3 | 37 | Daddy Issues
Jaaa, ich weiß, der Titel verspricht einiges, aber ihr könnt euch alle beruhigen. Ich hab hier keinen Kink Fetisch aufgegriffen oder sowas. Haha.
Ich habe übrigens keine Ahnung, wieso Wattpad das Kapitel unbedingt kursiv schreiben will, aber es hat nichts zu bedeuten. Ich kann es einfach aus irgendeinem Grund nicht formatieren. Danke für nichts, Wattpad. Jedenfalls hier das nächste Kapitel. Ich hoffe, ihr mögt es :) An der Stelle ein riesiges Dankeschön an Saelamju denn sie hat den Part von Iara geschrieben, weil sie sich einfach besser in ihre eigenen Charaktere einfühlen kann als ich.
„Tut mir echt leid, das mit deinen Schuhen", beteuerte Cassie reumütig, als Marten den Wagen in der Einfahrt vor dem Haus abstellte.
„Ist doch gut jetzt", sagte er gedehnt. „Ich bin nicht mehr sauer."
Sie schaute prüfend in seine Augen.
„Bist du doch", stellte sie fest.
„Es gibt Wichtigeres als Schuhe", versicherte er. „Ich hatte einfach nur ne beschissene Nacht und du hast es am Ende abbekommen. Dafür wollte ich mich eh noch bei dir entschuldigen."
Sie schmunzelte, denn sie wusste, dass Entschuldigungen von seiner Seite aus nur sehr selten vorkamen.
„Ich war vermutlich auch ziemlich anstrengend", räumte sie ein.
„Nicht mehr oder weniger als die Weiber im Laden", kommentierte er frech grinsend.
„Penner."
Er lächelte.
„Komm her", forderte er und zog sie in seine Arme. Sie drückte ihn kurz an sich, schloss ihre Augen und sog seinen Duft ein.
„Danke, dass du dich um mich gekümmert hast", sagte sie.
„Jaja, schon gut", gab er zurück und löste sich von ihr. „Grüß John von mir, wenn er nach Hause kommt."
Sofort waren ihre schlechten Gefühle aus der vergangenen Nacht wieder da. Noch immer hatte er nicht zurückgeschrieben. Sie war wirklich enttäuscht. Er wusste immerhin, dass sie nicht der Typ für emotionale Nachrichten war.
„Mache ich", sagte sie dennoch, bevor sie aus dem Auto stieg. Marten wartete, bis sie im Haus verschwunden war, bevor er den Wagen wendete und davonfuhr. Nach einer kurzen Dusche fiel Cassie nachdenklich auf die Couch im Wohnzimmer. Sie spürte, dass sie Gefahr lief, ein weiteres Mal von ihren Gefühlen übermannt zu werden. Es war einfach momentan alles zu viel, um es zu ordnen. Doch die größte Baustelle war mittlerweile längst nicht mehr der bisher unerfüllte Kinderwunsch, sondern ihr Vater, der ihre Beziehung zu John belastete.
Sie wusste, dass sie von sich selbst möglicherweise auch zu viel verlangte. Immerhin hatte sie ihr gesamtes Leben darauf gehofft, dass ihr Vater doch irgendwann vor ihrer Tür stand, und jetzt gelang es ihr einfach nicht, umzuschalten. Sie fand schwer zu greifen, was ihr das bedeuten und wie sie damit umgehen sollte.
Nachdenklich zog sie das Handy zu sich heran und tippte sich zu Iaras Nummer durch. Sie wusste, dass auch sie ein schwieriges Verhältnis zu ihrem Vater hatte, war jedoch nicht sicher, ob sie bereit war, mit ihr darüber zu sprechen. Möglicherweise würde es ihr jedoch helfen, mit ihrer Situation umzugehen. Heiße Tränen brannten in ihren Augen, als sie realisierte, wie verloren sie sich fühlte; wie allein gelassen mit dieser Situation. Sowohl John als auch Willow schienen nicht bereit, sie zu unterstützen, und ihre Mutter wollte sie mit dem Thema nicht belasten.
