Chapter nine

Ich kramte in meiner Jackentasche nach meinem Handy. Auf dem Bildschirm stand eine Nummer, die ich nicht zuordnen konnte. Dennoch beschloss ich, den Anruf entgegenzunehmen, da es sich ja auch um etwas wichtiges Handeln könnte.

"Williams" melde ich mich in ruhigem Ton. "Ich bin froh, dass ich Sie erreiche", drang die Stimme des jüngeren Calvo Bruder an mein Ohr "Ich habe sie schon des Öfteren versucht anzurufen, aber irgendwie kamen wir nicht zu ihnen durch" "Mr. Calvo, was kann ich denn für sie tun, dass sie mich mit Anrufen bombardieren?" fragte ich, während ich bemerkte, dass ich mehrere verpasste Anrufe von zwei unbekannten Nummern hatte.  

"Mein Gerichtstermin wurde vor verschoben. Er soll schon übermorgen stattfinden und nicht in 4 Tagen" mir entweicht ein Seufzer, während sich die Panik langsam in mir breit macht. "Ich kriege aber niemals so schnell einen Flug zurück nach New York" "Das haben wir uns schon gedacht" sagt Adrian ruhig "Mein Bruder ist schon auf dem Weg zu ihnen. Er ist spätestens morgen früh da" Damit ertönte das altbekannte Tuten, das mir versicherte das Adrian aufgelegt hatte. Langsam lasse ich mein Handy sinken. Die Panik, die zuvor wie eine erdrückende Welle über mich geschwappt war, begann langsam abzuebben, während ich spürte, wie Dania mich von der Seite merkwürdig ansah. 

"Wer war das?" fragte sie plötzlich, in ihren Augen schimmerte die Neugier. "Ich muss früher nach New York zurück als gedacht. Mich holt morgen schon jemand ab. Lass uns lieber zurück" murmelte ich, ohne ihr ins Gesicht zu sehen. Mehr wollte ich gar nicht sagen. Ich stieg auf Onyx und trieb ihn an. 

Der Rückweg verlief ziemlich schweigend, und ich glaube, Dania hatte gemerkt, dass irgendetwas in meinem Kopf vor sich ging. Doch in meinem Kopf drehte es sich nur um eines: die Vorstellung, dass Alejandro morgen früh bei mir zu Hause auftauchen würde. Nicht bei meinem Zuhause in New York, sondern in dem Haus, in dem ich aufgewachsen bin. Ein Ort voller Erinnerungen, sowohl schöne als auch schmerzhafte. Aber wollte ich überhaupt, dass er einen so großen Einblick in mein Leben bekam? Und vor allem, woher wusste er, dass ich in Lübeck bin? Ich hatte ihm an dem Abend, als ich gegangen bin, nur gesagt, dass ich nach Deutschland zu meiner Familie wollte. Niemand sonst wusste, dass ich nach Lübeck gehen würde. Ich schob all die Fragen in den hintersten Teil meines Kopfes, als wir aus dem kleinen Wald heraustraten und den Weg zum Stall einschlugen. Die Sonne stand bereits tief am Horizont, der Himmel erstrahlte in den atemberaubenden Farben, was den Hof noch magischer erscheinen ließ. 

Ich stieg kurz vor dem Stall Tor ab und packte Onyx an den Zügeln, um ihn abzusatteln und in die Box zu bringen. Als wir die beiden Pferde in die Boxen stellten, wandte ich mich Dania zu. "Es tut mir leid, dass ich gerade so abweisend war. " "Schon gut. Es muss anscheinend etwas sehr Wichtiges gewesen sein, wenn du so reagierst" antwortete sie verständnisvoll "Ich hoffe, wir sehen uns" sagte sie und lächelte mich an. "Natürlich, Dania. Du kannst mich ja auch einfach mal in New York besuchen." "Ja, auf jeden fall. Wir bleiben in Kontakt." versprach sie und wünschte mich noch ein schönen Abend.

