mit einem seltsamen Blick, bevor sie sich an Liam, Harry und Louis wandte, die schweigend hinter ihr standen und mit den Augen ihren geübten Handbewegungen folgten, auch wenn sie im Moment ein wenig zittriger als sonst zu sein schienen. „Weiß es jemand von euch?".
Als Antwort bekam sie nur ratloses Kopfschütteln. „Als wir ihn gefunden haben, war er bewusstlos", gab Harry mit leicht piepsiger Stimme von sich, die davon zeugte, dass er es mit dem Alkohol nicht gerade sparsam gemeint hatte. Mum nickte kurz angebunden und drehte sich wieder mit zu. „Was tut alles weh?"
Ich schluckte trocken. „Kopf dröhnt wie verrückt. Und mir ist speiübel."
Mit den Augen scannte sie mich nach Verletzungen und blieb schließlich an meinen Handgelenken hängen. „Woher stammt das?" Vorsichtig fuhr sie mit den Fingern über die bläulich verfärbten Druckstellen, die sich dort abzeichneten. Ratlos betrachtete ich sie und ließ den Kopf dann verzweifelt zurückfallen, den Drang unterdrückend, auf der Stelle loszuheulen. Die Tatsache, dass ich keinen blassen Schimmer von nichts hatte, trieb mich förmlich in den Wahnsinn und versetzte mich in einen Angstzustand, wie ich ihn noch nie erlebt hatte. „Mum, ich hab keine Ahnung! Ich weiß nicht mal, wie ich hierher gekommen bin!"
Ihr Blick schnellte zwischen meinem Gesicht und meinen Handgelenken hin und her, als sie plötzlich erbleichte und mich furchtsam anstarrte, was meine Angst noch größer werden ließ. „Sicher, dass dir sonst nichts fehlt?".
Ich spürte in mich hinein, konnte aber beim besten Willen nichts feststellen. „Ja, ansonsten geht's mir gut. W-was ist denn?", fügte ich beunruhigt hinzu, als sie sich erhob und leise ein paar Worte mit ihren Kollegen wechselte, woraufhin Chris davonging und Luke an meine andere Seite eilte. „Komm mal mit zum Wagen." Bevor ich antworten konnte, hatten sie mich vorsichtig auf die Beine gezogen und führten mich durch die Leute auf den Krankenwagen zu; ein nervöser Liam folgte uns, während Louis und Harry, die mir vermutlich nicht auf die Pelle rücken wollten, zurückblieben und sich mit Ed unterhielten. Als ich sah, dass Chris die hintere Türe des Wagens geöffnet hatte, wurde ich unruhig und sträubte mich ein wenig. „Mum, ich muss wirklich nicht ins Krankenhaus. Was zur Hölle IST denn?!"
Sie zögerte, während sie mich dazu brachte, mich auf die Trage im Inneren des Wagens zu drücken und dabei irgendwelche Geräte aus einem der Schränke nahm. „Sagen wir mal so, ich habe einen Verdacht, was geschehen sein konnte." Als sie sich wieder zu mir umdrehte, hatte sie eine Nadel und dieses angsteinflößende Schläuchezeugs in der Hand. „Ich werde dir jetzt Blut abnehmen", informierte sie mich, bevor sie sich schon meinen linken Arm schnappte und mit einem stechend riechenden Tuch eine Stelle zu säubern begann.
„Wieso?" Ich hatte nicht vor, einfach alles mit mir machen zu lassen, wie es jemandem gerade so passte.
„Entspann dich, sonst tut's weh", kommanderte sie in ihrem üblichen Berufsbefehlston – nun hatte sie ihre Fassung wohl komplett wiedererlangt, die durch meinen ziemlichen miesen Anblick ins Schwanken geraten war.
„Ich will wissen, was ...!"
„Niall!", unterbrach sie mich, packte mich an den Schultern und starrte mich durchdringend an. „Ich will dich jetzt nicht in Panik versetzen. Lass mich einfach machen! Vertraust du mir?"
Die letzte, noch schnell angehängte Frage traf mich völlig überraschend und warf mich erst mal aus der Bahn. „W-was?"
„Vertraust du mir?", wiederholte sie, meinem Blick fest standhaltend.
„Natürlich!"
„Gut, dann lass mich meinen Job machen."
Seufzend gab ich nach und sah zu, wie sie die Nadel in meiner Haut versenkte und das Blut in einer Art Beutel auffing, den sie anschließend in einem Schrank im hinteren Bereich des Wageninnenraums verstaute.
„Was wollt ihr denn damit?" Ich fühlte mich zwar immer noch, als hätte mich ein Highway-Truck überfahren und das Rumoren in meinem Magen war auch nicht gerade gesundheitsfördernd, aber immerhin konnte ich wieder klar denken und war in der Lage zu sprechen, ohne an einem Hustenanfall draufzugehen. Einige Sekunden lang stand sie mit dem Rücken zu mir und zog sich die Gummihandschuhe aus, bevor sie urplötzlich zu mir herumschnellte und mich in eine Umarmung zog, die mir fast alle Luft aus den Lungen entweichen ließ. „Ich bin so froh, dass dir nichts passiert ist."
Unsicher legte ich meine Arme um sie. Was zum Teufel war hier los? Hatte sich Liam vielleicht getäuscht, und ich hatte doch mehr getrunken, als jeder annahm? Aber dann würde Mum hier doch nicht einen solchen Tamtam machen, oder? Fragen über Fragen häuften sich in meinem Kopf und für keine von ihnen hatte ich eine logische Antwort parat.
---------------
Jaa, Kapitelchen 12 ;)
Irgendwie verliere ich allmählich die Freude an dieser Geschichte, omg, ich bin schlimm xD Aber sie hat gar keine richtige Handlung, und das ist es, was mich so irritiert *-* Naja, zum Glück hab ich schon ordentlich vorgeschrieben, sodass noch genug Zeit bleibt, mein Interesse daran wiederzuerlangen ...
Whatever, DANKESCHÖÖÖÖN euch allen fürs Lesen und Voteeeen! <3
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top