37 | Neue Probleme

Meine Lieben. Nach dem letzten, für einige etwas unschönen Kapitel geht es nun weiter mit dem nächsten. Ich wünsche euch viel Spaß und vielleicht auch gute Nerven, I dunno :) 

2017.

„Und John weiß das nicht?"

„Nein. Und das sollte auch so bleiben", antwortete Cassie und verdrängte die Bilder von Marten und sich selbst aus ihrem Kopf. Ganze drei Mal hatten sie miteinander geschlafen, bis sie schließlich erschöpft eingeschlafen war. Seit dieser Nacht hatte sich eine seltsame Bindung zwischen ihnen entwickelt, die Cassie selbst nicht beschreiben konnte, und die nicht auf Gefühlen der Liebe basierte.

„Und hat es funktioniert? Konntest du das alles vergessen?""

Cassie nickte.

„Ja. Ich hätte es selbst nicht gedacht, aber es hat mir geholfen, loszulassen."

„Okay, verstehe. Aber glaubst du, dass es eine gute Taktik ist, dich jetzt nach der Trennung von Chris ausgerechnet an John zu klammern?", fragte Alessa skeptisch.

„Keine Ahnung. Es fühlt sich jedenfalls gut an, mit ihm Zeit zu verbringen. Ob sich daraus tatsächlich nochmal eine Beziehung entwickelt, wird die Zeit zeigen", erwiderte sie.

„Aber warum ausgerechnet John? Du hättest dich auch einfach wieder mit Marten treffen können", sagte Alessa und trank ihren Cappuccino aus. Cassie schüttelte energisch den Kopf.

„Auf keinen Fall. Nicht jetzt, wo John und ich uns wieder begegnet sind und er versucht, um mich zu kämpfen. Das würde auch Marten nicht wollen", stellte Cassie klar.

„Damals hat es ihm auch nichts ausgemacht", sagte Alessa.

„Weil John und ich auseinander waren und John mich nicht mehr geliebt hat. Er hat reihenweise Groupies flachgelegt, um sich zu beweisen, dass er nichts verpasst. Wir haben uns damals aufeinander eingelassen, weil wir beide wussten, dass John sein Leben weiterlebt und nicht um mich kämpfen würde. Jetzt sind die Dinge anders."

„Ihr habt nochmal miteinander?", warf Alessa schockiert ein.

„Wir haben uns eine Zeit lang regelmäßig getroffen, aber uns war beiden klar, dass das nur auf Sex hinausläuft und wir beide keinerlei Interesse an etwas wie einer Beziehung haben. Es hat uns beiden einfach nur über eine schwierige Phase unseres Lebens hinweggeholfen."

Alessa schüttelte den Kopf.

„Und mir hast du nichts davon erzählt", sagte sie ungläubig.

„Weil ich selbst nicht stolz darauf bin. Ich war nie so ein Mädchen, dass nur zum Spaß mit einem Mann ins Bett gegangen ist. Ich habe nur mit Männern geschlafen, mit denen ich in einer Beziehung war, und wie du weißt, hatte ich davon auch nur sehr wenige. Also eigentlich nur John und Chris. Das mit Marten war das einzige Mal, und ich habe es auch nur getan, weil es mir wirklich geholfen hat, mein Leben weiterzuleben. Du weißt selbst, wie sehr ich John geliebt habe und in was für ein Loch ich gefallen bin, als er sich so plötzlich von mir getrennt hat."

„Ich verurteile dich nicht dafür. Ich verstehe sogar, warum du es getan hast. Ich hoffe einfach, dass du mit Chris, dem Arschloch, abschließen kannst. Und vielleicht bringt euch das ja tatsächlich wieder näher zusammen. Passt einfach nur nicht zu ihm, dass er das so mitmacht; gerade er mit seinem großen Ego."

„Deswegen hat er auch eine Bedingung gestellt", sagte sie.

„Was für eine Bedingung?"

