27| Von süßen Typen und Nachrichten
Quinn
"Zieh doch nicht so", beschwert sich Eliza und rüttelt an meinem Arm, mit dem ich ihr Handgelenk im Griff habe.
Ich schüttle nur den Kopf und eile weiter mit ihr durch den Backstagebereich, vorbei an den Umkleiden und dem Raum für die Vorband.
Ich luge in den Aufenthaltsraum und als ich nur Mom darin sitzen sehe, gehe ich schnell zu ihr.
Ich lasse Eliza los und sie verschränkt beleidigt die Arme vor der Brust. Verständlich, schließlich habe ich sie backstage gezerrt, obwohl die Band noch auf der Bühne ist.
"Was macht ihr denn schon hier?", will Mom wissen und sieht von ihrem Buch auf.
"Ich, also-" Obwohl ich vor einer Minute noch fest entschlossen war, mit Eliza zurück nach Los Angeles zu fliegen, bringe ich jetzt kein Wort heraus. Ist es wirklich so eine gute Idee, hier einfach alles stehen und liegen zu lassen?
"Ich wollte dich fragen, ob ich mit Andrew und Eliza zurück nach LA fliegen kann", bringe ich schließlich heraus und sehe auf meine Füße. Ich habe ein schlechtes Gewissen, Mom wird denken, ich will nicht mehr bei ihr sein.
Sie sieht mich überrascht an und auch meine Freundin hebt eine Augenbraue. "Warum das denn?"
"Ich- ich." Ich komme ins Stottern und überlege fieberhaft, was ich sagen soll, als Eliza mich zur Seite schiebt.
"Es gibt da so einen Jungen, Jeff, und er ist einfach mega süß, wenn du verstehst, was ich meine." Sie wackelt mit den Augenbrauen und Mom kuckt nur noch verwirrter.
"Jedenfalls", fährt meine Freundin fort, während ich sie nur sprachlos anstarre. "Will ich unbedingt auf ein Date mit ihm. Und es muss in den Sommerferien sein, weil danach geht er weg, Auslandsjahr oder so. Und Quinn muss mein Wingman sein, ich brauche ihre Hilfe."
Ich hätte ihr nie zugetraut, dass sie Mom einfach so mitten ins Gesicht lügen kann. Aber ich bin ihr unglaublich dankbar, dass sie mir aus der Patsche geholfen hat, wenn ich auch nicht genau weiß, wieso.
"Ja, gut, aber es sind immer noch ein paar Wochen. Stört Quinn deinen Dad denn nicht?", fragt Mom und wenn ich nicht unbedingt zurück nach LA wollen würde, wäre ich jetzt beleidigt. Als wäre ich so störend.
Eliza winkt ab. "Pf, ach was. Dad freut sich bestimmt, dass ich jemanden habe, mit dem ich Zeit verbringen kann."
Eine kleine Weile ist es still und ich befürchte schon, dass ich nicht mitdarf, dann seufzt Mom. "Wenn das so ist. Dann darfst du mit Eliza und Andrew zurück nach LA."
Ich grinse, aber Mom hebt den Finger. "Aber ich werde dich jeden Tag anrufen. Und ich will, dass du mir schreibst. Und, dass du dich benimmst."
Schnell nicke ich. „Klar, Mom."
Sie nickt und breitet ihre Arme aus. Ich umarme sie und drücke sie fest an mich. Auch, wenn ich so schnell wie möglich weg will, werde ich Mom vermissen. Ich war noch nie so lange von ihr getrennt und dann auch noch über so eine Entfernung.
Ich löse mich von ihr und wische mir über die Augen. "Danke Mom."
"Ich will Eliza und...Jeff ja nicht im Weg stehen. Und wenn du glücklich bist, dann bin ich auch glücklich."
Ich lächle sie an, während sich ein Kloß in meinem Hals bildet. Ich würde Mom so gerne die Wahrheit sagen, aber ich kann es nicht. Sie würde Aiden dafür hassen und wenn ich ehrlich bin, will ich das nicht.
Schnell blinzle ich die Tränen weg und sehe zu Eliza. "Wir gehen dann mal meinen Koffer packen", meine ich. Mom nickt.
"Okay. Ihr könnt das Auto nehmen, ich bestelle einfach ein Shuttle vom Hotel."
Wir nicken und ich winke Mom zum Abschied zu. :Ich hab dich lieb."
"Ich dich auch, Quinny. Pass auf dich auf."
**
Quinn
Mir ist nicht nach Reden zumute, als Andrew, Eliza und ich im Auto auf dem Weg zum Flughafen sitzen. Am Liebsten würde ich jetzt in mein Kissen heulen, aber da ich weder ein Kissen noch meine Ruhe habe, ist das keine Option.