Schluchzend strich sie sich die Tränen der Verzweiflung von den Wangen, wählte Iaras Nummer schließlich doch und presste sich das iPhone ans Ohr. Als sie die Stimme ihrer Freundin aus Berlin hörte, atmete sie erleichtert auf.
„Ich habe schon zu John gesagt, wie schade ich es finde, dass er dich nicht mitgebracht hat", offenbarte Iara ihr nach einer kurzen Begrüßung. Cassie ignorierte den Stich in ihrem Herzen, denn sie wollte nicht auch noch darüber mit ihr sprechen; nicht jetzt jedenfalls.
„Ich hoffe, er hat sich trotzdem benommen", versuchte sie, ihre Fassade aufrecht zu erhalten.
„Die üblichen Sprüche", antwortete Iara. „Du hast gefehlt."
Cassie lächelte, hielt die innere Unruhe jedoch nicht länger aus.
„Kann ich dich etwas fragen?", platzte es aus ihr heraus.
„Aber natürlich. Was ist denn los?", antwortete Iara sofort. Die weiche Stimme ihrer Freundin trieb ihr erneut die Tränen in die Augen. Sie schniefte leise und wischte sich über die Nase.
„Du hast gesagt, du hast auch nicht das beste Verhältnis zu deinem Vater, weil er – wie mein Dad damals – eure Familie verlassen hat", setzte sie an.
„Stimmt", bestätigte Iara.
„Hat er sich irgendwann danach nochmal bei dir gemeldet?", wollte Cassie wissen.
„Ja, er hat sich nochmal bei mir gemeldet. Warte eine Sekunde, ich muss mir eben 'ne Zigarette von Tua schnorren", antwortete Iara. Cassie runzelte verwundert die Stirn.
„Du rauchst?", fragte sie.
„Gelegentlich", gab Iara zurück und zündete sich eine Zigarette an. „Das erste Mal hat er sich bei mir gemeldet, als ich sechzehn war. Er wollte sich mit mir treffen, nach vier Jahren absoluter Funkstille, und ich fand das toll. Bevor Papai uns verlassen hat, war er sowas wie mein Held, weißt du? Wir hatten ein tolles Verhältnis, bis Mama und er sich einvernehmlich getrennt haben."
„Hat er Unterhalt für dich gezahlt?"
„Für mich und Carrie, meine ältere Schwester", sagte Iara.
„Da hast du ja noch Glück gehabt", murmelte Cassie.
„Oh, ich weiß. Mama hat den Kontakt zu ihm gehalten. Sie hat uns sogar im ersten Jahr, in dem er fort war, Geburtstagskarten geschrieben, um es aussehen zu lassen, als kämen diese Grüße und die kleinen, aufmerksamen Geschenke von ihm."
Cassie schüttelte fassungslos den Kopf.
„Das ist ganz schön abgefuckt, entschuldige bitte", platzte es aus ihr heraus.
„Gibt nichts, wofür du dich entschuldigen müsstest. Es war abgefuckt", antwortete Iara.
„Und dann hat dein Vater sich bei dir gemeldet, als du sechzehn wurdest. Hat er sich auch bei deiner Schwester gemeldet?"
„Ja. Sie hat das skeptisch gesehen, aber weil wir ein Treffen auf relativ neutralem Boden vereinbart haben, im Kreis einiger Freunde bei einem Kumpel in Braunschweig, hat sie sich von mir überreden lassen, Papai noch eine Chance zu geben", erzählte Iara. Cassie wünschte sich, Willow würde sich ebenfalls einen Ruck geben.
„Wie lief's?", hakte Cassie nach.
„Beschissen. Das Gespräch war ein totaler Reinfall und super stockend. Als mein Vater erfahren hat, dass die meisten meiner Freunde nicht nur älter, sondern außerdem noch Musiker sind, hat er sich benommen wie ein Stück Scheiße. Er hat meinen Ex-Freund und meinen besten Freund, bei dem wir zu Hause waren, beleidigt und körperlich verletzt. Sie mussten ihn zur Tür zerren, weil er sich in einer Tour aufgeregt hat. Ich war so enttäuscht, das kannst du dir gar nicht vorstellen."
