32 | Versuchung
Einfach, weil Sonntag ist und ich gute Laune habe, heute schon das nächste Kapitel. Ich bin gespannt, wie es euch gefällt.
2017.
John lehnte müde im Türrahmen seiner Wohnung und schaute auf Cassie herab, als sie am Treppenabsatz auftauchte. Ein leichtes Lächeln umspielte seine Lippen, auch, wenn die Situation unwirklich war. Sie trug einen dunklen Jogginganzug von Adidas und ihre Augen waren vom Weinen geschwollen und leicht gerötet.
„Was machst du hier?", fragte er gequält, als sie vor ihm stehenblieb, und schaute eindringlich in ihre Augen.
„Kann ich reinkommen?", fragte sie leise.
John machte einen Schritt nach hinten.
„Sag nicht, ich hätte dich nicht gewarnt", sagte er direkt entschuldigend, denn in der letzten Zeit war er nur selten zuhause. In seinem Badezimmer lagen noch immer riesige Plastiktüten voll mit seiner Schmutzwäsche.
Cassie ließ ihre kleine Tasche fallen, dann zog sie ihre Schuhe aus und schaute sich in der Wohnung kurz um. Er würde vermutlich nicht mehr lang hier wohnen. Da er gerade gutes Geld verdiente, suchte er nach einer Eigentumswohnung oder einem Haus.
Um sein Bett herum stapelten sich Schuhkartons und Wäsche bis unter die Decke, also schloss er auf dem Weg ins Wohnzimmer schnell die Schlafzimmertür. Sie fiel auf seine Couch und schenkte ihm ein unsicheres Lächeln.
„Hab ich dich bei was gestört?", wollte sie wissen.
„Warum?"
„Weil du die Tür so schnell zugemacht hast."
John lachte.
„Ich hab einfach nur nicht aufgeräumt. Das musst du echt nicht sehen", erwiderte er und hielt ihr eine Flasche Sprite hin. „Willst du?"
Sie schüttelte den Kopf.
„Mir ist schlecht. Hab zu viel Eis gegessen", sagte sie.
„Und gesoffen", fügte John hinzu.
Sie lächelte.
„Nur'n bisschen, echt."
Er seufzte, dann fiel er mit etwas Sicherheitsabstand zu ihr auf die Couch. Cassie rückte an ihn heran.
„Ich wollte mich bei dir bedanken", sagte sie leise.
„Für?"
„Dass du heute dort warst. Das bedeutet mir echt viel."
Ihr Blick blieb an seinen Lippen kleben. Die Erinnerung daran, wie sie schmeckten, löste ein angenehmes Kribbeln auf ihrer Haut aus.
„Schon okay", erwiderte er, dann sah er das verräterische, sehnsüchtige Funkeln in ihren Augen. Sie zog ihn am Kragen seines Hoodies zu sich heran.
„Cas...", sagte er leise, doch sie ignorierte seinen Einwand. Stattdessen kletterte sie auf seinen Schoß. Ein Hauch von Kokos, Mandel und Honig stieg in seine Nase. Ein Teil in ihm wollte seine Hände an ihre Taille legen, doch er kämpfte gegen dieses Verlangen an. Sie beugte sich ihm weiter entgegen, streifte seine Nasenspitze mit ihrer. Verdammt, sie war immer noch extrem heiß; ganz egal, wie betrunken sie war. Als sie ihre Lippen sanft auf seine legte, seufzte er schwer in den Kuss hinein, denn er löste ein Brennen auf seinen Lippen und ein Chaos der Gefühle in ihm aus. Bevor er reagieren konnte, löste sie sich kichernd von ihm. Er musste sich beherrschen, sich nicht auf sie einzulassen.
„Du bist betrunken", stellte er fest.
Wer zur Hölle kam überhaupt auf die Idee, sie in diesem Zustand ausgerechnet bei ihm abzusetzen?
„Kann ich heute Nacht bei dir bleiben?", fragte sie leise und schlang ihre Arme um seinen Hals. John seufzte lautlos.
„Du machst es mir echt schwer", sagte er heiser. Dabei bildete sich ein wohliger Schauer auf ihrer Haut.
„Was?"
„Standhaft zu bleiben", erwiderte er und strich ihr eine Locke aus dem Gesicht.
„Letztens wolltest du mich auch küssen", erinnerte sie ihn und lächelte. John erwiderte es.
„Weil ich dachte, du wärst Single und-"
„Jetzt bin ich Single", protestierte sie.
John lachte leise.
„Ja, seit 10 Stunden, und besoffen."
