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Anchors -part 1-

Sierra PoV

,,Hier."

Ein Styroporbecher gefüllt mit einer warmen braunen Flüssigkeit tauchte in meinem Sichtfeld auf. Ich folgte der Hand mit meinen Augen und begegnete Dereks Gesicht. Er sah müde aus und Schuld stand ihm aufs Gesicht geschrieben.

,,Ich will es nicht", informierte ich ihn zornig und hoffte, dass er den lächerlichen Versuchen von einem Friedensgeschenk von mir wegnahm oder was auch immer der Becher mit billigem Krankenhaus Kaffee darstellen sollte.

,,Sierra,-"

 Derek fuhr sich durch seine kurzgeschnittenen Haare und sackte auf den Stuhl neben mir. Wie alle anderen hatte ich einen langen Abend hinter sich, weshalb ich seine halbgebackene Entschuldigung gerade wirklich nicht brauchte. Es sollte einfach von dannen machen. Denn es war nicht meine Aufgabe seine Schuldgefühle zu lindern. Er war der Alpha, er war der Anführer, also war es seine Aufgabe auf die Mitglieder seines Rudels aufzupassen. Er hätte auf meine Tochter aufpassen müssen, doch wie alle Hales schaute er nur nach seinen eigenen Familienmitgliedern innerhalb des Rudels. Andere übernatürliche Wesen innerhalb des Rudels waren minderwertig zu den Werwölfen.

Selbst für Thalia waren Deaton und ich keine direkten Mitglieder ihres Rudels gewesen, weil wir keine Werwölfe und vornehmlich keine Hales gewesen waren. 

,,Du hast mir versprochen auf sie aufzupassen, doch es war meine Schuld zu glauben das du es wirklich tun würdest. Immerhin hast du auch die Leben der anderen Mitglieder für deine eigenen Ziele weggeworfen."

Derek zuckte merklich zusammen.

,,Erica und Boyd,-", er suchte nach Worten. ,,Es war eine Tragödie."

,,Ja und der Tod meiner Tochter wäre auch eine Tragödie gewesen. Doch statt dir, dem Alpha hat meine Mutter ihr das Leben gerettet."

,,Ich bin nicht mehr der Alpha,... ich habe meine Kräfte aufgegeben, um Cora zu retten. Das Hale Rudel,... gibt es nicht mehr", beichtete er mir stockend, was ich nur noch mehr in Rage brachte. Das nahm also alle Verantwortung von seinen Schultern? 

Hales. 

Ich hätte damals als ich mit Thalia ausgefallen war mir ein neues Rudel suchen sollen. Ein Rudel mit einem richtigen Alpha. 

,,Soll es das jetzt besser machen?", ich schüttelte meinen Kopf. ,,Du weißt genau das Heiler ein Rudel brauchen. Wir sind nicht stark genug, um uns zu verteidigen, doch das ist dir egal, oder?"

,,Scott wird auf sie aufpassen."

,,Der Teenager? Wundervoll,-", ich fuhr mir durch meine wilden brauen Haare und versuchte einen klaren Kopf zu bekommen. Warum war meine Tochter so erpicht darauf gewesen ein Teil von Dereks Rudel zu sein? Vielleicht hätte ich strenger mit ihr sein sollen. Schließlich wusste ich wie es ausgesehen würde, so wie es immer ausging. Mit Tod und Zerstörung. ,,Geh einfach Derek. Ich will dich hier nicht mehr sehen."

Der Werwolf argumentierte zum Glück nicht weiter mit mir und zog ab. Doch nicht bevor er mir den Kaffee auf den kleinen Tisch neben mich stellte.

Bevor ich mich weiter über den inkompetenten Alpha aufregen konnte, wurde die Türe zu dem Krankenzimmer aufgemacht und eine der Krankenschwestern trat heraus. Als sie meinen fragenden Blick bemerkte lächelte sie mich freundlich an. ,,Sie können hineingehen."

,,Danke."

Ich erhob mich und trat in das Zimmer ein. Der Raum war weiß, steril und roch unangenehm nach Desinfektionsmittel. Die Ärzte hatten meine Tochter in einem Doppelzimmer untergebracht, doch wir hatten Glück, dass das zweite Bett noch leer war. Elle lag schlafen in dem Bett und es tat weh meine Tochter in diesem Zustand zu sehen,-





Elle PoV

Amnesie.

Das war das medizinische Wort, was meine jetzige Situation beschreiben sollte. Es war der Verlust des Gedächtnisses, weshalb ich mich nicht mehr an Vergangenes erinnern konnte. Mein Arzt hatte mir aber versichert das meine Erinnerungen bestimmt wieder zurückkehren würden. Doch natürlich konnte er mir das nicht mit hundert Prozent zusichern.

Anderenfalls ging es mir ziemlich gut. Die Ärzte hatten sich dazu entschieden mich noch ein paar Tage zur Untersuchung dazubehalten, was sie laut meinem Stiefvater nur taten, um noch mehr Geld aus uns heraus zu quetschen. Besucher waren gekommen und gegangen, doch es war nur ein Haufen unbekannter Gesichter, welche mich anscheint, kannten. Ich natürlich kannte keine einzige Person und wusste nicht, was für eine Beziehung wir hatten.

,,Brauchst du etwas Wasser, Snacks oder was anderes?", der Junge, welcher sich als Stiles vorgestellt hatte, sprang abrupt von dem Stuhl auf und sah zu mir rüber. Er gehörte zusammen mit meinen Geschwistern zu meinen regulären Besuchern.

