25| Von Blondinen und abgekauten Ohren
Aiden
"Was?", fragt Aiden dümmlich und lässt seinen Becher langsam sinken. Er starrt Julia an, als wäre sie ein Geist und sie starrt zurück, immer noch genauso selbstbewusst wie vorher.
"Ich will mit dir schlafen", wiederholt sie ungeduldig und zupft an ihrem Ausschnitt herum. "Sex. Du weißt, was das ist, nehme ich an."
"Natürlich weiß ich, was das ist", motzt er. "Ich werde aber nicht mit dir schlafen."
Sie zieht einen Schmollmund und macht einen Schritt auf Aiden zu. "Warum nicht?"
"Ich habe eine Freundin."
"Ist sie hier?"
"Nein. Aber trotzdem. Ich habe nicht vor, sie mit dir zu betrügen", meint er und macht einen Schritt zurück, doch sie folgt ihm.
"So kenne ich dich ja gar nicht. So langweilig." Julia rümpft verächtlich die Nase.
"Ich bin nicht langweilig, nur weil ich treu bleiben will", entgegnet Aiden wütend und will sich an ihr vorbei zurück ins Apartment drängen, aber sie stellt sich breitbeinig vor die Tür und streckt ihm ihr Becken entgegen.
"Doch, das bist du."
"Lass mich rein, Julia", sagt er und schiebt sie ein Stück zur Seite, doch sobald er sie berührt, presst sich Julia an ihn und fährt seinen Arm auf und ab.
"Schlaf mit mir."
"Nein." Er nimmt ihre Hand weg und versucht, sie an der Hüfte wegzuschieben, doch sie presst sich noch mehr an ihn.
"Wir wissen beide, dass du es auch willst, Aiden. Komm schon", meint Julia und sieht ihn aus braunen Augen an.
Aiden spannt sich an und beugt sich so weit weg von ihr, wie es in ihrem Klammergriff nur geht. "Ich will aber nicht."
"Du lügst", flüstert sie und beugt sich vor, um Küsse auf seiner freien Brust zu verteilen. Er lässt es geschehen.
"Julia", sagt Aiden leise. "Bitte. Hör auf."
"Denk doch mal an die Anderen. Olive. Grayson. Jordan. Was werden sie denken, wenn du euren neuen Investor direkt wieder verstreibst?"
Das gibt ihm den Rest. Er legt den Kopf in den Nacken und Julia wandert mit ihren Küssen seinen Hals hinauf.
"Sie werden stolz auf dich sein", meint sie, bevor sie ihn an der Hand zurück ins Apartment zieht.
**
Quinn
Eliza: "Noch eine halbe Stunde, dann landen wir."
Ich lese Elizas Nachricht, während ich mit dem Fahrstuhl nach oben fahre und lächle. Ich freue mich wirklich riesig, sie in weniger als einer Stunde wiederzusehen.
Weil die Fahrtzeit von LA nach Fort Collins brutal lang ist, fliegen Andrew und Eliza hier her. Mom hat schon dafür gesorgt, dass ein Shuttle vom Hotel sie dann am Flughafen abholt und herbringt.
Ich antworte mit einem Daumen hoch und stecke dann mein Handy in die Tasche. Mit einem leisen 'Pling' öffnen sich die Türen und ich trete auf den Gang.
Eine Blondine kommt mir entgegen und bleibt vor mir stehen. Ich will ausweichen, schließlich hab ich besseres zu tun, als mich von ihr anstarren zu lassen, aber sie schneidet mir den Weg ab und stemmt die Arme in die Hüften.
"Du bist doch Aidens Neue", sagt sie abschätzig und mustert mich von oben bis unten.
Empört verschränke ich die Arme vor der Brust. Was sie kann, kann ich schon lange. "Neidisch, oder was?"
"Ganz und gar nicht. Ich wette, ich hab mehr von ihm gesehen, als du."
Ich runzle die Stirn und die Blondine hebt triumphierend eine Augenbraue. "Was meinst du?", will ich wissen.
Sie grinst. "Ich wette, das wirst du noch früh genug erfahren. Bis dann, Quinn."
Bevor ich mir Gedanken darüber machen kann, woher sie bitte meinen Namen kennt, wirft sie ihr Haar über die Schulter in mein Gesicht und stöckelt in ihrem Hauch von Nichts davon.
Mit offenem Mund starre ich ihr hinterher, während ich innerlich vor Wut koche. Was bildet die sich eigentlich ein?
Ich schüttle den Kopf und gehe zu Aidens Zimmertür. Ich kann ihn ja fragen, wer die Schlampe ist, die meint, sie wäre was Besseres als ich.
Ich entscheide mich, nicht anzuklopfen, sondern marschiere einfach ins Hotelzimmer. Und mit dem Bild, das sich mir bietet, hätte ich wahrscheinlich in hundert Jahren nicht gerechnet.
Das Bettzeug ist zerwühlt, ein Shirt, wahrscheinlich das von Aiden, liegt auf dem Boden und auf der Bettkante sitzt Aiden. Er ist oberkörperfrei und sieht erschrocken auf, als ich die Tür mit einem Krachen hinter mir ins Schloss fallen lasse.
Ich will es nicht wahrhaben, jede Faser meines Körpers sträubt sich dagegen, es sich mir einzugestehen. Aber alles in diesem Raum sieht aus, als hätte Blondie mit Aiden geschlafen. Und es mir unter die Nase gerieben.
"Ich-", setzt Aiden an und kommt auf mich zu, doch ich weiche zurück.
"Was du? Willst du mir das hier erklären?", entgegne ich wütend und spüre, wie die erste Träne meine Wange hinabrollt. "Das kannst du dir sparen."