„Aber ich weiß genau, was ich tue", versicherte sie ihm.
Er schüttelte den Kopf. Unter anderen Umständen hätte er keine Sekunde gezögert, aber er kannte sie zu gut.
„Weißt du nicht. Du bist gerade einfach nur traurig wegen-"
„Sprich seinen Namen nicht aus", forderte sie entschieden.
Er legte nun doch seine Hände an ihre Taille. Es fühlte sich gut an, sie zu berühren und ihr wieder näher zu sein.
„Wir können kuscheln, wenn du willst", bot er ihr an.
Sie seufzte.
„Aber du fehlst mir so sehr", sagte sie leise und schaute dabei tief in seine Augen.
„Du willst dich gerade einfach nur an etwas festklammern", sagte er und fragte sich im nächsten Moment, weshalb er überhaupt versuchte, sie zu belehren. Das klappte auch bei Joe nicht, wenn der voll war. Ihre Fingernägel kratzten sanft durch seinen Nacken. Sie hinterließen ein Brennen, das sich in seinem gesamten Körper ausbreitete.
„Ja, an dir. Bitte", flüsterte sie leise und strich mit ihren Lippen über seine Wange, während sie sich eng an ihn schmiegte. John biss sich auf die Zunge und versuchte, etwas Abstand zwischen sie und sich selbst zu bringen, doch sie hielt sich einfach an ihm fest.
„Wir haben so lang nicht mehr-", säuselte sie in sein Ohr.
Hatte sie das gerade wirklich gesagt?
„Morgen früh wirst du glücklich sein, dass ich dich gekorbt habe", lächelte er gequält und kämpfte dabei gegen das Verlangen an, sie jetzt einfach zu nehmen und ihr das zu geben, was sie brauchte. Ihre Finger strichen über seine Brust abwärts, verharrten am Saum seines Pullovers und sie schaute tief in seine Augen. Er brachte sie in eine etwas günstigere Position und streckte seine Beine aus.
„Und wenn wir nur knutschen?", fragte sie leise.
Sie machte ihn noch wahnsinnig!
Trotzdem schüttelte er den Kopf.
„Wir können reden, bis du eingeschlafen bist."
„Ich will aber nicht reden", sagte sie und küsste seinen Hals.
Was passierte hier? Hatte sie nicht heute Morgen noch beinah einen anderen Mann geheiratet?
„Cas", sagte er entschieden und brachte sie endlich dazu, aufzuhören.
Sie seufzte schwer.
„Du bist ein Spielverderber", sagte sie beleidigt.
„Von mir aus. Aber ich bin für dich da, wenn du reden willst", bot er erneut an.
„Ich will echt nicht reden, sonst heule ich vielleicht", antwortete sie.
„Wär okay für mich. Du könntest heulen und danach kiffen wir einen. Wie in den guten, alten Zeiten", grinste er.
„Wir können auch ohne reden einen kiffen", erwiderte sie.
Erst jetzt kam ihm in den Sinn, dass das vielleicht gar keine so gute Idee war, schließlich bestand das Risiko, dass sie dann komplett abstürzte.
„Was hältst du davon, wenn wir uns irgendeinen behinderten Film reinziehen und was essen?"
„Wann bist du so ein Langweiler geworden?", fragte sie.
„Ich meine es heute echt nur gut mit dir."
„Und ich wollte heute mit dir rummachen, weil mir gerade sowieso alles egal ist", erwiderte sie.
„Pass auf. Wenn du nüchtern bist und dann immer noch rummachen willst, reden wir noch mal darüber."
Er schaute ihr prüfend in die Augen.
„Hmm", machte sie enttäuscht.
„Was?", fragte er.
„Dann will ich auch nicht mehr knutschen."
John lachte auf. Sie liebte es, wenn er lachte. Sie hatte sein Lachen vermisst – genau wie ihn.
„Dann knutschen wir nicht", grinste er und brachte etwas Abstand zwischen sie und sich selbst.
„Bleibst du trotzdem bei mir?", fragte sie.
John seufzte schwer.
„Du bist echt anstrengend, wenn du gesoffen hast, Locke."
Ich hoffe, es hat euch gefallen, auch, wenn der Titel des Kapitels vielleicht etwas irreführend war und ihr euch mehr erhofft habt. Aber sie ist gerade mal ein paar Stunden getrennt und sie wollte Chris schließlich heiraten, also hätte ich es nicht so toll gefunden, wenn ich es wirlich zulassen würde, dass sie sich in ihrer grenzenlosen Verzweiflung an John heranschmeißt. Oder wie seht ihr das? Schreibt es in die Kommentare :)
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