Ich schaute zu Onyx und strich verträumt über seine Stirn. "Ich werde dich vermissen, mein Großer," sagte ich leise und drehte mich dann um, um aus dem Stall zu gehen. Ich blieb noch eine Weile vor dem Tor stehen und atmete die kühle Nachtluft ein. Es wurde immer kälter und kleine Schneeflocken fielen vom Himmel, was bei uns echt selten vorkam. Doch das Geräusch von näher kommenden Autos riss mich aus meinen Gedanken. Meine Eltern waren noch nicht zurück, da meine Mutter mir geschrieben hatte das es später wird. Zwei schwarze Autos näherten sich langsam dem Gelände. Der Kies unserer Auffahrt knirschte unter den schweren Reifen der Autos, als sie kurz vor dem Haus zum Stehen kamen. Mein Atem stockte, und ich wusste nicht, was als nächstes passieren würde, wenn sich die Türen der Autos öffnen. Mein Herzschlag beschleunigte sich und ich blieb wie versteinert an Ort und Stelle stehen. 

Die Hintertür des vordersten Wagens öffnete sich, und schwarze Lederschuhe traten auf den Kies. Eine Person im Anzug trat hervor. Erleichtert seufze ich auf, als ich die Person erkannte. 


Alejandro war anscheinend früher hier, als ich erwartet hatte. Er knöpfte sein Jackett zu und drehte sich zu mir um. Die vorher versteinerte Miene zierte nun ein leichtes Lächeln, das so schnell verschwand, wie es gekommen war. Doch dieser kurze Augenblick, in dem er mir ein ehrliches Lächeln schenkte, ließ mein Herz erwärmen. Endlich konnte ich mich wieder bewegen, und ich lief auf ihn zu. Die Autos starteten ihre Motoren und fuhren weiter. Verwirrt schaute ich ihnen hinterher, bevor ich meinen Weg zu Alejandro fortsetzte. Vor ihm blieb ich stehen, seine blauen Augen musterten mich. "Du bist schon hier? Dein Bruder sagte, du kommst erst morgen früh." "Ich war in der Nähe, und es bot sich an, schon früher loszufliegen" antwortete er mir. "Allerdings habe ich keinen Platz zum Übernachten, da es recht spontan war." "Du kannst hier übernachten. Meine Eltern haben bestimmt noch ein Gästezimmer bereitstehen. Sie erwarten immer besuch." schlug ich vor, um ihm zu helfen. Da es mir leicht unangenehm wurde, hier draußen in der eisigen Kälte zu stehen, setzte ich meinen Weg zur Haustür fort und betrat das Haus, im Wissen, dass Alejandro mir hinterherlief.

Ich zog meine Stiefel sowie meine Jacke aus und stellte sie in die Garderobe. Verwundert schaute ich Alejandro an, als er einfach stumpf neben mir stehen blieb. Sein Blick schien meinen zu erfassen "Ich glaube nicht, dass deine Eltern sich wundern sollen, warum Männerschuhe in ihrer Garderobe stehen, die zufällig nicht deinem Vater gehören" erklärte er mir, ihn schien meine Verwunderung zu amüsieren. Ich zuckte mit den Schultern und lief einfach in die Küche weiter. Dort griff ich in den Kühlschrank und holte mir eine Flasche Rotwein heraus. Ich brauchte jetzt definitiv Alkohol. Als ich mich mit der Flasche zu Alejandro drehte, der sich mittlerweile auf einem der Barhocker niedergelassen hatte, fragend an. Er nickte mir zu, und ich holte zwei Weingläser heraus. 

Ich stellte ein Glas für mich und eines für Alejandro auf den Tresen, während ich den Wein etwas daneben platzierte. Dann holte ich einen Topf und ein paar Nudeln heraus und ließ sie kochen. Währenddessen griff ich nach dem Wein und schenkte uns beiden eine kleine Menge ein. Ich nippte an meinem Weinglas und schaute zu Alejandro, der mich nur beobachtete, ohne was aus seinem Glas zu trinken. Plötzlich begann mein Handy zu piepen, und mehrere Nachrichten erschienen auf dem Bildschirm. Der Absender war Cecil, ich öffnete den Chat und fünf Nachrichten erschienen

"Ähm, C?"   "Also, es gibt hier ein kleines Problem" "Ich weiß nicht, wie ich dir das sagen soll" "Ach scheiß drauf" " Tuono hat den Zaun durchbrochen und rennt über den Hof" 

Ein erschrockener Laut entfuhr mir, gefolgt von einem Fluchen. Das durfte doch jetzt wohl nicht wahr sein. Eines der wildesten Pferde hatte es geschafft, den Elektrozaun zu zerstören und lief jetzt irgendwo über den Hof. Ich drückte auf das Anrufsymbole, nach kurzem Piepen ertönt die Stimme von Cecil an meinem Ohr "Wo?" fragte ich gereizt. "Ich weiß es nicht, ich höre die ganze Zeit irgendwas kaputtgehen, aber...ich sehe ihn nirgendwo" antwortet er.