„Er will der einzige sein, mit dem ich schlafe; ich meine, was denkt er sich? Kommt nach so vielen Jahren wieder in mein Leben, bringt alles durcheinander und bildet sich ein, dass ich ihm zwangsläufig noch eine Chance geben muss. Der Mann, den ich heiraten wollte, hat mich betrogen. Und John hat mich verlassen, von einem Tag auf den anderen, und sagt mir nach all der Zeit, dass er es bereut. Ich meine, er hat es so gesagt, als könnte ich fast schon dankbar sein, dass er mir Zeit gibt, bis ich wieder in seine Arme zurückkrieche. Dabei kann er froh sein, wenn ich ihm noch eine Chance gebe. Exklusivrecht. Ich meine, ehrlich jetzt? Als könnte ich überhaupt mit einem anderen Mann schlafen, außer mit ihm. Er sollte wissen, dass ich nie so ein Mädchen war, und nur, weil ich mich auf eine Affäre mit Marten eingelassen habe, bedeutet das nicht, dass ich mit jedem anderen auch einfach nur ins Bett gehen würde. Mit John habe ich das nur gemacht, weil es sich so vertraut angefühlt hat und ich ihn gebraucht habe", redete Cassie sich in Rage.

„Okay, willst du meine Meinung wissen?", fragte Alessa.

„Klar."

„Du würdest dich gar nicht auf ihn einlassen, wenn du nicht noch oder wieder was für ihn empfinden würdest. Dafür kenne ich dich lang genug; ich sehe es in deinen Augen, wenn du von ihm sprichst, auch, wenn du es dir noch nicht eingestehen willst. Da ist noch was, das dich mit John verbindet. Aber ich weiß nicht, ob es gut ist, mit ihm ins Bett zu gehen. Bist du sicher, dass du dich da nicht in etwas verrennst, nur, um dir zu beweisen, dass du für andere Männer noch begehrenswert bist?"

„Um den Schmerz und die Enttäuschung wegen Chris nicht zu spüren, meinst du?", fragte Cassie.

„Genau."

„Natürlich ist für mich gerade alles anders als damals. Ich kann nicht von einer Sekunde auf die andere meine Gefühle für den einen Mann aus- und für den anderen wieder anstellen. Aber ja, du hast Recht. Ich spüre, dass da noch was ist; wenn ich ehrlich bin, habe ich es schon gespürt als wir uns in Spanien wiederbegegnet sind. Er ist noch immer in meinem Herzen, auch, wenn ich meine Gefühle für ihn sicher weggeschlossen habe. Ich weiß nicht, ob ich ihn jemals wieder so lieben kann wie früher, aber wenn er sich wirklich bemüht, könnte ich mir vorstellen, dass ich es herausfinden will. Ich brauche einfach nur Zeit. Und wenn wir in der Zeit miteinander schlafen, haben wir vielleicht beide etwas davon und finden so wieder näher zueinander. Wer weiß", antwortete Cassie.

„Ich weiß nicht, ob es besser wäre, erstmal auf Abstand zu gehen, und das Chaos in deinem Kopf zu ordnen; einfach, damit du dich nicht in etwas hineinsteigerst, nur, um dich besser zu fühlen. Ich würde es euch von Herzen gönnen, wenn ihr wieder zueinander findet. Ich lege dir einfach nur nah, vorsichtig zu sein und nichts zu überstürzen", erwiderte Alessa.

„Können wir vielleicht über was anderes sprechen?", bat Cassie und strichs ich trotzig durch die Haare. Sie hatte keine Lust mehr, ihr Gefühlschaos zu diskutieren und sich weiterhin vor ihrer Freundin dafür zu rechtfertigen. Alessa schwieg kurz, dann seufzte sie,

„Wie du möchtest", lenkte sie ein. „Gibt es was Neues vom Studio?"

„Sie wollen so schnell wie möglich eine schriftliche Zusage für die zu zahlende Kaution, aber mein Sponsor lässt sich Zeit damit, mir das Budget zu genehmigen. Langsam habe ich wirklich Sorgen, dass ich das Geld nicht auftreiben kann, bevor sie das Studio anderweitig vermieten", erzählte Cassie bedrückt.

„Kannst du dir nicht wo anders was leihen?", hakte Alessa nach.