Seit ich im Krankenhaus aufgewacht war, verbrachte Stiles jede freie Minute hier. Er kam nach dem Unterricht und ging erst wieder, wenn Melissa ihn rauskickte. Er war wie ein anstrengender Hund der mir überall hin folgte und ich hatte keine Ahnung wie ich mit ihm umgehen sollte – etwas was mich total fertig machte. Ich wollte nicht gemein zu ihm sein, immerhin schien ihm viel an mir oder meinem alten ich zu liegen. Doch er sah übermüdet aus und auch wenn ich die Person war, die im Krankenhausbett lag, machte ich mir mehr Sorgen um ihn.

,,Nein danke", wank' ich schnell ab.

,,Ok,ok,-", er setzte sich unsicher wieder hin und zog seinen Mund zu einer nachdenklichen Schnute.

 ,,Wie waren deine Untersuchungen heute?"

,,Mehr Scans, doch immer noch keine Antworten."

Stiles nickte langsam und der Raum versank wieder in der Stille. Es war immer wieder dasselbe, ich wusste nicht, was ich sagen sollte und er wusste nicht, was er sagen wollte. Manchmal begann er daher einfach beliebig Sachen zu erzählen, von sich und seinem Leben oder auch von mir. Es war seltsam, da er mir von Situation erzählte an welche ich mich nicht erinnerte.

,,Ist schon irgendwas,.. irgendeine Erinnerung,.. hast du dich an irgendwas wieder erinnert?"

Ich schüttelte den Kopf – es tat mir leid ihn enttäuschen zu müssen, doch es half nicht, wenn er nachfragte. Er sah jedes Mal wieder geknickt aus, wenn ich sagte das ich mich an nichts erinnern konnte. Ich wünschte ich könnte mich erinnern, doch egal wie sehr ich mich anstrengte, da war nichts.

Es fühlte sich etwa so an als wäre mein altes ich eine bunte Leinwand und jemand hätte mit einem dicken Pinsel darüber gemalt. Ich wusste das dort noch etwas war, doch egal wie viel ich kratzte ich bekam die Farbe nicht weg um zu sehen was darunter war.

Die Türe wurde geöffnet und Melissa McCall trat in das kleine Zimmer. Melissa war eine der Krankenschwestern des Beacon Hills Krankenhauses, welche sich um mich kümmerte. Unter den verschiedenen Schwestern auf der Station war sie am nettesten zu mir, weshalb ich gedacht hatte, dass es vielleicht daran lag, dass wir uns kannten, doch sie hatte es verneint. ,,Bist du fertig mit deinem Abendessen?"

Melissa nickte zu meinem leeren Tablett.

,,Ja."

Zufrieden nahm sie das graue Tablett von dem Nachtisch mit dem aufklappbaren kleinen Tisch an sich.

Neugierig sah ich sie an. ,,Gibt es inzwischen einen festen Termin wann ich gehen darf?"

,,Leider noch nicht, doch sie werden bestimmt bald einen haben."

,,Mit gehts gut, außer natürlich, dass ich mich an nichts erinnern kann. Wäre es nicht sinnvoller mich nach Hause zu schicken? Dort ist meine natürliche Umgebung, vielleicht würde mir das helfen mich wieder zu erinnern."

,,Bald darfst du gehen. Keine Sorge. Elle, war deine Mom heute da?"

,,Nein", antwortete ich ihr ehrlich. Mein Bruder hatte mir gestern erzählt, dass sie sich um meine Großmutter kümmern musste, welche am selben Tag verstorben war, wie ich mein Gedächtnis verloren hatte. Doch niemand hatte mir eine Antwort auf die Frage was passiert war. Ich hasste das Gefühl das jeder es wusste nur ich nicht. 

Obendrein war es schwer mit dem Verlust einer Person umzugehen an welche ich mich nicht erinnern konnte. Ich sah, wie ihr Tod meinen Bruder mitnahm, doch ich empfand nichts außer Schuld. Schuld, weil ich nicht traurig war, da ich keine Ahnung von der Person hatte.

,,Ok, sag deiner Mutter, wenn sie das nächste Mal kommt, soll sie mich doch bitte aufsuchen."

,,Werde ich machen."

Melissa nickte und wendete sich an Stiles, der immer noch in dem unbequemen Krankenhausstuhl saß. ,,Und du. Geh heute nicht so spät nach Hause dein Vater macht sich Sorgen."

Stiles schaute schnell weg. ,,Werde ich machen", murmelte er leise. 

Die Krankenschwester schloss die Türe wieder und schon war ich wieder allein mit Stiles in dem Krankenzimmer. 

,,Melissa hat recht, du solltest nach Hause gehen. Du siehst müde und energielos aus."

Der Junge mit dem Holzfällerhemd, das er sich übergeworfen hatte, sah mich frappiert an. ,,Ich habe die letzten Nächte nur schlecht geschlafen. Ich bin gerne hier bei dir."

,,Willst du mir erzählen, warum?"

Hoffnungsvoll sah ich ihn an. Würde er mir anvertrauen was mit ihm los war? 

,,Es ist kompliziert", murmelte er und wich meinem Blick aus. 

Frustriert und enttäuscht lies ich mich zurück in das große weiße Krankenhauskissen sinken. Ich würde schon noch herausfinden was bei ihm los war und warum mir niemand erzählen wollte, was an dem Tag meines »Unfalles« passiert war. 

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