Ich zog mir hastig meine Schuhe und meine Jacke an, während Cecil weiter am Telefon war. Alejandro stand verwirrt in der Küchentür und ich schenkte ihm ein entschuldigendes Lächeln. Ein lautes Scheppern ließ mich hochblicken. "Er ist vorne beim Haus," sagte ich genervt und legte auf, ohne auf eine Antwort zu warten. Ich riss die Haustür auf, und da sah ich ihn auch schon. Tuono hatte definitiv für viel Unordnung gesorgt und rannte geradewegs auf mich zu. Mein erst erschrockener Gesichtsausdruck wurde immer genervter. Ich wollte doch nur einen ruhigen Abend.

Ich trat aus der Tür und ignorierte die Rufe von Alejandro, dass es zu gefährlich sei, mich Tuono in den Weg zu stellen. Doch ich lief auf ihn zu, während der Hengst geradewegs auf mich zu galoppierte. Kurz nach den Treppen blieb ich stehen und hob meine Arme. Tuono schien die Aktion zu verängstigen, und er blieb ruckartig vor mir stehen. Hinter mir hörte ich ein erleichtertes Aufseufzen, während ein keuchender Cecil um die Stallmauer herumrannte. "Gott sei Dank, du hast ihn!" schrie Cecil und nahm das Halter, um es über den Kopf von Tuono zu streifen. "Bring ihn in den Stall und verriegele seine Box besonders fest. Dann geh nach Hause, Cecil" sagte ich, immer noch leicht gereizt, und drehte mich zum Haus um. Alejandro war bereits wieder im Haus verschwunden, als Cecil um die Ecke kam. Ich schloss die Tür hinter mir und ging in die Küche. Dort schien Alejandro gerade nach Tellern zu suchen. "Oberster Schrank rechts" schmiss ich amüsiert in den Raum, und setzte mich auf einen der Barhocker. Er stellte mir die Nudeln vor die Nase, und ich bedankte mich leise bei ihm. 

Er setzte sich neben mich, und wir begannen beide, unsere Nudeln zu essen. Zwischendurch fing er an zu reden "Ich hätte nicht gedacht, dass er anhält" sagte er "Eigentlich hatte ich auch meines Zweifel, aber es passiert immer öfter, dass Tuono abhaut. Das war auch schon so, als ich noch hier wohnte. Mindestens dreimal die Woche mussten wir ihn irgendwo einfangen" 

Der Rest des Essens verlief schweigend, und ich räumte die Teller in die Spülmaschine. Dann setzte ich mich wieder auf den Barhocker und legte meinen Kopf auf den Tresen. "Corazón, du siehst aus, als ob du gleich umkippen würdest" sagt er lächelnd. Ich murmelte etwas Unverständliches, ich war zu erschöpft, um darauf zu antworten. Ich merkte, wie mich zwei Hände hochhoben. Alejandro trug mich behutsam die Treppen hinauf. Mein Augenlider waren schwer, und machten es mir schwerer Wach zu bleiben. Ich spürte seine festen Arme um mich, sein gleichmäßiger Atem ließ mich immer mehr weg dämmern. Die Wärme seines Körpers strahlte durch den dünnen Stoff seines Hemds hindurch, ich fühlte mich so geborgen wie noch nie. 

"Welches Zimmer Corazón?" fragte er. Ich öffnete kurz die Augen und antwortet mit leiser Stimme "Dritte Tür links" Dann ließ ich mich wieder in die Dunkelheit fallen und versank in einen friedlichen Schlaf, während er mich sanft in das Zimmer trug. 




Ich habe es auch endlich geschafft wieder ein Kapitel zuschreiben. Aber leider war ich verhindert, was in der kommenden Zeit öfter passieren kann. Ich hoffe trotzdem das euch das Kapitel gefallen hat. 

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