„So einfach ist das nicht. Die wollen fast zehntausend Euro allein für die Kaution. Da sind der gesamte Umbau und das Inventar noch nicht mit eingerechnet. Ich habe zwar etwas Geld zur Seite gelegt, aber ohne das Geld von meinem Sponsor fehlt mir zu viel. Allein kann ich mir das niemals leisten."

„Und wenn du John fragst?"

Sie hob abwehrend die Hände.

„Auf garkeinen Fall! Nein, ich will nicht, dass es so aussieht, als würde ich nur mit ihm schlafen, um ihn finanziell auszunutzen oder Vorteile daraus zu ziehen. Ich will das wirklich ganz klar trennen", gab sie zurück.

„Okay, verstehe", erwiderte Alessa.

Cassie hatte gerade ihren Milchkaffee ausgetrunken und die Tasse in Alessas Spülmaschine geräumt, als ihr Handy zu klingeln begann und sie es aus der Gesäßtasche ihrer Jeans zog.

„Ist es John?", fragte Alessa neugierig.

Cassie warf einen Blick auf das Display, schüttelte dann den Kopf.

„Mein Sponsor. Ich hoffe, er hat gute Neuigkeiten für mich", antwortete sie erleichtert und nahm den Anruf entgegen.

„Hey, Vince", begrüßte sie den Marketingleiter des großen Streetwear-Labels fröhlich.

Ein zufriedener Sponsor war ein guter Sponsor.

„Hey, Cassie. Hast du kurz Zeit?"

„Klar, schieß los. Geht's um das Budget für das Studio?"

Sie ließ sich wieder an den Tisch fallen und strich ihre Locken nach hinten.

„Ja, deshalb wollte ich tatsächlich auch mit dir reden", antwortete er.

„Worüber noch?"

„Die Jungs aus der Chefetage haben das Musikvideo gesehen, indem du zu sehen bist."

Schon an seiner Stimme hörte sie, dass die Begeisterung recht verhalten ausgefallen sein musste.

„Was genau stimmt nicht mit dem Video?", fragte sie, obwohl sie die Antwort schon kannte.

„Sie wollen nicht, dass unsere Marke mit so was in Verbindung gebracht wird", antwortete Vince.

Sie seufzte lautlos.

„Verstehe ich nicht. Ihr präsentiert die Marke doch als die erfolgreichste Streetwear-Marke der vergangenen zwanzig Jahre. Was ist mehr Straße als das?"

„Das ist nicht Straße, das ist ein einziger, frauenverachtender, niveauloser Partyexzess auf irgendwelchen Drogen", stellte er klar.

„Aber niemand wird das mit eurer Marke assoziieren. Oder hast du mich eins eurer Shirts in dem Video tragen sehen? – Das wäre übrigens eine super Markeneinbindung gewesen, immerhin hat das Video schon jetzt über zwei Millionen Klicks", versuchte sie, das Ganze schönzureden.

„Es geht aber um dich. Du bist eines der Gesichter unserer Marke. Und du präsentierst dich dort nicht so, wie wir uns das von unseren Markenbotschaftern wünschen", erklärte er.

„In unserem Vertrag steht aber nicht, dass ich keine anderen Aufträge annehmen darf. Ich bin ganz regulär als Tänzerin für diesen Job gebucht worden und habe mich aus allen anzüglichen Szenen rausgehalten. Es tut mir leid, wenn das deinen Vorgesetzten negativ aufgestoßen ist, aber ich bin davon ausgegangen, dass das kein Problem wird", erwiderte sie selbstbewusst.

Er seufzte.

„Ich verstehe dich ja, aber die Jungs sind stinksauer."

„Wie schlimm ist es auf einer Skala von 1 bis 10?"

„So schlimm, dass sie darüber nachdenken, die Zusammenarbeit mit dir zu beenden."

Sie schluckte. Es dauerte einen Augenblick, bis sie realisierte, dass das gleichzeitig auch das Ende ihres eigenen Tanzstudios bedeuten konnte.

Bei ihr läuft momentan richtig, oder was meint ihr? Und was haltet ihr von dem, was sie alles zu Alessa gesagt hat? Könnt ihr sie verstehen, oder eher nicht?

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