Cassie biss sich auf die Unterlippe.
„Du warst ganz schön naiv wirklich zu glauben, dass das ein gutes Treffen werden könnte und alles auf magische Art und Weise wie früher wäre", sagte sie nüchtern.
„Jap, ich war extrem naiv mit sechzehn", erwiderte Iara reflektiert. „Nach diesem Vorfall herrschte erstmal Funkstille zwischen Papai und mir, zwei Jahre, und auch danach habe ich den Kontakt zu ihm abgeblockt. Ich habe ihm nicht auf seine Mails geantwortet und meiner Mutter verboten, ihm meine Handynummer weiterzugeben."
„Mich hat es auch verletzt, als mein Vater sich das erste Mal mit mir treffen wollte. Dazu kam es nämlich gar nicht erst. Er hat uns kurz vorher abgesagt", erzählte Cassie.
„Tut mir leid", sagte Iara einfühlsam.
„Schon okay. Ich versuche gerade herauszufinden, wie viele Chancen ein Mensch wie mein Vater verdient. Er ist gerade wieder in mein Leben getreten und auf einmal habe ich einen älteren Bruder und eine weitere Schwester, von denen ich nie etwas gewusst habe", erklärte Cassie.
„Ach du Scheiße", rutschte es Iara raus und Cassie lachte freudlos auf.
„Du sagst es."
„Ich kann dir nicht sagen, wie viele Chancen dein Dad verdient. Papai und ich sind uns zuletzt auf Mamas Hochzeit mit meinem Stiefvater begegnet. Da war eigentlich alles gut, trotzdem habe ich ein neues Treffen abgelehnt. Erst wusste ich nicht warum und habe mich schuldig gefühlt, immerhin ist er mein Vater. Aber mir ist inzwischen klargeworden, dass Papai zu viel aus meinem Leben verpasst hat, verstehst du? Manchmal denke ich noch heute, vielleicht könnten wir Freunde werden, aber für Vater und Tochter ist es zu spät. Selbst eine Freundschaft aufzubauen klappt nicht, wir gehören unterschiedlichen Generationen an. Als ich lange mit Tua darüber geredet habe, habe ich festgestellt, dass mein Vater immer mein Erzeuger für mich sein wird und nie mehr. Denn obwohl ich ihm verziehen habe, dass er gegangen ist, können wir trotzdem nicht mit den Fingern schnipsen und es ist, als wäre nie etwas geschehen. Mein Vater hat nicht mitbekommen, wie ich erwachsen wurde; er war nicht da, als ich ihn gebraucht hätte und letzten Endes hat das zu nichts weiter geführt als dazu, dass ich ihn in meinem Leben nicht brauche. Er ist überflüssig. Blut ist nur so lange dicker als Wasser, bis sich dein eigen Fleisch und Blut - namentlich dein Vater - entscheidet, dass du ihm eine unnütze Körperhülle warst. Papai hat uns aus purem Egoismus verlassen. Er wollte mehr. Als wären seine Kinder nicht genug gewesen."
Cassie hatte ihrer Freundin aufmerksam zugehört und strich sich nun seufzend die Haare aus dem Gesicht.
„So ähnlich war das bei Willow und mir auch. Aber er ist unser Vater, Iara. Ich fühle mich schlecht dabei, einen Elternteil aufzugeben."
„Ich weiß. Möchtest du wissen, warum dir das so schwerfällt?", fragte Iara und machte eine Kunstpause. „Du kannst nichts dekonstruieren, was nie konstruiert wurde. Die Liebe zu den Eltern wächst mit der Zeit. Wenn dir ein Elternteil keine Zeit schenkt, bedeutet das automatisch, dass die Liebe zu diesem Elternteil eben nicht wachsen kann; aber es fühlt sich an, als wäre sie gewachsen, weil der gesellschaftliche Standard nunmal durch eine liebende Vater-Kind-Beziehung definiert wird."