Es ist erschreckend einfach gewesen, meine Sachen zu packen und ohne ein großes Abschiedstheater zu verschwinden. Natürlich werde ich die Band vermissen, aber es ist besser so.
Rede ich mir zumindest ein.
"Ist wirklich alles in Ordnung?", fragt Eliza leise und lehnt sich zu mir.
Ja, wirklich", wiederhole ich zum gefühlt hundertsten Mal, seit wir das Hotel verlassen haben. Natürlich ist nicht alles okay, aber irgendwie will ich das meiner Freundin nicht sagen.
Tief in mir drin weiß ich, dass es ist, weil ich Aiden beschützen will, obwohl das das Letze sein sollte, was ich wollen sollte. Aber ich kann es nicht ändern. Ich liebe ihn schließlich, auch wenn er es offensichtlich nicht tut.
"Du kannst mir sagen, wenn nicht." Eliza sieht mich ernst und durchdringend an und ich muss schlucken. Es fühlt sich beschissen an, Geheimnisse vor ihr zu haben.
"Ich weiß", piepse ich und sehe aus dem Fenster, weil ich Angst habe, man sieht mir mein schlechtes Gewissen an.
Wir schweigen, auch, als wie beim Flughafen ankommen, mir ein Last-Minute-Ticket nach Los Angeles kaufen, unser Gepäck abgeben und Andrew schließlich verkündet, dass er sich mal kurz im Shop umsehen würde.
Ich sehe auf meine abgewetzten, schwarzen Chucks, während ich mich neben Eliza auf eine Sitzbank setze. Ich weiß, ich sollte die Gelegenheit nutzen und ihr von Aiden erzählen, aber irgendwie ist meine Kehle wie zugeschnürt.
"Also, spuck's schon aus", meint Eliza schließlich und ich sehe verwundert auf.
:Ich merke, dass mit dir was nicht stimmt, also sag's mir. Bitte", erklärt sie und ich seufze.
"Es ist, also-" Ärgerlich stelle ich fest, dass ich anfange, zu weinen. Verdammt, sind nicht irgendwann alle Tränen aufgebraucht?
Ich hole tief Luft und erzähle Eliza alles. Wie ich die Blondine getroffen und dann Aiden erwischt habe. Wie verwirrt ich bin, über die Tatsache, dass ich ihn nicht hassen kann und dass ich ihn immer noch liebe.
Als ich fertig bin, sind meine Wangen patschnass von den ganzen Tränen und meine Freundin nimmt mich in den Arm.
"Warum hast du mir das denn nicht früher erzählt? Ich hätte es schon nicht weitererzählt."
Ich schniefe. "Ich weiß. Aber ich...konnte nicht. Irgendwie. Es ist komisch. Ich meine, er hat mich betrogen. Aber warum liebe ich ihn noch genauso wie davor?"
"So ist das mit der Liebe. Man kann sie nicht kontrollieren."
Vorwurfsvoll sehe ich Eliza an. Tiefgründige Sprüche bringen mich auch nicht weiter.
Bevor ich etwas antworten kann, kommt Andrew wieder zurück. Schnell wische ich mir mit meinem Pullover übers Gesicht, in der Hoffnung, ich sehe nicht zu verheult aus. Aber selbst, wenn, er sagt nichts und ich bin ihm dafür unglaublich dankbar.
Es dauert nicht mehr lange und unser Flug wird ausgerufen. Kurz bevor alle ihre Smartphones ausschalten müssen, ziehe ich meins hervor, um Mom Bescheid zu geben, dass wir gleich starten, aber als ich meine ungelesenen Nachrichten sehe, sinkt mir das Herz bis in die Schuhsohlen.
Aiden: "Quinn."
Aiden: "Quinny-Pooh."
Aiden: "Bitte. Komm zurück."
Aiden: "Lass es mich erklären."
Jede einzelne ist wie ein Faustschlag ins Gesicht und ich versuche krampfhaft, nicht wieder loszuheulen.
Vielleicht hätte ich ihm geantwortet, wenn in diesem Moment nicht die Ansage gekommen wäre, alle Mobiltelefone auszuschalten.
Ich stopfe mein Handy weit nach unten in meinen Rucksack und lehne mich zurück. Ich werde mit Aiden abschließen. Ab jetzt. Ich werde keine einzige Sekunde mehr an ihn denken.
Pustekuchen. Keine halbe Stunde später, als ich langsam wegdämmere, wandern meine Gedanken zu seinen weichen blonden Haaren und wie gerne ich ihn jetzt bei mir hätte.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top