Ich will nach der Tür greifen, aber er hält mich am Handgelenk fest. Ich wirble herum und funkle ihn an. "Was?"
"Hör mir wenigstens zu. Bitte."
Ich will kotzen. Wie er mich ansieht, als wäre er das Opfer in all dem hier. Dabei hat er ganz offensichtlich mich betrogen und nicht anders herum.
"Du kannst dir deine scheiß Erklärung sonst wohin stecken, Aiden! Ich will sie nicht hören!"
Wütend und mit tränenverschleiertem Blick reiße ich mir die Kette mit dem Herz, passend zu seiner, vom Hals und schmeiße sie ihm vor die Füße.
"Ich will dich nicht mehr sehen!", rufe ich wütend, reiße mich los und knalle die Tür hinter mir zu.
Mit meinem Ärmel fahre ich mir immer wieder über die Augen, aber die Tränen wollen nicht aufhören, zu fließen.
Ich betrete mein Zimmer und schmeiße mich aufs Bett. Ich halte die Schluchzer nicht mehr zurück, ich heule wie ein Kleinkind. Aiden hat mit einer anderen geschlafen. Im Hotel. Während ich auch da gewesen bin.
Ich vergrabe mein Gesicht im Kissen und schluchze, bis ich Schluckauf habe. Ein Teil von mir will, dass Aiden mir folgt. Dass er an meine Tür klopft, mich umarmt, mich küsst und mir sagt, dass er nur mich liebt.
Der andere Teil will ihn nie wieder sehen. Soll er sich doch zu Tode trinken, mir egal. Offenbar bedeutet ihm die ganze Sache zwischen uns viel weniger als mir. Für ihn bin ich wahrscheinlich nur eine weitere in einer langen Liste an Exfreundinnen.
Das leise Klingeln meines Handys reißt mich aus meinem Trübsal. Mit brennenden Augen hebe ich meinen Kopf aus dem Kissen und sehe auf den Bildschirm. Eine Nachricht von Eliza.
Und plötzlich freue ich mich nicht mehr, sie gleich zu sehen. Sie wird wie ein Wirbelwind fröhlich hier rein platzen und ich werde heulen. Ich werde ihr das ganze Konzert total versauen.
Ich wische mir über die Augen und gehe ins Bad, wo ich mich im Spiegel betrachte. Ich sehe schlimm aus. Meine Augen sind rot und verquollen, meine Wimpern nass von meinen Tränen und meine Haare komplett zerzaust.
Ich beschließe, Aiden zu vergessen. Ich sollte mir von ihm nicht die Laune verderben lassen und schon gar nicht sollte ich zulassen, dass wegen ihm auch Eliza die Laune verdorben wird.
Ich kämpfe mit meinen Haaren und binde sie schließlich einfach zu einem Pferdeschwanz zusammen. Dann spritze ich mir etwas Wasser ins Gesicht, in der Hoffnung, dadurch mein heißes, verheultes Gesicht verschwinden zu lassen.
Am Ende sehe ich eher mittelmäßig gut aus, aber ich kann es nicht mehr ändern. Eliza und ihr Vater kommen gleich und ich will sie begrüßen, auch wenn mir absolut nicht danach ist.
Ich streiche mein Klamotten glatt und atme tief durch. Das hier ist ein riesiges Hotel und ich werde Aiden einfach aus dem Weg gehen. Ich werde heute mit Eliza Spaß haben und mir das ganz sicher nicht von diesem blonden Betrüger versauen lassen.
Wie ein Mantra sage ich das immer wieder vor mich hin, während ich den Aufzug nach unten in die Lobby nehme. Die Türen öffnen sich und kaum trete ich in die Eingangshalle, fliegt mir ein blonder Lockenkopf in die Arme.
Ich grinse und drücke Eliza fest an mich.
"Ich hab dich so vermisst, Quinny", sagt sie und löst sich von mir.
"Ich dich auch."
Sie nimmt mich an der Hand und es erinnert mich schmerzlich an Aidens Griff.
Ich schüttle entschlossen den Kopf und sehe zu Andrew und Mom, die bei der Rezeption stehen und zu uns hinübersehen.
"Hi, Andrew", meine ich und lächle leicht.
"Hallo, Quinn. Ich bin so froh, dass Eliza dich jetzt wieder hat, sie hat mir den ganzen Tag das Ohr abgekaut."
Meine Freundin verschränkt entrüstet die Arme und ich grinse nur. Ich habe es wirklich vermisst, mit Menschen zusammen zu sein, die nicht vor jedes zweite Wort ein "scheiße" setzen.
"Du musst mich Grayson vorstellen", sagt Eliza und sieht mich ernst an. "Ich brauche ein Foto."
"Klar. Ich kann dich allen vorstellen, wenn du willst." Allen außer einem.
"Du bist die Beste!" Sie fällt mir nochmal um den Hals und ich tätschle ihr den Rücken. Ich würde ihr so gern auch Aiden vorstellen, als meinen Freund. Aber das werde ich nicht.
"Ich hol mal alle zum Essen zusammen. Geht doch schon mal zum Speisesaal", sagt Mom und zeigt dann auf den Koffer, den Andrew und Eliza mitgebracht haben. "Den wird eine Page aufs Zimmer bringen."
Wir nicken und ich gehe voran, in Richtung Speisesaal. Und ich habe Angst. Ich habe Angst, dass ich mich nicht unter Kontrolle haben werde, wenn gleich ein blonder, verdammt heißer Aiden hereinmarschiert kommt.
Ich will nicht weinen, aber ich weiß nicht, wie ich reagieren werde, wenn er dann wirklich vor mir steht.
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