Cassies Gehirn verknotete sich bei der Erklärung und sie brauchte einen Moment, um sie zu verstehen, lächelte dann jedoch dankbar.
„Ja, damit hast du wahrscheinlich Recht", räumte sie ein.
„Setz dich mit John hin und rede mit ihm darüber, ich kann dir wirklich nur dazu raten."
Cassie schluckte.
„Ich glaube nicht, dass er mich versteht. Ich hab's ja versucht."
„Ich dachte auch, Tua würde mich nicht verstehen, aber er hat sehr viel mehr Verständnis gezeigt, als ich erwartet hätte. Und es hilft, all deine Gedanken laut auszusprechen vor einer Person, der du bedingungslos vertraust. Du beleuchtest das Ganze aus einer anderen Perspektive, wenn du versuchst, es jemand anders begreiflich zu machen."
„Ich glaube, John und ich entfernen und voneinander", platzten Cassies Gedanken ungefiltert aus ihr heraus.
„Kommunikation ist alles", sagte Iara. „Das ist vielleicht nicht seine Stärke, aber ich weiß, dass ihr das hinbekommt."
Cassie hoffte, dass ihre Freundin Recht behalten sollte. Sie hatte gerade das Handy zur Seite gelegt, als sie das Kratzen des Schlüssels im Schloss der Haustür hörte. Kurz darauf sprang die Tür auf. Sie kauerte sich erschöpft unter die Decke, während ihr Herz unruhig zu klopfen begann.
„Shorty?"
Sie konnte nicht fassen wie gut es sich anfühlte, ihn das sagen zu hören, denn offenbar war seine blinde Wut verraucht.
„Hmm", machte sie.
„Wo bist du?"
„Wohnzimmer."
Er schmunzelte, als er das Wohnzimmer betrat und sie schweigend betrachtete. Sie atmete erleichtert auf.
„Na, du Säuferin", begrüßte er sie amüsiert, als er das Wohnzimmer durchquerte. Marten musste ihm bereits Infos zugespielt haben. Sie schenkte ihm einen vernichtenden Blick, doch er ließ sich davon nicht beirren. „Steh mal auf", forderte er.
„Fühl mich schlecht", nuschelte sie beschämt.
„Steh auf jetzt", wiederholte er und zog sie von der Couch. Die Decke fiel zu Boden, als sie in seine Arme sank.
„Ich will auch nicht, dass wir uns voneinander entfernen", offenbarte er ihr, als er sie zu sich heranzog. Sie sah traurig in sein Gesicht.
„Das hättest du ruhig mal schreiben können", sagte sie.
„Ich habe versucht, dich anzurufen", erzählte er.
„Oh", machte sie betroffen.
„Ja. Oh. Denn plötzlich hatte ich nicht dich dran, sondern Marten", bestätigte er ihre Vermutung.
„Ich hab mein Handy in seinem Auto liegenlassen", antwortete sie leise.
„Ich weiß", sagte er.
„Dann weißt du vermutlich auch den Rest", kombinierte sie folgerichtig.
„Hast etwas übertrieben, oder?", grinste er, strich ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht und beugte sich zu ihr, um sie zu küssen. Sie ließ es geschehen, schloss kurz ihre Augen und ließ ihre Hände gegen seine Brust sinken. Als sie seine Lippen auf ihre legte, spürte sie, dass jetzt alles gutwerden würde.
Ich weiß, einige von euch haben einen rieisgen Streit befürchtet (wieso auch immer Wattpad hier auf einmal wieder normal schreiben kann...). Aber nein, nach all dem Stress der letzten Kapitel sollten sie sich wohl wie erwachsene Menschen verhalten und miteinander reden, oder was meint ihr? :D Und glaubt ihr, das Telefonat mir Iara hat ihr etwas geholfen dabei, ihre Gefühle zu ordnen?
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